2. Ashley

Ich bestelle im Café einen grünen Tee und ein belegtes Croissant zum Mitnehmen.
Cody neben mir hat- soweit ich das weiß- einen Kaffee und einen Muffin bestellt.
Alma hat nur einen Tee und Courtney nur ein Croissant.
Meine blonde Freundin lächelt mich an und ich grinse zurück.
„Aber du weißt, dass am Freitag die Party bei mir ist, richtig?", fragt Cody mich jetzt schon zum zweiten Mal.
„Wir haben es verstanden, Cody.", mischt sich Alma ein und stöhnt genervt auf.
„Ja, Cody, ich weiß es. Immer noch.", seufze ich und beobachte die Mitarbeiter, die ihren rosa Schürzen ganz stolz tragen.
„Gut." Er nickt zufrieden und vergräbt seine Hände in den Vordertaschen seiner Jeans. Die Mitarbeiter fliegen von einer Maschine zur anderen und bereiten die Getränke zu.
  Ich beobachte einen Jungen, der einige Jahre älter als ich sein müsste und gerade einen leeren Tisch abräumt. Er ist groß, gut gebaut, hat etwas dunklere Haut und kastanienbraune Augen. Sie huschen über die Menge im Raum und sehen mich nicht.
Cody bemerkt meinen Blick anscheinend, denn er legt wieder einen Arm um meine Schultern. Alma kichert und rammt mir ihren Ellenbogen in die Rippen.
„Der ist neu, oder? Habe ihn vorher noch nie hier gesehen.", murmelt sie.
„Kann gut sein, sehe ihn auch zum ersten Mal."
„Mira, el es muy lindo también." Sie nickt zu einem jungen Mann am Tresen herüber und schmunzelt.
Ich nicke und schaue auf seine breiten Schultern.

„Was ist los, Cody? Weil sie den Jungen da hübsch findet, musst du direkt so merkwürdig sein" Alma wirft ihm einen fragwürdigen Blick zu und ich schaue zu Court, die die Augen verdreht.
„Bitte?" Cody klingt spöttisch und ich schaue überrascht zu ihm auf. Er sieht tatsächlich etwas angepisst aus. „Ihr denkt auch, ihr kennt das ganze Personal auswendig."
„Vergiss es." Alma schüttelt den Kopf und ich muss mir einen Lacher verkneifen. So sind wir halt.
„A- Alma?", ruft jemand und Alma lächelt zufrieden, weil ihr Tee endlich fertig ist.
Wieso haben die immer solche Probleme mit ihrem Namen?
„Ash?", ruft ein anderer Mitarbeiter durchs ganze Café und ich löse mich aus meiner Haltung.
Ich gehe zu dem süßen braunhaarigen Typ, den Alma mir eben gezeigt hat, herüber und nehme den Pappbecher und die Papiertüte entgegen. Er drückt mir noch eine Servierte in die Hand und lächelt mich an, wobei seine wunderschön weißen Zähne zum Vorschein kommen.
„Ihr habt meinen Namen mal richtig geschrieben.", lache ich und zeige auf meinen Namen, der auf der Papiertüte steht. Obwohl mein Spitzname nur aus drei Buchstaben besteht, gibt es hier trotzdem Mitarbeiter, die es nicht geschissen bekommen.
Er lacht und seine Zähne strahlen mich nochmal an. „Mein Freund heißt so."
Ich ziehe die Augenbrauen hoch. „War ja klar, dass die guten Jungs entweder vergeben oder schwul sind."
Er kichert und schiebt eine von den pinken Servierte auf dem Tresen hin und her.
„Einen schönen Tag noch.", sagt er leise.

