6. Ashley
Als ich im A Gebäude unserer Schule angekommen bin, laufe ich sofort die Treppen hinauf.
„Ashley!", ruft eine dunkle, viel zu vertraute Stimme und ich bleibe augenblicklich stehen. „Wie toll, dass ich dich erwische."
Ich drehe mich langsam um, verschränke die Arme vor der Burts, lege den Kopf schräg und schaue zu Bennet auf. „Was gibt's?"
Der blauäugige Junge bleibt vor mir stehen. „Wegen unserem Projekt... Wir haben ja jetzt zwei Arbeitsstunden..."
„Wollen wir in die Bibliothek?", fragt er, als ich nichts sage. „Da könnten wir arbeiten."
„Es ist Mittwoch, Bennet. Wir haben noch drei Wochen, da musst du es nicht überstürzen."
„Umso früher wir fertig sind, umso früher sind wir einander wieder los. Wollen wir in die Bibliothek?"
Da hat er recht. Wenn wir uns echt beeilen, sind wir vielleicht nächste Woche schon fertig. Dann haben wir das ganze schnell hinter uns.
„Einverstanden."
Bennet öffnet die Tür zu unserer Bibliothek und hält sie mir auf. „Ladies first."
Ich verdrehe bloß die Augen und quetsche mich an ihm vorbei. Unsere Schule bietet eine sehr große Bibliothek mit vielen Lese- und Arbeitsplätzen und einer tollen Buchauswahl.
„Lass und da hin.", flüstert Bennet und zeigt auf einen großen Tisch etwas abseits von den anderen. „Hast du einen Laptop oder Tablet?"
„Ja, aber habe nur mein Tablet dabei." Meine Handtasche lege ich auf den Stuhlneben mir, auf den ich mich setze. „Mein Laptop ist Zuhause. Wieso?"
Mein Partner lässt sich neben mir nieder und legt seinen Rucksack auf den Tisch. „Nur so. Habe meinen Laptop dabei. Dann können wir gleichzeitig arbeiten." Er zieht sein Notebook heraus, das in eine schwarze Hülle gehüllt ist und zieht diese ab. „Was wollen wir überhaupt machen? Präsentation? Aufsatz?"
„Ist mir eigentlich egal." Ich zucke mit meinen Schultern und hole mein Tablet und den Pen heraus. „Finde einen Aufsatz aber besser."
Das Gerät vor mir geht an, sobald ich die Hülle umgeklappt und es angetippt habe. Ein Bild von Aurelio, Manuel und mir kommt entgegen.
„Deine Brüder stimmt's?" Bennet deutet auf mein Tablet und ich nicke. „Sollen wir uns einteilen oder so? Dass du das eine Thema machst, ich das andere und so weiter?"
„Können wir so machen." Meine Schultern heben sich schon von ganz allein. Mir ist egal, wie wir das machen oder wo. Hauptsache, es geht schnell und wir bekommen eine gute Note.
Sein Laptop ist endlich hochgefahren und er meldet sich an, um anschließend ins Internet zu gehen.
„Dann lass uns das einteilen." Er zieht einen Zettel aus seiner Tasche und ich erkenne, dass es der Biozettel ist.
***
„Das war doch... produktiv.", murmelt Bennet. „Und wir haben immer noch fünfzehn Minuten."
„Ehhh.", mache ich und schiebe mein Tablet in meine Handtasche. „Ja... kannst du kurz aufpassen? Ich muss noch was gucken."
„Okay." Er nickt und packt seine Bücher und Zettel alle wieder ein, die er in der letzten Stunde herausgeholt hat.
Leise schleiche ich durch die Gänge und suche die Genre Romantik.
Ich habe zwar keine Hausaufgaben gemacht, aber dafür haben Bennet und ich echt viel an unserem Text geschafft. Das hätte ich in den anderthalb Stunden echt nicht gedacht, aber mein Partner arbeitet konzentriert und leise, das färbt auf einen dann ab.
Dennoch kann ich ihn nicht leiden und bin umso mehr froh, dass es umso schneller vorbei ist. Wenn er jetzt auch nicht abhaut und meine Tasche alleine lässt, ist doch alles gut.
Vor einem Regal, an dem Romantik steht, bleibe ich stehe und schaue, ob ich irgendein Buch auf die Schnelle finde, das ich noch nicht kenne und gut finde.
Nach vielen Klappentexten, die mich alle nicht angesprochen haben, schiebe ich mal wieder ein Buch ins Regal zurück. Wie lange habe ich noch?
In Gedanken vertieft nehme ich erneut ein Buch aus dem Regal und fange an, den Klapptenetxt zu lesen.
