4. Eine neue Mitschülerin
Hey and Hola!
Nice to meet you all. Wonderful day, aye? Ich hab heute so viel geschafft, dass ich endlich mal einfach nur herumliegen kann. Just for a few hours at least. Ich hab so gute Laune und das liegt einfach nur daran, dass ich einen riesigen Berg Arbeit erledigt habe :3.
Anyways that's it for now!
Viel Spaß beim Lesen!
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»... ich weiß, du bist noch sauer und... Es tut mir so leid, aber bitte...«
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»Du hast uns nicht verpetzt!«, sagte Terasaka am nächsten Tag, als wir uns wieder in Gruppen aufgeteilt hatten. Er klang dabei tatsächlich fast schon vorwurfsvoll. Wir hatten Koro-Sensei bereits versucht mit Süßigkeiten abzulenken, damit ein Sniper ihn erledigte. Es hatte, wie ich es erwartet hatte, nicht funktioniert. Danach hatte sich unsere Gruppe dazu entschieden, erst einmal etwas zu essen.
Bis zu diesem Punkt war Terasaka einfach nur zähneknirschend vor mir hergelaufen, was ziemlich lustig aussah. Jedenfalls war es im Nachhinein noch witziger, da ich jetzt wusste, was ihn so nervte. Dennoch verstand ich es nicht ganz. Verletzte es etwa seine Ehre, wenn er das Gefühl hatte, dass ich sie schützte? Ich hatte es nicht ihretwegen gemacht, sondern eher, weil es mir einerseits nichts brachte und andererseits ich es ihnen schlichtweg nicht übel genommen hatte. Gleichzeitig war es mir zugute gekommen. Schließlich hatte ich so schlafen können.
»Und das macht dich jetzt sauer?«, fragte ich etwas gelangweilt und sah mich um.
Bei den ganzen Ständen, hatte ich meine Tasche praktisch mit einem Vorrat an Süßigkeiten aufgefüllt. Ich hatte schon immer eine sehr süße Zunge und eine Vorliebe für Schokolade gehabt. Da lohnte sich dieser Ausflug ja schon fast.
»Wir brauchen deine Hilfe nicht, verstanden?!«, knurrte Terasaka.
Ich nickte. »Verstanden.«
Irgendwie hatte ich wirklich Lust auf Ramen. Zum Glück hatten das Yoshida und Muramatsu vorgeschlagen.
Verdutzt blieb ich stehen und sah über meine Schulter. Fast hätte ich gedacht, dass die anderen wieder abgehauen waren, doch dem war nicht so. Sie waren nur stehen geblieben und sahen mich aus dümmlichen Gesichtern unergründlich an.
»Was ist denn?«, fragte ich verwirrt.
Das schien sie aus ihrer Starre zu reißen, denn Terasaka setzte sich wieder in Bewegung, deutlich wütender als vorher. So wie er lief, dachte ich glatt, dass er mich packen würde, doch er machte es nicht. Stattdessen lief er einfach an mir vorbei und die anderen folgten ihm. Waren sie deshalb stehen geblieben? Weil ihr Gehirn Querstrich Anführer ihnen nicht den Befehl zur Fortbewegung gegeben hatte? Schulterzuckend folgte ich ihnen.
»Hab ich deine Gefühle verletzt, Terasaka?«, wollte ich gespielt unschuldig wissen, als wir das Restaurant betraten.
Jetzt drehte er sich doch zu mir um und packte mich drohend am Kragen. Er kam mir mit dem Gesicht näher als notwendig, vermutlich, um mich einzuschüchtern, was ziemlich zwecklos war. Doch ich ließ mir trotzdem nicht anmerken, wie gleichgültig es mir war. Angst oder Unbehagen spielte ich ihm aber auch nicht vor. Dafür war ich zu stolz.
