7. Ashley
In meinem schwarzen Glitzerkleid, das sich wie eine zweite Haut an meinen Körper schmiegt, und schwarzen Heels stehe ich in meinem Kleiderschrank vor meinem Spiegel.
Meine geglätteten Haare habe ich zu einem hohen Dutt zusammengebunden und mein Make-up sitzt.
Zufrieden betrachte ich mein Spiegelbild. So können mich die Menschheit doch sehen. Ich drehe mich um und schaue nach einer passenden Tasche. Was muss ich mitnehmen?
Mein Handy, meinen Lippenstift, meinen Concealer... Was noch?
Plötzlich klingelt mein Telefon und ich werde aus meinen Gedanken gerissen.
„Ash, bist du schon fertig? Wir warten vor deinem Haus.", ruft Courtney ins Mikrofon.
„Komme." Ich lege auf, nehme auf die Schnelle einfach eine kleine, schwarze Umhängetasche, gehe zu meinem Schreibtisch herüber und stopfe mein Zeug in die kleine Tasche.
Meine Absätze machen erneut dieses unangenehme Geräusch auf dem Marmorboden im Foyer, weshalb ich das Gesicht verziehen muss.
„Wohin willst du?", erkundigt sich plötzlich eine Stimme hinter mir und ich zucke förmlich zusammen.
„Wohin wollt ihr?", frage ich genauso dumm zurück und mustere meine Brüder, die beide selber fertig an der Treppe stehen.
„Ich habe zuerst gefragt.", antwortet Manuel und verschränkt die Arme vor der Brust. Er trägt ein weißes Hemd und schwarze Shorts.
„Eine Party." Aurelio zieht die Augenbrauen hoch und wirft seinem Zwilling einen Blick zu. „Und ihr?"
Aurelio grinst breit und zeigt seine weißen Zähne. „Geht dich nichts an."
„Unfair.", beschwere ich mich, aber eigentlich ist es mir auch egal. „Adiós!", rufe ich ins Haus hinein.
„Du bist um zwölf zurück!", meldet sich mein Vater überraschender Weise aus dem Wohnzimmer. Keine Sekunde später erscheint er im Türrahmen und starrt mich finster an. Dann erhellt sich seine Miene wieder. „Hab viel Spaß und pass auf dich auf."
Ich nicke ihm zu, werfe meinen beiden Brüdern einen genervten Blick zu und öffne schließlich die Haustür.
„Da bist du ja.", begrüßt Courtney mich, als ich in Almas Auto sitze.
„Hi.", sagt Alma gedehnt und ich bemerke sofort, dass mit ihr irgendwas nicht stimmt.
„Was ist mit ihr?" Ich lehne mich nach vorne und mustere sie von der Seite. „Und wieso fährst du? Du hast doch erst begleitetes Fahren." Wahrscheinlich klinge ich echt hysterisch und total verwirrt, aber das bin ich nun mal.
„Die dumme Kuh hat was genommen. Bei sich schon und ich lasse mich doch nicht von einer fahren, die was im Blut hat. Wenn wir angehalten werden, dann lieber, bestraft werden, weil ich noch nicht volljährig bin." Courtney klingt gereizt und fährt die Straße entlang. „Anstatt eine Volljährige mit was im Blut. Okay?"
„Ja, klingt vernünftig. Was hat sie genommen?", frage ich und versuche interessiert zu klingen. Am liebsten würde ich es gar nicht wissen. Seit dem Unfall würde ich am liebsten irgendwo hinziehen, wo es keine Drogen gibt. Keine Pflanzen, keine Pillen, keine Getränke. Einfach kein Rauschgift. Trotzdem frage ich nach.
„Ecstasy.", murmelt das blonde Mädchen und biegt ab. „Das hat sie gesagt, aber bei ihr weiß man ja nie."
Entsetzt seufze ich und werfe Court durch den Innenspiegel einen kurzen Blick zu, aber diese zuckt bloß mit den Schultern.
***
Der muffige Geruch von Gras, Alkohol und Schweiß kommt uns entgegen, als wir Codys Haus betreten.
„Tschüss.", sagt Alma auf einmal.
„Was?", rufe ich ihr zu, aber sie ist nicht mehr neben mir. Courtney neben mir, seufzt und geht ihr hinterher. „Warte, Courtney!" Ich fasse sie am Arm, um sie aufzuhalten. „Du musst nicht ihren Babysitter spielen."
