14. Gespielt

Hola!

Eine kurze Anmerkung, bevor es los geht: Nach diesem Kapitel startet das nächste Q&A zu dieser und der anderen Geschichte auf Instagram. So if you are interested and you have some questions, you can go there (@su.yu.san). Es ist meist sehr informativ und psychologisch.

Das wars auch schon :3.

Viel Spaß beim Lesen!
.

Das Curry im Topf blubberte vor sich hin, während ich es gelegentlich umrührte. Es hatte etwas gedauert, weil es aufwändiger war, doch heute hatte ich auch kein Training, also würde ich länger bleiben können. Dementsprechend konnte ich mir für eine anständige Mahlzeit ruhig mehr Zeit nehmen. Ich fragte mich, ob es ihnen überhaupt auffallen würde, wenn ich nicht mal nach Hause kam. Nicht, dass ich vorhatte die Nacht über hier zu bleiben - ich würde mich nicht einmal trauen danach zu fragen, besonders nicht aufgrund des Gedankens, was seine Eltern wohl dann denken mögen - aber es war ein Wunschgedanke, weil ich wirklich keine Lust hatte nach Hause zu gehen, nur um mir diese endlosen Streitereien und Wutausbrüche anzuhören. Ich würde gern in einer eigenen kleinen Wohnung leben, ganz allein, mit Ruhe und wenigstens etwas Freiheit...

Karmas Eltern schienen wiederum wieder nicht da zu sein, was eigentlich nicht überraschend war. Um diese Uhrzeit waren die meisten auf der Arbeit. Es war wahrscheinlich nur meine Neugier, wer die beiden denn eigentlich waren, die so einen sadistischen Sohn gezeugt hatten. Ich schmunzelte leicht. Ob sie sich wegen seiner Streiche und den ganzen Problemen, in die er geriet, mit ihm stritten? Es war hier eigentlich so viel ruhiger als bei mir zu Hause...

»Was arbeiten deine Eltern überhaupt?«, fragte ich, als ich den Herd ausstellte und den Topf zur Seite nahm.

Karma saß wieder am Tisch hinter mir. Vielleicht wollte er ja sicher gehen, dass ich die Küche nicht irgendwie verwüstete oder seine Wohnung direkt in Brand setzte. Ich wusste es nicht, aber mir kam es nicht wirklich so vor, als würde er gern dort sitzen. Er sagte nämlich bis jetzt kein einziges Wort.

»Konzentriere dich darauf nichts anbrennen zu lassen«, meinte er nur.

Ich wandte mich zu ihm um. Er war am Handy und schien irgendetwas einzutippen. Ob er mit jemanden schrieb?

»Ich bin fertig«, sagte ich und holte zwei Teller aus einem Schrank heraus, die ich auf dem Tisch abstellte.

Auch dieses Mal bemerkte ich, dass er scheinbar mein Essen gern aß. Seine Mimik verriet es mir. Doch er sagte wieder nichts. Kein Lob, kein Kompliment, nicht einmal ein Wort. Innerlich seufzte ich. Ich sollte nicht so nach seiner Bestätigung suchen. Aber es wäre schön, wenn er irgendwie dankbar wäre. Bei ihm fühlte ich mich seltsamerweise etwas nützlich... und sowas fühlte ich schlichtweg sehr selten...

»Musst du heute wieder unterrichten?«, fragte Karma überraschenderweise, als er fertig gegessen hatte.

Ich schüttelte den Kopf.

»Gut. Ansonsten hätte ich deine Nachhilfe gekürzt«, sagte er und stand auf.

»Weil deine Bedürfnisse sehr viel wichtiger sind, was?«, sagte ich sarkastisch.

»Ganz genau.« Er verließ die Küche und ich sah, wie er sich auf die Couch im Wohnzimmer fallen ließ.

Unhöflich, dachte ich schnaubend und legte mein Geschirr in die Spüle. Normalerweise würde ich dies jetzt sogar spülen, doch diesen Gefallen tat ich ihm nicht. Er konnte sich ruhig selbst drum kümmern und aufräumen. Wenn seine Eltern auch noch genauso streng waren wie es bei mir zu Hause der Fall war, war es nur ein Bonus.