„Da bist du ja!", sagt plötzlich jemand hinter mir. „Wir müssen gleich los."
„Gott verdammte Scheiße!", schreie ich.
„Oh mein Gott.", flüstert Bennet hektisch und presst mir seine Hand auf den Mund. „Sei leise! Das ist immer noch eine Bibliothek!"
„Pfoten weg!" Ich schlage seine Hand weg und kneife die Augen zusammen.
„Was hast du da?", fragt er interessiert. Ich starre auf das Buch in meinen Händen und verstecke es schnell hinter meinem Rücken.
„Nichts?", lache ich und Bennet verdreht die Augen. „Lass es einfach."
„Zeig doch mal her." Er kommt mir verdammt nah, lehnt sich rüber und greift hinter meinen Rücken. Mein Atem wird unregelmäßig und mein Herzschlag beschleunigt sich.
Wieso kommt er mir so nah? Und wieso schlägt mein Herz so schnell?
Da ich zu perplex bin, um irgendwas zu machen, nimmt Bennet mir das Taschenbuch aus den Händen und betrachtet es. „Sie mag also Romane, ja?"
„Du weißt gar nichts über mich.", bringe ich schließlich heraus, als ich meine Stimme wieder habe.
„Habe ich nicht behauptet, Ashley." Er dreht es in seinen Händen um. „Du hast aber einen guten Geschmack."
„Schön." Ich nehme ihm das Taschenbuch aus den Händen und schiebe es wieder ins Regal. Jetzt hat er mir auch noch meine Lauen aufs Lesen verdorben.
„Lass mich einfach. Wir sehen uns gleich sowieso in Bio, also nerv mich nicht zu stark.", murre ich und lasse ihn alleine zurück.
„Warte, Ashley, ich wollte dich noch was fragen.", ruft er leise und folgt mir mit großen Schritten.
„Mach schnell, bevor ich dich nicht mehr ertragen kann. Endgültig."
„Bekomme ich deine Nummer? Also... ich meine, ich habe dich halt bei deinen sozialen Netzwerken, also Insta und so, aber das hat gefühlt die halbe Schule. Wie kannst du tausende von Abos haben? Wie ist das bitte möglich..."
„Komm zum Punkt.", drängle ich,
„Wollen wir unsere Nummern austauschen, damit wir in Kontakt wegen des Projekts bleiben können." Er schaut auf mich herunter und kratzt sich am Hinterkopf.
Ich zucke mit den Schultern und ziehe mein Handy aus einem Seitenfach meiner Tasche. „Von mir aus."
Während ich ihm meine Nummer diktiere, kommen mir Almas Worte wieder ins Gedächtnis.
„Sicher, dass du am Freitag nicht zur Party kommen willst?"
„Absolut.", antwortet er mir, als er fertig ist. „Das ist nicht meine Szene."
Ashley, lass dir was Besseres einfallen. Da steht verdammt viel Kohle auf dem Spiel, denke ich mir und überlege, wie ich ihn überzeugen kann. „Ist es, weil du nicht trinkst, oder so? Du musst nicht trinken, wir können da eine Menge Spaß haben, auch ohne Alkohol."
„Erstens, Ashley, es gibt in diesem Zusammenhang kein wir. Wir sind Partner für dieses Projekt und ich brauche Leute wie dich nicht in meinem Leben. Und zweitens, gehöre ich immer noch nicht dahin."
Was soll das heißen, dass er Leute wie mich nicht in seinem Leben braucht? „Wie bitte?"
„Tu nicht so dumm. Ich kenne dich nicht, aber all das, was du von dir Preis gibst, zeigt deine Persönlichkeit genug, um dich unsympathisch zu finden. Ich denke, dass jeder Mensch seine Geschichte hat, aber dann muss man trotzdem nicht so sein." Er zuckt mit den Schultern und nimmt seinen Rucksack vom Tisch.
Ich schnaube und versuche mir nichts anmerken zu lassen. Dieser Junge bedeutet mir nichts, und trotzdem tuen seine Worte so weh. Bin ich denn so schlimm?
„Ich brauche dich auch nicht.", kontere ich, weiß aber, dass es schwach ist und an ihm einfach abprallen wird.
„Wir sehen uns nach der Pause in Bio, bis dann." Schon ist er weg und lässt mich alleine zurück. Was war das denn jetzt zum Schluss? Kann es bitte noch merkwürdiger werden?
Also kommt er nicht zur Party... dann muss ich mir irgendwie anders überlegen, wie ich ihn herumbekomme...
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