„Weiß ich, aber irgendwer muss ja auf sie aufpassen, sonst liegt sie gleich nackt und vergewaltigt auf der Straße. Du kennst sie."
„Ja, aber, das ist doch nicht deine Aufgabe."
Ein angetrunkener Typ will uns Getränke andrehen, aber wir lehnen ab. „Nur noch einmal.", flüstert Courtney und ich hätte sie fast nicht wegen der lauten Musik verstanden. Und schon ist sie in der Menschenmenge verschwunden.
Genervt seufze ich und bahne mir einen Weg durch die Menschenmenge. Ab und zu trifft mich ein Lichtstrahl, der rosa oder blau ist.
Wieso muss Cody nur immer so übertreiben? Dabei gibt es nicht einmal einen besonderen Anlass.
„Da bist du.", flüstert mir eine männliche Stimme ans Ohr. „Ich wusste, dass du kommen wirst. Also hast du doch nicht genug von mir."
„Cody." Murmle ich und bemerke plötzlich seinen Schritt an meinem Hintern. „Stimmt nicht, aber ich wusste nicht, was ich an einem Freitagabend sonst hätte machen sollen."
„Mein Mädchen.", flüstert er und liebkost meinen Hals.
„Wir sind immer noch kein Paar, Cody und wieviel Alkohol hast du bereits Intus?"
Cody stöhnt genervt auf und verdreht die Augen. „Ash, komm, lass dich doch für eine Nacht einfach mal drauf ein. Und... vielleicht ein oder zwei, vielleicht auch vier...Shots?"
„Cody, ich will jetzt nicht sofort ins Bett. Ich habe bis zwölf Zeit und will noch andere Sachen machen. Wollen wir vorher was spielen? Bierpong?"
Seine Hand legt sich an meine Taille und dreht mich zu sich. „Langweilig."
„Eher ein Klassiker." Cody muss über meine Widerworte lächeln und willigt schließlich ein.
„Wo sind deine Freundin nen?"
„Keine Ahnung, komm, wir gucken, ob irgendwo vielleicht schon welche Spielen."
Tatsächlich finden wir im Büro neben der Küche eine kleine Gruppe, die an dem Arbeitstisch stehen.
„Hey, spielt ihr bereits?", fragt Cody und da es jetzt etwas leiser ist, höre ich das Lallen in seiner dunklen Stimme deutlich heraus.
„Cody, mein Freund!", ruft einer der Typen und breitet die Arme aus. „Schön, dass ich dich heute noch erwische. Für den Gastgeber haben wir doch immer einen Platz frei. Komm rüber."
Ich schließe die schwere Tür hinter uns und bin erleichtert, dass die Musik nun eindeutig gedämpft ist.
„Und du bist?", fragt mich ein Mädchen mit langen, roten Haaren und vielen Sommersprossen im Gesicht. Sie ist unglaublich hübsch und plötzlich nagt ganz bisschen die Eifersucht an mir.
Ich habe einen tollen Körper, aber trotzdem ist ihrer einfach... wow.
„Ashley.", stelle ich mich vor und lächle sie an, woraufhin sie mich ebenfalls anlächelt.
„Hübscher Name. Ich bin Sydney." Das hübsche Mädchen haut auf den Tisch. „Lasst uns spielen!"
Insgesamt sind wir sechs Leute, was eine angenehme Zahl zum Spielen ist. Sydney und noch ein anderes Mädchen, das sich mir noch nicht vorgestellt hat, aber auch sehr hübsch ist, sind in meinem Team, während Cody mit seinem Kumpel und noch einem Jungen im Team ist.
„Hältst du was aus?", fragt Sydney mich und ich nicke als Antwort. „Das ist mal ein Mädchen. Kannst mich übrigens Syd nennen." Syd grinst und wirft einen von den Tischtennisbällen.
Der weiße Ball fliegt in einen der Plastikbecher und Syd jubelt vor Freude.
„Übrigens mag ich deine Tattoos. Die sind echt krass. Die Piercings da an deinem Ohr sehen auch echt geil aus. Wie alt bist du?"
Das rothaarige Mädchen ist mir auf Anhieb sehr sympathisch, weil sie ein sehr natürliches Auftreten hat.
