Kapitel 21

Ich wachte mit einem erschreckend lauten „Verdammter Mist!" auf, als Obanai aus dem Nebenzimmer fluchte. Ich drehte mich mit einem müden Stöhnen auf die Seite und rieb mir die Augen. Es war noch früh, und trotzdem hörte ich Obanai in seinem typischen Ärger-Tonfall wieder auf Englisch fluchen.

„Oh, nein..." murmelte ich und zog mir das Kissen über den Kopf, aber es war zu spät. Obanai war einfach zu laut, um ihn zu ignorieren.

„Hast du wieder mit Sanemi gestritten?" fragte ich, während ich noch halb im Bett lag.

„Er hat mir gestern wieder einen Haufen Mist erzählt, und jetzt ist er noch frecher am Telefon! Ich kann es nicht fassen!", schimpfte er laut aus dem Nebenzimmer.

Ich zog das Kissen von meinem Kopf und sah, wie Obanai wütend auf sein Handy starrte. Sein Gesicht war wie immer angespannt, aber als er mich sah, veränderte sich sein Ausdruck nicht. Ich wusste genau, dass er gerade mit Sanemi über WhatsApp stritt.

„Gib mir mal das Handy", sagte ich.

„Mach dich nicht lächerlich, ich muss jetzt hier mit ihm klarkommen."

„Komm schon, lass mich den Chat sehen. Du weißt, dass ich das sowieso alles verstehen kann", meinte ich und setzte mich auf.

Er starrte mich nur an, als wollte er mir die Kontrolle überlassen, aber als er das Handy an mich weitergab, konnte ich den Bildschirm sehen, und das war genau das, was ich erwartet hatte.

Der Chat zwischen Obanai und Sanemi war ein einziges wildes Hin und Her aus Beleidigungen und Emojis. Ich konnte mir das Grinsen nicht verkneifen.

Sanemi (08:03):
„Du bist wirklich der unhöflichste Mensch, den ich je kennengelernt habe. Echt, warum bist du so ein Arschloch? 🤦‍♂️"

Obanai (08:04):
„Weil du ein verdammter Idiot bist, der in jedem Gespräch denkt, er wäre der King! Du bist und bleibst der größte Scherzkeks, den man sich vorstellen kann. 🖕🏼"

Sanemi (08:05):
„Junge, du bist ein Witz. Immer noch so gut wie früher, nur jetzt ist dein Kopf noch ein bisschen kleiner. Pass bloß auf, dass du nicht mit deinem winzigen Gehirn eine Explosion verursachst. 🧠💥"

Obanai (08:06):
„Hör auf zu reden, du selbstdarstellerischer Idiot. Erinnerst du dich noch an den Tag, als du auf der Party den ganzen Shit gemacht hast, den wir alle so sehr gehasst haben? Oder war dein Kopf da schon zu voll mit Alkohol? 🍻🍸🤡"

Sanemi (08:07):
„Du hast nichts besseres zu tun, als in der Vergangenheit rumzuwühlen? Aber was willst du machen, du bist ja eh der Typ, der über alles flucht. Kein Wunder, dass Mitsuri mit dir überhaupt zusammen ist, du bist doch nur ein schlechter Witz. 🤔🍷"

Obanai (08:08):
„Du bist der Schlechteste, Sanemi. Du bist so verdammt unangenehm, dass ich fast vergessen habe, wie toll Mitsuri eigentlich ist. Aber sieh mal an, ich hab ihr wenigstens ein bisschen mehr geboten als du! 😉😆"

Sanemi (08:10):
„Schau, wer hier spricht. Du bist der größte Mistkerl, der je durch den Kindergarten gegangen ist. Du bist echt nicht besser, als der Kerl, der während des Spiels immer das letzte Wort haben muss. Und du wirst es nie los!"

Obanai (08:12):
„Ach, was weißt du schon? Du bist immer noch der gleiche verstaubte Sack von damals, nur in älter. Ich kann dir sogar sagen, dass du nicht mal in deinem eigenen Leben aufräumen kannst. Glaub mir, ich weiß, wovon ich rede.🤬"

Ich lachte leise, während ich den Chat las. Es war irgendwie immer das gleiche mit den beiden. Beleidigungen, neckische Sprüche, und jeder versuchte, den anderen noch ein bisschen mehr zu verletzen, aber auf eine Art, die sich irgendwie vertraut und lustig anfühlte. Das war halt der Standard.

„Das ist so typisch..." murmelte ich und sah auf. „Wirklich, das ist das, was ihr beide so unter 'Freundschaft' versteht?"

