Kapitel 19

Sicht Lasse

"Hey kleine Maus, schau Mal, wen ich dir mitgebracht habe", begrüßte ich meine kleine Nichte, die ihren kleinen, rothaarigen Schopf bereits neugierig zur Tür hinausgestreckt hatte, als ich auf die Einfahrt geparkt hatte. Doch Luna interessierte sich schon gar nicht mehr für mich, und hatte nur noch Augen für meinen Hund Rocco. Aufgeregt wie immer, drückte sie den armen Hund an sich, und knutschte sein Gesicht ab, bis er schließlich Luna ableckte, und sie damit nur noch mehr zum Lachen brachte. Das war einfach zu drollig. Ohne die zwei bei ihrem Begrüßungsritual unterbrechen zu wollen, drückte ich mich mit meiner vollgepackten Tasche schnell an Luna und Rocco vorbei, und ging ins Innere des gemütlichen Hauses, in dem es nach Plätzchen und leckerem Essen duftete. Wenn meine Schwester etwas konnte, dann war es das Kochen. Gut, sie hatte auch eine Ausbildung zur Köchin gemacht, da war das kein Wunder.
"Ich bin da", schrie ich ins Leere, während ich meine Schuhe und meine Jacke auszog, und dann schließlich den Flur entlang Richtung Küche ging.
Ich hatte gerade das Wohnzimmer betreten, als mich ein blonder Wirbelwind fast umrannte, und dann mein linkes Bein umklammerte.
"Hey Lily", begrüßte ich sie, und wuschelte ihr einmal durch ihre Mähne.
"Lasseeeee, Mama hat gesagt, du passt heute auf uns auf. Stimmt das?"
Ihr Strahlen, das sich über ihr Gesicht ausgebreitet hatte, steckte mich sogleich an. Schnell hob ich sie hoch und grinste sie ebenso breit an wie sie mich.
"Das stimmt. Lust auf ne Runde Hockey später?"
"Unbedingt. Und du musst mit uns einen Film angucken. Luna will Barbie und der Nussknacker angucken, aber das ist nicht der beste Weihnachtsfilm", plapperte sie einfach darauf los.
"Weißt du denn, welcher der beste Weihnachtsfilm ist?" Meine ernsthafte Frage quittierte das kleine Mädchen mit einem leicht verächtlichen Schnauben.
"Ähm klaro. Mighty Ducks natürlich."
Darauf konnte ich nur den Kopf schütteln.
"Ach Lilylein, das ist zwar ein toller Film, aber ich dachte mehr an Kevin allein Zuhause." Sofort leuchteten die Augen meiner kleinen Nichte auf, und sie nickte nur zustimmend.
Mein Lachen erfüllte den ganzen Raum, und ließ nun auch Danni erscheinen, der in einer schwarzen Kochschürze gekleidet hektisch das Wohnzimmer betrat. Er wirkte fast panisch.
"Ich bin ihr Lakai. Ihr Kochsklave. Da, übernimm du, sonst fließt heute noch Blut." Mit hektischen Bewegungen zog sich der sonst ausgeglichene Mann die Schürze aus, und schmiss sie mir zu. Mit meiner freien Hand fing ich sie auf, und ließ dann meine Nichte wieder nach unten.
"Na dann, Mal auf in den Kampf."
In der Küche sah es furchtbar aus, und noch ehe ich etwas sagen konnte, ergriff meine Schwester das Wort, die über einem der Töpfe stand und darin herumrührte.
"Du kannst mir gerade noch den Wein aus dem Schrank holen."
Natürlich tat ich, was sie mir aufgetragen hatte, jedoch konnte ich mir einen sarkastischen Kommentar nicht verkneifen.
"Ich sag's nur ungern, aber dein Mann scheint Angst vor dir zu haben... solltest dir vielleicht nen anderen suchen."
"Das hab ich gehört!", erwiderte Danni aus dem Wohnzimmer, und ich konnte nicht anders als zu lachen.
