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Nachdem ich endlich meine Pizza bestellt hatte, setzte ich meinen Weg fort. Er führte vorbei an Kosmetikläden, chinesischen Restaurants, Cafés und Wohnschauräume. Wenn man wollte, könnte man jeden Tag seine Einrichtung ändern. Vorausgesetzt, man hatte dafür genug Geld.

Man verdient nicht schlecht hier. Es hing auch mit den Arbeitsjahren und den Erfahrungswerten zusammen. Das Gute an dem Ganzen hier war, dass man nicht in das Minus rutschen konnte. Wenn man kein Geld mehr hatte, konnte man sich auch nichts mehr leisten. Jeder bekam immer Dutzende Essensmarken, damit man sich trotzdem etwas zu Essen kaufen konnte, also konnte der Kontostand locker mal auf null stehen.
Gewisse Personen brachten dieses Kunststück oft zusammen. Ich schüttelte den Kopf als ich Kristin in einem der Schauräume sah. Sie konnte es einfach nicht lassen. Immer die neuesten Trends. Immer die neueste Mode.

***

Vom Freizeittrakt in den Controlltrakt zu kommen, ist als würde man sich vom Shoppingcenter direkt in ein Bürogebäude beamen.
Der Unterschied ist leicht zu erkennen. Der Boden war schwarz und die Lampen warfen kühles Licht in den Flur. Alles schien steril und frisch desinfiziert. Ich fröstelte. Wenn ich etwas wollte, dann war es bestimmt nie hier zu arbeiten. Hier saß sozusagen der Kopf der Basis. Aber auch die Botschafter und Verhandler hatten hier ihren Arbeitsplatz.

Die Absätze meine schwarzen Stiefeletten quietschten, als ich scharf rechts abbog. In der Glaswand der Büros sah ich mich im Augenwinkel. Die blaue Bluse steckte in einer grauen Skinny Jeans. Meine braunen Haare hatte ich zu einem hohen Zopf hochgebunden.

Mein Blick fiel auf die Digitaluhr an der Wand.
Mist. Ich fluchte.
Ich würde an meinem ersten Krisentreffen zu spät kommen. Das warf kein gutes Licht auf mich. Ich war noch relativ frisch in der Position. Ich konnte mir einfach keine Patzer leisten. Vor allem, wenn es so etwas Einfaches war, wie pünktlich zu erscheinen.
Schnell beschleunigte ich meine Schritte. Links. Rechts. Geradeaus. Wieder links. Schlitternd bremste ich vor einer milchigen Glastür ab. Ich blickte wieder auf die Uhr. Schon fünf Minuten über der Zeit.
Zögerlich hob ich meine Hand, um an der Tür zu klopfen. Ich atmete tief ein und aus.
Du schaffst das Ana. Das sind nur alte Krautschädel, die dir irgendwas erzählen werden. Du bist schon mit ganz anderem fertig geworden.

"Ah, da ist wohl jemand verspätet. Das gehört sich aber nicht als Gruppenkommandantin."
Ich erstarrte mitten in der Bewegung. Meine Hand schwebte vor der Türe in der Luft.
Was zum Teufel? Die Stimme war männlich. Hundertprozentig männlich. Es gab keinen männlichen Gruppenkommandanten. Zumindest nicht bei den Mädels. Wer erlaubt sich hier zu sein und so mit mir zu reden?
Mit zusammengekniffenen Augen drehte ich mich auf dem Absatz um. Meine Hand senkte sich Richtung Boden. Ich registrierte, wie sich meine Augen weit öffneten.
Ach, du heilige Kakerlakenscheiße!
Hier, drei Meter von mir entfernt, stand ein Halbgott in Person.

Der besagte Halbgott trug ein enganliegendes T-Shirt und oha...
Der Kerl hatte gewaltig Muskeln. Sein Bizeps zeichnete sich ziemlich auf dem Shirt ab. Die Hände lässig in einer verwaschenen Jeans steckend, sah er mich herausfordernd an.
Er deutete auf die dünnen silbernen Streifen auf meiner Bluse. Die jeweiligen Streifen auf dem Schulterblatt zeigten die Position innerhalb der Basis an. "Oder gehört sich das in der Position?"
Seine Stimme ließ mich zu seinem Gesicht zucken. Braune, verwuschelte Haare und ein dämliches Grinsen. Das war das Erste, was mir auffiel. Das zweite war, dass wenn er grinste ziemlich heiße Grübchen hatte. Bis jetzt war mir nicht bewusst, dass Grübchen heiß sein konnten. Aber das konnten sie.
Definitiv.