»Brauchst du eine Erlaubnis, um aus der Küche zu kommen, Aschenputtel, oder was ist los?«

Vielleicht sollte ich auch versehentlich eine Vase zerbrechen, damit er noch mehr Ärger bekam... Düster dreinblickend ging ich ins Wohnzimmer und ließ mich neben ihm fallen, bevor ich wortlos anfing meine Mathesachen auszupacken. Es brachte nichts, mir jetzt mit ihm ein Wortgefecht zu liefern. Ich schlug stattdessen mein Heft auf und präsentierte ihm die heutigen Ergebnisse. Wir hatten heute etwas neues dazu gelernt und angesichts der Tatsache, dass ich den ersten Teil bereits noch nicht so gut konnte, waren die Anschlussaufgaben noch sehr viel schwieriger gewesen.

»Das sind die dümmsten Folgefehler, die ich jemals gesehen habe«, sagte Karma direkt und grinste. »Dass du dein Gehirn benutzen kannst, weißt du, oder?«

»Erkläre es mir einfach bitte. Deshalb brauchte ich ja deine Hilfe«, sagte ich.

Ich wollte ihn jetzt nicht reizen. Er sollte es mir einfach nur erklären, damit wir es hinter uns hatten und ich die nächste Matheprüfung erfolgreich meistern konnte.

»Dann will ich mal nicht so sein...«

Er genoss es viel zu sehr, dass ich auf seine Hilfe angewiesen war... Dennoch erklärte er mir meine Fehler genauso wie gestern - natürlich unterließ er seine Sprüche trotzdem nicht - und wiederholte mit mir den ersten Teil. Wenn die Grundbasis des ersten Schrittes nicht gegeben war, konnte ich den zweiten gleich vergessen, meinte Karma logischerweise. Mein Blick haftete kurz an seinem Gesicht, als er mir etwas erklärte und ohne es zu wollen, musste ich lächeln. Ich war trotzdem irgendwie glücklich, Zeit mit ihm verbringen zu können. Auch wenn es unter diesen Umständen und ohne Gefühle seinerseits geschah. Es machte mich glücklich...

»Wenn du unbedingt üben willst, kannst du die Aufgaben auf Seite einhundertzweiundzwanzig erledigen«, sagte er, während ich meine Sachen schließlich wieder wegräumte. »Die sind recht einfach. Dann seh ich auch, ob es sich überhaupt lohnt, meine Zeit mit dir zu verschwenden.«

»Lohnt es sich denn nicht, obwohl du diese Gegenleistungen bekommst?«, fragte ich augenverdrehend.

»Wir sollten vielleicht zur Gegenleistung kommen, statt weiter Zeit zu verschwenden.«

Seufzend drehte ich mich zu ihm um und setzte mich genauso hin wie gestern. Dieses Mal hatte er zumindest kein provozierendes Grinsen drauf, stattdessen führte er mich direkt gegen die Rückenlehne des Sofas und presste seine Lippen wortlos auf meine.

In meinem Magen breitete sich sofort das schöne, warme Gefühl aus, dass ich auch bei den letzten Malen bekommen hatte und ein angenehmes Kribbeln ging durch meinen Körper, als er anfing seine Lippen gegen meine zu bewegen. Ich erwiderte den Kuss mit derselben neugierigen Zurückhaltung wie er. Es war schon fast ironisch. Wir hatten noch nicht einmal Händchen gehalten oder uns vorher umarmt, nicht einmal einen Kuss auf die Wange hatten wir ausgetauscht...

Natürlich nicht.

Schließlich waren das alles Sachen, die sich liebende Paare machten. Bei uns ging es schlichtweg um einen Deal, aufgrund seiner neugierigen Hormone...

Doch das war okay.

Ich konnte dies trotzdem genießen... auch, wenn es etwas schmerzte.
.

»Ich muss jetzt, es ist ziemlich spät«, murmelte ich, nachdem ich mich von Karma gelöst hatte.

Ich hatte keinen blassen Schimmer wie lange wir uns geküsst hatten. Doch einen Blick auf die Uhr hatte mich daran erinnert, dass ich noch ein zu Hause hatte - mehr oder weniger - zu dem ich zurückkehren musste. Die Zeit war wie im Fluge vergangen und tatsächlich wollte ich nicht einmal gehen... Ich wollte... so gern bei ihm bleiben und ihn sogar weiter küssen...