"Hast vermutlich Recht. Er schneidet wie ein Jammerlappen. Zwei Mal geschnitten hat er sich, und das Gemüse vollgeblutet."
Der Ernst in ihrer Stimme wich der Belustigung.
"Ich sag's dir, ich bin froh wenn dieser Gips wieder weg ist. Ich hasse das, wenn mir andauernd jemand bei den einfachsten Sachen helfen muss."
Automatisch musste ich bei diesem Satz an Mina denken, die vor wenigen Tagen fast das gleiche zu mir gesagt hatte. Kaum merklich schlich sich ein Lächeln auf mein Gesicht, und da ich meine Schwester kannte, und diese sofort sehen würde, an wen ich dachte, drehte ich mich in die andere Richtung, und klaubte dreckiges Geschirr zusammen, das sie vermutlich gar nicht mehr benötigte.
"Was grinst du so?", machte mir meine Schwester einen Streich durch die Rechnung.
"Geht dich nichts an." Mein Lächeln wurde breiter, dieses Mal jedoch aus Schadenfreude. Wenn meine Schwester eine Sache nicht konnte, dann war es ihre Neugier zurückzuhalten.
"Sag es mir. Bitte", flehte sie fast, ihre Unterlippe schmollend nach vorne geschoben.
Mir machte das jedoch viel zu viel Spaß, und so blinzelte ich sie selbstgefällig an, und verstaute dann das Geschirr im Geschirrspüler.
"Du musst es mir gar nicht sagen, ich weiß, wieso du so gelacht hast", versuchte sie es erneut, doch ich blieb still, schüttelte nur mein Haupt und lehnte mich mit verschränkten Armen an die hellblaue Küchenzeile.
"Du hast an Mina gedacht... oh ich hab Recht, ich sehe es an deinem Schmunzeln!" Aus weit aufgerissenen Augen schaute mich meine Schwester an, die Freude darüber, dass sie Recht hatte, strahlte sie mit jeder Pore ihres Körpers aus.
Sofort bemühte ich mich um einen neutralen Gesichtsausdruck was meine Schwester nur noch breiter grinsen ließ.
"Weißt du, du solltest sie nicht zu lange warten lassen. So wie du lächelst, wenn man nur ihren Namen sagt, scheinst du sie mehr als nur zu mögen." Mit ihrer gesunden Hand tätschelte sie meine Schulter, als sie an mir vorbei ging, und einen Schöpflöffel aus dem blau-weißen Steinguttopf herausnahm.
"Und jetzt sei mal nützlich und leer die Spätzle um. Den Tisch kannst du dann auch gleich noch decken."
Na wenn sie mich schon so nett darum bat.

~~~

Das Essen war fantastisch. Ich war total voll, und offensichtlich schien nicht nur ich dem Fresskoma nahe zu sein. Lily lag halb auf mir, und klopfte sich auf ihr kleines Bäuchlein.
"Ich platz gleich, hihi", gluckste sie vor sich hin, und trommelte das Tor-Lied des EC.
"Lass das lieber, sonst musst du noch spucken Schätzchen", rügte Ida ihre Tochter, und der kleine Wurm verdrehte sogleich die Augen.
"Gibt es auch Nachtisch?" Die Antwort auf Lunas Frage war unser einstimmiges Lachen, auch wenn zumindest ich ganz genau wusste, dass das kein Scherz seitens des kleinen Mädchens war. Wenn es um's Essen ging, machte sie keine Scherze.
Da Danni und meine Schwester schon damit beschäftigt waren, den Tisch abzudecken, lehnte ich mich unauffällig zu meiner jüngsten Nichte, um ihr für später ein Eis zu versprechen. "Aber das ist unser Geheimnis", setzte ich noch schnell hinterher, woraufhin Luna eifrig mit ihrem Kopf schüttelte, dass ihre roten Locken nur so um ihr Haupt flogen. Dabei sah sie ihrer Mutter, als sie so jung gewesen war, zum verwechseln ähnlich.
