68
Es war zu spät. Viel zu spät.
Ich hörte sie nicht, ich sah sie nicht, am Ende wusste ich nicht einmal, wer sie waren.
Ihre Gesichter hatte ich nie gesehen.
Aber vielleicht hätte es so viel verändert, vielleicht wäre alles anders gekommen, vielleicht wäre die Welt nicht über mir zusammengebrochen, wäre der Himmel nicht hinabgefallen, hätte mich nicht unter sich begraben, wenn ich nur richtig hingesehen hätte.
Aber ich tat es nicht. Ich sah nicht richtig hin. Und deshalb musste ich büßen. Für alles.
Ich warf einen nervösen Blick in Alecs Richtung, er schien nichts zu bemerken, runzelte die Stirn, sah mich verwirrt an, mein Herz pochte angstvoll auf, es war, als wären meine Beine gelähmt, als hätten sie vergessen, wie man sich bewegte, als würden sie mich strafen, wie mich alles andere in diesem Moment strafte.
Weil ich zu einem Monster geworden war. Und deshalb wurde mir mit einem Schlag alles genommen. Alles, bis nichts mehr übrig blieb.
Wie erstarrt blickte ich Alec an, der vollkommen verwirrt da stand, wir beide bewegten uns nicht, als hätte uns irgendetwas gelähmt, meine Beine zitterten, ich sah, wie Alec den Mund aufmachen wollte, sah, dass er etwas sagen wollte, sah, wie er meinen Wolf ansah.
Doch es war zu spät. Er erstarrte. Es war zu spät. Seine Augen weiteten sich. Es war zu spät. Einfach zu spät.
Und ich würde es nie, niemals vergessen, diesen einen Moment, der alles wegnahm, an dem ich mich bis dahin festgeklammert hatte, damit ich nicht unterging.
Es geschah wie in Zeitlupe. Und doch bewegte sich keiner von uns beiden.
Es war, als wäre die Welt einfach stehengeblieben.
Alles, auch wir. Alles, bis auf das grausame Teil, das mit einem lauten Surren die Luft durchschnitt.
Ein Geräusch, das ich niemals vergessen würde. Ein Geräusch, das sich in mich brannte, aufschreien ließ, wimmern, weinen, ächzen.
Und dann war da dieser Laut, dieser grässliche, dieser grausame Laut, der meine Ohren verbrannte.
Ein dumpfes, schmatzendes Geräusch, mein Wolf schrie auf, Alecs Augen weiteten sich, er sah mich voller entsetzen an, ein einziges, ein letztes Mal sahen mich diese sturmgrauen Augen an, sahen mich an, voller Angst, voller Schmerz, voller Panik, ich schrie und schrie, auch wenn man es nicht hörte, ich schrie.
Und dann sackte er zusammen. Sackte einfach zusammen, krachte ungehalten auf den Boden, sein Kopf donnerte gegen einen Stein, wurde in meine Richtung geschleudert, der Pfeil steckte mitten in seiner Kehle, das Blut blendete mich, ließ mich wimmern, schreien, toben.
Und seine stahlgrauen Augen sahen mich an, verspotteten mich, verhöhnten mich.
Denn der Sturm aus ihnen war verschwunden. Sie waren leblos. Vollkommen leblos.
Und ich schrie. Und ich weinte. Und ich flehte. Und ich tobte. Und das war der Moment, in dem mein Herz aufhörte zu schlagen.
Das war der letzte Atemzug, den ich jemals getan hatte.
In dem Moment, in dem das Leben aus diesem Jungen, diesem Ven verschwand, in dem Moment hörte das Leben der Aruna auf.
Es endete. Weil seines endete. Einfach so.
Alec war tot. Alec war einfach gegangen.
Alec... Nein... Alec...
Und Aruna hörte auf.
Meine Beine knickten ein, ein unheimlicher Schmerz ließ meine Kehle aufschreien, ich schrie nach ihm, rief lauter und lauter, seine leblosen Augen quälten mich, ich warf den Kopf in den Nacken, heulte auf, mein Puls stockte, meine Augen wurden blind, ich sah nichts mehr, mein Mund wurde stumm, ich konnte nichts mehr sagen, konnte ihn nicht mehr bewegen, meine Ohren wurden taub, ich konnte nichts mehr hören, all meine Sinne hörten einfach auf.
