28. Unreif

Hey!

Frohen 1. Advent! ❤️
Und passend dazu geht es jetzt weiter.

Wie einige von euch mitbekommen haben, wurde ich von unglaublich viel Arbeit erschlagen... A lot lot. But I'm back, ich habe jetzt wieder etwas mehr Luft zum Atmen und es kann weiter gehen.

Um solche Updates mitzubekommen und beim nächsten Q&A dabei zu sein, könnt ihr mir auf Instagram (@su.yu.san) folgen.

Das wars erst einmal von mir. Das nächste Kapitel sollte nicht lange auf sich warten lassen!

Viel Spaß beim Lesen!
.

»Was genau willst du hier?«

Karma hatte die Tür gerade geöffnet und mir praktisch sofort gezeigt, dass er von meiner Anwesenheit nicht wirklich begeistert war. Ich konnte dies sehr gut verstehen. Einerseits war mein Auftauchen sehr ungewöhnlich und andererseits ziemlich plötzlich.

Den ganzen Weg hier her hatte ich es vermieden mir Gedanken darüber zu machen, was ich ihm sagen sollte. Ich hatte Angst gehabt, dass wenn ich erst einmal bemerkte, dass mir keine Ausrede oder gute Erklärung einfiel, ich mein Vorhaben wieder abbrechen würde. Jetzt bereute ich es jedoch etwas, da mir absolut gar nichts einfiel und ich ihn erst einmal stumm anstarrte. Man könnte glatt denken, dass ich mich lediglich in der Tür verirrt hatte... und in der Straße... und im Viertel...

Meine Gedanken brachten mich gerade absolut nicht weiter....

Karmas Augen wanderten an mir herunter und blieben an meiner Tasche hängen. Erst dann fiel mir auf, dass ich sie nicht abgelegt hatte. Da ich nach dem Treffen mit Nakamura ja nicht wirklich... in mein Zimmer gegangen war, trug ich sie immer noch mit mir herum. Das war aber auch positiv, da ich somit morgen den ganzen Tag lernen konnte und nicht erst einmal zurück ins Irrenhaus musste.

»Probleme zu Hause?«, fragte Karma überraschenderweise mit einem Seufzen.

Er hatte es... erraten...? Aber das hieß doch..., dass er es sich gemerkt hatte, als ich es mal erwähnt hatte...

Ich hatte um ehrlich zu sein gerade keine Energie mehr, um zu lügen. Also nickte ich einfach und schloss kurz die Augen.

»Es ist gerade... die reinste Hölle da. Ich werde dort weder ruhig schlafen, noch richtig lernen können...«, sagte ich.

»Und das Lernen ist dir natürlich besonders wichtig«, sagte Karma, trat jedoch zu meiner absoluten Überraschung einen Schritt zur Seite, um mich herein zu lassen.

Doch ich setzte mich nicht sofort in Bewegung, sondern überlegte kurz. Wie gesagt, ich hatte keine Kraft, um jetzt zu lügen...

»Ich bin um ehrlich zu sein gern hier. Auch, wenn du davon genervt bist. Ich bin hier so entspannt und... kann einfach mal abschalten. Ich habe in den letzten Jahren noch nie so gut geschlafen wie letzte Nacht.«

Ich wusste nicht, ob es zu ehrlich war, besonders, da Karma mich einfach nur ansah. Hoffentlich dachte er nicht, dass ich den Verstand verloren hatte... und noch mehr hoffte ich, dass er sich jetzt nicht darüber lustig machen würde, nachdem ich so ehrlich gewesen war.

»Du scheinst die Wahrheit zu sagen«, stellte er fest und gleich darauf bildete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht. »Mal was neues. Und jetzt komm rein, obwohl du meinetwegen auch vor der Tür pennen kannst.«

Da ich es ihm zutraute, dass er die Tür einfach wieder schloss, trat ich schnell ein und streifte mir die Schuhe von meinen Füßen. Karma schloss sie und lief an mir vorbei.