"Na kommt ihr zwei faulen Grashüpfer, helfen wir euren Eltern, dann sind sie schneller weg, und wir können machen, was wir wollen."
Ohne zu nörgeln griffen sich die beiden jeweils einen Teller und machten sich auf Richtung Küche, die eigentlich nur durch die große Kücheninsel vom Esszimmer getrennt wurde. Die gesamte Küche hatte ich den beiden zum Einzug in ihr Haus gebaut, und meine Arbeit gefiel mir immer noch. Die taubenblauen Küchenfronten passten perfekt zum Rest der Einrichtung, und es war schön zu sehen, dass das Gebaute so zum Leben einer Familie gehörte. Ob ich irgendwann einmal selbst in meiner eigenen Küche gemeinsam mit meiner Frau und meinen Kindern stehen würde? Augenblicklich schlich sich Mina in dieses Bild hinein, die roten Haare zu einem Zopf geflochten, aus dem sich schon einige Strähnen lösten, während sie mit unserem Kind...
Stopp! Aufhören Lasse! Unser Kind?
Noch nie in meinem ganzen Leben hatte ich an so etwas überhaupt nur gedacht. Und nun hatte ich sogar das Bild einer ganz bestimmten Frau vor Augen.
Überfordert ließ ich meinen Kopf in meine Hände fallen, und schnaubte laut hörbar aus, da ich vor Schreck die Luft angehalten hatte.
"Alles gut bei dir?", erklang ruhig die Stimme meines Schwagers neben mir, als er sich auch schon den Stuhl nach hinten zog, und sich zu mir gesellte.
"Jup", hielt ich mich kurz, und rieb mir noch einmal meinen Frust aus dem Gesicht, bevor ich mich Danni zuwandte. Doch ihm stand der Zweifel deutlich ins Gesicht geschrieben.
"Ich würde dich ja jetzt noch bei einem Bier ausquetschen, aber da Ida und ich gleich los müssen, verschieben wir das lieber. Schon Mal vielen Dank für's Aufpassen auf unsere zwei Chaoten. Falls was sein sollte, ruf uns einfach an."
"Kein Ding, viel Spaß bei der Weihnachtsfeier."
Aufmunternd klopfte mir Danni nochmal auf die Schulter, bevor er sich abwandte und sich noch von seinen Töchtern verabschiedete.
Nachdem sich auch Ida angemessen von ihren beiden Töchtern verabschiedete, und mir noch gedroht hatte, falls ich keine Acht auf die zwei geben würde, waren sie gegangen, und ich stand mit Lily und Luna an der Tür, um ihnen hinterher zu winken.

"Also ihr zwei Verrückten, wir haben mehrere Möglichkeiten. Entweder wir gehen jetzt erst noch raus und spielen ein wenig Hockey, ooooder wir schlüpfen in unsere Schlafanzüge, trinken Kakao und schauen uns eure Filme an."
"Film und Kakao! Oh und Eis!", brüllte Luna sofort, und rannte mit ihren tapsigen Füßen die Treppe nach oben, vermutlich um sich ihren Schlafanzug anzuziehen.
"Also es ist ja noch hell draußen, da würde ich ja gerne noch Hockey spielen, aber Luna will bestimmt nicht...", druckste Lily herum, jedoch unterbrach ich sie gleich.
"Ich hab das Mini-Hockey Set dabei. Wir können auch drinnen spielen."
Mit großen Augen starrte mich Lily an.
"Mama sagt aber, dass wir das im Haus nicht dürfen." Etwas skeptisch verschränkte sie ihre Arme vor ihrem Körper, die Augen zu zwei schmalen Schlitzen zusammengekniffen.
Aber diesen Einwand ließ ich nicht gelten.
"Ich bin ja dabei, und ich sage, du darfst das, also ist das durchaus in Ordnung." Vor Freude sprang sie nun ihrer Schwester die Treppen hinterher, und mit ihr nun auch Rocco, der vermutlich dachte, er würde noch ein Leckerli bekommen.