Vielleicht hätte ich hier ab diesem Punkt bemerken sollen, dass diese Handlungen mit ihm nur dazu führten, dass ich mich noch mehr nach seiner Liebe sehnte...

Karma nickte, ohne sich abzuwenden, die leichte Röte verschwand langsam aus seinem Gesicht. Und wieder wirkte er fast schon nachdenklich, als ich mich erhob und meine Sachen zusammenpackte.

»Es ist wirklich ziemlich spät«, sagte er leise zu sich selbst und blickte zur Uhr. Er runzelte die Stirn.

»Ja, aber keine Sorge. Ich bin oft spät allein unterwegs«, sagte ich abwinkend.

»Ich bin nicht besorgt. Eher entsetzt, dass ich so viel Zeit mit dir verbracht habe, ohne den Verstand zu verlieren«, meinte er.

Ich presste meine Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. War ja klar...

»Was, dachtest du, dass ich dir anbiete dich zu begleiten?«, fragte er amüsiert und war wieder der normale Karma, den wir alle kannten und den ich liebte. »Du hast ja hohe Erwartungen, obwohl wir uns nicht einmal gegenseitig leiden können.«

Hatte ich jemals gesagt, dass ich ihn nicht leiden konnte? Ich biss mir auf die Unterlippe. Moment, das dachte wahrscheinlich der Großteil meiner Klasse. Nach der ganzen Sache, hatte ich mich zwar dazu entschieden, ein wenig mehr mit ihnen zu interagieren, aber scheinbar hatte sich ihre Meinung noch nicht geändert. Bei ihnen störte es mich jedoch nicht. Nur bei Karma. Obwohl es mir hier besonders egal sein sollte.

»Bis morgen in der Schule«, verabschiedete ich mich und öffnete die Tür, um die Wohnung zu verlassen.

Beinahe sofort fiel die Tür hinter mir ins Schloss. Hätte er mich vor einigen Momenten nicht noch geküsst, würde ich glatt denken, dass er mich schon die ganze Zeit hatte los werden wollen... Kopfschüttelnd drückte ich auf den Knopf für den Aufzug. Die Türen sprangen fast sofort auf. Ich trat ein und drückte auf den Knopf für das Erdgeschoss.

Moment... erst jetzt fiel mir auf, dass Karmas Eltern scheinbar immer noch nicht nach Hause gekommen waren. Ob sie viel und damit lange arbeiteten? Eine Antwort würde ich wahrscheinlich eher nicht bekommen, selbst, wenn ich ihn fragen würde.
.

Zu Hause angekommen atmete ich erleichtert aus, als ich keine lauten Stimmen hörte. Vielleicht würden sie mir heute meine Laune ausnahmsweise nicht verderben. Ich lief sofort die Treppe hoch und stoppte, als ich sah, dass Wasser unter der Tür des Badezimmers hindurch floß. Gleichzeitig hörte ich Ais laute sowie ziemlich schief klingende Stimme glücklich singen. Ich schloss kurz die Augen. Ihre Mom konnte sich damit herumschlagen. Es war nicht meine Aufgabe. Beim letzten Mal war der Versuch, es zu unterbinden, ja auch ein totaler Reinfall gewesen. Also lief ich in mein Zimmer, kramte meine restlichen Hausaufgaben heraus und fing direkt mit ihnen an. Danach sollte Ai hoffentlich mit ihrem Schwimmbad-Bad fertig sein, damit ich schnell duschen und ins Bett konnte.

Wahrend ich über die Aufgabe in Geschichte nachdachte, kramte ich fast schon beiläufig meine sogenannten "Vitamine" heraus und schluckte sie mit etwas Wasser aus meiner Flasche, die neben meinem Bett stand, herunter. Ich wurde relativ schnell tatsächlich fertig, woran ich wieder bemerkte, dass Mathe einfach das einzige Fach war, mit dem ich struggelte. Doch dank Karmas Hilfe, fing ich wenigstens an etwas mehr zu verstehen. Am Freitag konnte ich dann zur glitschigen Nachhilfe, obwohl... ich hielt inne. Wollte ich es denn? Die Nachhilfe von Karma war eigentlich ziemlich... schön. Ich konnte besonders danach abschalten und mich irgendwie einfach entspannen... auch wenn mein Herz dann raste.

