3.Kapitel

Wie von der Tarantel gestochen sprang ich auf und hastete auf meine Freunde zu. Als hätten die Schatten das bemerkt, huschten auch sie schneller im Wasser näher. „Es, Emma, Dave! Raus aus dem Wasser! Schnell!" schrie ich panisch. Estelle hob den Kopf und als sie mich sah, wirbelte sie im Wasser herum und erblickte die Schatten. Die Angst ergriff mich. „Schnell! Beeilt euch doch!" kreischte ich verzweifelt. Voller panischer Angst sprang ich am Ufer herum und verglich immer wieder den Abstand zwischen Estelle und den Wasserschatten und Estelle und dem Strand. Estelle packte David und schob ihn vor sich durch das Wasser auf das Ufer zu. Emma war dicht vor ihnen und Fox stand schon jetzt neben mir. Fox bellte. Ich hatte ihn mit meiner Nervosität wohl angesteckt. Estelle warf einen Blick über ihre Schulter. Ich erstarrte. Ungefähr gleichzeitig realisierten wir beide, dass Estelle es niemals rechtzeitig zum Strand schaffen würde, denn die Schatten hatten sie fast vollständig eingeholt. Sie gab David einen Stoß und David ruderte ungelenkig allein weiter. Ich rannte wie von selbst ins Wasser. Nicht Estelle! Nicht Estelle!
Die Schatten erreichten Estelle und zogen sie unter Wasser. Ein gurgelndes Geräusch war der letzte Ton, der ihr entwich. Und ich schrie. Verzweifelt watete ich so schnell ich konnte durch das Wasser, auf die Stelle zu, an der Estelle verschwunden war. Doch Emma, welche mir mit David an der Hand entgegen schwamm, packte mich am Arm und hielt mich zurück. „Lou! Es hat keinen Sinn! Wir müssen so schnell wie möglich aus dem Wasser! Oder willst du, dass David auch erwischt wird?! Die kommen schon zu uns!" schrie sie. Das wirkte. Sofort griff ich nach Davids anderer Hand und zog ihn durch das Wasser. Die Angst saß mir im Genick. Ich spürte förmlich, wie sich die Schatten unter Wassert an uns heranpirschten. Nur noch 20 Meter... David schluckte Wasser und hustete wie verrückt. 15 Meter... Emma keuchte, doch sie watete weiter. An meinem Bein strich etwas entlang. Ich schrie erschrocken auf und machte einen Satz durch das Wasser nach vorne. 10 Meter... David kam mit den Füßen an den Boden und rannte mit. Er schrie herum. Menschen kamen an den Strand. Unter ihnen erkannte ich Jessica und ganz vorne waren meine Mom und Mariella mit dabei. Ich kniff die Augen zusammen und zwang mich, noch mehr zu beschleunigen. 7 Meter... Fast geschafft! Doch plötzlich kreischte Emma auf. Wie in Zeitlupe nahm ich wahr, wie sie fiel. Dabei ließ sie Davids Hand los. Meine beste Freundin verschwand unter Wasser. Ich sah wie ein großer Schatten in Form von zwei Personen davonhuschten. Entsetzt blieb ich stehen. David stürmte kopflos weiter. „Lou! Da hinten kommt ein dritter! Renn!" forderte Mariella mich laut schreiend auf. In diesem Moment bemerkte ich einen weiteren Schatten, der auf mich zu schwamm. Ein letztes Mal sah ich wehmütig auf das offene Meer hinaus, bevor ich mich schnell abwandte. Gehetzt rannte ich weiter. David hatte zu heulen angefangen. Mariella lief in das seichte Wasser, packte David und riss ihn vom Meer weg. Meine große Schwester kam mir ein wenig entgegen und streckte ihre Hand nach mir aus. Die pure Panik stand ihr im Gesicht geschrieben. Meine Mom hatte den weinenden David in ihre Arme geschlossen, doch ihr angstverzerrter Blick lag auf mir. Nur noch ein paar Schritte dann wäre ich bei Mariella. Erleichterung machte sich in mir breit. Doch zu früh gefreut. Etwas glitschiges umfasste mein Bein und zog mir die Füße unter dem Körper weg. Ich schrie auf.
Mein Kopf tauchte in das Wasser ein und Wasser strömte in meine Lunge. Gurgelnd versuchte ich mich zu wehren. Adrenalin pumpte sich durch meine Adern. Ich wollte nicht sterben! Nicht so! Verzweifelt drehte ich meinen Kopf und trat nach dem Wesen. Verschwommen erkannte ich ein blaues Gesicht, umrahmt von dunkelblauen kurzen Haaren. Die Augen funkelten aggressiv. Ich hatte keine Ahnung, warum ich mir das so gut gemerkt hatte. Mein Fuß traf den Arm des Wassermannes. Der Arm sah muskulös aus, auch wenn ich es nur verzerrt sah, und doch zuckte das Geschöpf zurück und lockerte seinen Griff. Schnell zog ich mein Bein aus seinem Griff. Aus dem Mund der Kreatur schien ein Zischen zu kommen, doch dann drehte es um und verschwand aus meinem Blickfeld. Das Letzte was ich sah, waren Beine. Diese Dinger sahen aus wie eine Mischung aus Schlumpf und Mensch. Mit letzter Kraft stieß ich mich vom Grund ab und durchbrach die Wasseroberfläche. Hustend und röchelnd schnappte ich nach Luft und versuchte meine Lunge von dem Salzwasser zu befreien. Durch meine Augen sah ich alles nur schwammig und sie brannten. Eine Hand schloss sich um meinen Oberarm und führte mich aus dem Wasser. Der trockene Sand unter meinen Füßen war das rettende Land. Erschöpft ließ ich mich fallen. Als ich auf das Meer hinaus schaute, wurde ich hart in die Realität gerissen. Emma und Estelle waren weg. Für immer. Mein Sichtfeld verschwamm und verdunkelte sich. Das Letzte was ich spürte, war, wie ich nach rechts umkippte und der Sand an meiner Haut scheuerte. Der Schrei meiner Mutter war das was mich zuletzt in die Dunkelheit begleitete...

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