Kapitel 22 ~ Verdächtig, verdächtig...

Will drehte den Wasserhahn zu und trocknete seine Hände an einem danebenhängenden Handtuch ab. Er atmete erleichtert aus. Drei Tage waren seit seinem Gespräch mit Nico vergangen und er hatte gerade die letzten Verwundeten versorgt. Er ließ sich in einen Stuhl fallen und schloss die Augen, er fühlte sich, als könnte er wochenlang schlafen.

„Schon eingeschlafen?", fragte eine amüsierte Stimme. „Ich dachte, dass ich Vorrang hätte." Will öffnete die Augen einen Spalt weit, um einen grinsenden Nico zu sehen, der mit verschränkten Armen dastand.

„Ich fühl mich als wäre ich tot.", stöhnte Will. Nico lachte leicht und setzte sich in den Stuhl, der reinzufälligerweise neben dem Sohn des Apollo stand.

„Ich spür keinen Tod von dir ausgehen, du solltest überleben.", sagte Nico leise und legte seinen Kopf auf der Schulter seines Freundes ab. Das Paar blieb ein paar Momente lang still.

„Soll ich den anderen sagen, dass das Treffen morgen stattfinden wird?", fragte der Sohn des Hades schließlich. Er bekam nur ein zustimmendes Summen von Will. Nico seufzte, als er seinen schlafenden Freund betrachtete. Der Sohn des Hades fühlte sich zum ersten Mal seit Jahrhunderten so glücklich, er hatte eine Familie gefunden, die ihn liebte und akzeptierte. Er lächelte, als er mit den Fingern durch Wills goldene Locken fuhr.

Wenn Percy nur hier wäre, dachte Nico traurig. Niemand verdiente das Schicksal des zweimaligen Retters des Olymps. Selbst nachdem er zwei Kriege gekämpft hatte, hatte er keinen Frieden bekommen. Nun wusste niemand wo er war. Gerüchte hatten sich über die Jahre verbreitet, manche sagten, dass er sich den Feinden des Olymps angeschlossen (Nico persönlich dachte, dass das Blödsinn war, selbst wenn man ihm einen Dolch in den Rücken jagte, Percy würde sich niemals dem Feind anschließen), manche sagten, dass er nicht einmal mehr auf der Erde war. Der traurige Zustand, in dem sich die Griechen und Römer jahrelang befanden, hörte nur dann auf, als Hestia selbst die Stimme erhob und sagte, dass Percy niemals gewollt hätte, dass sie ihm durchgehend hinterherjammerten.

Über Krieg und Frieden nachdenkend, schlief Nico in den Armen seines Freundes ein.

Line Break

Der Sohn des Hades wurde vom Geräusch von Kichern und unaufhörlichem Flüstern aufgeweckt. Er stöhnte und vergrub sich weiter in sein Kissen, im Versuch die unwillkommenen Geräusche auszublenden. Seine Versuche waren vergeblich. Egal wie sehr er es versuchte, die kichernden Geräusche verschwanden nicht. Sein Kissen bewegte sich und schlang sich um den Sohn des Hades. Warte... Kissen bewegten sich nicht. Nico öffnete leicht seine Augen, und erlaubte dem hellen Licht, ihn kurzzeitig blind zu machen. Als er endlich wieder sehen konnte, bemerkte Nico, dass er nicht in der Hades Hütte war und dass er nicht auf seinem Kissen lag. Er schoss in die Höhe und sah sich um und bemerkte, dass er in der Krankenstation war, wo er Will am vorherigen Abend besucht hatte. Er sah sich um und bemerkte, dass er sich an den Sohn des Apollo kuschelte, der immer noch schlief. Er lief dunkelrot an und sah sich im Zelt um, versuchend, die Herkunft des Lachens zu finden. Im Eingang des Zeltes stand, was von den Sieben noch übrig war, zusammen mit Reyna und Thalia.

Nico hätte gerne sagen können, dass er die Eindringlinge wütend anstarrte und das rettete, was von seiner Würde noch übrig war. Allerdings war das nicht der Fall. Er machte ein Geräusch, dass an einen sterbenden Pterodaktylus erinnerte, was die Gruppe in Gelächter ausbrechen ließ und Will aus seinem tiefen Schlummer erwachen ließ. Er bemerkte schnell seine Arme um den Sohn des Hades und die Gruppe, die im Eingang des Zeltes stand. Er machte ein quietschendes Geräusch und machte sich schnell vom Körper seines Freundes los.

„Guten Morgen Dornrösschens.", neckte Reyna.