Als ich schließlich fertig war, schnappte ich mir Unterwäsche und Wechselsachen und verließ mein Zimmer, nur um zu sehen, dass fast unser ganzer Flur voller Wasser war. Genervt kniff ich meine Augen zusammen. Ich wollte mich nicht einmischen, ich wollte mich wirklich nicht einmischen und mich zu beschweren klappte auch nicht...

»Was zur...?«

Meine Tante, die gerade die Treppe hochgekommen war, hielt sich stirnrunzelnd am Geländer fest. Doch als Ais "Lalalalalalala" Gesang zu ihr durchdrang, atmete sie genervt aus, sah mich kurz vernichtend an, als wäre es meine Schuld, bevor sie vorsichtig, um nicht auszurutschen, zur Tür lief. Sie öffnete sie mit einem lauten Knall und ich hörte Ai erschrocken aufschnappen. Perfekt. Genau so erzog man ein Kleinkind. Indem man es erschreckte.

»Was genau soll das hier werden?! Wer hat dir erlaubt das Wasser laufen zu lassen?! Wieso kannst du nicht einmal brav sein?!«, fragte meine Tante wütend.

Ich biss die Zähne zusammen. Das warst du, du... Vorsichtig trat ich zur Tür und lugte ins Bad. Ais Unterlippe hatte angefangen zu beben, während sie den Duschschlauch in den Händen hielt, den sie scheinbar gerade als Mikrofon benutzt hatte. Ich war mir sicher, dass sie damit herumgewedelt hatte, da auch die Wände komplett nass waren und sie noch voller Schaum war.

»Du hast es mir erlaubt, Mama. Du hast gesagt, ich darf Spaß haben«, sagte Ai vorsichtig.

»Wie kannst du nur so lügen?!«, rief ihre Mutter.

Okay, ich konnte mich doch nicht komplett heraushalten.

»Letzte Woche hab ich dich darauf aufmerksam gemacht, was Ai regelmäßig mit unserem Bad anstellt«, mischte ich mich düster ein. »Und du hast gesagt, dass sie nur ein Kind sei, dass ein wenig Spaß habe. Gratuliere.«

Sie sah über ihre Schulter und fixierte mich ziemlich wütend. Doch zumindest ließ sie Ai jetzt in Ruhe und verwirrte sie nicht noch mehr.

»Dein Bad ist zu Ende«, fauchte sie, zog den Stöpsel heraus und nahm ihrer Tochter den Schlauch aus der Hand, die furchtbar laut aufkreischte.

»ICH BIN ABER NOCH NICHT FERTIG! ICH MUSS MEIN KONZERT FÜR MEINE FANS ZU ENDE GEBEN!«

»Wenn du noch einmal so laut wirst, dann darfst du nie wieder duschen und dann wird dein Onkel Tanako sehen, was für ein schmutziges Tier du wirklich bist!«

Es wirkte. Ai presste ihre bebenden Lippen aufeinander, während Tränen in ihre Augen stiegen.

»I... Ich bin kein... sch... schmutziges Tier«, stotterte sie.

»Dann hör auf dich wie eins zu benehmen«, bellte ihre Mutter. »Und jetzt, lass mich dich zu Ende duschen und sei brav.«

Ai nickte überraschenderweise und setzte sich niedergeschlagen nach unten blickend hin, da der größte Teil des Wassers bereits abgelaufen war, damit ihre Mutter sie waschen konnte. Ich bezweifelte, dass ich hier danach duschen konnte, sonst würde ich auch ihr Werk sauber machen müssen. Genervt wollte ich mich abwenden, als ich Ai jedoch quengeln hörte, hielt ich noch einmal kurz inne. Ich wollte einfach sicher gehen, dass meine Tante nicht ihre Wut an ihr ausließ, da es eigentlich ihre Schuld war. Sonst hatte sie sich auch nicht darum gekümmert und Ai sogar in diesem Punkt in Schutz genommen.

