14. Ashley

Ich bin eigentlich nie wirklich schwach oder nahe am Wasser gebaut gewesen, aber es gibt Dinge, die mich schnell zum Einstürzen bringen. Meine Mutter ist ein wunder Punkt, Drogen sind ein wunder Punkt und meine Familie ist ebenfalls ein wunder Punkt.
Keine Ahnung, wieso ich mich gerade an Manuel kuschle und weine. Ich kann nicht aufhören, spüre Codys Hände immer noch an der Innenseite meiner Oberschenkel.
Dabei wäre es gar nicht so schlimm gewesen, wenn ich es gewollt hätte, aber ich habe ihm klar und deutlich gesagt, dass ich nicht mit ihm ins Bett will, weil ich erstmal reden möchte.
Wir haben diskutiert, er ist laut geworden und hat mich anschließend so fest gegen die Wand gedrückt, dass mein Kopf unsanft aufgekommen ist.
Gegen meinen Willen... und dann noch im Wohnzimmer, wo uns jeder hätte sehen können.

Die Musik ist mittlerweile leiser und gefühlt alle Gäste stehen um uns herum. Ich will das nicht, ich will diese Aufmerksamkeit nicht. Sie sollen alle abhauen und nicht so dumm starren.
„Aurelio!", schreit Manuel plötzlich und ich zucke erschrocken zusammen. „Aurelio! Es reicht!"
Die dunkle Gestalt erhebt sich vom Boden und schaut zu uns herüber, bevor sie auf den Körper am Boden spuckt. „Fick dich.", murmelt er ziemlich laut und wahrscheinlich hat es jeder im Raum gehört. „Kommt, wir hauen ab."
Mein Blick schweift durch den Raum und trifft auf den von Bennet. Bei seinem traurigen Blick hätte ich am liebsten wieder losgeheult, aber ich habe meine Tränen gerade ganz gut unter Kontrolle. 

Ich ziehe meine Nase hoch, richte mein Kleid, wische mir über das Gesicht und versuche etwas eleganter auszusehen.
Natürlich hätte ich jetzt auch einfach abhauen können, aber etwas Stolz habe ich auch noch. „Ash, was machst du?", fragt Manuel verwirrt, als ich mich aus seinem Grifft befreie. „Mach nichts Dummes, du wirst gefilmt."
Mit langsamen Schritten gehe ich auf Cody zu, der sich gerade aufrichten will. „Baby, es war nicht so gemein-" Bei seiner Stimme flammt voller Hass in mir auf und ich kann meinen Körper nicht mehr kontrollieren. Mein linkes Vorderbein schnellt vor und trifft ihn genau zwischen den Beinen. Dazu zeige ich ihm den Mittelfinger und drehe mich wieder um.
Als ich eine hysterische Stimme nach Bennet rufen höre, schaue ich mich um.
Bennet steht nicht mehr da, wo er stand.

Ich werde von meinen Brüdern und Lisa zum Auto begleitet. „Was ein kleiner Pisser.", flucht Aurelio und seine Wut hängt zum Greifen in der Luft. „Den zeigst du an!"
„Wenn wir das machen, bekommst du eine wegen Körperverletzung.", mischt sich Manuel ein.
„Juckt mich einen Scheißdreck."
Es ist dunkler geworden. Vielleicht acht oder neun Uhr. Ich kann es leider nicht einschätzen, habe mein Zeitgefühl verloren.
Als ich Gelächter höre, schaue ich in die Richtung, aus der die Stimmen kommen. Zwei Mädchen und zwei Jungs stehen an einem grauen Auto weiter weg und unterhalten sich. Erst beim genaueren Hinsehen sehe ich, dass einer der Jungs ein gewisser Lockenkopf ist und der andere... Nate? Noah? Zu mindestens ein Junge, der in meinen Jahrgang geht.
„Wartet ihr kurz?", sage ich mit dünner Stimme und gehe zu der Gruppe herüber.
Der Ton meiner Absätze auf dem Asphalt kommt mir Ohren betäubend vor.
Die vier Gestalten schaue zu mir herüber, weil sie mich wohl bemerkt haben, und Bennet wendet sich von ihnen ab. 

Als er auf mich zukommt, wird das Rauschen in meinem Ohr unangenehmer und meine Absätze scheinen einen noch lauteren Ton zumachen.
„Hey.", sagt er leise. Ich bleibe einen Meter vor ihm stehen.
„Hi."
„Mir tut das leid. Das, was da eben passiert ist. Ich... das hätte er nicht machen dürfen."
Ich konzentriere mich auf den merkwürdigen Fleck auf seinem Oberteil, damit mir die Tränen nicht wiederkommen. „Es... hast du ihn weggezogen?"
„Kann man so sagen."
„Danke.", bringe ich mühsam heraus. „Ich weiß nicht... wie weit er noch-" Meine Stimme bricht und ich schaue ihm schließlich doch ins Gesicht. Bennets blauen Augen mustern mich mitleidig.
Wir sagen beide eine Weile, in der ich meine Gedanken sortiere, nichts. Soll ich ihm jetzt die Hand geben? Ihn umarmen? Einfach weggehen?