»Jetzt hör mir genau zu, du Kotzbrocken«, fing er an. »Mir egal, ob du ein Mädchen bist. Wenn du mir weiterhin so auf die Nerven gehst, setzt es war, verstanden?«
Ich nickte. »Verstanden. Können wir jetzt essen?«
Einige Sekunden lang betrachtete er mich noch zähneknirschend, bevor er mich los ließ. Zusammen mit den anderen, die erneut stehen geblieben waren, setzte er sich wieder in Bewegung. Blöderweise passte der blonde Muramatsu dabei absolut nicht auf, denn er sah Terasaka nervös an und so lief in einen großgewachsenen Mann hinein, der gerade seine große Schüssel Ramen in den Händen hielt, dessen heißer Inhalt sich jetzt über ihn und seine Hose verteilte. Er schrie auf - einerseits wohl, weil es heiß war, andererseits defintiv, weil es sich auch in seinen Schritt verteilte. Der Arme... Ich verzog das Gesicht und eigentlich wollte ich mich gerade nach seinem Befinden erkundigen sowie um Entschuldigung bitten, einfach, weil ich wusste, dass es meine männlichen Klassenkameraden nicht machen würden, doch sah ich erst zu spät, dass ein weiterer Kerl von der Seite kam. Ich realisierte nicht ganz, was passiert war. Das einzige, was ich wusste war, dass er Muramatsu sehr unsanft und defintiv mit Gewalt zu Boden beförderte, sodass dieser gegen einen Tisch stieß. Bevor er sich auf ihn stürzen konnte, hielt ihn jedoch Terasaka auf, der wütend brüllte.
»WAS SOLL DER SCHEIß?! ES WAR NICHT BEABSICHTIGT!«
Logisch wäre es, wenn der Kerl, der mit Ramen verschönert worden war, ihm zustimmte, wir uns alle die Hand gaben und während eine leckeren Schüssel Nudelsuppe darüber lachten. Doch dieser sah nun ebenso wutverzerrt auf und hinter ihm erhob sich ein weiterer Mann.
Und meine Analyse began. Wir waren zwei Mädchen, wovon eins defintiv wegfiel. Sie konnte nur mit Worten verunsichern, sie war keine Kämpfern. Dann hatten wir einen Schwächling, dessen Stärke in seinem Kopf lag und zwei Halbstarke, von denen einer bereits am Boden lag. Und natürlich Terasaka, der jedoch bereits mit einem Angreifer rang sowie den Besitzer, der hinter der Theke stand und sich nervös umsah. Ja, er würde uns defintiv keine Hilfe sein.
Sie waren geliefert.
Dementsprechend fiel meine Entscheidung überraschend leicht, irgendwie waren diese Chaoten ja doch meine Klassenkameraden und ich wollte nicht, dass ihnen etwas zustieß. Im nächsten Moment hatte ich die Faust des Ramentypen abgefangen und ihn über meine Schulter geworfen, sodass er krachend auf den Rücken landete und entsetzt nach Luft japste. Dadurch hatte ich den anderen Mann meinen Rücken zugekehrt, der diese scheinbare Chance nutzen wollte, doch ich duckte mich erst nach vorn, bevor ich ganz zu Boden glitt und ihn die Beine in einer fließenden Bewegung wegtrat. Er krachte mit dem Kopf voran auf den harten Boden und bewegte sich im Gegensatz zu seinen Freund nicht mehr.
Terasaka, der seinen Angreifer mit seinen Fäusten bearbeitete, hatte innegehalten, genauso wie der Mann. Er sah fast schon entsetzt zu seinen am Boden liegenden Freunden, während ich mich an den Besitzer wandte, ohne meine Augen von ihnen abzuwenden.
Lektion 1, lasse deinen Gegner niemals aus den Augen.
»Verzeihung, haben Sie ein Katana? Oder wenigstens ein großes Messer?«, fragte ich ernst.
Lektion 2, schüchtere ihn mit allen Mitteln ein, angefangen mit deiner Grundhaltung.
Ich nahm einfach an, dass sie nicht einfach so aufgeben würden, musste jedoch feststellen, dass ich falsch lag. Der Mann stieß Terasaka von sich weg und zusammen mit dem Ramentypen sahen sie nach ihren Freund. Wenigstens waren meine Klassenkameraden intelligent genug keinen Kampf anzufangen. Sie ließen die Männer, die den Bewusstlosen - oh, Mann, vielleicht hatte ich etwas übertrieben... - stütztend von dannen ziehen. Fast augenblicklich atmete der Besitzer aus, seinem Lokal war ja zumindest nichts passiert und es gab... nur einen Blutfleck.