»So kann ich aber nicht für meine Fans singen«, sagte sie mit einem Schmollen.

»Das ist besser so, so bekomm ich keine Kopfschmerzen«, sagte ihre Mutter und drückte sie leicht zur Seite, um ihr Haar besser waschen zu können.

»Aber ich kann schön singen, Mama!«

»Ich will nichts mehr von dir hören, sonst erfährt dein Onkel davon, verstanden?«

Danach war Ai zumindest schlau genug, um nicht zu antworten. Klar, wenn man keine Autorität hatte, jagte man dem Kind Angst mit dem Onkel ein. So machte man es sich leichter...

Seufzend wandte ich mich ab. Zumindest hatten sie sich heute nicht gegenseitig angeschrien...
.

»Deine Mathehausaufgaben sind fehlerfrei, Naoko-san«, sagte Koro-Sensei, der vor mir stand, zufrieden und reichte mir mein Heft zurück. »Du scheinst langsam den Bogen raus zu haben.«

Ich lächelte erleichtert und nahm es entgegen. Endlich! Auch, wenn Karma neben mir gesessen und mich auf die Fehler aufmerksam gemacht hatte, so war es meine Denkleistung und die Bestätigung, dass sich unser Deal in vielen weiteren Punkten ebenfalls lohnte.

Ein Pieksen in meine Seite, ließ mich jedoch zusammenfahren. Genervt versuchte ich Karmas Hand wegzuschlagen, der sie jedoch bereits zurück gezogen hatte und mich vielsagend angrinste. Zum Glück war Koro-Sensei bereits weiter gelaufen, um als nächstes Hara Feedback zu geben, während wir Aufgaben bearbeiteten.

»Ich frag mich nur woran das liegt«, säuselte der Rothaarige selbstgefällig.

»Ich lerne eben viel«, sagte ich und drehte mich wieder nach vorn, wobei ich darauf achtete, dass er mich nicht wieder piekste.

»Du scheinst einen guten Lehrer zu haben.«

»Jap. Koro-Sensei ist super. Das solltest mittlerweile sogar du bemerkt haben.«

Ich konnte seinen genervten Blick praktisch in meinem Nacken spüren. Er legte es aber schließlich selbst darauf an. Wir wollten, dass niemand von unserem Deal erfuhr und doch schienen ihm diese Andeutungen Spaß zu machen.

»Wir haben jetzt Takaoka in Sport«, sagte Nakamura aufgeregt, als es klingelte und wir uns alle erhoben.

»Gestern hat er einen ziemlich niedlichen Eindruck gemacht«, sagte Yada kichernd, die neben der Blonden stehen blieb.

Kurahashi blieb ebenfalls stehen. Nervös spielte sie mit ihren Händen, was man normalerweise nicht von ihr kannte, außer es ging um Karasuma-Sensei.

»Er ist mir zwar auch sympathisch, aber irgendwie finde ich es schade, dass Karasuma-Sensei uns nicht mehr trainiert«, sagte sie.

Dachte ich es mir doch. Ein Schweißtropfen bildete sich auf meiner Stirn und ich wollte den dreien gerade aus dem Klassenzimmer folgen, als ich jedoch am Handgelenk festgehalten wurde. Überrascht blieb ich stehen und sah zu Karma, der mein Handgelenk ebenso schnell wieder los gelassen hatte und darauf wartete, dass Nagisa, Sugino und Maehara als letzte das Klassenzimmer verließen. Dann wandte er sich mir zu.

»Findest du den Typen nicht auch irgendwie falsch?«, fragte er mit einem prüfenden Blick.

Ich runzelte die Stirn. Hatte er etwa dasselbe bemerkt wie ich?

»Diesen Takaoka? Ich hab irgendwie ein komisches Gefühl bei ihm, aber ich weiß nicht, was es ist«, antwortete ich.

»Seine Gefühle sind defintiv gespielt«, meinte Karma. »Aber im Gegensatz zu dir, macht er einen echt miserablen Job. Möglicherweise, weil er dauernd einen auf gute-Laune-Typen macht.«

Ich stockte und sah zur Seite. Es war der erste Teil seiner Aussage, der mich stutzig machte. Er hatte bemerkt, dass ich die meisten meiner Gefühle nicht aufrichtig zeigte? Natürlich... Nur seit wann? Das war gar nicht gut. Könnte es sein, dass er es bemerkt hatte, weil wir Zeit allein verbracht hatten? Verdammt, ich hatte nicht richtig aufgepasst. Die anderen konnte ich damit täuschen, aber wohl kaum einen Typen wie Karma.