„Klappe.", stöhnte Nico, seinen Kopf wieder in der Brust seines Freundes vergrabend.

„Ihr werdet das Frühstück verpassen", sagte Thalia zwischen zwei Lachern.

„Ich werde euch alle töten", knurrte Nico, woraufhin die Gruppe in Gelächter ausbrach. Will schlang seine Arme um den kleineren Halbgott. Die Gruppe ging schnell wieder, und gab den zweien etwas Privatsphäre. Nach einem Moment Stille, sprach Will leise.

„Lass uns Frühstück essen gehen", sagte er. „Es ist die wichtigste Mahlzeit des Tages!"

Nico rollte die Augen, konnte aber nicht das liebevolle Lächeln von seinem Gesicht verschwinden lassen. Das Duo ging aus dem Zelt und hinein in die Hitze der Sonne. Sie gingen zum Pavillon und setzten sich an den Apollo Tisch. Unglücklicherweise ereigneten sich komische Vorfälle, wenn Nico am Hades saß, Skelete brachen aus dem Boden, was für eine unangenehme Atmosphäre sorgte. Also sorgte Will, als Nicos Arzt, dafür, dass er stattdessen am Apollo Tisch saß.

Nico schnappte sich einen Teller aus dem Stapel aus der Mitte des Tisches. Die Hephaistos und Hekate Hütten hatten dafür gesorgt, dass sie nun Teller hatten, die dem Benutzer erlaubten sein Essen heraufzubeschwören. Er setzte seinen Teller ab und rief sich ein McDonalds Happy Meal herbei. Unglücklicherweise gab es das McDonalds Unternehmen seit ein bisschen über hundert Jahren nicht mehr. Allerdings hielt dies den Sohn des Hades nicht davon ab, das Fast Food zu genießen. Eine Handvoll Pommes nehmend, sah sich Nico im Pavillon um.

Jason saß alleine am Zeus Tisch und warf Piper immer wieder Blicke zu. Seit Percy... weg war, versuchte Zeus ein besserer Vater, Mann und Bruder gegenüber seiner Familie zu sein. Er hielt immer noch durch und hatte keine Affären mit sterblichen Frauen seit Beryl Grace gehabt. Am Poseidon Tisch unterhielten Julia und Estelle sich glücklich miteinander. Die zwei Mädchen erinnerten all die unsterblichen Camper an ihren großen Bruder. Ja, Hades hatte eine Affäre mit einer anderen Frau gehabt. Oliver Sanders war ein Junge nicht älter als neun, er war vor vielleicht einem Jahr über die Grenze ins Camp gerannt. Seine Mutter, Margaret Sanders, war von einem streunenden Höllenhund getötet worden. Oliver schaffte es über die Grenze bevor er vor Erschöpfung zusammenbrach. Der Demeter Tisch besprach die Pläne für ein neues Gewächshaus, dass sie bauen wollten. Die Ares und Athene Tische besprachen den auf sie zukommenden Krieg. Der Hermes Tisch redete in gedämpften Stimmen, wahrscheinlich dachten sie sich Pranks aus, um die Stimmung des Camps zu heben. Die Jägerinnen saßen am Artemis Tisch und schossen jedem Jungen, der auch nur in ihre Richtung blickte, wütende Blicke zu. Die Aphrodite Hütte redete über das neuste Parfüm das rausgekommen war. Am Dionysos Tisch saßen drei Leute. Pollux und ein weiteres Zwillingspaar. Da war ein Mädchen Namens Carly Gamble und ein Junge namens Corey Gamble. Und natürlich gab es da noch den Chaos Tisch.

Ehrlich gesagt wusste Nico nicht, was er über die Kommandanten denken sollte. Sie wirkten mächtig und irgendwie... vertraut. Vor allem eine von ihnen, das Mädchen namens Phantom. Sie strahlte Tod aus. Sie alle schienen relativ freundlich zu sein, manchmal kalt, aber freundlich. Theron war ihr Anführer. Die Art, wie er die anderen Kommandanten davon abgehalten hatte anzugreifen, als Reyna ihm ein Messer an die Kehle gehalten hatte. Der Kommandant hatte außerdem einen Haufen unbekannter Kräfte. Der Fakt, dass er sich teleportieren und Waffen mit der kleinsten Bewegung seiner Hand herbeirufen konnte, war besorgniserregend. Wer wusste, was dieser Typ sonst noch draufhatte?!

Nico beendete sein Happy Meal gerade als das Frühstück endete. Er stand zusammen mit Will auf und ging hinüber zur Gruppe von unsterblichen Campern.