„Meine Tattoos." Ich schaue auf meinen Arm herunter. „Danke. Ich bin sechszehn, aber werde jetzt bald siebzehn."
„Stark, dass du dich das traust. Und krass, dass deine Eltern das mitmachen."
„Mein Vater sieht das ganze zum Glück ziemlich locker."
„Geil."
***
Das Spiel ging viel schneller vorbei als ich gedacht hätte. Jetzt sitze ich angetrunken und aufgegeilt auf Codys Bett.
„Wie geht es dir, Ash?", fragt er plötzlich in die Dunkelheit.
Verwundert schaue ich zu ihm herüber. „Woher plötzlich dieses Interesse? Sowas hast du noch nie gefragt." Ich lasse mich nach hinten fallen.
„Wie geht es dir denn?"
„Es geht mir gut.", antworte ich wie aus der Pistole geschossen. „Wie viel hast du getrunken, Cody?"
„Die... paar Shots, das Bier eben... einen Wodka Cherry... bist du noch da?"
„Ich dachte, dass du mich herumkriegen willst."
„Will ich auch, Ashley, will ich so sehr."
„Du bist zu dicht, Cody, du sagst gleich wieder irgendwas, was du bereust, obwohl du dich eigentlich nicht erinnern dürftest, aber du erinnerst dich komischer Weise trotzdem daran.", flüstere ich.
„Ich liebe dich, Ash.", flüstert er ganz leise an mein Ohr. „Du machst mich glücklich und der Sex mit dir ist so gut." Das letzte Wort stöhnt er halb.
Ich versteife mich und mein Herzschlag beschleunigt sich. DAS habe ich definitiv nicht kommen sehen. „Ich... Cody."
„Sag einfach nichts.", brummt er, dreht sich auf die andere Seite und plötzlich ist seine Atmung ganz regelmäßig.
„Schläfst du jetzt?", frage ich in die Dunkelheit, erhalte jedoch keine Antwort. Schläft der jetzt ernsthaft? Ich richte mich auf und schaue zu dem dunklen Haufen, der neben mir liegt.
Wow.
Leise stehe ich auf und schleiche mich aus seinem Zimmer.
„Na sieh mal einer an." Mein Bruder lehnt an der Wand gegenüber und grinst. „Sydney hat gesagt, dass du mit Cody hochgegangen bist."
„Was macht ihr hier?" In meiner Stimme schwingt etwas Wut mit, aber ich bin gerade einfach nur mehr als verwirrt.
„Was wir hier machen? Was machst du auf solchen Partys? Ich dachte, dass du irgendwo auf einer Party mit fünf Mädels bist. Das hier ist eine Nummer zu hart für dich." Manuel schüttelt den Kopf.
„Hör mal auf damit. Ihr beiden tut immer so als wäre ich ein kleines Küken, das ja nicht aus dem Nestchen raus darf. Was glaubt ihr eigentlich? Und woher kennst du Sydney?"
Manuel stößt sich von der Wand ab und kommt auf mich zu. „Du bist auch ein kleines Küken, das leider denkt, es wäre stark, aber du bist noch klein und unerfahren. Also, was machst du hier? Hier treiben sich doch nur Volljährige herum."
„Na und? Alma ist doch achtzehn. Außerdem wurde ich eingeladen. Woher kennst du
Sydney?", wiederhole ich meine Frage und bewege mich keinen Zentimeter.
„Durch Lisa. Komm jetzt, du musst um zwölf Zuhause sein."
Leider weiß ich nicht, was ich darauf antworten soll. Von meinem Bruder nach Hause gefahren? Lieber als mir gleich ein Taxi zu rufen. Außerdem muss ich tatsächlich um zwölf Zuhause sein, wozu also der Stress.
Genervt setze ich mich in Bewegung und folge ihm nach draußen. Wo sind wohl Courtney und Alma?
Am Auto warten Aurelio und Lisa bereits auf uns. Wer hätte es gedacht, dass Lisa mal wieder mit zu uns fährt?
Die ganze Fahrt über schwirren mir Codys Worte im Kopf herum und ich kann kaum klar denken. Wahrscheinlich trägt der Alkohol auch nochmal dazu bei, dass bei mir alles etwas benebelt ist, aber das eben im Bett war ein Schlag ins Gesicht.
Er liebt mich? Wie kann man mich lieben? Wie kann man eine so kaputte Person lieben?
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