~~~

Absichtlich ließ ich mich auf die rechte Seite fallen, so dass der kleine Schaumstoffball in das Stuhltor hinter mir ging. Somit stand es nun 8:3 für die Zwerge.
Jubelnd rissen die beiden Schwestern, die auf eigenen Wunsch hin in Decken und Kissen von mir eingewickelt worden waren, ihr Hände nach oben, und quietschten so laut, dass selbst Rocco nun die Flucht ergriff. Beide hatten sogar Helme auf, Lily ihren Eishockeyhelm und Luna ihren pinken Fahrradglitterhelm. Das Lachen konnte ich mir bei diesem Anblick einfach nicht verkneifen.
"Wir machen dich platt, Lasse." Lily stand vor mir, die Hände in die Hüften gestemmt, und ein Grinsen so breit wie eine Eisfläche auf ihrem Gesicht.
"Das hättest du wohl gern du Wicht."
Schnell nahm ich den Ball aus dem Tor und legte ihn vor mich hin, um kurz später auf meinen Knien mit dem Kinderstick den Ball in Richtung des Kissentores zu manövrieren. Doch Lily kam mir zuvor, grätscht sich vor mich, nahm mir den Ball ab und spielte ihn ihrer Schwester zu, die ihn anschließend ins Tor brachte.
Das Gejubel war laut, und andauernd, wie bei jedem Tor, das sie erzielten. Das Spiel ging noch eine Weile so fort, bis es schlussendlich 30:10 stand und ich mich nicht mehr von den beiden Knirpsen fertig machen lassen wollte.
"Ganz ehrlich, ihr zwei seid einfach zu gut für mich. Und ich bin jetzt so k.o., dass ich erst einmal ein Eis brauche."
Wieder war die Freude groß, und als wir endlich mit unseren riesigen Eisbechern auf dem gemütlichen, weißen Sofa saßen, wurde mir mit dem Schokoladeneis doch etwas mulmig.
"Wir setzen uns vielleicht lieber auf den Boden, was meint ihr? Wie ein Picknick?" Und damit wir das Sofa eurer Mutter nicht schmutzig machen.
Beide waren sehr angetan von der Idee, und als Rocco merkte, dass wir nun alle auf dem Boden saßen, gesellte auch er sich zu uns. Naja, eher zu Luna, die den Hund, der sich penetrant vor sie gelegt hatte, wie einen Tisch benutzte. Doch den störte das in keinster Weise, als ließ ich sie einfach machen.
"Gut, was schauen wir dann jetzt an?"
Das Eis schmolz, während wir versuchten, uns auf einen Film zu einigen, und als wir dann schließlich Barbie in der Nussknacker anschalteten, konnten wir die Schokosahnebrühe aus unseren Schüsseln schlürfen.
Irgendwie war es süß, diesen Film mit den beiden anzuschauen, auch wenn Lily zu Beginn nicht wirklich begeistert war, merkte ich, dass sie doch ziemlich begeistert war von Oberst Karamell und Major Pfefferminz, und dass sie einige Male lachen musste.
Lunas Seufzer riss mich in der Mitte des Filmes aus meinen Gedanken.
"Ist Mina deine Zuckerfee, Lasse?"
Mit weit aufgerissenen Augen, und tiefen Falten auf der Stirn schaute ich meine Nichte an, und war ziemlich perplex.
"Ähm...", krächzte ich, wurde aber von Lily erlöst.
"Hach Luna. Lasse ist doch gar kein Prinz."
Doch Luna winkte den Einwand ihrer Schwester nur ab.
"Pff, Mina hat mir gesagt sie mag Lasse."
Ein kurzer Aussetzer meines Herzens, brauchte es, bevor ich mich in diese Diskussion nun auch einschaltete.
"Ihr süßen, kleinen Tratschtanten. Das geht euch gar nichts an."
Mina hatte gesagt, dass sie mich mag.
Die Worte meiner Nichte ließen mich nicht los, und ich war doch etwas zu neugierig.
"Luna, wann hat Mina denn gesagt, dass sie mich mag, und weshalb hat sie das gesagt?"
Nachdenklich runzelte sie ihre Stirn, schürzte ihre Lippen, und streichelte abwesend Rocco.
"Das war heute. Wir haben heute morgen den Stall der Hühner ausgemistet, und Brigitta Huhn ist auf mich drauf gehüpft," erzählte Luna lachend, jedoch wurde ich etwas ungeduldig, da das Mädchen nicht zum Punkt kam.
"Mmmh, also ich hab Mina gesagt, dass ich die Hühner mag, und meine Mama, und meinen Papa, und Lily, und dich. Dann hab ich Mina gefragt, ob sie dich auch mag. Und sie hat gesagt, dass sie dich sehr, sehr gern hat."
Auch wenn diese Worte von einem Kind kamen, versetzte mich die Tatsache, dass Mina so etwas gesagt haben könnte, in einen Zustand der Schwerelosigkeit.
Für die beiden Mädchen war das Thema damit erledigt, und der Film war wieder wichtiger.

~~~

Es lief Mighty Ducks, als Danny und meine Schwester wieder eintrafen, und ihr beiden Töchter eingemummelt auf dem Boden, schnarchend vorfanden. Rocco hatte sich halb auf Luna gelegt, und übertönte das Schnarchen der beiden Schwestern.
"Na ihr habt es ja krachen lassen", war Danni's Kommentar zu dem Bild, das sich ihm bot. Lächelnd betrachtete ich meine Nichten, die ruhig und selig schleifen, ehe ich mich mit knackenden Gelenken erhob, und auf leisen Sohlen zu Danny schlich.
Meine Schwester kam gerade aus dem Flur in das Wohnzimmer gelaufen, und blickte beruhigt auf ihre beiden Töchter.
"Gut, dass ihr nichts kaputt gemacht habt." Sie setzte ihrer offensichtlich nicht ernst gemeinten Aussage ein zwinkern hinterher.
"Danny, würdet ihr die beiden gleich in ihre Betten tragen?"
Mucksmäuschen still packten wir die beiden Schwestern aus ihren Decken, und ich zog Luna unter meinem Hund hervor, der mich ziemlich müde und verständnislos anstarrte, und uns einfach folgte, als wir die zwei nach oben in ihre Zimmer trugen. Rocco wollte sich gleich mit zu Luna in das Prinzessinnenbett legen, aber dafür war das kleine Bettchen zu klein. Das merkte er schnell, und so machte er es sich auf dem rosafarbenen Kunstfell vor ihrem Bett gemütlich.
Danny verdrehte gespielt genervt seine Augen, und deutete mir dann mit einem Kopfnicken, mit nach unten zu kommen. Die Tür ließen wir offen, für den Fall dass Rocco von selbst raus wollte, was ich jedoch stark bezweifelte.
Als wir das Wohnzimmer wieder betraten, war Ida gerade dabei, die letzte Decke zusammenzulegen und in den Schrank zu legen, was mein Schwager mit einem genervten und gleichzeitig warnenden "Schatz, lass das doch", kommentierte.
Doch meine Schwester streckte ihm die Zunge raus, als sie auf ihn zu kam, und drückt ihm dann einen Kuss auf die Wange.
"Ich geh jetzt ins Bett. Komm gut heim Bruderherz", ertönte es noch hinter uns, bevor wir das leichte Knarren der Treppenstufen unter ihren Füßen hörten.
"Jetzt vielleicht Lust auf ein Bierchen?"