Ich hörte auf.
Den in dem Moment, in dem Alec starb, starb auch ich.
Ich verschwand. Das Leben verschwand. Die Welt verschwand.
Ich hörte nicht mehr, wie die Angreifer mit höhnischem Gelächter auf uns zukamen, ihre Beute begutachteten.
Denn ich starb.
Und das letzte, was ich jemals gesehen haben sollte, waren diese Augen, diese stahlgrauen Augen, die mir so viel bedeutet hatten, dass ich es nicht verstand, einfach nicht verstehen konnte, nicht verstand, warum sie mein Herz glücklich hatten springen lassen.
Doch als ich sie das letzte Mal sah, das letzte Mal bis in die Ewigkeit, das Letzte, was ich überhaupt jemals sehen sollte, waren sie leer.
Starr.
Kalt.
Und der Sturm war abgeklungen und er tobte nicht mehr und er brüllte nicht mehr und er liebte nicht mehr.
Denn dieser eine Tag im Spätsommer, irgendwo in Nebraska, irgendwann am Nachmittag, als die Sonne beinahe die Erde küsste, als das Gold langsam den Himmel schmückte, als das Blutrot in ihm seinen stummen Tanz tanzte, als die Vögel zu ihrem nächtlichen Konzert einsetzten, als die Bäume langsam zu ihm tanzten, als der Wind immer mehr abflaute, als irgendwo Kinder lachten, irgendwo neues Leben geboren wurde, irgendwo gefeiert wurde, irgendwo geliebt und geweint wurde, an diesem Tag starben Alecsander Venatores und Aruna die Rote.
Sie starben im Stummen, sie starben zusammen und nie sollte jemand erfahren, was mit ihnen geschehen war.
Und nie würde jemand die Geschichte der beiden erfahren, sie würde unerzählt, ungeschrieben bleiben.
Weil sie starben, in irgendeinem Wald in Nebraska, an irgendeinem Fluss in Nebraska.
Da starben sie.
Hey. Ja... Was soll ich sagen? So geht es also zu Ende... Das war wirklich nicht einfach zu schreiben, nach all der Arbeit, die ich da rein gesteckt habe, aber alles schöne muss doch auch mal ein Ende haben, oder? Okay, ehm, gut... April April xD
Oh mein Gott, ich fühle mich so schlecht, haha xD Aber das musste jetzt einfach mal sein, jaa, ich weiß wie gemein und schlecht das war, aber es hat enfach viel zu viel Spaß gemacht, das zu schreiben. Sorry Leute, hasst mich jetzt bitte nicht, ich gehe mich zu Vorsicht jetzt aber trotzdem mal verstecken xD Ehm, tschüss, Frohe Ostern und viel Spaß beim richtigen Teil xD
LG
Alou :)
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Alarmiert stellten sich meine Ohren auf, ich wusste nicht, was es war, doch dieses merkwürdige Gefühl überkam mich einfach, nahm mich ein, wie eine kalte Winterbriese, warnte mich.
Alec runzelte die Stirn, sein Blick fiel auf das Profil meines Wolfes, ich hatte nicht einmal bemerkt, wie sich mein gesamter Körper angespannt hatte, hob meinen Kopf, jederzeit bereit, loszusprinten, wenn ich auch nur das leiseste Geräusch hören sollte.
Besorgnis trat in Alecs Gesicht.
»Aruna?«
Fragend sah er mich an, horchte auf, wie ich es tat, doch aus irgendeinem Grund spürte er es nicht, wie ich es spürte.
Ganz langsam schüttelte ich den Kopf, meine Ohren zuckten, meine linke Pfote tippte nervös auf den Boden.
»Hol meine Sachen Alec. Das Amulett, Allys Kette.«
Ich wusste nicht, warum ich wollte, dass er sie holte, es war einfach dieses dringende Bedürfnis, als müssten sie jetzt unbedingt bei mir sein.
Verwirrt runzelte Alec die Stirn, doch als er die Dringlichkeit in meinen Augen sah, lief er einfach los.
Und da ertönte er. Ließ alles für einen Moment stehen bleiben, ließ die Welt stocken, ließ mein Herz stocken, ließ Alec stocken, für einen Moment vergaß ich das Atmen.
Ein ohrenbetäubender Knall, der einen durch Mark und Bein ging, es war, als würde er den ganzen Boden erzittern lassen, ich ächzte auf.