„Das ist kein Freundschaftsbeweis, das ist wie... äh, ein Kampf der Geisteskranken", sagte Obanai, als er sich zurücklehnte. „Ich sage ihm ständig, er soll sich nicht einmischen. Er geht mir wirklich auf die Nerven."

„Und trotzdem lässt du ihn nicht los", erwiderte ich mit einem schiefen Grinsen.

„Tja, das ist halt der Bruder von deinem Freund", sagte Obanai und zuckte mit den Schultern. „Du solltest dich einfach dran gewöhnen. Und ja, bevor du fragst, ich hätte Mitsuri ohne ihn nicht kennengelernt. Also kannst du jetzt noch mehr lachen."

Ich schüttelte den Kopf und stand auf. „Du bist echt ein Fall für sich, Obanai. Und du solltest ihm definitiv nicht so viel nachtragen, aber hey, das ist dein bester Freund. Es ist, wie es ist."

„Ja, ja... und du bist der, der immer alles weiß. Was für ein Glück, dass ich dich habe." Obanai grinste spöttisch, als ich ihm das Handy zurückgab.

Ich ließ mich auf das Sofa fallen und starrte ihn einen Moment lang an. „Du bist echt ein Arschloch, aber ich mag dich trotzdem."

Er lachte. „Klar, wer würde nicht?"

Ich ging mit Obanai in die Küche, während er immer noch leise vor sich hinfluchte und mit seinem Handy herumhantierte. Ich hatte gerade noch versucht, mich von der letzten Runde seines Wortgefechts mit Sanemi zu erholen, als sich mir ein neues Spektakel bot.

Mitsuri saß fröhlich am Tisch und fütterte Sumire, die in ihrem Hochstuhl saß und mit einem Löffel voller zerstampfter Karotten herumfuchtelte.

„Guck mal, Muichiro! Sie isst richtig brav!", sagte Mitsuri begeistert.

Ich beobachtete das Kind misstrauisch und hielt mich vorsichtshalber auf sechs Meter Abstand. Ich wusste, wie gefährlich Sumire sein konnte, vor allem, wenn sie etwas in den Händen hielt. Ich hatte in den letzten Monaten genug von ihren plötzlichen Angriffen erlitten, um klüger zu sein.

Obanai hingegen schien keinerlei Angst zu haben. Vielleicht war er einfach zu müde oder zu dummkühn. Jedenfalls stellte er sich direkt neben seine Tochter und sah sie mit einem leichten Lächeln an.

„Na, meine Kleine? Schmeckt's?"

Das war sein fataler Fehler.

Sumire quietschte begeistert, wedelte mit dem Löffel – und klatschte ihm eine volle Ladung zerstampfter Karotten ins Gesicht.

Stille.

Ich hielt den Atem an, Mitsuri hielt den Atem an, und sogar Sumire guckte einen Moment lang verwundert.

Obanai stand einfach nur da, regungslos, als würde sein Gehirn gerade versuchen, diese neue Realität zu verarbeiten.

„...Was zum...?" begann er, doch da war es schon zu spät.

Sumire, begeistert von ihrer eigenen Tat, kicherte freudig und begann, mit ihren kleinen Händen seinen Kopf zu betatschen. Ich realisierte erst ein paar Sekunden später, dass sie nicht einfach nur spielte. Nein. Sie war dabei, den Karottenbrei in seine Haare zu schmieren.

Ich konnte nicht mehr.

Ich spuckte mein Wasser aus und begann schallend zu lachen.

„Hahaha! Oh mein Gott, Obanai! Deine Tochter macht dir gerade eine Gourmet-Haarmaske!" Ich hielt mir den Bauch vor Lachen und konnte mich kaum auf den Beinen halten.

Mitsuri hatte sich schnell abgewendet und versuchte verzweifelt, ihr Kichern zu unterdrücken. „Sumire, mein Schatz, das macht man nicht mit Papa!" Aber ihre Schultern bebten.

Obanai stand immer noch völlig perplex da, als wäre er in einer anderen Dimension. Dann hob er langsam eine Hand und fuhr sich durch seine nun mit Karottenbrei verzierten Haare.

„I swear to god...", murmelte er auf Englisch.

„SIE WÄSCHT DIR DIE HAARE!", japste ich lachend und hielt mich an der Tischkante fest, während mir die Tränen kamen. „KABURAMARU IST ALS NÄCHSTER DRAN!"

Obanai blinzelte langsam, als Sumire kicherte und ihm noch einen Klecks Karottenbrei auf die Nase schmierte.

„Das ist Verrat", sagte er dann todernst.

Ich fiel beinahe auf den Boden vor Lachen.


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