Kapitel 31
Ich zog die Decke über den Kopf, als ob sie mir irgendwie helfen könnte, den unangenehmen Geräuschen zu entkommen, die von Mitsuri und Obanai kamen. Es war, als wären sie noch lauter als damals meine Eltern – und das wollte wirklich etwas heißen. Ich konnte hören, wie Mitsuri lachte und Obanai grummelte, und ich war mir ziemlich sicher, dass sie mit „Spaß" weitermachten. Mir wurde übel, und ich zog die Decke noch fester über meinen Kopf. Es fühlte sich wie eine Folter an, die einfach kein Ende nahm.
Ich konnte einfach nicht mehr! Irgendwann schnappte ich mir mein Handy, das auf dem Nachttisch lag, und wählte Genya an. Die Vorstellung, dass er mich von diesem Albtraum erlösen könnte, war meine einzige Hoffnung.
„Muichiro?", sagte Genya, als er den Anruf annahm. Seine Stimme klang entspannt, fast als wäre er auf Urlaub. Was er in Amerika machte, war mir in diesem Moment ziemlich egal. „Was gibt's?"
„Genya! Du musst mir helfen!", rief ich verzweifelt, während ich weiter versuchte, die Geräusche in meinem Zimmer zu ignorieren. „Mitsuri und Obanai... sie sind wieder dabei... mit dem... du weißt schon... Spaß!"
„Ahhh", kam es von Genya, gefolgt von einem lauten Lachen. „Ich wusste es! Du kannst einfach nicht entkommen, was?"
„Es ist die Hölle, Genya!", stöhnte ich. „Ich dachte, als wir uns in die Decke wickeln, könnte es besser werden! Aber nein! Es ist wie ein lauter, schmerzhafter Albtraum!"
„Haha, oh man, Muichiro, du tust mir leid! Aber weißt du, damals hatten wir alle irgendwann mal diesen Spaß", sagte Genya, als ob es die natürlichste Sache der Welt wäre. „Zenitsu, Inosuke, Tanjiro, Kanao und ich haben uns immer davor gedrückt, aber hey, jeder in meiner Klasse hat irgendwann mal mitgemacht."
Ich hörte Genya dabei lachen, und ich konnte förmlich hören, wie er in seiner entspannten Haltung zurücklehnte. Ich konnte mir richtig vorstellen, wie er mit einem Glas Cola in der Hand da saß und einen aufcoolen Typ machte.
„Und du sagst mir jetzt, dass du mir nicht mal erzählen kannst, wie das Ganze so ist?", fragte Genya mit einem Grinsen, das man fast durch das Telefon hören konnte.
„Hör auf, Genya!", stöhnte ich. „Ich will nichts hören! Das ist zu viel für mich! Du bist weit weg, aber ich bin hier, und das Ganze verfolgt mich, okay? Ich muss das alles irgendwie aushalten!"
„Hahaha!", lachte Genya. „Besser, dass ich in Amerika bin, oder? Sonst würde ich dich jetzt mit Zenitsu, Inosuke und Tanjiro abholen und dir den Spaß zeigen! Aber ich muss dir sagen, du solltest dankbar sein, dass Mitsuri und Obanai überhaupt so laut sind! Du hast keine Ahnung, wie Zenitsu mal einen Panikanfall hatte, als er das erste Mal in der Nähe von Inosuke war!"
„Ich will nichts über Zenitsu hören!", rief ich aus. „Ich brauche jetzt keinen weiteren Albtraum! Ich versuche nur, so zu tun, als ob alles normal wäre, aber das ist wirklich nicht mehr normal!"
„Du bist der Beste, Muichiro", sagte Genya mit einem lachenden Tonfall. „Aber weißt du, was du jetzt wirklich tun solltest? Geh einfach zu Mitsuri und Obanai und sag ihnen, dass du 'mitmachen' willst. Dann wirst du sehen, wie schnell sie aufhören. Das sorgt für Spaß – für sie jedenfalls!"