Die Augen blitzten schelmisch. So als hätte er mich gerade bei etwas Verbotenen erwischt.
Verdammt. Mir fiel auf, dass er das wirklich hatte. Wenn ich noch mehr Zeit vertrödelte, war ich echt spät dran. Ich registrierte, dass ich gerade den Halbgott abgecheckt hatte und er mich aufhielt noch halbwegs pünktlich zu sein. Ärger machte sich in mir breit. Ich drückte den Rücken durch und verschränkte meine Arme vor der Brust.
Scheiß drauf, ob er ein Halbgott ist. Der Typ vermasselte gerade mein erstes wichtiges Treffen. Ich sah ihn herausfordernd an. "Wer bist du und was machst du hier? Falls du es noch nicht gecheckt hast, du bist auf der falschen Seite." Der Typ grinste weiterhin unmöglich.

Wenn ich nicht aufpasste, würde ich mich noch seinen Grübchen verfallen.

Professionell bleiben Ana. Tu wenigstens so, als hättest du die Situation im Griff.

  Der Halbgott antwortete lässig: "Meiner Ansicht nach, habe ich dich zuerst gefragt" Ich schnaubte auf. Er redete weiter. "Aber weil du mich so lieb ansiehst, beantworte ich dir gern meine Frage. Also der großartige Kerl, der gerade vor dir steht, hat den grandiosen Namen Lucas. Und ich bin genauso rechtmäßig hier wie du." Als Beweis zog er eine Karte aus seiner Hosentasche. Schon aus der Ferne konnte ich erkennen, dass es ein Passierschein war. Es bemächtigte den Besitzer für eine bestimme Zeit auf die andere Seite zu wechseln.
Das erklärte aber noch lange nicht, dass er hier einen auf supercool machen konnte. Die aufrechte Haltung, das selbstgefällige Grinsen. Ich beschloss, dass ich mehr über den Grund seines Erscheinens herausfinden möchte. Ich versuchte, seine selbstbewusste Haltung nachzumachen und reckte den Kopf nach oben.
"Und aus welchen Grund bist du rechtmäßig hier?" Sein Blick flog kurz über meinen Körper und landete bei meinen Augen. Selbstbewusst kam er auf mich zu. Kurz vor mir blieb er stehen. Seine Augen fixierten immer noch meine. Aus der Nähe konnte ich feststellen, dass seine Augen bräunlich waren. Bedrohlich, langsam beugte er sich zu mir rüber. Mein Körper war wie erstarrt. Ich war unfähig, mich zu bewegen. Jeder Sinn in mir schien zu warten, was als nächstes passiert. Er ging einen weiteren Schritt, bis er neben mir stand. Seine Hand streifte dabei meine kurz. Aber selbst der leichte Blitzschlag, der mich durchzuckte, holte mich nicht aus meiner Starre. Er beugte sich zu meinem Ohr. Es kitzelte als er flüsterte: "Um dich bei etwas Verbotenen zu erwischen" Bei seinen Worten rannte mir ein leichter Schauer den Rücken runter. Aber warte, was? Konnten die dort drüben auf einmal Gedanken lesen? Ich runzelte die Stirn. Dasselbe hatte ich doch vorhin erst gedacht. Ich drehte mich um, um ihn darauf anzusprechen. Das Einzige, was ich allerdings zu sehen bekam, war die schließende Tür des Büros.
Hatte sich der Typ hier einfach so verkrümelt. Ich glaubs nicht.  

Wütend stapfte ich ohne Klopfen in das Büro. Ich bemerkte erst meinen Fehler, als mich sieben Gesichter überrascht ansahen. Ich verfluchte mich innerlich selbst. Zu spät gekommen und dann einfach so hereingeplatzt. Das war genau der Auftritt, den ich mir nicht gewünscht hatte.
Eine Frau erhob sich von dem runden Tisch. Sie war zierlich klein, der silbergraue Dutt wirkte im Gegenzug dafür umso strenger. Ihre Lippen waren missbilligt zusammengepresst. Sie sah mich aus zu Schlitzen verengte Augen an. Heute trug sie ein dunkelblaues Kostüm, das ihre Position hervorhob. Direktorin Helen.
"Anabel, wenn du schon zu spät kommst, könntest du wenigstens anklopfen." Ich nickte und versuchte professionell eine Entschuldigung zu formulieren. "Natürlich. Es wird nicht wieder vorkommen. Die Verspätung tut mir leid. Ich wurde aufgehalten." Mein Blick zuckte zu dem Halbgott, alias Lucas. Er hatte mittlerweile sich in einen Sessel weiter hinten im Raum geflenzt. Er blickte mich bloß unschuldig an. Idiot.

Helen nahm meine Entschuldigung nickend zur Kenntnis. Sie zeigte auf den letzten freien Sessel am Tisch. "Bitte setz dich doch." Eilig hastete ich zu dem Stuhl. Es war einer der Sessel, aus dem man nicht mehr so schnell aufstehen wollte. Ich sank in den gepolsterten Stoffbezug. Herrlich.

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Hey Leute🥰

Mich würde in diesem Kapitel ganz besonders interessieren, wie ihr Lucas findet und ob die Unterhaltung für euch logisch ist und auch die beschriebene Gefühle.
Wäre echt lieb, wenn ihr einen kurzen Kommentar hierlässt🤗

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