Erleichtert seufzte ich auf und wandte mich an meine Gruppe, damit wir endlich bestellten. Doch als ich ihre Gesichter sah, hielt ich inne. Sie sahen mich nämlich an. Es war keine Bewunderung, aber auch keine negative Emotion. Vielleicht positives Entsetzen? Sie sahen defintiv zwiegespalten aus. Zugegeben, es war wahrscheinlich wenigen bekannt, dass ich aus einer Kampfsportlerfamilie mit eigenem Dojo kam und auch bei unserem Training in der Schule, zeigte ich nicht viel Leistung, doch sie reagierten so, als stände plötzlich ein Alien vor ihnen, das sie nicht einordnen konnten.
Und Terasaka hätte defintiv etwas gesagt, ja, wahrscheinlich sogar Streit angefangen, hätte ich mich nicht an den Besitzer gewandt und das einzige gemacht, was mir in diesem Moment einfiel.
Ich bestellte mir endlich mein Essen.
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Zu meinem Glück hatten mich die anderen nicht darauf angesprochen und als ich auf die Toilette gegangen und wieder gekommen war, waren sie tatsächlich noch da gewesen. Dennoch hatten sie defintiv über mich getuschelt, während ihnen Takebayashi etwas erzählte. Aber ich hatte es ignoriert. Und sie mich. Jedenfalls kam es zu keiner weiteren Zankerei. Sogar Terasaka hatte mich in Ruhe gelassen und so war ich den ganzen Tag fast nicht existent gewesen. Was mir nur recht war...
Die Fahrt endete somit fast schon ereignislos und ehe ich mich versah, saßen wir bereits im Zug auf den Weg zurück nach Hause.
Wie immer saß ich allein, hörte Musik und sah mir Memes - sowie Karma, dem ich hin und wieder heimlich einen Seitenblick zu warf - an. Verknallt sein war so anstrengend. Dauernd hatte man das Bedürfnis die Person anzustarren und ihre schönen Merkmale zu bewundern. Und er war wirklich sehr schön. Das war echt zum Haareausreißen.
Manchmal fragte ich mich, wie mein Leben wäre, wenn nichts von all dem passiert wäre. Wenn meine Mom uns nie verlassen hätte, wenn mein Dad nie bemerkt hätte, wie fehlerhaft ich doch eigentlich war, wenn Koro-Sensei nie in unsere Klasse gekommen wäre... Ob ich dann vielleicht ein normales Leben geführt hätte? Ich hätte Karma auf jeden Fall gekannt. Meine Schwäche für ihn reichte bis zur Grundschule zurück. Vielleicht wäre meine Hauptmission dann nicht, möglichst perfekt zu werden und niemanden zu belasten. Vielleicht hätte ich wie die kichernden Mädchen damals, als ich noch nicht in der E-Klasse gewesen war, Karma irgendwann heimlich einen Liebesbrief geschrieben und ihm dann bei einem geheimen Treffen meine Liebe gestanden. Vielleicht hätte er mich dann nicht zum Kotzen gefunden...
Im Grunde gab es sehr viel, was ich gern erleben würde, doch nicht erleben durfte oder konnte. Es war besser so.
Müde lehnte ich meinen Kopf gegen die Fensterscheibe.
Vielleicht sollte ich ihn dann nicht so anstarren. Das könnte meine Sehnsucht nach all diesen Dingen nur verschlimmern...
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Kaum waren wir wieder in unserem Schulalltag zurück, wurde uns eine neue Mitschülerin vorgestellt, die eigentlich nur eine Maschine war und Intelligente-Kampfeinheit genannt wurde. Ein wunderschöner Name für jedes Mädchen. Das Programm war im Grunde ein Mädchen mit lilanden Haaren und unglaublich ausdruckslosen Augen in einem langen rechteckigen Monitor-Kasten.
Die den Unterricht mit ihren ununterbrochenen Angriffen auf unseren Oktopuslehrer einfach nur störte.
Defintiv ein weiterer normaler Tag im Assassination Classroom.
Dabei war meine Stimmung aufgrund meines heutigen Termins bereits am Tiefpunkt. Genervt darüber, dass ich nicht lernen konnte, packte ich meine Sachen und schulterte meine Tasche. Hoffentlich wirkte es sich nicht auf meine Noten aus... Wenn diese Maschine weiterhin den Unterricht störte, konnten weder meine Mitschüler einen Angriff starten, noch konnte Koro-Sensei uns vernünftig unterrichten. Weder mit seinen Doppelgängern, noch an der Tafel, wo er eher darauf bedacht war ihrem Kugelhagel auszuweichen.
