84 : Vernunft?

Die Stunden verstrichen in denen ich allein in dem Zimmer saß und in den Spiegel starrte. Ich verstand, warum Alexander ihn so gehasst hatte. Er zeigte nicht nur das Äußere eines Menschen sondern auch sein Inneres. Meine Krone hatte ich abgelegt und saß in ein schlichtes Nachthemd gekleidet auf meinem Bett. Kein Ton hatte meine Lippen verlassen seit ich mein Versprechen ausgesprochen hatte. Niemand war gekommen, um nach mir zu sehen und es waren auch keine Geräusche zu hören. War das Schloss etwa leer? Überließen sie mich mir selbst?

Ich stand auf und lief zur Tür. Nein, ich hatte noch nicht nachgesehen ob sie offen stand. Mein Verdacht bestätigte sich. Sie war abgeschlossen. In dem Raum war sonst fast nichts womit ich mich beschäftigen könnte, doch verspürte ich ehrlich auch nicht den Drang danach, irgendetwas zu tun, denn ich meinem Kopf tobte ein Orkan, der alles immer wieder hervorbrachte was auf meiner Körung passiert war. Ich versuchte es zu verarbeiten, doch scheiterte kläglich.

Endlich, nach etwas mehr als 3 Stunden allein in diesem Raum, hörte ich Stimmen vor der Tür und vernahm wie ein Schlüssel im Schloss gedreht wurde. Mit wem ich rechnete wusste ich nicht, aber sicherlich nicht mir ihm. Severus stand im Türrahmen und sah mich mit einer Mischung aus Überraschung, Mitleid und Unsicherheit an. Hinter ihm erkannte ich mehrere Wachen, die sich vor der Tür positionierten, als er die Tür schloss. Er kam nicht auf mich zu, sondern blieb in der Nähe der Tür stehen. Auch ich machte keine Anstalten aufzustehen. Was sollte ich von ihm halten? Er hatte mir die Treue geschworen, mich aber nicht beschützt oder verteidigt. "Du bist schon wach.", es war keine Frage, eher eine Feststellung und ich war mich nicht sicher ob er froh oder enttäuscht war. "Schon? Wie lang hätte ich denn schlafen sollen?", fragte ich abweisend und wandte den Blick von ihm ab, sah weiter in den Spiegel. Darauf fand er keine Antwort, also fuhr ich fort:" Was willst du hier Severus? Es gibt Orte an denen du lieber wärst, dass kann ich dir ansehen. Hat Minerva dich geschickt?" Er schwieg einen Augenblick bevor er weiter in den Raum trat. "Ja, Minerva hat mich geschickt, aber ich muss sagen, ich bin recht gern hier." Ich lachte trocken. "Albus wollte eigentlich einen Mann namens Gothric Stevens schicken." Ich horchte auf. "Ministerium. Ich habe von ihm gehört, dass dieser Psychopath seine Lizenz noch nicht verloren hat, ist ein Wunder. Probiert er immer noch Foltermethoden an jungen Damen in seiner Abteilung aus?", fragte ich abwertend und griff nach der Haarbürste vor dem Spiegel. "Offiziell nicht mehr, man nennt ihn jetzt Verhörmeister." Ich schnaubte, "Verhörmeister? So kann man es auch nennen. Und weshalb bis du jetzt hier? Hast du Minerva überzeugt, dass du genauso grausam sein kannst, Severus? Oder baut Minerva auf meine Zuneigung zu dir?", fragte ich zynisch und beobachtete ihn durch den Spiegel. Er war an das Fenster getreten und sah hinaus. "Weder noch, sie möchte nicht, dass dir wehgetan wird, deshalb bin ich hier." Ein verächtliches Lachen entkam meinen Lippen. "Weil du ja ein so herzensguter Mensch bist. Ich weiß von deiner Vergangenheit. Ich hab das Mal gesehen. Sei ehrlich zu mir." Severus drehte sich um. "Ich habe nicht gelogen. Minerva und Albus hatten sich wegen Stevens ordentlich in den Haaren. Ich habe mich angeboten." Dabei wollte ich es bleiben lassen. "Na gut und weiter.", sprach ich entspannt, während ich mit der Haarbürste durch meine Haare fuhr. "Minerva schickt dir das hier." 

