3] blue


Mit der Fahrt schritt auch die Playlist von Darya voran. Mit der Zeit wurde mir klar, dass die Playlist grösstenteils aus dem Album "One More Light" stammte - und dazwischen noch mit einzelnen Songs verfeinert wurde. Aktuell lief deswegen gerade Birds von den Imagine Dragons.

Monoton zog die Landschaft am Fenster vorbei, der Regen stets weiterprasselnd, ihren Weg nach unten findend. Gleichzeitig flogen meine Gedanken mit den Lyriks nach oben, entspannt und frei wie ein Vogel. Komplett abgeschweift merkte ich nicht einmal, dass es im Bus nach und nach ein wenig leiser wurde.

Plötzlich spürte ich etwas kitzelndes an meinem Oberarm und kurz darauf folgte auch schon ein leichtes Gewicht an meiner Schulter. Während ich etwas überrascht nach links guckte, zeigte sich, dass Darya wohl eingenickt sein musste - und nun mit verwuschelten Haaren zur Seite gekippt war. Aus diesem Winkel betrachtet musste ich schon sagen, sie war echt süss. Während ihr Kopf zwar eine gewisse Wärme abstrahlte, zeigte sich über eine aufkommende Gänsehaut, dass die Klimaanlage des Busses wohl ziemlich gut funktionieren musste. Ein kurzer Blick in die Runde zeigte mir auch bereits, dass ich nicht der einzige war, dem die Kälte aufgefallen sein musste. Manche vergruben sich bereits zwischen Mützen und Schals, das Klassenpaar kuschelte unauffällig miteinander und selbst der Lehrer in der vordersten Reihe hatte bereits seine Jacke angezogen.

Mit aller Vorsicht, um das schlafende Mädchen neben mir nicht zu wecken, holte ich meinen grossen XL-Hoodie aus dem Rucksack und breitete ihn aus. Nach einem kurzen Zögern legte ich den Pullover ausgebreitet über Darya. So fein und unschuldig, wie sie da schlief, würde sie bei dieser Kälte wohl im Nu eine Erkältung einfangen und so die Klassenfahrt krank verbringen.

Was würde sie wohl sagen, wenn sie aufwacht? Bestimmt würde sie denken, was für ein weirdo. Aber um ehrlich zu sein, ich konnte sie zu diesem Zeitpunkt nicht einfach in der Kälte lassen. Der nächste Song spielte sich gerade über den Fade-In ein und die Auftakte von Kygo's Firestone erklangen in den weissen Earplugs. Mit der Musik fühlte ich auch eine Form von Verbundenheit. Es mag seltsam klingen, aber auf einmal hatte ich das Gefühl, sie schon extrem lange und gut zu kennen. Erklären konnte ich es aber nicht.

Ich guckte nochmals zurück zu Darya. Man sah das leichte heben und wieder Senken ihrer Atmung. Sie schien ein wenig unruhig zu schlafen, aber dennoch tief zugleich. Plötzlich bemerkte ich, dass der Hoodie von der rechten Hand weggerutscht war und diese nun frei lag. Vorsichtig griff ich zum - im Vergleich zu Daryas Grösse - absolut übergrossen Kleidungsstück und zog es zurück. Doch gerade als ich meine Hand wieder zurücknehmen wollte, stockte ich kurz. Zwei Finger von Darya griffen leicht aber bestimmt nach meiner Hand. Ich war sichtlich verwirrt und blickte rüber. Sie schlief weiter.

Als ihre Finger meine Hand weiterhin unter die improvisierte Decke zogen, gab ich nach. Nicht zuletzt, um sie nicht aufzuwecken. Unter der Decke falteten sich unsere Hände anschliessend zusammen. Erst jetzt bemerkte ich, wie mein Puls in den letzten Sekunden in die Höhe geschlossen war. Ich atmende kurz durch und schaute umher. Niemand schien uns zu beobachten. Also blickte ich zurück zu Darya, welche noch immer tief schlief und ihren Kopf an meine Schulter gelehnt hatte. Nur bemerkte ich, dass sie mittlerweile viel ruhiger schlief. So kam es, dass sich die Wärme ihrer Hand langsam auch in mir verbreitete - und ich mich langsam beruhigte.

Was für ein Glück, dacht' ich mir. Es fühlte sich irgendwie gerade genau richtig an. So schloss ich meine Augen und lehnte auch meinen Kopf leicht an ihren.


- Ein kleines 1. Adventsgeschenk für die Inspiration, die echte 'Darya' -

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