„Hey Will", grüßte Annabeth, woraufhin die anderen ihre Unterhaltung unterbrachen. „Worüber wolltest du mit uns reden?" Will sah sich nervös um.

„Können wir das woanders besprechen?", flüsterte er. Annabeth warf ihm einen fragendenden Blick zu, nickte aber und führte sie an einen etwas privateren Ort. Die Gruppe kam an Zeus Faust an und sie alle nahmen Platz. Ein paar saßen auf Steinen, andere auf dem Boden oder in den Bäumen.

„Worüber wolltest du mit uns reden, Solace?", fragte Clarisse während sie ihren Speer schärfte.

„Nun, ich habe mich gefragt... ob irgendwer von euch einen der Kommandanten jemals ohne seinen Mantel gesehen hat?", wollte Will wissen. Seine Augen huschten über seine Freunde. Sie allen schüttelten ihre Köpfe.

Annabeths Augen weiteten sich als sie es erkannte. „Niemand hat ihre Gesichter gesehen."

Die Gruppe war einen Moment lang still, bevor Leo sich zu Wort meldete. „Was genau tut das zur Sache?"

„Sie könnten unseres Wissens nach Feinde sein!", rief Annabeth aus. „Wir sollten sie auffordern, ihre Kapuzen abzunehmen, wenn sie nichts zu verbergen haben, dann sollten sie der Aufforderung nachkommen."

„Ich weiß nicht", gab Hazel zögerlich zu. „Sie haben während den zwei Angriffen wirklich geholfen. Wenn wir sie uns jetzt zum Feind machen, verlieren wir wertvolle Verbündete."

Ein paar stimmten Hazels Worten zu, andere Annabeths.

„Warum stimmen wir nicht ab?", meldete sich Jason zu Wort, der die auf sie zukommende Diskussion schon vorhersehen konnte, „Wir stimmen ab und wir führen den Plan mit den meisten Stimmen durch."

Die Camper stimmten sofort zu. Jason räusperte sich, „Die, die die Kommandanten in Ruhe lassen wollen, heben jetzt die Hand."

Hazel, Frank, Pollux, Katie und Will Solace hoben ihre Hände.

„Nun, bitte die, die die Kommandanten konfrontieren wollen, hebt bitte eure Hand."

Annabeth, Piper, Leo, Clarisse, Reyna, Thalia, Nico, Connor und Travis hoben ihre Hände.

„Dann werden wir die Kommandanten konfrontieren.", entschied Jason, „Aber wann wollen wir es machen?"

„Beim Mittagessen, dann werden wir den Druck des Camps auf unserer Seite haben", erwiderte Annabeth, ein schelmisches Glitzern in ihren Augen. Athenekinder hassten es, etwas nicht zu wissen, und sie würden alles tun, um dies zu ändern.

Leo holte einen Hammer aus seinem Werkzeuggürtel und schlug ihn auf einen Stein, „Dann ist es entschieden!", sagte er mit einem vornehmen Akzent, „Wir schlagen am Mittag zu!"

Die anderen rollten ihre Augen.

Line Break

Theron war wieder zurück in der Chaos Hütte. Nachdem Medic den Heilungsprozess seiner Gehirnerschütterung beschleunigt hatte, hatte er ein Kommandantentreffen einberufen. Die Kommandanten der Chaos Armee saßen im Wohnzimmer herum, tranken blaue Cherry Coke und aßen blaue Cookies.

„Okay, was ist los, Theron?"", fragte Luke mit einem Mund voller Cookies.

„Also wisst ihr noch, wie ich euch vom Verrat der Camper erzählt habe?", sagte Theron und sah sich im Raum um. Ausdrücke der Trauer, der Wut und des Ekels überflogen ihre Gesichter. Sie alle nickten oder zeigten irgendwie ihre Zustimmung.

„Gut, also, als ich die Camper während ihrem Treffen beobachtet habe, schaffte es Grover, der Empathielink zwischen uns zu stärken und mit mir in Kontakt zu treten.", fing Theron an zu erklären, woraufhin ein paar der Kommandanten nach Luft schnappten. Der Sohn des Meeres erklärte, was beim Treffen vor dem Heldentag passiert war.

„Deshalb warst du also so früh wach!", rief Stardust aus. Viele der Kommandanten sahen glücklicher aus, jetzt, da sie wusste, dass die Camper gezwungen waren, ihn zu verraten. Es war nicht einfach die Leute zu hassen, die dir wichtig waren.