»Soll ich etwas kochen?«, fragte ich ihn, während ich ihm folgte. »Hast du schon etwas zu Abend gegessen?«

Ich blieb stehen, als ich in die Küche sah, wo ich einige Zutaten, unter anderem verschiedene Gemüsesorten, bemerkte. Kochte Akabane ernsthaft gerade? In Hauswirtschaft war er zwar gut, aber er war einfach in allen Fächern gut... Dass er also in seinem Privatleben freiwillig kochen würde, überraschte mich doch sehr. Immerhin war er ziemlich faul. Lässig stand er neben mir und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.

»Ich mache gerade Yasai itame«, erklärte er mir. »Da du aber jetzt da bist, kannst du dich nützlich machen. Also, an die Arbeit, Hausmädchen.«

Gegen diesen Titel hatte ich absolut nichts... Ich war wirklich komisch...
.

Wir aßen im Stillen. Mittlerweile war ich daran gewöhnt, dass er mein Essen schweigend genoss. In dem Punkt war ich mir tatsächlich sicher, nicht nur, weil er sich noch eine weitere Portion nahm. Ich fragte mich, ob dies die normale Atmosphäre wäre, wenn ich einfach hier wohnen würde, beziehungsweise schlichtweg mit Karma zusammen wohnen würde. Nicht einmal in einer Liebesbeziehung, sondern nur als normale Mitbewohner. Auch wenn ich dann kochen und wahrscheinlich auch den Haushalt schmeißen würde, hätte ich tatsächlich nichts dagegen. Ich war trotzdem glücklicher in diesem Szenario.

Natürlich entging mir nicht, dass seine Eltern wieder nicht da waren, doch dieses Mal entschied ich mich, nicht nachzufragen. Es würde die angespannte Stimmung noch schlimmer machen und zu Sprüchen seinerseits führen. Das wollte ich nicht.

Ich hatte gerade keinen Kopf dafür. Die Worte meiner Tante - und lächerlicherweise auch die von Ai - schwirrten mir im Kopf herum. Sie sorgten dafür, dass ich abwesend und nachdenklich war. Die Kälte und die Ungewissheit, was ich nun fühlen sollte, waren immer noch da. Es war eigenartig... und fast schon etwas beängstigend, dass es sich so anfühlte, als wäre es mir egal, was ihnen heute widerfahren war. Selbst, dass Ai wegen mir gegen die Tür gerannt war, tat mir nicht leid und... Ich wusste, dass dies keine normale Empfindung von mir war. Doch was hätte ich tun sollen? Wie genau hätte ich dieses kleine Kind, dass meinte Prügelstrafen verteilen zu dürfen, aufhalten sollen?

Mir fiel nichts ein. Sie hätte mich letztlich attackiert und ich hätte sie irgendwie anders abwehren müssen...

Es klang dämlich, aber... vielleicht war dies ja auch eine Lektion für sie...

»Willst du mir nicht wenigstens verraten, was genau dafür sorgt, dass du so heftig neben der Spur bist?«, fragte Karma plötzlich und legte seine Stäbchen zur Seite.

Er hatte fertig gegessen und sah mich mit einem Blick, den ich nicht genau deuten konnte, an. Damit hatte ich die Bestätigung; man sah mir meine inneren Unruhen an. Nachdenklich betrachtete ich den Tisch, unsicher, was ich sagen sollte.

»Oder ist es nur eine Ausrede, weil du insgeheim mit mir rummachen willst?«

Die Aussage sollte mich nur provozieren, doch beinahe wäre mir ein "ich-wünschte-es-wäre-so" herausgerutscht. Dabei war es die Wahrheit. Ich wünschte, ich wäre aus anderen Gründen hier und nicht nur, weil Karma, trotz seiner Abneigung mir gegenüber, meine einzige Option war.