Als ich den Berg herunter gelaufen war, schlug ich den Weg nach links ein, nicht nach rechts wie gewöhnlich, wenn ich nach Hause lief. Dies machte ich alle paar Tage, was momentan noch etwas erträglich war. Jeder Termin dauerte nämlich... etwas...
Ich holte mein Handy heraus, um mich auf den Weg etwas abzulenken. Meine Tante hatte mir eine Nachricht geschickt, in der sie mich an meinen Termin erinnerte. Ihn vergessen würde ich so oder so nicht, schließlich war er der Schlüssel und der Grund für mein perfektes Leben.
Nach einigen Minuten blieb ich stehen und sah auf. Mittlerweile kam mir der Weg zum Krankenhaus erschreckend kurz vor. Es schien fast, als würde ich jedes Mal immer schneller ankommen. Kurz blieb ich stehen und schloss die Augen. Dann setzte ich mich in Bewegung, um nicht zu spät zu kommen. Das würde gar keinen guten Eindruck hinterlassen. Mein Dad könnte sehr sauer werden.
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Am Abend saß ich an meinen Hausaufgaben, die ich so schnell wie möglich erledigen wollte, da ich absolut müde und erschöpft war. Wenn ich ehrlich war, dann wollte ich sie am liebsten nicht machen und einfach nur schlafen. Aber gleichzeitig war dies schlichtweg keine Option. Mir waren meine Noten viel zu wichtig, mir waren die Erwartungen, die mein Dad an mich hatte, viel zu wichtig. Innerlich hoffte ich, dass unsere neue Maschinenmitschülerin morgen nicht allzu nervig war. Das neue Thema in Mathe bereitete mir Probleme, weshalb ich den Unterricht dringend nötig hatte. Die nächsten Prüfungen musste ich mit absoluter Perfektion bestehen, um meinen Vater stolz zu machen.
Ein zaghaftes Klopfen ließ mich meinen müden Kopf heben. Kurz überlegte ich, mich einfach schlafen zu legen, damit sie mich in Ruhe ließen. Doch wahrscheinlich sahen sie das gedämpfte Licht meiner Lampe unter meiner Tür, weshalb ich mich dagegen entschied.
Ironisch, obwohl jeder in dieser Familie versuchte einen gewissen Schein zu wahren, wollte ich sie nicht täuschen...
»Ja?«, sagte ich.
Langsam und mit einem entschuldigenden Lächeln, öffnete meine Tante die Tür, bevor sie diese genauso vorsichtig schloss, mein Zimmer betrat und sich auf mein Bett setzte. Ich wandte mich wieder meinen Hausaufgaben zu. Scheinbar sollte es ein längeres Gespräch werden. Dabei wusste sie, dass ich jetzt müde sein würde. Vielleicht hoffte sie deshalb, dass ich es nicht vermeiden und einfach über mich ergehen lassen würde. Genau das, was ich jetzt machte.
»Wie war dein Termin heute?«, fragte sie.
Ich zuckte mit den Schultern. »Ganz gut. So wie immer.«
»Hat sie irgendetwas gesagt?«
Ich überlegte kurz. Einerseits wollte ich nicht genervt antworten, andererseits wollte ich aber auch nicht, dass sie ihre Nase in meine Angelegenheiten steckte. Ich musste bereits bei ihnen leben, weil mein Dad mich nicht allein leben lassen wollte. Dabei bemerkte ich, dass sie meine Anwesenheit nicht so genossen wie früher. Vielleicht erinnerte ich sie ja daran, welche Kontrolle mein Vater über sie hatte. Oder aber sie sahen mich als Möglichkeit, wegen der sie alles verlieren konnten. Ich persönlich hielt so schon viel Distanz zu ihnen. Ihnen zu liebe. Es war besser so. Für alle Beteiligten.
»Nur, dass es ihr gut geht und ich Fortschritte mache«, antwortete ich schließlich halb sarkastisch, halb ernst.
Meine Tante schwieg kurz. »Dein nächster Termin ist in zwei Tagen, richtig?«
»So wie immer.«
Ich bemerkte selbst, dass es mir nicht leicht fiel ihr so zu antworten. Doch ich musste es. Ich durfte nicht nachgeben.