~~~

"Weißt du, Lasse, ich verstehe dein Problem einfach nicht. Du magst sie und sie mag dich ganz eindeutig auch! Und anstatt ihr zu sagen, was du mir gerade erzählt hast, bläst du lieber weiter Trübsal."
Frustriert schüttelte Danny seinen Kopf, und fuhr sich durch seine halblangen Haare.
"Du hast einfach nur Schiss. Nichts weiter. So kenn ich dich nicht. Du hast keine Angst davor, den Puck oder mal wieder ne Faust ins Gesicht zu bekommen, aber einer Frau deine Gefühle zu gestehen, da ziehst du den Schwanz ein."
Mit Entsetzen stellte ich fest, dass er Recht hatte, und platzierte mein Bier wieder auf dem Küchentisch.
"Möglicherweise habe ich Schiss, aber ich weiß nicht einmal wieso", lenkte ich ein, während ich mit meinen Händen über mein Gesicht fuhr - als würde das meine Gedanken vertreiben.
"Ich kann's dir sagen. Deine Gefühle für Mina sind echt. Das ist nicht nur eine Tendelei. Du meinst es ernst mit ihr, kannst dir vielleicht sogar eine Zukunft mit ihr vorstellen." Sofort schlich sich wieder das Bild von Mina in meinen Kopf, wie sie mit einem Kind auf dem Arm in unserer Küche steht. Nur bei dem Gedanken daran schlug mein Herz schneller.
"Und du hast Angst, dass es genau das nicht für Mina ist. Aber ich denke, diese Angst ist völlig unbegründet."
Sofort war mein Blick auf meinen Schwager gerichtet, der den letzten Schluck seines Bieres trank, bevor er vom Stuhl aufstand, und die Flasche in die Hand nahm.
"Ein letzter Tipp: sei einfach ehrlich. Es wird sich schon alles einfädeln."
Seinen Worten ließ er ein festes Schulterklopfen folgen, ehe er sich von mir abwandte, um seine Bierflasche in die kleine Vorratskammer neben der Küche zu stellen.
"Und jetzt will ich nicht unhöflich sein, aber du solltest heim. Und vergiss deinen Hund nicht." Das Grinsen in seinem Gesicht nach zu urteilen, war es keinesfalls böse gemeint, und so stand ich ebenfalls auf, machte die Flasche leer, und drückte sie Danny in die Hand.
"Danke", sagte ich lediglich, was er mit einem Nicken quittierte. Rocco kam auf mein Pfeifen hin langsam die Treppe hinunter, und warf mir, unten angekommen, einen vorwurfsvollen Blick zu.