„Warte", Chance verengte seine Augen, „Du bist dir zu 100% sicher, dass es alles ein Fehler war und dass sie nicht versuchen, dich zurück zu locken?"

„Grover, stellvertretend für alle Camper, hat auf den Styx geschworen.", erklärte Theron, versuchend den Sohn der Nemesis zu überzeugen. Eine Minute verging, bevor Chance nachgab und nickte.

„Das macht die ganze Sache sehr viel komplizierter", meinte Hunter, einen großen Bissen von seinem Cookie nehmend.

„No Shit, Sherlock", sagte Stardust und gab dem Jungen einen Schlag auf den Kopf. „Was machen wir jetzt?", fragte sie ernst und drehte sich zu Theron. Das Muschelhorn ertönte, den Beginn des Mittagessens signalisierend.

Der Assassine stand mit einem Grinsen auf. Er beschwörte eine Krone aus einem Spielzeugset heraus und platzierte sie auf seinem Kopf. „Wir können uns später darum kümmern", antwortete er elegant, „Aber jetzt", er machte eine dramatische Pause, „Speisen wir!"

Line Break

Die unsterblichen Camper warteten geduldig auf die Ankunft der Kommandanten. Ihr Plan würde gleich in Aktion treten. Fünf Minuten nachdem das Muschelhorn ertönt war, kamen die Kommandanten endlich an. Sie schienen in guter Stimmung zu sein, sie machten Witze und lachten offen. Annabeth nickte Piper zu, die auf ihr Signal wartete. Die Tochter der Aphrodite stand auf und ging auf die Kommandanten in ihren Kapuzen zu.

Einer der Kommandanten, Charm, bemerkte sie und wies die anderen an, leise zu sein. Sie sah Piper erwartungsvoll aus, „Können wir dir helfen?"

Einer der Halbgötter holte tief Luft, bevor er sprach. „Ich habe mich gefragt, ob ihr eure Kapuzen abnehmen könnt? Wir haben euch noch nie ohne sie gesehen."

„Ich fürchte, dass können wir nicht tun.", erwiderte Theron kurz angebunden.

„Und warum nicht?", fragte sie, sich näher an den Kommandanten lehnend. Theron öffnete und schloss seinen Mund eine Minute lang, bevor er antwortete.

„Weil es persönliche Information ist."

„Wie können wir wissen, dass ihr nicht für den Feind arbeitet?", knurrte Piper. Die anderen unsterblichen Camper tauschten Blicke aus, das hier würde nicht gut enden.

Theron zögerte, Piper hatte einen Punkt.

Enthüllt einen von euch, hörte er Chaos Stimme sprechen.

Warum? Würde das nicht den Rest unserer Identitäten in Gefahr bringen? fragte Theron.

Nicht, wenn ihr eure Schauspielkünste geschickt einsetzt. Tut so, als wüsstet ihr nicht, dass diese Person das Camp gekannt hat.

Okay...

Theron sah seine Mit-Kommandanten an, bevor er sie gedanklich kontaktierte.

‚Chaos hat uns gesagt, dass einer von uns seine Identität entblößen soll', sagte Theron ihnen. Es folgten mehrere Proteste.

‚Wenn einer von uns seine Identität preisgibt, müssen wir anderen so tun, als wären wir überrascht, dass die Person das Camp kennt", erklärte er. ‚Die einzige Frage ist, wer machts?'

Natürlich hatten sie herausgefunden, dass die Camper unschuldig waren, aber das bedeutete nicht, dass sie bereit waren, dem Camp gegenüberzutreten. Sie sollten immerhin tot sein, beim Hades!

‚Ich machs.' Medics Stimme war leise aber entschlossen. Kein Platz für eine Diskussion.

‚Bist du dir sicher, Medic?' Fragte Hunter, der schon nervös wurde, wenn er nur über die Situation nachdachte.

Medic nickte und Theron drehte sich zu den ungeduldigen Halbgöttern.

„Wir werden ein Kompromiss machen", sagte er Piper, die bestätigend nickt. „Einer von unseren Kommandanten wird seine Identität entblößen, und nur einer. Danach werden wir entscheiden, ob wir unsere Identitäten ebenfalls enthüllen oder nicht."

Piper zögerte und sah zu Annabeth, die ermutigend nickte.

„Wir akzeptieren.", erklärte sie.

Theron nickte und trat zurück, Medic den Weg freimachend.

Der Kommandant holte tief Luft und hob die Hand um seine Kapuze abzuziehen.

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