Ich hörte, wie sie hörbar ausatmete. Doch sie brauchte wieder etwas, bevor sie weiter sprach. »Am Samstag sind wir mit deinem Vater zum Essen eingeladen. Möchtest du, dass ich dir ein Kleid besorge oder willst du es selbst kaufen?«
Das sorgte dafür, dass ich mitten im Wort stoppte und den Griff um meinen Kugelschreiber verstärkte. Dies war gar nicht gut. Solche Verabredungen fanden nie grundlos statt, meist hatte es einen geschäftlichen Hintergrund und sie ließen sich nie vermeiden. Selbst, als ich mal krank gewesen war, hatte ich hingehen müssen. Daher beantwortete ich die Frage meiner Tante nicht sofort, sondern stellte eine Gegenfrage.
»Was ist der Anlass?«, fragte ich leise.
»Das hat er nicht gesagt. Nur, dass er uns einen möglichen Geschäftspartner vorstellen würde«, antwortete sie.
Es war also wirklich etwas geschäftliches...
Es war also wichtig und ernst. Das erklärte auch die Anspannung in ihrer Stimme, die sie zu verstecken versuchte, denn sie hatte genauso viel zu verlieren wie ich.
»Ich besorge mir selbst ein Kleid, danke«, sagte ich ehrlich.
»Okay. Solltest du jedoch eine Beraterin brauchen, kannst du jederzeit zu mir kommen, das weißt du, richtig?«
Ich nickte. Das wusste ich. Nur aus welchen Gründen sie helfen wollte, war mir nicht ganz klar.
Ich hörte, wie sie sich von meinem Bett erhob und im nächsten Moment spürte ich, wie sie ihre Arme von hinten um mich schlang. Sie drückte ihren Kopf seitlich gegen meinem, als sie mich in dieser Position umarmte. Leider fühlte es sich sehr gut an, besser als erwartet, und vermutlich war es der Tatsache geschuldet, dass ich selten körperliche Nähe, Zärtlichkeiten oder Umarmungen genoss.
Das war der einzige Grund, warum ich in diesem Moment schwach wurde, die Augen schloss und es wenigstens kurz zuließ. Auch wenn es nicht aufrichtig war.
»Deine Mom wäre bestimmt total stolz auf dich, wenn sie dich jetzt sehen würde.«
Der Satz sorgte dafür, dass sich mein Herz zusammenzog. Ich biss mir auf die Unterlippe, um nicht den Satz zu sagen, den mir mein Dad immer eintrichterte. Nämlich, dass sie uns nie verlassen hätte, wenn sie uns wirklich geliebt hätte...
»Ich weiß«, schaffte ich es zu murmeln.
»Hast du deine Vitamine denn schon genommen?«
Meine Mundwinkel zuckten leicht nach oben. Dieses Mal konnte ich mir meinen frechen Kommentar nicht verkneifen.
»Vitamine, huh? Ist das jetzt die nettere Umschreibung dafür?«
Meine Tante antwortete nicht. Stattdessen drückte sie mich noch einmal seufzend, bevor sie ihren warmen Körper entfernte und ich die Kälte plötzlich wieder spürte.
Doch das war besser so.
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Als ich am nächsten Morgen das Klassenzimmer betrat, fiel mir sofort unsere Maschinenklassenkameradin ins Auge. Was aber eigentlich meine Aufmerksamkeit erregt hatte, war Terasaka, der gerade Klebeband um sie wickelte und dabei... genervt wie immer aussah. Aber gerade aufgrund seines Gesichtsausdrucks bemerkte ich, dass es nicht eine seiner rein rüpelhaften Aktionen war.
»Was... genau wird das?«, sagte ich eher zu mir selbst, während ich mich auf meinen Platz setzte und meine Tasche ablegte.
»Ich schätze, sogar ein Holzkopf wie er bevorzugt lieber den normalen Unterricht statt die andauernden Angriffe«, sagte eine amüsierte Stimme hinter mir, die ich sofort erkannte.
Ich drehte mich in meinem Stuhl halb zu Karma um, der einfach durch und durch zufrieden aussah. Wenn es Terasaka nicht gemacht, hätte er es wahrscheinlich in die Hand genommen, so wie er aussah.
»Dabei wirkt er eher wie ein Intelligenzverweigerer«, sagte ich ehrlich verwundert über diese Aktion.