Und dann war da dieser Schrei. Jemand schrie. Laute Stimmen.
Adam.
Ed.
Ich wusste nicht wieso. Eigentlich war es das absolut Dümmste, was ich hätte tun können, das absolut Leichtsinnigste, das absolut Gefährlichste.
Ich hätte herumwirbeln müssen. Meine Instinkte hätten mich beflügeln müssen, hätten meinen Wolf zur Flucht zwingen müssen.
Doch das taten sie nicht. Denn wenn Ed oder Adam in Gefahr waren, musste ich helfen, konnte einfach nicht weg.
Sie hatten uns geholfen, sie hatten uns bei sich schlafen lassen, Adam hatte mich trotz meines Wolfes nicht verraten.
Und deshalb schuldete ich ihnen etwas.
Mein Wolf handelte einfach. Alec sah mich entsetzt an, wollte den Kopf schütteln. Doch ich ignorierte ihn.
Und dann sprintete ich los, genau auf das wilde Stimmengewirr zu.
Sie mussten bei Eds Haus sein, mein Herz raste, Alec rief beinahe verzweifelt nach meinem Namen, ich sprang über einen umgefallenen Baumstamm, jede einzelne Faser meines Körpers bis aufs äußerste gespannt, die Farben verschwammen, ich hörte Alec laut fluchen, konnte nicht mehr sehen, was er tat, doch dann hörte ich seine donnernden Schritte über den Waldboden.
Er rannte. Aber er war nicht so schnell wie ich, war nicht so schnell wie ein Lykanthrop, nicht so schnell wie ein Noviz.
Und nicht so schnell wie Aruna, die rote Wölfin.
Ich hörte, wie er meinen Namen rief, streckte meinen Kopf weiter und weiter durch, wich einem Baum aus, hechtete zwischen den Tannen hin und her, sprang über einen Findling, meine Sprünge wurden größer und größer, das Stimmengewirr kam näher, erst einen Überblick über die Lage verschaffen, ermahnte ich mich selbst, der Wind jaulte in meinen Ohren, ich konnte nicht hören, was gesagt wurde, mein verdammt dummer, mein so unendlich leichtsinniger Kopf verstand in diesem Moment einfach nicht, in was für eine Gefahr ich mich begab, Alec wusste es, Alec schrie, Alec brüllte, doch ich hörte es kaum.
Mein Kopf schien sich ausgeschaltet zu haben.
Helfen.
Das war das einzige, woran ich denken konnte. Weil ich ein verdammter Dummkopf war.
Und ich bemerkte es zu spät, viel zu spät, war so unglaublich unwachsam, obwohl ich diese Wachsamkeit doch gerade jetzt so dringend gebraucht hätte.
Alec entfernte sich weiter und weiter, ich wurde schneller und schneller.
Und ich sah sie nicht. Bemerkte sie einfach nicht. Weil ich ein verdammter Idiot war.
Und dann geschah alles einfach ganz schnell, so unendlich schnell, ich hatte keine Sekunde, keinen Atemzug Zeit, auch nur irgendetwas zu tun.
Mit einem heftigen Ruck, der mir jeglichen Atem raubte, presste sich etwas um meinen Hals, ich winselte auf, wurde zurückgeschleudert, die Schlinge um meinen Hals zog sich zu, ich krachte gegen einen Baum, ein heftiges Donnern ertönte, der Baum schwankte gefährlich, irgendetwas knackte, mein Kopf wurde in die Höhe gerissen, ich konnte Alec nicht mehr schreien hören, meine Augen verdrehten sich nach hinten ein heftiger Schmerz entflammte in meinem Rückgrat.
Und dann war ich weg. Glaubte ich zumindest. Für einen Moment wurde alles schwarz.
Denn, als ich langsam wieder zu mir kam, spürte ich, wie mein erschlaffter Körper über den Boden geschliffen würde, mein Kopf krachte gegen einen Baum, ich winselte, höhnisches Gelächter, sie redeten miteinander, ich konnte nicht verstehen, was sie sagten, mein Herz schlug immer panischer, die Schlinge um meinen Hals brannte sich Stück für Stück in meine Haut.
Silber.
Und da fing mein Körper an zu zittern. Nein. Er bebte. Nein. Ich erschauderte.