Auf dem Weg nach Hause, ließ ich mir Danny's Worte erneut durch den Kopf gehen. Ob es schlussendlich das Bier war, oder mein neu gewonnener Mut, der mich geistig umnachtet in eine völlig andere Richtung fahren ließ, konnte ich nicht sagen. Vielleicht war es auch eine Kombination aus beidem oder eine Kurzschlussreaktion. Aber als ich auf dem großen Hof parkte, war es erst 22:02 Uhr. Da schlief sie doch bestimmt noch nicht?
Rocco hatte sich in seine Decke gemummelt, als ich leise die Tür meines Jeeps schloss, und dann mit eiligen Schritten zum Wohnhaus hinüber ging. Es brannte auf alle Fälle noch Licht, und wenn ich mich nicht täuschte, war das ihr Stockwerk.
Auf mein Klingeln folgte eine gefühlte Ewigkeit keine Reaktion, und während ich gleichzeitig sowohl froh als auch traurig darüber war, dass sie vielleicht doch schon schlief, ging ich in meinem Kopf die Worte durch, die ich ihr sagen wollte.
Dass auf einmal das Summen des Türoffners erklang, erschreckte mich, bevor ich die schwere Tür aufdrückte, und sie dann leise wieder schloss.
Zwei Treppen auf einmal nehmend, sprintete ich die Stufen hinauf, während sich in mir alles verkrampfte und gleichzeitig völlig schwerelos anfühlte.
Das verkrampfte Gefühl verdampfte jedoch in dem Moment, als ich Mina mit offenen Haaren, in ihrem Schlafanzug an den Türrahmen gelehnt erblickte.
Dass ihre Augen, als sie mich erblickt hatten, größer wurden, hatte ich deutlich wahrgenommen, und je näher ich ihr kam, umso ruhiger wurde mein Puls auf einmal.
Heftig atmend blieb ich vor Mina stehen, die mich einfach wortlos aus ihren großen Augen anschaute, und kein einziges Mal blinzelte.
"Kneif mich Mal", ertönte plötzlich rau ihre Stimme. Jedoch bekam ich lediglich ein "was" über meine Lippen.
Offensichtlich war Mina nicht ganz so verpeilt wie ich, denn sie ging zur Seite und deutete mir an, einzutreten.
Nachdem Mina die Tür hinter sich geschlossen hatte, wandte ich meinen Blick von ihr ab, und ließ ihn über ihre Wohnung gleiten. Sie war riesig, wenn man erst einmal den kurzen Flur hinter sich hatte, und sehr hell und offen gestaltet.
"Ich will wirklich nicht unhöflich klingen, Lasse... aber, was machst du hier?"
Ich drehte mich zu Mina um, sah wie sie skeptisch ihre Augenbrauen zusammengezogen hatte, und sich dabei Falten auf ihrer Stirn bildeten. Sie schien so nervös zu sein wie ich, und dass sie leicht auf ihrer Unterlippe kaute, machte mich nicht gerade ruhiger.
Einmal tief einatmen Lasse. Du kannst das.
"Ich dachte, wir können reden?"

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Hallo ihr Lieben,

Ich wünsche euch zunächst noch ein frohes Jahr, und hoffe, dass ihr bis jetzt ein gutes 2021 habt.

Mit diesem Kapitel hab ich nun ziemlich lange gebraucht, was unter anderem daran lag, dass meine Inspiration zu ASSIST mich eigentlich völlig verlassen hatte, und ich eigentlich schon geplant hatte, Lasse nun einfach sterben zu lassen. 🤷🏼‍♀️😂 Den Gedanken hatte ich aber schnell wieder verworfen.

Ich hoffe, ihr freut euch über dieses Kapitel, und bleibt weiterhin treue Leser von Mina und Lasse.
Liebe Grüße eure Red ❤️🌱

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