Terasaka zuckte zusammen und hob drohend die Faust. »Ich kann euch hören, ihr Nervensägen!«
»Wir haben auch nicht gerade leise gesprochen«, erwiderte Karma provokant, bevor er seinen Kopf vollends nach vorn zu mir wandte. »Siehst du? Jetzt bist du zumindest nicht mehr die meist gehasste Person in dieser Klasse.«
Ich ließ mir nichts anmerken. Weder, dass ich es wollte und deshalb zufrieden war, noch, dass mich die Tatsache, dass es von ihm kam, verletzte. Stattdessen nickte ich mit einem monotonen Gesichtsausdruck.
»Sieht wohl so aus«, sagte ich und kramte mein Heft heraus. »Den Titel hol ich mir noch wieder. Hey, könntest du mir vielleicht Aufgabe fünf erklären? Ich hab sie nicht ganz verstanden und befürchte, dass mein Ergebnis falsch ist.«
Karma war der absolut beste in Mathe in der Klasse. So konnte ich wenigstens etwas mehr mit ihm reden und gleichzeitig etwas lernen. Doch als ich aufsah, bemerkte ich, dass er mich immer noch fast schon ausdruckslos ansah... Nein, Moment, ich meinte kurz seine Augenbrauen zusammenzucken zu sehen, was ein Zeichen dafür sah, dass er genervt war. Dann lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Hände hinter seinen Kopf.
»Nerv jemand anderen damit. Einen Scheiß mach ich.«
Ich nickte erneut und drehte mich wieder um, damit er nicht sah, dass ich mir auf die Unterlippe biss. Okay, das schmerzte doch mehr als erwartet. Aber so musste es sein. Ich sollte keine Ausnahme in meinen Prinzipien und Regeln machen. Nicht einmal für Karma.
Also sah ich mir die Aufgaben allein noch mal an.
Kurz vor 8:30 Uhr, fing unsere digitale Mitschülern an ihren Start anzukündigen, indem sie erst einmal ihre ganzen Systeme überprüfte, bevor sie den Monitor einschaltete und... dann Terasakas Werk bemerkte.
»In diesem Zustand ist es nicht möglich, meine Angriffe mithilfe meiner Waffen auf Sie fortzufahren, Koro-Sensei«, sagte die lilahaarige, digitale Schülerin. »Entfernen Sie bitte dieses Klebeband von mir, damit ich mit meiner Aufgabe beginnen kann.«
»Hmm«, machte unser Lehrer gespielt nachdenklich. »Wenn du mich so nett bittest, sollte ich es vielleicht machen.«
»Ist dies Ihr Werk?«, fuhr unsere Mitschülerin fort. »Ihnen sollte bewusst sein, dass dies Schaden an mir ist, was Ihnen als Lehrer strengstens untersagt ist. Schließlich gelte ich als Ihre Schülerin. Das heißt, Sie dürfen solche Maßnahme nicht an mir durchführen, sonst hat es ernstzunehmende Konsequenzen für Sie. Ich werde dies leider so weitergeben und melden müssen. Es...«
Sie wurde unterbrochen, als Terasaka die Klebebandrolle gegen sie warf. Mittlerweile saß ich wieder halb nach hinten gedreht, um die Kampfmaschine anzusehen, aber auch um Terasaka einen kurzen Blick zuzuwerfen. Dabei bemerkte ich aus dem Augenwinkel, dass Karma wirklich mehr als zufrieden aussah. Er genoss die Show vielleicht etwas zu sehr.
»Das war nicht er, sondern ich«, sagte Terasaka grimmig. »Weil du den Unterricht und uns durchgehend nur störst. Lern erst mal mehr dazu, besonders, wie man ein Mensch ist, bevor du versuchst unseren Lehrer umzubringen.«
»Sie ist eine Maschine, sie hat nicht einmal ein Plan, was gesunder Menschenverstand ist«, warf Sugaya ein.
»Hör zu, wir werden dich nach dem Unterricht auf jeden Fall befreien, okay? Aber jetzt geht es einfach nicht«, sagte Hara fast schon beschwichtigend.
»Eigentlich hättest du es kommen sehen müssen«, meinte Sugino. »Der gestrige Unterricht war katastrophal. So hätte es einfach nicht weiter gehen können, sonst können wir unsere Noten gleich vergessen.«
»Das stimmt und wir sind nicht wirklich scharf drauf, die Prüfungen in den Sand zu setzen«, sagte Nakamura.
Die Neue antwortete nicht und für einen kurzen Moment fragte ich mich, ob sie überhaupt verstand, was los war und besonders, was uns nervte. Ich war jedenfalls mehr als froh, dass meine Mitschüler es genauso wie ich als störend empfunden haben und lieber lernen wollten.