»Vielleicht irren wir uns ja nur«, sagte ich ausweichend. »Wir sehen es ja jetzt.«

»Ohne mich. Ich schwänze.«

»Wa...? Das kannst du doch nicht machen! Das wird sofort auffallen.«

»Mir egal. Wir sehen uns nach der Schule.«

Er lief an mir vorbei. Erst da bemerkte ich, was er gesagt hatte. Ich drehte mich schnell zu ihm um und stolperte aus dem Klassenzimmer, sodass wir jetzt im Flur standen.

»Ich... kann heute nicht«, sagte ich mit gesenkter Stimme, damit wirklich niemand uns hören konnte.

Karma hielt überrascht inne und drehte sich halb zu mir um. Er musterte mich kurz. »Und wieso?«

Seine Frage klang weder besorgt, noch neugierig, noch beinhielt sie irgendeine ersichtliche Gefühlsregung. Sie klang wie eine Formalität, die er einfach so, ohne tieferes Interesse, wissen wollte.

»Naja... Ich habe einen Termin.«

»Was für einen?« Jetzt klang er etwas skeptisch.

»Ich bin verabredet.«

»Mit wem? Du hast keine Freunde.«

Ich zuckte zusammen, fing mich jedoch relativ schnell wieder. Die Wahrheit würde ich ihm niemals einfach so sagen. Niemanden. Also musste ich seinen Stolz ankratzen, damit er seine Fragen unterließ. Wenn er wirklich so gut war und bemerkte, wann meine Gefühle nicht aufrichtig waren, durfte ich diese Unterhaltung nicht unnötig in die Länge ziehen oder mit Lügen füttern.

»Seit wann interessierst du dich so sehr für mein Leben, Akabane?«, fragte ich mit einem provozierenden Lächeln und versuchte so authentisch wie möglich zu erscheinen.

Karma sah mich für ein paar Sekunden schweigend an. Dann streckte er sich, verschränkte seine Hände hinter seinem Kopf und drehte sich um.

»Tu ich nicht. Ich hasse es nur, angelogen zu werden«, meinte er.

Ich hatte nicht einmal gelogen... Ich konnte ihm nur nicht den Grund sagen. Frustriert blickte ich ihm hinterher, als er von dannen zog und das Schulgebäude verließ.

Was hätte ich denn sonst tun sollen? Ich durfte ihm nicht die Wahrheit sagen...

Genau in diesem Moment kamen meine Mitschüler aus den Umkleiden.

»Naoko, du kommst zu spät«, machte mich Fuwa auf die Tatsache aufmerksam, dass ich immer noch nicht meinen Sportanzug trug.

»Oh, shit. Ich beeile mich«, sagte ich schnell und lief in die Umkleide, um mich umzuziehen.

Dort schnappte ich mir meine Sporttasche vom Haken, öffnete sie und fing an mich zu entkleiden. Dabei musste ich die ganze Zeit an Karmas Worte denken... Irgendwie dämmerte es mir mittlerweile, warum er mich nicht leiden konnte. Er mochte es wohl nicht, wenn jemand sich verstellte und nicht ehrlich war. Gerade das bestimmte jedoch mein ganzes Leben. Ich konnte nicht anders, auch wenn ich es wollte. Ich konnte nicht. Es war... nicht möglich. Außerdem konnte ich wenigstens trotzdem mit ihm Zeit verbringen, mit einer sichereren Distanz für uns beide. Es würde sonst nicht gut ausgehen. Für niemanden, der mich mochte, würde es gut ausgehen...

Als ich mich umgezogen hatte, lief ich eilig nach draußen und blieb direkt wie angewurzelt stehen. Was zur...? Kanzaki lag auf den Boden, während Kayano, Sugino und Nagisa besorgt neben ihr hocken, genauso wie bei Maehara, neben dem Okano, Isogai und Hayami waren, während er sich mit einem schmerzverzerrten Gesicht den Bauch hielt. Nicht unweit von ihnen hatte sich Takaoka mit einem irren Blick aufgebaut, der sich ein Blickduell mit Karasuma-Sensei lieferte.