Ein Brief also. Ich wandte mich um und wunk Severus zu mir.  Er überreichte mit den Brief und trat wieder einige Schritte zurück. Die Lilie schimmerte auf dem roten Wachssiegel. Ich brach es und begann zu lesen. 

   An meine geliebte Tochter und Mitregentin,

ich hoffe sehr deine Schmerzen halten sich in Grenzen, der Schnitt war tiefer als angenommen, doch sei ganz unbesorgt, deinen Kindern geht es hervorragend. Poppy teilte mir mit, dass es wohl im Mai soweit sein wird. Ich möchte dir anbieten, deine Zwillinge in Hogwarts zu entbinden, um den Schein zu waren, zwischen uns sei nichts vorgefallen. Wir müssen das Volk davon überzeugen, dass sie sich mit uns sicher fühlen können und keinen Krieg fürchten müssen. Severus wird dich unterrichten, wie die Lage aussieht. Wie du sicherlich verstehen kannst, kann ich nicht zulassen, dass du in einem deiner Anfälle das Land verwüstest, daher bist du unter vorläufiger Beobachtung. Es ist zu deinem Besten, ich hoffe das ist dir klar. Bitte meine liebe Tochter, kämpfe gegen den Wahnsinn an. 

Was ich dir noch mitteilen wollte ist, dass der Minister das Trimagische Turnier abgesagt hat, es gab wohl einen Weg den Vertrag zu lösen, doch ich bin ehrlich, ich habe nicht genau nachgefragt. Severus wird dich ab und zu besuchen, um sicher zu stellen, dass du alles hast, was dein Herz begehrt. 

Deine Mutter, Minerva R. 

Ich ließ den Brief sinken und sah Severus abwartend an. "Wie du gelesen hast, darfst du dieses Schloss nicht verlassen und diesen Raum bis auf Weiteres auch nur unter Begleitung von mindestens sechs Wachen. Dein Zauberstab ist unter Bewachung und deine Drachen leben derzeit in den Gewölben vom Hogwarts-", ich unterbrach ihn. "Meine Drachen sind keine Gegenstände, die man einfach in den Keller stellen kann." "Ich weiß." "Ich möchte, dass sie zu mir gebracht werden." Severus seufzte. "Ich fürchte das ist nicht möglich." Ich schwieg und bedeutete ihn in seinem Bericht fortzufahren. "Thomas ist hier im Schloss, aber ihr lebt getrennt voneinander bis zur Entbindung deiner Kinder. Da er dein Mann ist, wenn auch nicht offiziell, und du eine der Königinnen dieses Landes, darf der Verkehr zur Sicherstellung der Erbfolge nicht verboten werden. " Ich lachte leise, als würde Thomas mich scheren. Er war auch nur ein Mittel zum Zweck. Es kam ganz darauf an, ob ich Jungen oder Mädchen gebären würde, ob er noch lange leben würde. "Dein Vater ist im St. Mungos Hospital und wird behandelt. Es stellte sich heraus, dass er Jahre lang unter dem Imperiusfluch gestanden hat. Wer ihn unter Kontrolle hielt ist unklar." Ich dachte mir meinen Teil. Ich würde Lilia nicht verpetzen. Mit ihr würde ich persönlich abrechnen, alsbald ich mich wieder frei bewegen konnte. "Was deine Pflichten als Königin angeht, so wirst du ihnen von hier aus nachgehen, doch auch das wird unter starker Beobachtung vor sich gehen. Es werden dir vier Ehrendamen zur Verfügung gestellt, unter anderem Emily und Amelie. Auf offiziellen Anlässen werden Minerva und du gemeinsam auftreten, das Anwenden von komplizierteren Magie ist dir vorerst untersagt."