Denn jetzt, konnten wir zumindest wieder den tollen Unterricht unseres Lehrers genießen. So kam es den ganzen Tag zu keinem weiteren Vorfall mehr, sodass ich nach Schulschluss dieses Mal äußerst zufrieden den Berg herunter lief. Das neue Thema in Mathe hatte ich leider immer noch nicht ganz verstanden, auch wenn ich längst nicht mehr so verzweifelt war wie vorher. Vielleicht sollte ich einfach Morgen an Koro-Senseis glitschiger Nachhilfe nach dem offiziellen Unterricht teilnehmen... Ja, das wäre defintiv besser...
»Hey! Bleib stehen, Nervensäge!«, hörte ich Terasakas Stimme hinter mir sagen, als ich am Fuß des Berges angekommen war.
Und da ich mich nicht angesprochen fühlte, lief ich weiter und wollte meinen gewohnten Heimweg einschlagen, doch plötzlich stellten sich mir Yoshida und Muramatsu in den Weg.
Oh, verdammt, ich war doch gemeint.
Genervt drehte ich mich zu dem Rüpel um, der sich vor mir aufgebaut hatte. Hinter ihm stand Takebayashi mit seiner Brille und demselben Ausdruck, den er immer aufgesetzt hatte, sodass ich nicht einmal erraten konnte, worum es ging. War Terasaka etwa wegen meiner Bemerkung von heute Morgen gekränkt?
»Wo warst du gestern?«, fragte er.
...
Ich hatte immer noch keine Ahnung, worum es ging. Also antwortete ich ganz einfach: »Zu Hause?«
»Nach der Schule«, sagte er ungeduldig. »Wir haben dich ins Krankenhaus gehen sehen.«
Ich sah ihn für einige Sekunden schweigend an. Es war unmöglich, dass es Zufall gewesen war. Die Kerle hatten einen ganz anderen nach Hauseweg. Also mussten sie mir gefolgt sein und das nervte mich unglaublich... Dennoch ließ ich mir nichts anmerken.
»Ihr seid mir gefolgt«, sagte ich kurz angebunden. »Wieso?«
»Das tut nichts zur Sache. Also, was wolltest du da?«
Ich legte meinen Kopf leicht schief, trat einen Schritt zur Seite und wandte mich ihnen so zu, dass ich alle vier ansehen konnte. »Warum glaubt ihr, dass euch das etwas angeht?«
»Seit den Ereignissen in Kyoto, als du ihnen geholfen hast, glauben sie, dass du etwas zu verbergen hast«, teilte mir Takebayashi fast schon fachmännisch mit.
Ich nickte ihm einmal dankend zu, während Yoshida schnaubte. »Du glaubst das doch auch!«
»Ich sagte, dass wir ihre Privatsphäre achten sollten.«
»Das ist doch jetzt egal!«, meinte Terasaka. »Der Punkt ist, deine kleinen Tricks in Kyoto waren merkwürdig. Du hast sowas noch nie im Unterricht gezeigt. Also, was genau ist dein Plan? Bist du allein hinter dem Preisgeld her?«
Darum ging es also. Ich prustete etwas, fing mich jedoch sofort wieder und lächelte leicht entschuldigend. Wahrscheinlich hatten sie sich den Kopf darüber mit irgendwelchen Verschwörungstheorien zerbrochen, und lagen trotzdem absolut falsch. Bei ihrem gemeinsamen Gruppeniq, war dies wohl nicht einmal überraschend.
»Lasst mich raten, ihr dachtet, dass ich durch irgendwelche Experimente von der Regierung erschaffen worden bin, um Koro-Sensei allein zu töten sowie im Krankenhaus war, um weiter perfektioniert zu werden und habt euch damit meine kleinen Tricks erklärt.«
Überrascht und peinlich berührt zuckten alle bis auf Takebayashi zusammen. Dieser drückte lediglich seine Brille nach oben und kurz fragte ich mich, ob er es vielleicht in Erwägung gezogen hatte. Nach unserer digitalen Mitschülerin, würde ich der Regierung auch alles zutrauen.