Widerwillig lächle ich zurück und bedanke mich flüchtig.
„Er hat dich zwei Mal angelächelt!", schreit Alma, als wir aus dem Café raus sind. Cody verzieht das Gesicht und sein Griff um die Papiertüte wird stärker. „Hat er dir irgendwelche Zeichen gegeben?"
Ich nehme einen Schluck von meinem Tee und schaue die braune Papiertüte an. Was für Zeichen soll er mir bitte gegeben haben? Er ist schließlich in einer Beziehung.
Ich schiebe den warmen Tee mit meiner Zunge in meinem Mund hin und her, wobei mein Zungenpiercing gegen meine Schneidezähne schlägt.
„Was für ein Zeichen soll er mir denn gegeben haben?", frage ich Alma und Courtney kichert. Wir laufen die Straße herunter und die warme Mittagsonne strahlt mir ins Gesicht.
„Keine Ahnung? Seine Nummer, seinen Namen... Keine Ahnung, ein Stück Papier?" Sie wirft den Kopf in den Nacken und schaut in den wolkenfreien Himmel. Cody neben mir schnaubt und ich schüttle fast unmerklich den Kopf.
Ich öffne die Papiertüte und schaue das Croissant an.
„Du meinst Zeichen, dass er schwul ist?"
„Wow.", schnaubt Cody mit vollem Mund und ich lache laut.
„Er ist schwul?", fragen Alma und Courtney sofort. Ich schiebe die pinke Servierte beiseite und nehme das Croissant in die Hand.
„Ja."
„Wäre auch zu schön gewesen. Wir leben schließlich nicht in einem Buch.", seufzt Courtney und Alma verzieht den Mund.
„Ein Glück." Cody legt wieder einen Arm um meine Schultern, was mir ein Lachen entlockt.
Ich lasse die Servierte wieder in die Tüte fallen und nehme das Croissant in die Hand.
„Er will dich ficken.", flüstert Alma und tut so, als wäre Cody gar nicht da. Ich verschlucke mich an den Krümeln und fange an zu husten.
„Alma!", schreie ich hysterisch.
Das kam bei Alma sehr locker raus, aber ich kenne Cody besser. Er schaut sie finster an und geht plötzlich schneller.
„Cody! Warte!", rufe ich, aber er wird immer schneller. „Danke, für nichts, Alma."
„Gern."
„Cody! Warte bitte!" Erstaunlicherweise bleibt er tatsächlich stehen und setze mich sofort in Bewegung, um zu ihm zu gelangen.
„Was ist?", mault er.
„Bleib jetzt bitte hier. Erzähl irgendwas von deiner Party am Freitag..."

Cody atmet ein paar Mal und beruhigt sich anscheinend. Keine Ahnung, was manchmal mit mir los ist, aber er bedeutet mir was, auch... wenn wir nicht zusammen sind.
Ich liebe ihn nicht, aber trotzdem ist er mir wichtig. Und das nicht, weil er gut im Bett ist.
„Alles wird wie immer sein." Meine zwei Freundinnen holen uns ein und wir gehen mit ihnen weiter. „Wir feiern ins Wochenende und trinken. Alles wie immer, Ashley."
„Das ist doch toll. Wo sind deine Eltern?"
„Mal wieder nicht da."
Alma kichert und zusammen gehen wir wieder zur Schule.

***

„Also du musst wirklich mit diesem Bennet das machen?" Alma lehnt sich gegen ihren Spind und mustert mich. Ich schaue sie über meine Spindtür hinweg an und tue weiter so, als würde ich etwas in meinem Spind suchen.

