Kapitel 8
Louis saß am nächsten morgen allein im Pub und frühstückte. Harry war, als er morgens aufwachte, noch ziemlich benommen von der letzten Nacht. Er hatte starke Kopfschmerzen, was wohl auf den Alkohol zurück zuführen war. Denn Harry hatte vorher nie etwas getrunken, weswegen sein Körper extremer als der von Louis darauf reagierte. Zwar wollte Harry nicht wieder schlafen, doch Louis redete längere Zeit auf ihn ein und am Ende gab er sich geschlagen.
Louis war ganz froh mal einen Moment allein zu sein. Die Gedanken, die er letzte Nacht hatte, verfolgten ihn und er hätte nicht gedacht, dass er jemals so denken würde. Er war wirklich erschrocken über das, was ihm da durch den Kopf ging.
Er liebte Harry, mit jeder Faser seines Körpers. Er würde ihn mit seinem Leben beschützen, wenn es soweit kommen würde. Also warum kam ihm dann am vorherigen Abend dieser Gedanke?
"Guten Morgen." Eine Stimme, die Louis als Lucas identifizierte, holte ihn aus seinen Gedanken. Er schaute auf und blickte in das noch völlig verschlafene und von letzter Nacht gezeichnete Gesicht. "Guten Morgen, du siehst nicht sehr ausgeschlafen aus", grüßte Louis ihn mit einem leichten Grinsen.
Mit einem Stöhnen ließ Lucas sich gegenüber von Louis nieder. "Das bin ich auch nicht. Bin gerade neben einer Braut aufgewacht und hab lieber die Flucht ergriffen. Ich steh' nicht so auf das Gequatsche nach einem One Night Stand." Lachend schüttelte Louis den Kopf. "Wer war sie?", wollte er wissen, doch Lucas zuckte nur mit den Schultern. "Keine Ahnung."
*
Nachdem Lucas sich ebenfalls ein Frühstück genehmigte und sicher zwei Tassen Kaffee trank, war er halbwegs munter und zu einer anständigen Konversation fähig. "Wo ist dein Freund?", wollte er wissen und trank einen weiteren Schluck aus seiner Kaffeetasse. "Schläft seinen Rausch aus." Lucas beugte sich etwas weiter nach von und sprach weiter: "Ist alles okay mit ihm? Ich will wirklich nichts Falsches sagen, aber er kam mir gestern etwas seltsam vor. Versteh mich nicht falsch, doch seine Reaktion gestern entspricht nicht gerade die eines normalen 19-Jährigen." Louis seufzte und sah auf seine Finger, die die Tasse in seinen Händen fest umschlungen. "Er ist anders, als du oder ich. Ich habe dir am ersten Tag gesagt, dass er das Asperger-Syndrom hat und manchmal ist es nicht einfach für ihn und auch für mich." Lucas zog die Augenbrauen zusammen. "Ah Ja richtig, aber was ist das Asperger-Syndrom? Ich habe mal davon gehört, aber wirklich viel weiß ich darüber nicht." Louis sah nun von seiner Tasse auf und lächelte leicht. "Ich werde dir ein bisschen darüber erzählen", bot er an und Lucas nickte.
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"Also hat er Probleme damit Kontakte zu knüpfen und aufrecht zu erhalten? Und kann seine Gefühle, sowie die der anderen nicht wirklich deuten? Und zusätzlich hat er auch noch Zwänge und Rituale, die er strickt durchzieht?", fasste Lucas noch einmal zusammen und Louis nickte. "Im Groben trifft es das ziemlich genau." Lucas stieß die Luft aus seinen Lungen und lehnte sich im Stuhl zurück. "Da hast du dir ja was eingebrockt." Louis zog verwirrt die Augenbrauen zusammen. "Ich habe mir nichts eingebrockt, ich liebe ihn", stellte er klar. Lucas hob entschuldigend die Hände. "Sorry, aber mal ehrlich, du sagst du liebst ihn, woher weißt du, dass er es ebenfalls tut? Er sagt es dir ja nicht, oder?" Kopfschüttelnd sah Louis wieder auf seine Hände. "Du hast recht, das tut er nicht. Aber das muss er auch nicht. Er zeigt es mir hin und wieder, auch wenn ihm das nicht bewusst ist. Ich weiß, er liebt mich auch und er braucht mich." Lucas lachte kurz auf. "Da hast du es wieder. Er braucht dich, das heißt aber nicht, dass er dich liebt." Louis Augen formten sich zu Schlitzen. "Du kennst ihn nicht, Lucas. Wenn ich dir sage, dass er mich liebt, dann ist das so", antwortete er bissig.
"Okay, okay, wie du meinst. Trotzdem brauchst du mal Ablenkung von dem ganzen Harry hier Harry da. Du bist 19 und solltest dein Studentenleben genießen und mal so richtig die Sau rauslassen, ohne, dass er dir die ganze Zeit am Rockzipfel hängt." Louis gefiel es überhaupt nicht, wie Lucas über Harry sprach. "Rede nicht so über ihn." Lucas stöhnte genervt auf. "Ist ja gut, aber du weißt, dass ich Recht habe." Eigentlich müsste die Antwort Nein lauten, Louis wusste das. Doch aus einem ihm unerfindlichen Grund sagte er es nicht. Lucas schien das Schweigen richtig zu deuten und grinste. "Siehst du. Komm mit mir in den Skatepark. Die anderen Jungs sind auch dort. Wir Skaten ein wenig, spielen Fußball und danach kannst du wieder zu deinem Harry gehen. Aber nimm dir auch mal Zeit für dich. Er ist erwachsen und wird wohl ein paar Stunden ohne dich auskommen." Louis wusste nicht warum er das Folgende tat, er wusste, was er eigentlich tun sollte, jedoch antwortete er: "Okay, lass uns gehen."