Ich zuckte mit den Schultern und seufzte. »Ich muss euch leider enttäuschen. Ich besuche lediglich jemanden regelmäßig im Krankenhaus und ich mache Kampfsport. Das ist alles. Ich bin kein Regierungsgeheimnis.«
Irrte ich mich, oder sahen Yoshida sowie Muramatsu ein wenig enttäuscht aus? Terasaka schien zumindest zwar zufrieden, aber dennoch nicht ganz überzeugt. Daher überraschte es mich nicht, als er mich am Kragen packte und mich leicht zu sich zog. Himmel, das wurde ihm wohl nie zu langweilig...
»Solltest du lügen, setzt es was«, sagte er drohend.
»Du hast mich gerade noch für ein mächtiges Regierungsgeheimnis gehalten. Glaubst du ernsthaft, dass du eine Chance gegen mich im Zweikampf hättest?«, fragte ich ehrlich neugierig und hob leicht meine Augenbrauen. Er zuckte etwas zurück, fing sich jedoch relativ schnell und sah mich genauso herausfordernd an.
Ich wusste selbst nicht, was passiert wäre, hätte Nakamuras Stimme uns nicht in diesem Moment auseinandergebrochen.
»Hey, ärgert ihr sie etwa?«, fragte sie und trat sofort auf uns zu, sodass Terasaka mich tatsächlich los ließ. »Das ist nicht euer Ernst, oder?«
Hinter ihr liefen Karma und Nagisa, die uns ebenfalls ansteuerten, mit denen sie scheinbar zusammen den Berg hinunter gelaufen war, bevor sie unsere lustige Gruppe entdeckt hatte. Es war ziemlich süß, dass sie die Retterin spielen wollte, auch wenn ich die Lage so ziemlich im Griff hatte.
»Das geht dich nichts an, Blondie«, meinte Terasaka genervt.
»Musst du jetzt wirklich kleine Mädchen schikanieren, um deine fehlende Männlichkeit zu überspielen?«, fragte Karma mit einem frechen Lächeln...
... das ich ziemlich liebte...
Okay, das war genug. Es war Zeit nach Hause zu gehen. Schnell verbeugte ich mich dankend und drehte mich um.
»Bis morgen«, sagte ich noch und setzte mich in Bewegung.
Es war jedoch Nagisas Frage, die dafür sorgte, dass ich stehen blieb, als ich um die Ecke gelaufen war.
»Was genau wolltet ihr von Naoko?«
Sie würden es doch nicht verraten, oder? Dann mussten sie einerseits zugeben, dass ich ihre Hintern gerettet hatte und auch, dass sie mir ganz creepy gefolgt waren. Aber, wenn sie dies machten, dann würden sie den anderen erzählen, dass ich gestern dem Krankenhaus einen Besuch abgestattet hatte. Ich wollte absolut nicht, dass sich diese Information verbreitete.
»Gar nichts«, knurrte Terasaka zu meiner Erleichterung. »Sie hatte nur eine Frage.«
»Dieser nervige Kotzbrocken redet doch sonst so selten und da soll sie ausgerechnet dich angesprochen haben?«, erwiderte Karma.
Ich biss meine Zähne zusammen. Na, vielen Dank auch, Akabane. Jetzt weiß ich ja, wie du über mich sprichst, wenn ich nicht da war.
»Karma!«, sagte Nagisa mahnend.
»Was denn? Ich sag nur das, was wir alle denken. Im Grunde, können wir sie doch alle nicht wirklich leiden und sie uns nicht.«
»Nun... Sie scheint nicht wirklich Teil der Klasse zu sein«, sagte Nakamura unsicher.
Ich ballte meine Hände zu Fäusten. Das war ich auch nicht. Ich gehörte nämlich nirgendwo hin und das wollte ich so. So konnte mich auch niemand verlassen... und andersherum.
»So schlimm ist sie eigentlich nicht.«
Meine Augen weiteten sich bei Terasakas Worte. Damit hatte ich absolut nicht gerechnet... und dem überraschten Aufschnappen der anderen nach zu urteilen, sie auch nicht. Doch gleich darauf, erklang ein fast schon höhnisches Lachen.
»Da haben sich wohl zwei Kotzbrocken gefunden«, sagte Karma.
Ich schnaubte und lief nun weiter.
Das konnte und war mir sowas von egal. Wieso genau mochte ich diesen Idioten überhaupt? Verdammt, das war so kindisch und bescheuert von mir gewesen. Ab jetzt würde ich defintiv noch mehr an meinen Prinzipien festhalten... Diese bescheuerte Schwärmerei musste ich von nun an komplett ignorieren.
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