»Meine Tante wollte mich in Schwierigkeiten bringen«, sagte ich zögerlich. Wie viel von der Wahrheit konnte ich ihm erzählen? Er brauchte zumindest eine Erklärung, damit er mich nicht doch wegschickte. »Sie sind einfach die Hölle, Karma. Vielleicht amüsiert es dich, aber ich platzte versehentlich in eine Unterhaltung, in der sie und ihre fünfjährige, verhaltensauffällige Tochter mir den Tod wünschten. Nochmal, sie ist fünf...«

»Es amüsiert mich nicht«, sagte Karma, genervt die Stirn runzelnd. »Ich hasse es, wenn man so leichtfertig mit dem Tod spielt.«

»Hast du dich nicht von einer Klippe gestürzt, nur, um einen Versuch zu starten, Koro-Sensei zu töten?«

»Das ist hier gerade nicht das Thema, Naoko«, sagte er mit scharfer Stimme. »Ich kann dich immer noch rauswerfen.«

Ich lächelte leicht. »Sorry, sorry. Nur ein Witz.«

Es war so komisch... Mein innerer Tumult war jetzt schon ein wenig besser...

»Deine Familie ist jedenfalls schrecklich«, sagte er. »Kein Wunder, dass du so nervig bist.«

»Ich bin nicht ansatzweise wie sie«, sagte ich abwehrend.

Seufzend stand Karma auf. »Du bist aber auch nicht du. Also was bringt das?«

Ich runzelte die Stirn und machte es ihm gleich, da hatte er sich jedoch bereits umgedreht. »Was genau meinst du damit?«

»Ich muss dir nicht alles zwei mal erklären«, sagte er, während er die Küche verließ. »Räum auf und komm dann. Ich leg dir was zum Umziehen ins Bad.«

Er behandelte mich wirklich wie ein Hausmädchen... Warum genau hörte ich auf seine Anweisungen und war nicht einmal sauer darüber? Ich schüttelte den Kopf, während ich alles säuberte und das Geschirr abspülte. Meine Gefühle für ihn mussten etwas stärker sein, als ich dachte.

Doch es waren seine Worte, die mir nicht aus den Kopf gehen wollten. Er hatte dies schon mal erwähnt. Nur verstand ich nicht, warum ihn dieser Fakt, dass ich nicht ich war, so zu nerven schien...

Und ich konnte ihm auch nicht einmal sagen, wieso ich nicht ganz ich sein konnte. Nicht nur, weil ich mich selbst vor Jahren verloren hatte, nein. Ich musste alle auf Abstand halten. Daran dachte ich noch lange in der Nacht nach, als Karma schon längst eingeschlafen war, während ich auf dem Sofa in seinem Zimmer lag und von meiner Position aus sein attraktives, entspanntes Gesicht betrachtete.

Ich konnte und durfte nicht mehr ich sein, das hatte ich Kenta bereits gesagt. Ich durfte niemanden wirklich an mich heran lassen. Denn wenn ich es zuließ, dann könnte ich sie wirklich verletzen.

Koro-Sensei schien damit keine Probleme zu haben und seine Worte hatten mir defintiv geholfen. Doch ganz entspannt meine restliche Zeit zu verbringen und meinen möglichen Freunde etwas vorzumachen, war nicht so einfach.

Ich dachte nicht gern darüber nach, doch wenn ich machte, kam es mir so vor, als wäre es erst gestern gewesen. Diese Erinnerung würde für immer frisch in meinem Gedächtnis bleiben. Man hatte mir gesagt, dass ich die Nierenkrankheit meiner Mutter geerbt hatte. Ich hatte keinen blassen Schimmer gehabt, hatte die Ausmaße auch nicht wirklich verstanden und dies wurde mir auch erst gesagt, nachdem meine Mutter daran gestorben war.

Und vor einigen Monaten hatten mir die Ärzte nur noch ein Jahr gegeben.