„Ich hoffe, dass es dir gut geht.", flüstert er.
„Ja... es ist nur, na ja, sowas passiert einem halt nicht jeden Tag." Ich range mir ein Lachen ab, aber Bennet bleibt ernst.
„Wenn du...du weißt schon... reden oder so willst..."
„Danke.", murmle ich und ziehe meine Nase erneut hoch. „Ist eine von denen Kalea?" Ich zeige auf die zwei Mädchen, die zu uns herüberschauen. Er dreht sich um und mustert die Mädchen.
„Ja, genau. Die mit den blauen Haaren."
„Ah.", mache ich und bereue es auf einmal, gefragt zu haben. Ich möchte jetzt gerade nicht mit jemand anderes sprechen... nicht noch jemand.

Der braunhaarige Junge dreht sich wieder zu mir und richtet seine Jeansjacke. „Dann hoffe ich, dass der Abend nicht noch mieser wird und du... weißt du was? Scheiß mal drauf." Ich schaue ihn überrascht an. „Wieso soll ich jetzt so tun, als ob alles toll wäre? Dieses Schwein hat dich gegen deinen Willen angefasst und wollte wahrscheinlich noch weitergehen. Das hat keiner verdient und ich will nicht, dass du dir heute Nacht die Augen ausheulst, okay? Deswegen... verdammte Scheiße, wie soll ich das sagen?", murmelt er und fährt sich durch die Haare. „Ruf mich an oder schreib mir. Aber rede mit wem, okay?" Es klingt mehr wie eine Aufforderung, aber dennoch besorgt.

Ich nicke, heiße Tränen brennen ohne Grund in meinen Augen und mein Unterleib zieht sich unangenehm zusammen.
„Du kannst glücklcih sein, solche Brüder zu haben. Sie lieben dich."
Immernoch nickend flüstere ich zurück. „Danke."
„Bis Montag, was?" Er lächelt mich an.
„Bis Montag.", antworte ich mit kratziger Stimme und wende mich von ihm ab.

Aurelio ist immer noch auf hundertachtzig und fährt dementsprechend auch so. Keiner redet, keiner hat die Musik aufgedreht. Nur ab und zu flucht Aurelio laut über alles und jeden.
Die Stimmung ist merkwürdig und zum Zerreißen angespannt.
Ich lehne mit meinem Kopf am Fenster und schaue hinaus.
Zum Glück sind wir gleich schon da. Noch länger halte ich es hier nicht aus.

„Wer hat das Licht angelassen?", fragt Manuel, als wir auf unsere Einfahrt fahren. Ich schaue zum Haus und sehe, dass in der Küche Licht brennt.
„Ich nicht.", melde ich mich.
„Ich auch nicht.", sagt Aurelio brummig. „Ist auch egal." Wir steigen aus dem Auto.
Lisa trägt ein schwarzes, sehr enges Kleid von mir. Es steht ihr besser, aber das will ich mir nicht eingestehen.
Da weiße Gardinen das Küchenfenster verdecken, kann man auch nicht hineinschauen.
Wir steigen die Treppe hoch und ich lehne mich erschöpft an das Geländer. Kann dieser Tag nicht schneller enden?

Drinnenschmeiße ich meine kleine Handtasche auf den Glastisch und steige aus meinenhohen Schuhen. „Ich gehe schlafen.", murmle ich und hebe meine Schuhe hoch.
„Sicher, dass du nicht... Unterstützung oder sowas brauchst?", fragt Manuelbesorgt und bleibt stehen.
„Ich komme schon zurecht. Ihr könnt... na ja, das tun, was ihr tun wolltet."
Aurelio schnaubt belustigt. „Ich wollte mich besaufen und feiern."
„Tut mir ja leid, dass ich deinen kleinen Plan durchbrochen habe.", sage ichsauer und wieder steigen Tränen in meine Augen.
„Nein!", ruft Manuel. „Ashley du gibst dir jetzt für nichts die Schuld."
Plötzlich fällt etwas im Wohnzimmer zu Boden. Wir vier gucken uns verwirrt an,dann zu dem dunklen Raum und Manuel setzt sich langsam in Bewegung.
Bei einem großen Haus, einem Vater, der eine große Firma leitet, und dem vielenGeld muss man mit Einbrechern rechnen. Trotz des Sicherheitssystems, kann allesmöglich sein.
Mein Bruder geht mit langsamen Schritten auf das Wohnzimmer zu und späht mitaller Ruhe um die Ecke. „Papa?", fragt er plötzlich und tastet die Wand nachdem Lichtschalter ab. Keine Sekunde später erhellt Licht das Wohnzimmer undauch ein wenig das Foyer. „Gott verdammte Scheiße!", schreit Manuel, schlägtsich die Hand vor die Augen und macht das Licht wieder aus. „Nein!"
„Was?", schreie ich genauso hysterisch. 

Und dann erscheint die Gestalt, die ich als meinen Vater kenne, im Türrahmen.Und neben ihr noch eine. 
Und ich dachte, der Abend könnte nicht noch schlimmer werden.

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