*
Am Abend saß Harry in seinem Zimmer. Er hatte den ganzen Tag auf Louis gewartet, doch dieser hatte sich nicht einmal gemeldet. Er wusste nicht wo er war, oder was er tat, er war einfach verschwunden und hatte ihn allein gelassen.
"Hey Harry, ich gehe gleich ins Sportstudio, magst du vielleicht mitkommen?", fragte Sam, der Harry besorgt mussterte. "Nein, ich bleibe hier", gab dieser als Antwort und Sam seufzte. "Du sitzt schon den halben Tag hier im Zimmer. Louis wird sich schon melden, wenn er wieder da ist." Erneut schüttelte Harry den Kopf. "Ich muss hier auf ihn warten, er hat heute morgen gesagt, dass er bald wieder da ist. Ich will hier sein, wenn er kommt." Sam sah zu Harry und sein Blick strahlte Mitleid aus. Ihm tat Harry leid. Den ganzen Tag hatte er auf Louis gewartet, doch dieser hatte ihn einfach versetzt. Doch er wusste, dass eine Diskussion jetzt nichts bringen würde. "Okay, dann geh ich jetzt los. Wir sehen uns später." Harry nickte und Sam verschwand aus der Tür. Das Auge von Harry schmerzte noch immer und er zischte, als er mit seinen Fingern darüber fuhr. Er wusste nicht genau was passierte war, aber Louis sagte ihm, dass er getrunken hatte. Josh schien ihn wohl angelogen zu haben.
Das Klopfen an seiner Tür ließ Harrys Kopf in die Höhe schnellen. Sofort stand er von seinem Bett auf und lief zur Tür. Er riss die Tür förmlich auf und ein breit grinsender Louis empfing ihn hinter dieser.
"Louis, wo...." Weiter kam er nicht, denn Louis drückte ihn weiter ins Zimmer hinein, schloss die Tür und presste ihn dagegen. Seine Lippen pressten sich hart auf die von Harry, doch das gefiel diesem überhaupt nicht. "Louis, hör auf", bat er mit zittriger Stimme und drückte Louis von sich weg. "Was ist denn?", fragte dieser und sah Harry grimmig an. "Wo warst du?", wollte Harry wissen. Louis ließ sich aufs Bett fallen und verschrenkte die Arme hinter dem Kopf. "Weg", war seine knappe Antwort. Er hatte keine Lust jetzt irgendwelche Erklärungen abzugeben und er war auch nicht verpflichtet dazu.
Er hatte eine tolle Zeit im Park mit den anderen Jungs. Er konnte für eine gewisse Zeit alles um sich herum vergessen. Auch wenn die Drogen, die Lucas ihm anbot, mit den Worten, dass jeder einmal einen Joint geraucht haben muss, sicher einen Teil dazu beitrugen.
"Ich habe auf dich gewartet", sprach Harry nun weiter. Louis schüttelte den Kopf. "Das hättest du nicht tun müssen, du hättest ja etwas unternehmen können", gab er gleichgültig von sich. "Aber...Aber du sagtest doch, dass du mich hier auf dem College nicht allein lassen würdest." Harry senkte den Blick, er wusste nicht, was das Verhalten von Louis sollte.
"Harry, du bist erwachsen. Wir müssen nicht die ganze Zeit auf einander hängen. Ich habe auch Dinge, die ich gern tun möchte. Ohne dich." Louis Worte klangen hart und wenn er nicht komplett high wäre, dann hätte er diese sofort bereut, oder besser noch, garnicht erst gesagt.
"Ich hab nur dich Louis." Harrys Stimme klang traurig. "Dann such dir noch andere Leute, Harry. Das College ist voll von den verschiedensten Menschen." Harry schüttelte den Kopf. "Ich brauche aber nur dich." Louis sprang auf und schrie: "Ich brauche aber auch andere Menschen um mich herum. Den ganzen Tag bin ich bei dir, passe auf dich auf und habe meine Interessen komplett für dich aufgegeben. Ich brauche auch etwas Zeit für mich. Ich bin jung Harry und ich möchte etwas erleben. Feiern gehen, Fußball spielen einfach frei sein." Harry verstand Louis Worte nicht. "Du sagst, du liebst mich", antwortete er so leise, dass Louis es kaum verstand. "Das tue ich, Harry. Das tuhe ich wirklich. Aber ich brauche mehr als das." Er zeigte zwischen sich und Harry hin und her. Harry nickte, auch wenn er nur die Hälfte von dem verstand.
"Ich werde jetzt gehen", sagte Louis und lief bereits Richtung Tür. "Bleibst du nicht hier?", fragte Harry unsicher. "Heute nicht." Und somit verließ er das Zimmer und ließ einen verwirrten und traurigen Harry zurück, der mit Tränen in den Augen auf die Tür starrte.
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