Ich nahm schweigend hin, was er alles aufzählte, es brachte mir sowieso nichts, wenn ich auflehnen würde. "Gut.", sagte ich als er geendet hatte zu erklären wie wichtig es war, dass keiner merkte, wie groß der Hass zwischen Minerva und mir war. Überrascht blickte er auf mich herab, als habe er erwartet, dass ich durchdrehen würde. "Ich schätze ich kann froh sein, dass mir meine Krone geblieben ist.", ich stand auf, "Wärst du wohl so gut mir Pergament und Feder zu bringen? Ich würde gerne einen Brief schrieben." Severus ging zur Tür und sah hinaus, gab einen Befehl an eine der Wachen und schloss die Tür wieder. Stille trat ein.

"Wie oft wirst du mich besuchen kommen?", fragte ich ruhig. "Einmal in der Woche, um alles zu überwachen und um Minerva Bericht zu erstatten." Verächtlich schnaubend sah ich zur Seite. "Du hast mir die Treue geschworen, Severus.", erinnerte ich ihn. Er nickte. "Ja, dem bin ich mir bewusst, deshalb werde ich bei Minerva ein gutes Wort für dich einlegen." Schwungvoll erhob ich mich. "Das meine ich nicht, Severus! Die Treue schwören, heißt für seine Königin zu kämpfen und nicht zwischen ihr und ihrer Rivalin zu vermitteln." Severus trat an mich heran und nahm meine Hände in seine. "Du musst lernen, dass nicht alles mit dem Schwert entschieden werden kann. Du wirst immer meine wahre Königin bleiben, auch wenn alle Welt und der Hof denkt, du hast den Verstand verloren. Ich kämpfe für dich, aber nicht mit dem Schwert.", er führte meine Hände an seine Lippen. In dem Moment klopfte es an der Tür. Severus öffnete und nahm Pergament und Feder, sowie Tinte entgegen. Ich setzte mich nieder und begann eine Antwort zu formulieren.

Teuerste Mutter und Mitregentin dieses Reiches,

ich habe von Severus alle Informationen erhalten, welche mich erreichen sollten. Deine Güte ist wahrlich grenzenlos. Natürlich verstehe ich die Maßnahmen, welche du veranlasst hast und erhebe keine Einwände. 

Die Wichtigkeit das Volk von unseren andauernden Freundschaft zu überzeugen, ist mir bewusst und aus diesem Grund, nehme ich dein Angebot, meine Zwillinge im Mai in Hogwarts zu entbinden, an. Es käme nicht gut an, wenn man einer Großmutter ihre Enkel enthalten würde. Zudem bin ich sicher, dass es keine bessere Schwester als Poppy gibt, welche mich durch meine erste Geburt begleiten könnte.

Ich bitte dich, Mutter, meine Drachen unterdes gut zu behandeln. Der schlangenähnliche ist ein Wasserdrache, ich hoffe sehr, es wird möglich sein, ihn alsbald in ein Gewässer zu bringen.

Deine Tochter, Avyanna R.

Ich versiegelte den Brief mit meinem Siegel und gab ihn Severus, welcher sich verbeugte und ihn an sich nahm. "Ich werde nächste Woche wieder nach dem Rechten sehen.", teilte er mir mit, bevor er zur Tür ging und diese öffnete. "Solltet Ihr etwas wünschen sagt diesen Wachen Bescheid, Majestät.", sagte er förmlich und verbeugte sich noch einmal tief zum Abschied. Ich nickte ihm zu und die Tür schloss sich wieder. 

Eine Königin in Gefangenschaft. Ich lachte heiser auf. Wer war ich? Maria Stuart? Marie Antoinette? Sollte ich etwa auch eine dieser tragischen Königinnen sein, welche am Ende ihr Haupt im Kampf um die Krone verloren?...

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