Ich wollte schreien, wollte rennen, wollte fliehen, wollte nie, nie wieder erleben, was ich einst erlebt hatte.
Doch sie hatten mich gefangen. Ven.
Und ich war so unendlich dumm.
Mit einem plötzlichen Ruck hielten wir an, jemand trat in meine Rippen, ich rollte zur Seite, war für den Moment vollkommen bewegungsunfähig, ein Wimmern verließ meine Kehle, wieder höhnisches Gelächter.
Und dann ein entsetzes Keuchen. Eine panische Stimme. Adam?
Langsam klärte sich alles wieder.
»Nein! Das könnt ihr nicht tun! Das könnt ihr nicht tu- !«
Ein heftiger Knall, Adam wimmerte gepeinigt auf, jemand musste ihn geschlagen haben und dann ertönte plötzlich eine rasende Mädchenstimme.
»Ich schwöre dir Bull, du fetter, ekelhafter Sack, wenn du ihn noch einmal anrührst, schlag ich dich grün und blau, bis du dir wünschst, niemals geboren worden zu sein.«
Mein Atem ging rasend schnell, meine Brust hob und senkte sich, hastiger, immer hastiger, ich wagte es nicht, meine Augen zu öffnen.
Ich zuckte zurück. Florence die Arschgeige. Vermutlich.
Meine Lider flatterten, ich zwang mich, meine Augen zu öffnen, mein Puls raste und raste und wollte nie wieder aufhören, das Blut rauschte in meinen Ohren.
Dann öffneten sich meine Augen langsam, mein Wolf ächzte, der Schmerz an meinem Hals bäumte sich langsam immer weiter auf, wurde unerträglich, zunächst drehte sich alles, ich wusste nur, dass ich mitten auf Eds Hof liegen müsste.
Und dann wurde langsam alles klarer und klarer.
Ich lag mit dem Gesicht zum Haus.
Ed stand vollkommen geschockt da, vollkommen erstarrt, sah mich nicht einmal, seine Augen waren weit aufgerissen, während er sich an einem der Stützpfosten der Veranda festhielt.
Sein Blick war starr auf eine Frau gerichtet, die ihn ebenso intensiv anstarrte, ihre Hände zitterten, das Haar schien zerzaust.
Das musste Adams Mutter sein.
Ich blinzelte heftig, dann fiel mein Blick auf Adam.
Er stand vor der Veranda, seine linke Gesichtshälfte schien angeschwollen, er wirkte unglaublich verzweifelt, neben ihm stand ein hochgewachsenes, brünettes Mädchen, mit beinahe katzenhaften Augen, die ihm behutsam eine Hand auf die Schulter legte und einem stämmigen, pickligen Junge einen so unendlich vernichtenden Blick zuwarf, dass es einem das Blut in den Adern gefrieren ließ.
Der Junge mit dem mausgrauem Haar stierte wütend zurück, warf Adam einen beinahe... eifersüchtigen Blick zu, während er die Pistole in seiner Hand kreisen ließ.
Er musste geschossen haben. Das musste der Knall gewesen sein.
Aber auf wen? Auf wen hatte er geschossen?
Und erst, als ich das Einschussloch in der Holzverkleidung des Hauses, knapp neben Adams Schulter sah, wurde es mir bewusst.
Ich ächzte auf, mein Hals brannte, meine linke Vorderpfote schmerzte höllisch, meine Haut war aufgeschürft. Halleluja...
Und langsam übernahm die Angst weiter und weiter.
Aber am schlimmsten waren die umstehenden Ven.
Mindestens zwei Dutzend von ihnen, sechs standen höhnisch grinsend um mich herum, starrten auf mich hinab, ragten über mir auf, unheilverkündende, bullige Schemen, ich zuckte zurück, als einer neben mein Gesicht spuckte, als wäre ich ein Stück Dreck, blinzelte heftig, versuchte mein Gesicht etwas zu drehen, damit mein gesundes Auge besser sehen konnte, doch sobald ich mich bewegte, wurde mit einem heftigen Ruck an der Schlinge um meinen Hals gezogen, die an irgendeiner Stange hing, ich keuchte auf, mein Kopf wurde hinauf gerissen, ich wimmerte, für einen Moment verdrehten sich meine Augen erneut, ich hörte Adam leise flehen und dann trat plötzlich eine Person genau vor mich.
