Kapitel 23

Als wir zu Hause ankamen, öffnete Obanai die Tür und zog mich praktisch in den Flur. Kaum hatte ich einen Fuß drinnen, sprang Mitsuri von der Couch auf und rannte auf mich zu.

„Muichiro! Du bist zurück!" Sie packte mich in eine hugartige Umarmung und drückte mich fast die Luft aus. Ihre Arme waren so fest um mich geschlungen, dass ich ein bisschen nach Luft rang, doch ich wusste, dass es nicht böse gemeint war. „Ich hab dich so vermisst!"

Ich konnte kaum mehr als ein leises „Ich dich auch" hervorbringen, bevor sie mich noch fester an sich drückte. Endlich ließ sie mich los, aber nicht, ohne mir eine unzählige Reihe von Fragen zu stellen. „Wie war es in Amerika? Hat alles geklappt? Genya geht's gut, oder?"

„Es war... großartig", stammelte ich und versuchte, mich zu befreien. „Ja, Genya geht's gut. Es war... schön, ihn wiederzusehen."

Mitsuri strahlte mich an, als ob sie sich genauso darüber freute wie ich. „Das freut mich! Aber du siehst müde aus. Setz dich mal! Ich hab Ramen gemacht!"

Bevor ich wirklich reagieren konnte, schob sie mich mit einer Hand sanft zum Tisch. „Komm, iss erstmal. Du hast bestimmt Hunger, nach all der Reise!"

Obanai, der uns die ganze Zeit mit einem leicht besorgten Blick beobachtet hatte, trat hinter uns und legte den Koffer ab. „Setz dich einfach hin und iss. Du wirst schnell genug wieder zu Kräften kommen, wenn du isst. Und sag mir, was passiert ist. Ich will alles hören."

Ich ließ mich auf einen Stuhl sinken und ließ den Blick durch das Zimmer schweifen. Es war gut, wieder zu Hause zu sein. Die vertrauten Geräusche, der Duft von frischem Ramen... ich fühlte mich endlich wieder sicher.

Mitsuri setzte mir eine Schale Ramen vor und schob die Stäbchen in meine Hand. „Ich hab extra viel Gemüse reingemacht!", sagte sie begeistert. „Du musst unbedingt probieren!"

Ich hob die Stäbchen und nahm einen ersten Bissen. Es war warm und wohltuend, und es tat mir gut, etwas zu essen, nachdem der Flug und die letzten Tage so anstrengend waren. Doch mein Kopf schwirrte immer noch von den Ereignissen, die während des Fluges passiert waren, und ich konnte den Blick des seltsamen Mannes nicht abschütteln.

Obanai bemerkte die Stille und sah mich aufmerksam an. „Erzähl mir, was passiert ist. Warum hast du mich angerufen? Hatte der Kerl dir wirklich gefolgt?"

Ich seufzte und legte die Stäbchen ab, als ich mich zurücklehnte. „Ja. Im Flugzeug hat er mich ständig beobachtet. Ich... ich war nicht sicher, ob er eine Gefahr darstellt, aber er hat mich einfach so angestarrt, als ob er irgendetwas von mir wollte. Als ich es gemerkt habe, war es zu spät, um etwas zu tun. Deshalb hab ich dich angerufen."

Obanai runzelte die Stirn und nickte ernst. „Du hast richtig gehandelt, indem du mir Bescheid gesagt hast. Es ist gut, dass er dich nicht weiter verfolgt hat."

Mitsuri hörte aufmerksam zu, und als sie die ernste Stimmung bemerkte, nahm sie sich einen Moment, um ihre übliche fröhliche Miene abzulegen. „Du hast dich also ganz alleine mit ihm auseinandergesetzt? Muichiro, das klingt beängstigend. Ich bin froh, dass du sicher bist."