Was genau hatte ich verpasst? Wollte ich es überhaupt wissen?

»Keine Sorge, ich war nicht allzu streng mit ihnen«, sagte Takaoka und hob in einer drohenden Geste seine Faust. »Schließlich sind wir eine Familie. Eine große, glückliche Familie. Und seiner Familie tut man mit Erziehung nicht weh. Das weiß doch jeder.«

Ich legte den Kopf leicht schief. Jetzt verstand ich es. Er war wahrscheinlich der geheime Zwillingsbruder meines Vaters. Allein seine Aussage nervte mich unglaublich.

»Sie sind nicht deine Familie«, sagte Koro-Sensei, der plötzlich hinter ihm mit einem vor Wut glühenden Gesicht auftauchte. »Sondern meine Schüler. Was zur Hölle machst du also mit meinen Schülern, wenn ich nicht anwesend bin? Sag es mir! Und wage es nicht zu lügen!«

Gelassen entfernte Takaoka die Tentakel, die Koro-Sensei auf seine Schulter platziert hatte, von dieser und drehte sich zu ihm um.

»Und das muss ich mir gerade von so einem widerlichen Monster wie dir anhören?«, meinte er. »Der Sportunterricht ist allein meine Angelegenheit, das ist vertraglich geregelt. Du hast kein Recht zur Mitgestaltung. Schließlich muss ich aus diesen Schülern in kürzester Zeit Killer ausbilden, die dich erledigen können. Das hier war eine entsprechende Maßnahme, die für meine Erziehung notwendig ist. Willst du also einen unschuldigen Mann angreifen, nur weil du eine andere Meinung zu diesem Thema hast? Hm? Und das vor deinen Schülern?«

Er könnte eigentlich sogar mein Vater sein. Besonders, wenn ich mir die ängstlichen Gesichter meiner Klassenkameraden ansah... Er hat sie hundertprozentig sofort eingeschüchtert. Diese Schüler kannten keine echten Tyrannen, die so an Erziehung festhielten.

»Das ist wohl wahr«, sagte Koro-Sensei, wobei er alles andere als gelassen oder einverstanden klang.

Ich schloss kurz die Augen, als er und Karasuma sich scheinbar langsam zurückzogen. Hatte es sie wirklich überzeugt? Oder... Natürlich... Sie wussten, dass sie alles schlimmer machen würden, wenn sie sich einmischten. Genauso war es gerade bei uns zu Hause. Und genauso war es, wenn es um meinen Vater ging. Man durfte sich nicht wehren. Ansonsten waren die Konsequenzen noch sehr viel schlimmer. Wenn ich mich wehrte, dann steigerte es seine Wut nur noch mehr und seine erzieherischen Maßnahmen wurden um einiges schlimmer. Tyrannen konnte man kaum entkommen. Man konnte nur machen, was sie von einem verlangten...

Meine Beine setzten sich langsam in Bewegung und ich lief die Treppe herunter zum Sportfeld. Takaoka entdeckte mich sofort und ich sah, wie sein Lächeln eine Spur gezwungener wurde. Meine Klassenkameraden wiederum sahen nun um einiges nervöser aus.

»So, und wo kommst du her?«, fragte er eine Spur zu steif.

Ich blickte ihn direkt an, faltete meine Hände in meinen Schoß zusammen und verbeugte mich tief.

»Verzeihung, ich musste vorher die Toilette benutzen, um nicht während des Unterrichts zu gehen und zu stören. Das wird nicht wieder vorkommen.«

Gegen einen Tyrannen wehrte man sich nicht,...

»Nun, da du deinen Fehler bemerkt hast, werde ich mal nicht so sein. Ein Vater vergibt seinen Kindern schließlich«, sagte er äußerst zufrieden.

... nicht, wenn man von ihm erzogen wurde...

»Ich danke Ihnen aufrichtig, Sensei.«

... man hetzte einfach andere Tyrannen auf ihn, während man so tat, als würde man sich ihm fügen.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top