Ich schaffte es nicht, aufzusehen und plötzlich spürte ich diesen brennenden Schmerz in meinen Rippen, mein Herz raste, ich keuchte auf, der Tritt kam unerwartet und heftig, es knackte, ich wimmerte, Gelächter.
Und dann eine hohe, kalte Stimme, die alles erfrieren zu lassen schien.
»Sieh mich gefälligst an!«
Ich blinzelte heftig, die Sonne brannte in meinen Augen, lachte höhnisch auf mich hinab, meine Augen tränten, innerlich schrie ich bettelte ich, rief nach Alec, dieses Mal musste er mich doch hören, er musste, er konnte mich nicht alleine lassen, nicht schon wieder, nicht schon wieder...
Und dann sah ich sie.
Die Frau in Schwarz.
Ein Name, der mir beinahe Augenblicklich durch den Kopf geschossen war, kaum hatte ich sie erblickt.
Ihre unendlich dunklen Augen bohrten sich in mich, fesselten mich, folterten mich allein mit ihrem Blick, schienen so unendlich kalt und ich wusste nicht, ob es an meiner Benommenheit lag, oder ob man ihre Pupillen wirklich nicht sehen konnte.
Ihr Gesicht wirkte, als könne man sich an jedem einzelnen Milimeter schneiden, ihre Wangenknochen wirkten scharf, ihr Kiefer, ihre Nase.
Und ihre Haut schien so blass, so unendlich blass, dass sie kaum lebendig wirkte.
Das tiefschwarze Haar hatte sie streng zurückgebunden, die Praes erstrahlten dunkel auf ihrer Haut, leuchteten beinahe, genau wie der schwarze Hosenanzug, den sie trug.
Und dann war da diese Kette.
Ich verstand es nicht, verstand es absolut nicht, begriff es einfach nicht. Sie lag auf einer vernarbten Stelle Haut, die sich klar von ihrem Dekolleté abhob, beinahe rot glühte.
Denn die Kette, der schwarze Stern, war aus purem Obsidian. Obsidian, der ihre Haut verbrannte.
Warum?
Völlig gefühlslos schaute sie auf mich herab, wieder überkam mich eine Welle des Bebens, ich atmete schwer, konnte einfach nicht verhindern, dass sich meine Augen angstvoll weiteten, alles an dieser Frau schrie pure Gefahr, die höhnischen Blicke der anderen brannten sich in meine Haut.
Einerseits betete ich in diesem Moment, dass Alec kommen würde, dass er mich retten würde, andrerseits wünschte ich, er würde sich einfach umdrehen, mir den Rücken zuwenden, rennen und rennen und rennen und rennen, damit sie ihn nicht erwischen konnten.
Ich meine, was, wenn sie ihn als Feind ansahen? Was, wenn sie ihn als den Ven erkannten, der von Little Falls abgehauen war, um einen vermaledeiten Lykanthropen zu retten?
Vollkommen abschätzig blickte die Frau auf mich hinab, sah mich an, als hätte sie nie etwas Wertloseres gesehen. Ihre Augen wirkten tot. Vielleicht waren sie tot.
»Das ist also der Wolf, den du vor uns versteckt hast, Frischling?«
Selbst ihre Stimme war kalt.
Eisig kalt.
Als könne ihr bloßer Klang Personen entzwei reißen, es machte mir eine heiden Angst. Die Frau in Schwarz machte mir Angst.
Ich sah, dass Adam zitterte, Florence hielt seinen Arm fest umklammert, warf Bull einen warnenden Blick zu, nicht gewillt von der Seite ihres Ami zu weichen.
»J-Ja... also... aber...«
Die Frau in Schwarz hob eine Hand, sofort verstummte Adam.
Und dann traf ihr eisiger Blick wieder auf mich.
Mein Atem stockte, mein Herz stolperte, die Panik wallte auf, weiter und weiter, ich wollte mich einfach nur verstecken, rennen, laufen, fliehen, diese Frau, diese eiskalte Person nie, niemals wieder sehen.
Alec, dachte ich verzweifelt, als könne er mich hören. Doch es regte sich keine Person im Schatten der Bäume, keine Person kam hervorgehechtet, keine Person war da.
Ich hörte keinen hektischen Herzschlag, keine schnellen Schritte, keinen abgehackten Atem.