Ich nickte, dankbar, dass sie mich verstanden. „Ich wollte nicht, dass es schlimmer wird. Als er mich in Ruhe ließ, fühlte ich mich erst sicher."

Obanai nahm einen Schluck Wasser und starrte nachdenklich auf den Tisch. „Es gibt viele Verrückte da draußen, Muichiro. Aber du bist nicht alleine. Du hast uns. Und das ist wichtig."

Ich spürte eine Welle der Dankbarkeit, die durch mich hindurchging. Es war schwer, all das zu sagen, aber ich wusste, dass sie sich um mich kümmerten. „Danke, Obanai. Und danke, Mitsuri. Ich... ich bin wirklich froh, dass ich wieder zu Hause bin."

Mitsuri lächelte sanft und griff nach meiner Hand. „Du bist immer willkommen hier. Du bist nicht allein."

Wir aßen schweigend weiter, und ich fühlte mich zum ersten Mal seit langer Zeit wirklich sicher.

Ich lag in meinem Bett, starrte an die Decke und wälzte mich unruhig hin und her. Der Schlaf wollte einfach nicht kommen. Die Gedanken an den seltsamen Mann im Flugzeug und die plötzliche Rückkehr nach Japan ließen mich nicht los. Es fühlte sich an, als würde mein Kopf nicht zur Ruhe kommen, egal wie sehr ich versuchte, mich zu entspannen.

Plötzlich hörte ich die Tür zu meinem Zimmer leise aufgehen. Ich setzte mich auf und sah, wie Obanai ins Zimmer trat. Sein Blick war wie immer neutral, aber ich erkannte das leise Zucken seiner Augenbrauen, das zeigte, dass er sich Sorgen machte.

„Kannst du nicht schlafen?" fragte er leise, als er sich gegen den Türrahmen lehnte.

Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Ich... ich weiß nicht, warum. Es fühlt sich einfach alles so unruhig an."

Obanai seufzte und kam näher, setzte sich an die Bettkante. Er sah mich aus seinen scharfen Augen an. „Ist es wegen dem Mann im Flugzeug? Oder wegen Genya?"

„Beides", gab ich zu und zog die Decke etwas höher. „Ich weiß, dass ich wieder zu Hause bin, aber ich fühle mich... nicht sicher. Es ist, als ob er mich noch immer beobachtet."

Obanai nickte langsam, als würde er meine Worte abwägen. Dann sagte er in einem ruhigen, aber festen Ton: „Niemand wird dir hier etwas tun. Solange du unter diesem Dach bist, bist du sicher."

Ich biss mir auf die Lippe und spürte, wie eine leichte Wärme in meinen Augen aufstieg. Es war beruhigend, das zu hören, aber der Knoten in meiner Brust löste sich nicht vollständig. „Kannst du... hierbleiben? Bis ich einschlafe?"

Obanai hob überrascht die Augenbrauen, dann nickte er. „Natürlich. Aber nur, wenn du versprichst, zu schlafen und dir nicht weiter den Kopf zerbrichst."

Ich lächelte schwach. „Versprochen."

Er zog einen Stuhl heran und setzte sich neben mein Bett, lehnte sich entspannt zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Jetzt leg dich hin. Und hör auf, dich zu wälzen."

Ich legte mich zurück, zog die Decke bis zur Nase hoch und schloss die Augen. Obanai sagte nichts mehr, aber seine Anwesenheit war wie ein Schutzschild, das die Dunkelheit und die Unruhe aus meinem Zimmer fernhielt.

Nach einer Weile hörte ich, wie er leise murmelte: „Du bist stärker, als du denkst, Muichiro. Lass dich nicht von deinen Gedanken überwältigen."

Diese Worte trafen mich tief. Ich spürte, wie sich meine Atmung beruhigte, und meine Gedanken langsam zur Ruhe kamen. Innerhalb weniger Minuten glitt ich in einen tiefen Schlaf, während Obanai weiterhin still neben mir saß und Wache hielt.

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