Ich lächelte leicht, während ich mich auf den Rücken legte und an die Decke starrte.

Ich wäre praktisch frei und ich wäre dann bei ihr. Im Grunde hielt mich auch nichts hier. Eigentlich wollte ich daher meine letzten Monate in Ruhe verbringen, was nicht mehr so leicht war, wenn man so eine Familie hatte und diese scheinbar meinem Tod entgegen fieberten. Allein, dass meine Tante Ai dies erzählt hatte, nervte mich. Nicht einmal Raiko wusste Bescheid... Eigentlich... in diesem Punkt konnte ich mir jetzt nicht mehr sicher sein. Aber ich hatte es ihr nie sagen wollen...

Meine Angst war es immer gewesen, dass ich die Menschen, die mir nahe standen, durch meinen Tod sehr verletzen könnte. An meinem Dad hatte ich bemerkt, dass einige dieses Thema absolut nicht verkraften konnten. Der Tod meiner Mom hatte ihn tief getroffen... Seitdem wollte er auch nichts mehr von mir wissen...

Also war es meine Lösung gewesen, niemandem mehr zu haben, der mir nahe stand. Koro-Senseis Herangehensweise war dabei so anders als meine...

Entweder er starb oder er starb zusammen mit der ganzen Welt.

Ob wir es wirklich schaffen würden, ihn zu töten? Wenn wir es nicht schafften, würde ich zumindest wirklich niemanden verletzen... Irgendwie...

Meine Gedanken gerade hielten mich defintiv noch wach und schienen wirrer zu sein als vorher. Zumindest waren sie jedoch nicht mehr so kalt wie zuvor.

Ich hatte mich schon längst damit abgefunden, dass ich niemals rechtzeitig eine Nierenspende bekommen würde. Dafür war zu wenig Zeit und ich war viel zu weit unten auf der Liste.

Und das war, wie gesagt, für mich okay.

Aufgrund der Situation zu Hause... war es sogar mehr als okay. Wenigstens würde sich mein Vater dann nicht mehr mit diesen undankbaren Versagern herumschlagen müssen... Er hatte dann wirklich keinen Grund mehr, ihnen zu helfen. Momentan hielten sie mich nur von ihm fern. Eigentlich sollten sie sich ja um mich kümmern, doch es war mittlerweile mehr als ersichtlich, dass dies nicht wirklich der Fall war...

Aber auch das war okay...

Irgendwann musste ich doch eingeschlafen sein, denn das nächste, was ich wahrnahm, war Karmas laute Stimme. Irgendwie überraschend, da ich mit einer schlaflosen Nacht gerechnet hatte.

»Hast du vor den ganzen Tag faul herumzuliegen?«

Ich grummelte und wollte die Decke über meinen Kopf ziehen. Leider wurde sie mir jedoch gleich darauf entrissen, was einfach die reinste Qual war. Ich war mir sicher, dass dieser Sadist dies sehr genoss. Es brachte nichts mich zu weigern, er würde nicht nachgeben. Also setzte ich mich auf und rieb mir müde die Augen.

»Ich wusste, dass du eine Langschläferin bist«, sagte er provokant den Kopf schüttelnd.

»Ich war gestern vor dir wach«, erinnerte ich ihn gähnend. »Ich konnte danach ja nicht einmal mein eigenes Frühstück genießen. Sei wenigstens etwas dankbar.«

»Ich habe es genossen«, meinte er fast schon prallend. »Außerdem kann ich nichts dafür, dass du es plötzlich so eilig hattest.«

»Du kannst trotzdem dankbarer sein.«

»Das ist kein Hotel. Wenn ich dich schon hier schlafen lasse, ist es das Mindeste, dass du dich erkenntlich zeigst.«

»Lass mich raten, indem ich für dich koche«, sagte ich fast schon gelangweilt.