Ich war alleine. Vollkommen alleine. Wieder. I
ch lag zitternd auf dem Boden. Verletzt. Wieder.
Und sie sahen auf mich herab, die Verachtung stand ihnen mehr als klar in den Augen. Ich wusste, wie sehr sie mich hassten. Wieder.
Für einen Moment noch betrachtete die Frau mich, meine Brust hob und senkte sich hektisch, ich wagte es nicht einmal, auch nur zu versuchen, mich aufzurichten, fürchtete mich viel zu sehr vor der Silberschlinge um meinen Hals, die sich langsam aber sicher in meine Haut brannte.
Und dann hob sie plötzlich ihren brennenden Blick, richtete ihn auf einen der Männer um mich herum, der sich beinahe augenblicklich komplett anspannte und sich vollkommen gerade hinstellte, ich konnte nicht ausmachen, ob er atmete, als hätte er Angst, auch nur irgendeine falsche Bewegung zu machen.
Sie drehte den Kopf zur Seite.
Und da war es. Sie war keine dreier Kombination. Die römische eins erstrahlte an der linken Seite ihres Halses.
Aber sie war der Duc.
Die Frau in schwarz war der Duc.
Ein Duc, der auf mich hinab sah, wie es Alecs Vater getan hatte.
Und mein Körper bebte, mein Körper zitterte, mein Körper schrie.
Meine Pfote zuckte, ich wollte rennen und konnte mich doch einfach nicht bewegen.
Es wiederholte sich. Alles. Es wiederholte sich, es wiederholte sich, es wiederholte sich.
Nein.
Und ich konnte es nicht verhindern, ich wollte es nicht, wollte mit aller Macht dagegen ankämpfen. Aber es ging nicht. Es ging einfach nicht.
Ich wurde wieder zu diesem kleinen, zitternden Mädchen, das vergessen hatte, wie man sprach oder lief, wie man sah oder atmete.
Ich wurde wieder zu Ary.
Das Zeichen des Duc brachte alles zurück, alle Erinnerungen, alle Gefühle, die ich um jeden Preis hatte verdrängen wolle, alle Ängste, alle Albträume.
Und dann konnte ich nichts mehr tun, war vollkommen Bewegungsunfähig.
Ich zitterte, ich bebte.
Und mein Blick richtete sich stumm nach vorne, kein einziges Mal blinzelte ich. Ich hatte vergessen, wie es ging. Hatte einfach alles vergessen.
Wo waren wir? Ich wusste es nicht, in dieser Sekunde wusste ich es nicht. In dieser Sekunde, für diesen einen Moment wusste ich nichts mehr.
Miteinem Mal prasselte alles auf mich ein.
Und dann war ich nicht mehr ich. Nur ein zitterndes Häufchen Elend, das nichts konnte. Nichts war.
Die Frau in Schwarz gab den Männern irgendein Zeichen, sie traten ohne zu zögern zurück, ich zitterte, mein Herz stolperte, schmerzte, ich wimmerte, rollte mich zusammen, wie ein kleiner Welpe, jemand trat gehässig nach mir, höhnisches Lachen, die Frau hob ihre Hand.
Sofort verstummten sie.
Und ich fühlte mich klein, so unendlich, so unsagbar klein.
Und dann machte sie plötzlich einen Schritt, ich zuckte zusammen, wimmerte, presste für einen Augenblick die Augen zusammen.
In dem Moment war ich nicht die Aruna, die ich sein sollte. Um genau zu sein war ich niemand.
Ich war das Mädchen, geboren in Angst und Schmerz und Dunkelheit.
Die Frau machte einen weiteren Schritt und noch einen und noch einen, lief langsam, ganz langsam um mich herum, wie ein Raubtier, dass seine Beute betrachtete, ihre tiefschwarzen Augen wirkten so unendlich leer, so unendlich eisern.
Sie raubten mir jeglichen Atem.
Und ich wusste nicht, wie oft sie es tat, wie oft sie um mich herum schritt, mich betrachtete, musterte von allen Seiten. Ich wusste nur, dass sich jeder einzelne Blick siedend heiß in meine Haut brannte, mich wimmern ließ, wie das Silber um meinen Hals.
Jeder einzelne Schritt ließ mein Herz langsamer und langsamer schlagen, bis ich nicht mehr wusste, ob es sich überhaupt noch bewegte.