„Was?!", rief ich aus und starrte auf mein Handy, als ob Genya gerade einen besonders fiesen Witz gemacht hätte. „Hast du sie noch alle?!"
„Haha, sorry, Kumpel. War nur ein Spaß", sagte Genya, immer noch lachend. „Aber du kannst dir sicher sein, ich bin froh, dass ich nicht in deiner Nähe bin, um das alles zu hören. In Amerika ist es viel ruhiger. Ich schlafe immer in Ruhe."
Ich konnte nicht anders, als zu lachen. Es war zwar immer noch extrem peinlich und unangenehm, aber Genya machte alles irgendwie erträglicher. Zumindest konnte ich mir einbilden, dass er auf der anderen Seite der Welt war und nicht all das mitbekam. „Du bist ein Teufel, Genya. Aber danke, ich schätze es, dass du versuchst, mich aufzuheitern."
„Kein Problem, Muichiro. Du solltest wirklich aufpassen, dass du dich nicht zu sehr in deiner Decke vergräbst. Das hält dich nicht davon ab, es zu hören!"
„Ich werde es überstehen, Genya", murmelte ich. „Aber vielleicht... vielleicht schickst du mir ein paar Aufmunterungs-Nachrichten, wenn du kannst? Ich brauche wirklich eine Ablenkung."
„Klar! Kein Problem! Mach dir keine Sorgen!", sagte Genya mit einem breiten Grinsen, das durch den Hörer klang. „Und falls du nochmal in eine solche Situation gerätst – einfach an mich denken. Ich bin der beste Ratgeber in Sachen 'Spaß'."
Ich konnte nicht anders, als zu lachen, auch wenn ich wusste, dass ich nie wieder so denken konnte, ohne rot zu werden. „Genya, du bist der Schlimmste!"
„Nur für dich, Muichiro. Nur für dich!"
Ich starrte auf mein Handy und blinzelte. Mein Herz setzte für einen Moment aus. Der Artikel war nicht besonders lang, aber die Überschrift reichte schon aus, um mir eiskalt den Rücken herunterzulaufen.
„Zwei Jahre nach der verheerenden Explosion – Ermittler haben den Fall offiziell geschlossen."
Ich klickte sofort auf den Artikel und las weiter.
"Die Explosion, die sich vor zwei Jahren in einem Wohnkomplex ereignete, wurde offiziell als unaufgeklärter Fall zu den Akten gelegt. Während anfangs Gerüchte über eine absichtliche Sprengung durch einen Unbekannten kursierten, konnte die Polizei keine Beweise für eine absichtliche Tat finden. Einige Augenzeugen berichteten jedoch von einer seltsamen Gestalt, die in der Nähe des Gebäudes gesehen wurde, kurz bevor die Explosion stattfand. Es gibt keine Überlebendenberichte."
Ich spürte, wie mein Magen sich zusammenzog. Ich erinnerte mich noch genau an diesen Tag. Ich war damals gerade mal 14 gewesen, alleine und... ich hatte in irgendeinem heruntergekommenen Park geschlafen. Ich wusste nicht mal mehr genau, wie ich dort gelandet war – mein Kopf hatte damals einfach zu viele Lücken. Aber das Bild im Artikel war eindeutig: Das war genau die Gegend, in der ich mich damals aufgehalten hatte.
Ich erinnerte mich daran, wie ich mitten in der Nacht von einem lauten Knall geweckt worden war. Wie ich Rauch gesehen hatte. Wie mir schwindelig geworden war. Ich erinnerte mich an einen Mann mit roten Augen...
Muzan.
Ich schluckte hart. Es war sein Werk gewesen. Ich wusste es. Ich spürte es. Das war nicht einfach nur eine zufällige Explosion gewesen. Ich hatte damals instinktiv gewusst, dass ich mich verstecken musste, und das hatte mich vermutlich gerettet. Aber... hatte es jemand anderes nicht geschafft?