»Unter anderem«, sagte Karma und setzte sich grinsend auf sein Bett. »Es gibt jedoch auch noch andere Möglichkeiten...«

Er strich langsam über seine Bettdecke und gerade so konnte ich mir ein Augenrollen verkneifen. Ich wusste nicht, ob er es ernst meinte oder nur versuchte mich in Verlegenheit zu bringen - oder mich aufzuregen. Doch ich entschied mich dazu so zu tun, als ob ich seine Andeutung nicht verstand.

»Ich füttere dich ja gleich, Karmalein. Aber vorher muss ich duschen.«

Er schnaubte und unterließ endlich seine Geste.

»Das wäre wahrscheinlich auch nicht schlecht«, meinte er. »Dieses Vogelnest auf deinem Kopf ist wirklich abtörnend. Aber nur damit das klar ist...«

»Du erwartest auch dafür eine Gegenleistung, schon klar«, winkte ich ab. »Keine Sorge, ich weiß, dass bei dir alles einen Preis hat. Wenn es dich in deinem Leben weiterbringt und du dich so durchmoggelst, dann meinetwegen.«

Genervt biss Karma die Zähne zusammen. »Du bist wirklich unfassbar nervig.«
.

Die Dusche tat wirklich gut und sorgte dafür, dass mein ganzer Körper sich entspannte. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie steif er sich anfühlte. Ein Badetuch um meinen Körper wickelnd, trat ich heraus und machte mich erst einmal daran meine Haare mit einem anderen Tuch etwas zu trocken, bevor ich sie direkt mit einer Bürste bearbeitete. Karma hatte recht gehabt, meine Haare spiegelten meine unruhigen Gedanken in der Nacht praktisch wieder. Außerdem bemerkte ich, dass sie wieder zu lang geworden waren, was zwar nicht schlecht aussah, aber weniger praktisch war. Ich würde bald wieder zum Friseur müssen.

Seufzend verließ ich das Bad. Der Boden war feucht, als wollte ich mich dort nicht umziehen. Außerdem hatte Karma gesagt, dass er mir ein anderes T-Shirt auf sein Bett bereit legen würde, da ich mich beschwert hatte, nicht nochmal dasselbe anziehen zu wollen.

Es war vielleicht unverständlich für ihn, doch ich musste wenigstens mein Oberteil täglich wechseln, um mich wohl zu fühlen. Das brachte Karma zwar dazu sich darüber lustig zu machen, aber es war mir egal, dass er dies als "verwöhntes Verhalten" abstempelte.

Er war ein Junge. Die würden wahrscheinlich tagelang im selben T-Shirt herum laufen.

Zumindest hatte er mir aber wirklich ein sauberes, rotes Oberteil herausgelegt. Ich betrachtete es nachdenklich. Irgendwie hatte ich immer gedacht, dass ich sehr aufgeregt sein würde, wenn ich das T-Shirt oder den Pullover meines Schwarms tragen würde, wie in den ganzen Teeniefilmen, die ich gesehen hatte. Aber irgendwie genoss ich es doch nicht so wie erwartet...

Vielleicht lag es auch einfach daran, dass ich seine eher negative Meinung zu mir kannte...

Jedenfalls zog ich mir dann wieder meine Unterwäsche an. Genau als ich fertig war, hörte ich ein Klopfen an der Tür. Es war defintiv Karma, also wickelte ich das Tuch wieder um meinen Körper, bevor ich ein fragendes "Ja?" rief. Gleich darauf öffnete sie sich und der besagte Junge trat ein, seine Augen auf sein Smartphone gerichtet.

»Nakamura schreibt gera...« Er stoppte und blieb stehen, als er seinen Blick hob und mich sah.

Ich erwiderte seinen Blick fragend und wartete darauf, dass er weiter sprach, doch er machte es nicht, sondern betrachtete mich einige Sekunden lang ungläubig.

»Konntest du dich nicht im Bad umziehen?«, fragte Karma fast schon verständnislos.