Ich hatte nicht einmal bemerkt, wie die Stange, an der die Silberschlinge hing, losgelassen worden war.
Ich hätte rennen können. Ich hätte aufspringen können, hätte doch wenigstens versuchen müssen, zu fliehen. Aber ich war ein Mädchen aus Stein und Eis. Voller Angst. Verloren.
Und dann blieb die Frau mit einem Mal wieder stehen, genau vor meinem Kopf. Ich wollte mich wegducken, wegsehen, die Augen zusammenpressen.
Doch ich konnte nichts tun. Nichts.
Es war, als hätten mich ihre Blicke gefesselt. Und ich bewegte mich nicht.
Adam wimmerte irgendetwas, ich hörte es nicht und dann wurde es still auf dem Hof, so unendlich still.
Sie starrten ihren Duc gespannt an, warteten auf ihr Urteil, warteten auf Befehle.
Warteten mit gieriger Grausamkeit, mit gieriger Ungeduld. Denn sie wollten mir wehtun. Das wusste ich. Jeder wollte mir wehtun.
Bei der nächsten Bewegung der Frau in Schwarz, zuckte ich so heftig zusammen, dass ein erstickter Laut meine Kehle verließ.
Sie beugte sich zu mir hinab, ich erzitterte, hielt die Luft an, ihre eiskalten Augen ruhten auf mir, ließen mich in Flammen aufgehen und doch tobte dieser grausame Eissturm um mich herum, hielt mich gefangen.
Ich wollte nicht wissen, was sie tat, wollte fliehen, konnte mich nicht bewegen.
Und dann berührte sie mich, ihre Augen starr auf meinen Kopf gerichtet.
Ich zuckte wimmernd zusammen.
Doch was sie tat, war nicht, was ich erwartet hätte. Sie schlug mich nicht. Sie spuckte nicht auf mich hinab.
Sie strich über meinen Kopf.
Ihre langen Finger berührten federleicht mein Fell, beinahe behutsam strich sie über den weißen Fleck auf meiner Stirn.
Und ich verstand es nicht, verstand es einfach nicht.
»Jetzt bist du ganz zahm, kleiner Wolf.«
Ihre Stimme klang beinahe wie ein Singsang, war samtig, war weich, ließ mich erschaudern, ich verstand es nicht, verstand es einfach nicht, wusste nicht, was hier geschah.
Es war totenstill auf dem Hof, keiner sagte ein Wort, mein Hals brannte.
Und die Frau in Schwarz strich über meinen Kopf, einmal, zweimal, dreimal, ließ mich erschaudern, schlug mich nicht.
»Dann sind sie immer ganz zahm«, flüsterte sie, ein freudloses Lächeln erschien auf ihren Lippen, ihre Stimme passte nicht zu ihrem Gesicht, sie war samtig weich, ihr Gesicht war eisig, vollkommen emotionslos. Gnadenlos.
Und dann hielt ihre Hand plötzlich inne, meine Brust hob und senkte sich hektisch, meine Augen rotierten panisch in ihren Höhlen.
Und dann, ohne Vorwarnung, vollkommen plötzlich, mit solch einem Ruck, dass sich alles begann zu drehen, schnellte ihre Hand zu meiner Kehle, ich jaulte gepeinigt auf, ihre langen Nägel bohrten sich tief in die empfindliche Haut an meinem Hals, ich spürte das warme Blut, konnte nichts machen, ein heftiger Ruck fuhr durch meinen Körper und mit einem Mal wurde ich hochgezogen, mein Herz setzte aus, ich bekam keine Luft mehr, ihre Hand schloss sich um meine Kehle, vollkommen mühelos hob sie mich in die Luft, meine Gliedmaßen zuckten unkontrolliert, für einen Moment verdrehten sich meine Augen nach hinten, ich ächzte gepeinigt auf, Adam flehte wimmernd, sie würgte mich, raubte mir jeglichen Atem, ihre tiefschwarzen Augen waren vollkommen kalt auf mich gerichtet, jetzt bekam das Lächeln Ausdruck.
Grausamkeit. Ich sah die Grausamkeit in ihm.
Und langsam begannen die schwarzen Punkte vor meinen Augen zu tanzen, ich wollte etwas tun, wollte mich bewegen, wollte knurren, sie angreifen, rennen, fliehen, laufen.