Nur noch eine Stunde, dann kann ich endlich nach Hause.
Die Leute, die sich durch den Flur schlängen und ihre Kursräume suchen, weichen uns mit Absicht aus.
Ich schiebe mein Mathebuch zur Seite und schiebe es wieder zurück.
„Ist ja ekelhaft.", murmelt Courtney, die neben Alma steht und mich ebenfalls mustert. Ich hebe meine Sportschuhe hoch und stelle sie wieder hin, damit es weiter so aussieht, als würde ich etwas suchen. „Wer ist das nochmal?"
Alma schaut sie mit zusammengezogenen Augenbrauen an. „Dein Ernst?"
„Was ist denn? Muss ich etwa jeden kennen?"
„Streber, Basketballspieler, Mexikaner, braune Locken, blaue Augen. Wird's klarer?", schildere ich ihr und Courtney wirft ihr blondes Haar zurück.
„Keine Ahnung. Auf jeden Fall, mit dem musst du machen?" Sie verzieht das Gesicht und ich würde am liebsten meinen Kopf gegen den Spind hauen.
„Sieht so aus."
„Und wieso erzählst du das erst jetzt?", fragt Alma. „Der Tag ist schon fast vorbei!"
„Ich habe es doch selber erst heute Morgen erfahren.", verteidige ich mich und schaue wieder über meine Tür hinweg zu ihr herüber.
„Und welches Thema habt ihr?", erkundigt sich Courtney.
„Gentechnik. Du weißt schon... diese verschiedenen Farben und diese Schere und sowas alles." Ich wedle mich meiner Hand und hole schließlich mein Geschichtsbuch heraus.
„Ah.", macht Courtney. Ich verdrehe die Augen und schließe leise meinen Spind.
Das erneute Klingeln, bedeutet uns, dass wir noch fünf Minuten bis zum Unterrichtsbeginn haben.

Ich stoße mich von meinem Spind ab und versuche mich irgendwie unter die Leute zu mischen, die noch nicht in ihren Räumen sind. Es sind nicht viele, aber ein paar unter denen ich Schutz vor Alma und Courtney suchen kann.
Ich habe die beiden echt lieb, aber manchmal gehen sie mir einfach auf die Nerven. Und dann brauche ich kurz eine Pause von ihnen.
Wegen diesem Projekt mit Bennet bin ich sowieso schon gereizt und jetzt wollen Alma und Courtney auch noch mit mir darüber reden. Da reicht es mir echt.
So in meinen Gedanken vertieft schaue ich auf den Fußboden und bemerke gar nicht, dass jemand ebenfalls nicht aufpasst.
Ich pralle gegen die Brust eines anderen Schülers und mein Deutschbuch fliegt auf den Boden.
„Pass doch auf, wohin du läufst!", rufe ich sauer und versuche mich irgendwie so hinzuhocken, dass man mir nicht unter das Kleid schauen kann, um mein Deutschbuch wieder aufzuheben.
„Tut mir... leid.", stammelt eine vertraute Stimme und ich zwinge mich, weiter auf den Boden zu schauen. Das kann doch jetzt wohl nicht wahr sein. Wie sehr muss mein eigenes Leben mich eigentlich noch hassen? Reicht es nicht schon, dass ich mit ihm zusammenarbeiten muss?
„Alles gut?", fragt Bennet, als ich immer noch in der Hocke sitzen bleibe. Ich erhebe mich langsam und schaue zu ihm auf.
„Ja. Pass einfach auf, wohin du läufst.", presse ich hervor und ziehe meine Handtasche enger an mich. „Wir hatten heute schon Biologie und Sport zusammen. Denkst du, ich will dich noch länger sehen?", äffe ich.

„Was ist denn dein Problem, verdammt?"
„Immer noch du!" Ich zeige mit dem Finger auf ihn.
Seine blauen Augen schauen auf mich herunter und er lächelt mich an. „Wir sehen uns Morgenfrüh in Spanisch."
Ich presse meine Lippen aufeinander und bleibe stehen, während er abhaut.
„Weißt du, was mir da in den Sinn kommt?", flüstert Alma an mein Ohr und lehnt ihren Kopf an meine Schulter. Ich ziehe die Augenbrauen zusammen und drücke mein Geschichtsbuch an meinen Bauch.
„Will ich es wissen?", stöhne ich genervt und werfe den Kopf in den Nacken.
„Es geht um ein gewisses Sümmchen an Geld und... Sex.", flüstert sie und kichert an mein Ohr, sodass ein warmer Atem meine Wange streicht.
„Wo ist Court?"
„In ihrem Kurs. Soll ich es dir auf dem Weg zu unserem erzählen?"
„Vale.", willige ich ein. „Dimelo."
Sie nickt und zusammen gehen wir zu unserem Geschichtskurs.

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Weil das letzte so unfassbar lang war, gibt's heute ein kürzeres, haha.
Danke fürs Lesen

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