Genervt verdrehte ich die Augen. »Was ist denn jetzt schon wieder das Problem?«

»Es ist kein Problem für mich«, sagte er und ein unheilvolles Grinsen bildete sich auf seinem Gesicht. »Es sollte eher eins für dich sein.«

Ich ließ mir nichts anmerken. Ich wusste genau, dass er mich aus der Ruhe und in Verlegenheit bringen wollte. Es war Karma. Ich kannte ihn zu gut, nicht nur, weil ich ihn wie sein persönliches Fangirl dauernd beobachtete und analysierte. Er wollte ein Spiel spielen und das würde ich ihn nicht gewinnen lassen. Also spielte ich die Ahnungslose und blinzelte mehrmals.

»Und wieso?«, wollte ich wissen.

Das gute war, dass ich nicht sensibel oder verlegen war, wenn es um meinen Körper ging. Es machte mir nichts aus, wenn er mich so sah, auch wenn ich... mich dann schon fragen würde, was er von ihm hielt...

Das schlimmste wäre aber natürlich, wenn er mir dann wieder einen seiner berühmten, miesen Sprüche reindrücken würde...

Es würde mich dann wahrscheinlich schon verunsichern und mehr treffen. Einfach, weil er es war.

Seine Grinsen wurde bei meiner Frage breiter und er schloss die Tür hinter sich, während er absichtlich langsam einen Schritt auf mich zutrat.

»Was würdest du tun, wenn ich dir das Badetuch wegnehme?«, wollte er amüsiert wissen.

Ich seufzte. »Wärst du wirklich so unreif?«

»Ist die Frage ernst gemeint?«

Beinahe hätte ich gelacht. Er verneinte dies ja nicht einmal. Karma wusste wohl selbst, dass er eher unreif war. Ich fragte mich aber wirklich, ob er mich so entblößen würde. Wenn er es machte, nur um mir eins reinzuwürgen, hätte er gewonnen und ich wollte ihn schlichtweg nicht gewinnen lassen. Also hatte ich nur eine Möglichkeit...

Ich ließ das Tuch einfach los.

Karmas Augen weiteten sich schon in dem Moment, als ich meine Faust, mit der ich den weißen Stoff festgehalten hatte, gelockert hatte, als hätte er diese minimale Bewegung bereits bemerkt. Doch mit seiner nächsten Reaktion hatte ich nicht gerechnet. Ich erkannte noch ganz klar die Röte in seinem Gesicht, als er sich fluchend umdrehte.

Und gegen die geschlossene Tür lief, da er das Zimmer fluchtartig verlassen wollte.

Ich klappte eine Hand vor meinen Mund und pustete los. Leider dämpfte dies mein Lachen nur bedingt. Ich konnte einfach nicht glauben, dass ihn das so aus dem Konzept gebracht hatte und sogar jetzt hatte er seinen Kopf gesenkt und schien sehr leicht zu zittern.

»Hast du keine Schamgefühle?!«, fragte er vorwurfsvoll.

Ich beugte mich nach unten, hob das Tuch wieder auf und schlang es immer noch lachend um meinen Körper.

»Doch schon«, kicherte ich. »Aber ich habe ja Unterwäsche an. Da macht es mir nichts aus. Ich schwimme praktisch dauernd in so einem Outfit.«

»Dir ist wirklich nicht mehr zu helfen!«

»Wieso so bescheiden, Paprikarma? Du wolltest es mir doch entreißen, oder?«

»Das hätte ich niemals getan!«

Ich hatte mich ihm langsam genährt und beugte mich nun vorsichtig vor.

»Bist du sicher?«, säuselte ich. Jetzt war ich an der Reihe ihn zu ärgern und zu provozieren. Ich konnte mir das einfach nicht nehmen lassen.