Aber ich konnte nichts machen. Sie hatte mich gefesselt. Und nun hatte ich nicht einmal mehr die Kraft, etwas dagegen zu tun.
Ein leichter Wind kam auf, sonst wäre er vielleicht schön gewesen, spätsommerlich, kühl, aber nicht zu kalt.
Jetzt war er einfach nur grausam, bohrte sich in meine Haut wie dutzend kleine Dolche, ließ mich erzittern, wimmern, kleiner und kleiner werden.
Und die Frau in Schwarz betrachtete mich mit grausamer Zufriedenheit. Dann lachte sie auf, als hätte sie einen Witz mit einer alten Bekannten gerissen.
»Stimmts Bull?«, höhnte sie mit glockenklarer Stimme, während mein Körper zuckte, meine Augen sich weiter verdrehten, ich keine Luft mehr bekam, einfach nicht mehr atmen konnte und mich doch nicht wehrte.
»Dann sind sie immer ganz zahm.«
Bull lachte dümmlich, die schwarzen Punkte drohten Überhand zu nehmen, ich winselte gepeinigt auf, mein gequälter Laut schien den gesamten Hof einzunehmen, sie lachten höhnisch.
Und ich wusste, gleich würde ich untergehen, gleich würde mich die Dunkelheit gefangen nehmen.
Die Frau in Schwarz wollte etwas sagen, ihr Mund öffnete sich, ich wusste nicht, warum ich es nicht gespürt hatte, vermutlich wegen dem Mädchen aus Stein und Eis, vermutlich, weil ich kurz davor war, einfach zu verschwinden.
Doch hören, hören tat ich es.
Es kam so plötzlich, dass niemand reagieren konnte. Nicht einmal die Frau in Schwarz.
Niemand hatte es bemerkt.
Für den Bruchteil einer Sekunde erfüllte ein Surren die Luft, niemand tat etwas, der Pfeil schnellte an mir vorbei, die Frau keuchte auf und dann krachte ich plötzlich zu Boden, das Geschoss schlug knapp neben sie ein, mit einem dumpfen Geräusch donnerte mein Körper zu Boden, vollkommen schlaff, mein Kopf stieß gegen einen Stein, die schwarzen Punkte tanzten und tanzten und dann sah ich ihn plötzlich.
Alec.
Mein Herz machte einen verräterischen kleinen Sprung und im gleichen Moment durchzuckte mich ein fürchterlicher Schmerz.
Ich hatte uns beide in Gefahr gebracht.
Er stand da, war zwischen den Bäumen des Waldes hervorgetreten, ein gespannter Bogen in seinen Händen, sein Blick war starr auf die Frau in Schwarz gerichtet, genau wie der Pfeil, sein Körper war vollkommen ruhig, die Frau sah ihn beinahe entsetzt an, der Wind wehte ihm die Strähnen seines dunklen Haares aus dem Gesicht.
Und dann, für den Bruchteil einer Sekunde, fiel sein Blick auf mich, auf meinen bebenden, zusammengekauerten Körper, auf den Strick um meinen Hals.
Und erst da sah ich den Sturm in seinen Augen, die Gefühle, die er so unendlich schlecht unterdrücken konnte.
Sorge. Angst. Er hatte Angst um mich.
Ich wollte etwas tun, mein Herz pochte schmerzhaft auf, wollte ihm sagen, dass es mir gut ging, irgendwie wollte ich ihm das versichern, doch ich konnte einfach nichts tun, das Silber ließ mich wimmern.
Und dann schnellte sein Blick wieder zu der Frau in Schwarz, während die Ven ihn alle vollkommen erstarrt ansahen.
Da trat die Kälte in seine Auge, unendliche Kälte, die alles erstarren ließ, Hass, purer Hass, wie ich ihn niemals gesehen hatte, Verachtung, die alles stehen ließ.
Es war, als würde er den Bogen noch weiter spannen, jeder einzelne Muskel in seinem Körper war angespannt, seine Hände schienen vollkommen ruhig, zitterten kein bisschen, seine Füße standen genau richtig, seine Haltung schien so unendlich geübt.
Er war ein Krieger. Und das zeigte er. Mit jedem weiteren, vollkommen ruhigem Atemzug.
Und dann ertönte seine Stimme, eisern, so unendlich kalt, so unendlich voller Hass.
»Keiner. Rührt. Sie. An.«
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