Ich bemerkte gar nicht, dass ich aufgehört hatte zu blinzeln, bis meine Augen anfingen zu tränen. Ich schüttelte den Kopf und drückte den Home-Button meines Handys. Ich konnte das gerade nicht lesen. Nicht jetzt.
Mein Handy vibrierte plötzlich in meiner Hand, und ich zuckte zusammen. Genya hatte mir eine Nachricht geschickt.
Genya: „Hey, du bist plötzlich so still? Alles okay?"
Ich atmete tief durch. Sollte ich es ihm erzählen? Ich wusste es nicht. Vielleicht machte ich mir einfach nur zu viele Gedanken. Aber... ich wollte nicht alleine darüber nachdenken. Also drückte ich auf den Anrufen-Button.
„Muichiro?" Genya klang ein wenig besorgt. „Was ist los? Du bist so still."
„Ich..." Ich wusste nicht, wie ich anfangen sollte. Also sagte ich einfach: „Ich hab grad was gelesen. Über eine Explosion. Vor zwei Jahren. In meiner Gegend."
„Hm?" Genya klang verwirrt. „Und?"
Ich schloss kurz die Augen. „Genya... das war genau zu der Zeit, bevor ich zu Mitsuri und Obanai gekommen bin. Ich hab da in der Nähe gewohnt. Also... 'gewohnt' ist vielleicht übertrieben. Ich hab in einem Park gepennt."
Genya schwieg kurz. Dann sagte er leise: „Muichiro..."
Ich lachte kurz, aber es klang falsch. „Stell dir vor, Genya, es war Muzan. Ich wette, er war das. Ich weiß es einfach. Ich erinnere mich an rote Augen. Ich hab ihn da gesehen. Ich weiß nicht mehr viel, aber das weiß ich noch."
Genya atmete hörbar aus. „Verdammt..." Er klang jetzt richtig ernst. „Warum hast du mir das nie erzählt?"
Ich zuckte mit den Schultern, obwohl er es nicht sehen konnte. „Ich hab's verdrängt, denke ich."
„Und jetzt kommt's wieder hoch, weil du's gelesen hast."
„Ja."
Genya schwieg einen Moment, dann sagte er: „Okay, hör mir zu. Erstens: Du bist jetzt nicht mehr alleine. Du hast mich. Du hast Mitsuri. Du hast Obanai, Senjuro, Tanjiro, alle. Du bist nicht mehr dieser Junge im Park, verstehst du?"
Ich biss mir auf die Lippe. „Ja..."
„Und zweitens", fuhr Genya fort, „wenn es wirklich Muzan war – dann hast du überlebt. Er nicht."
Ich blinzelte.
Genya lachte leise. „Denk mal drüber nach. Der Kerl hat vielleicht eine Explosion verursacht, aber du bist immer noch hier. Er nicht. Also, wer hat gewonnen?"
Ich atmete tief durch. „Ich... ich schätze, ich."
„Genau. Und weißt du was? Du bist stärker, als du denkst. Und wenn du willst, kann ich dir helfen, das alles zu verarbeiten."
Ich lächelte schwach. „Du meinst, indem du mir wieder nicht jugendfreie Magazine andrehen willst?"
Genya lachte laut. „Haha! Nein, diesmal nicht! Ich schwöre! Aber hey, ich kann dich ablenken, wenn du willst. Willst du über was anderes reden? Oder soll ich dir noch ein paar peinliche Geschichten über Tanjiro erzählen?"
Ich grinste. „Gib mir die Tanjiro-Geschichten."
„Haha, okay, pass auf. Wusstest du, dass Tanjiro mal dachte, ein Waschbär wäre ein verfluchtes Monster? Er hat fast sein Haus abgebrannt, weil er dachte, das Ding wäre ein Dämon."
Ich brach in schallendes Gelächter aus.
Vielleicht hatte Genya recht. Ich war nicht mehr allein.
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