Plötzlich drehte er sich jedoch um. Die Röte war komplett aus seinem Gesicht gewichen, als er seinen Arm um meine Taille schlang und mich an sich presste. Überrumpelt von seinem Verhalten konnte ich nichts mehr machen, als er seine Lippen auf meine drückte.

Und damit konnte ich mich nicht einmal mehr rühren.

Die Intensität, mit der er dies machte, war noch überwältigender und so erwischte ich mich ziemlich schnell dabei, wie ich den Kuss genauso stark erwiderte. Ich vergaß dabei vollständig die Situation mitsamt ihrer Umstände und genoss einfach nur das starke Kribbeln, das meinen Körper durchfuhr.

Ich wusste nicht, ob es ein langer Kuss gewesen war, denn ich glaubte, dass sich für mich alle Küsse mit Karma zu kurz anfühlen würden. So auch jetzt, als er sich von mir löste, aber nicht zurück wich. Ich öffnete meine Augen und sah vorsichtig zu ihm hoch, nur um zu bemerken, dass er ebenfalls zu mir herunter sah. Sein Blick war unergründlich. Es war unmöglich zu erraten, was er gerade dachte und so überlegte ich, was ich sagen sollte. Die Tatsache, dass er mich jetzt nach unserem Kuss einfach nur ansah, verunsicherte mich etwas.

Doch dann hob er plötzlich seine andere Hand, ließ sie zu meinem Gesicht wandern und strich mir mit seinem Daumen überraschend über meine Wange. Das war... vermutlich die liebevollste Berührung seinerseits, die ich bis jetzt gespürt hatte...

»Was machst du da?«, fragte ich und verfluchte mich selbst, als ich bemerkte, wie atemlos ich klang.

»Jetzt...«, sagte er langsam und ein Grinsen bildete sich auf seinen Lippen, »... bist du rot.«

Er lachte, als er mich losließ und an mir vorbei zu seinem Nachttisch lief. Ich presste meine Lippen zusammen. Wann würde ich lernen, dass seine ganzen Handlungen nur darauf abzielten, mich zu ärgern? Für einen Moment dachte ich...

Ich schüttelte den Kopf und schlug mir frustrierte gegen meine geröteten Wangen, bevor ich mich zu Karma umdrehte. Er holte ein Ladekabel aus einer Schublade heraus.

»Das war eine Gegenleistung, die du mir schuldest«, sagte er dabei und richtete seinen Blick wieder auf mich. Er schloss die Schublade wieder. »Wobei ich dir in diesem Moment wirklich gern dieses Badetuch vom Körper gerissen hätte.«

Ich schnaubte und sah gen Boden.

»Perversling«, murmelte ich.

»Sagt die Richtige«, lachte er. »Du wirkst sogar jetzt enttäuscht.«

Ich war wegen etwas ganz anderem enttäuscht, Idiot, dachte ich. Doch ich sprach es nicht aus. Karma sollte man nie mehr Informationen als notwendig geben.

»Zugegeben, dass bin ich auch«, sagte er und blieb auf dem Weg zur Tür neben mir stehen. Fragend sah ich ihn an und er wirkte defintiv ernst. »Um ehrlich zu sein, du bist selbst nach dem Duschen hübsch. Irgendwie wirkst du da auf einer anderen Art und Weise attraktiv. Und ich verstehe dein Selbstbewusstsein im Bezug auf deinem Körper, aber tu mir einen Gefallen und mach sowas nicht mehr. Zumindest nicht vor anderen. Ich weiß nicht, wie naiv du wirklich bist, aber das könnte sehr gefährlich werden.«

Er tätschelte kurz meinen Kopf und verließ einfach den Raum, während ich seine Worte noch auswertete. Erst als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, realisierte ich, was genau er gesagt hatte. Ich war froh, dass er weg war. Sehr froh sogar, denn so konnte er nicht sehen, wie heftig ich nun errötete.

Hatte Karma... mir gerade ein Kompliment gemacht...?

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top