34
Ich wusste nicht, wie viel Zeit verging, konnte es ehrlich nicht sagen und war gleichzeitig unglaublich erleichtert, dass Siren nicht auf die seltendämliche Idee kam, Alec hinterherzurennen.
Also ich an ihrer Stelle würde mich in einer dunklen Ecke verkriechen und nie wieder herauskommen, ehrlich.
Und dann verfinsterte sich Alecs Miene plötzlich.
Hilfe.
»Davis«, knurrte er, alles an ihm spannte sich an.
Ich holte tief Luft, plapperte, bevor ich es verhindern konnte.
»Ich hab euch nicht belauscht!«
Gott. Wie konnte man denn so verdammt dumm sein?! Jetzt mal ehrlich.
Fand anscheinend auch Alec.
Wütend zog er die Augenbrauen zusammen, seine Hände ballten sich zu Fäusten.
Oh ja super, ein wütender Ven.
Ich bemühte mich wirklich, möglichst ahnungslos auszusehen, während ich mich langsam an der Wand hochdrückte, allerdings schien das Alec nur noch wütender zu machen.
»Ich frage mich«, knurrte er, als er einen Schritt auf mich zutrat, »ob es dir Spaß macht, mir hinterherzuspionieren.«
Konnte die Treppe nicht einfach nachgeben? Und ich in ihr versinken? Bitte?
»Ich spionier dir nicht nach«, stotterte ich und schallt mich dann selbst, gefälligst nicht so ängstlich zu klingen. So schuldbewusst.
Schnaubend verschränckte ich die Arme vor der Brust und noch ehe er etwas erwidern konnte, sprach ich weiter.
»Ich habe hier bloß auf dich gewartet. Was kann ich denn dafür, wenn ihr euch so laut unterhaltet?«
Auffordernd funkelte ich ihn an, er funkelte zurück.
»Achja? Und du wartest normalerweise immer halb auf dem Boden liegend, ja?«
Ich verdrehte die Augen, wusste allerdings keine Antwort darauf.
»Geht dich nichts an«, murmelte ich erwachsen wie eh und je, dann fiel mir etwas ein.
»Außerdem, macht es dir vielleicht Spaß, immer über mich zu reden?!«
Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich gedacht, Alec wäre beinahe unmerklich zurückgezuckt.
»Was hast du gehört?«, zischte er, verengte die Auge zu schlitzen und plötzlich stieg die Hitze in meinen Kopf.
Erst jetzt realisierte ich wirklich, was Siren da alles von sich gegeben hatte.
Das Alec mich mochte und...
Du meine Güte...
»Hauptsächlich Schwachsinn«, nuschelte ich und senkte den Kopf, damit er nicht sah, wie rot ich wurde.
Früher war ich nie rot geworden, aber Alec war ja der Meinung, er müsste mein Leben komplett umkrempeln.
Ich war mir sicher, dass Alecs nächsten Worte nicht für mich bestimmt waren, doch da unterschätzte er wohl meine Lykanthropen Fähigkeiten.
»Geht mir genau so«, murmelte er grimmig und plötzlich tauchten die Bilder in meinem Kopf auf.
Siren und er, wie sie... Ich wollte es mir nicht vorstellen.
»Ich sag es auch niemanden«, murmelte ich irgendwann, nachdem Alec es wohl offensichtlich nicht für nötig hielt, mir zu antworten.
Hatte ich das nicht letztens erst gesagt?
Naja, jedenfalls sah Alec ruckartig auf, so dass ich erschrocken einen Schritt zurück machen wollte, doch leider war da die Treppe.
»Was sagst du niemandem?«, fauchte er und funkelte mich zorning an.
Meine Augen weiteten sich, meine Ohren brannten.
»Eh«, machte ich äußerst intelligent.
»Also, das...«
Verdammt musste der Idiot mich denn so quälen?!
Um ehrlich zu sein konnte ich mir dutzende andere Sachen vorstellen, an dich ich lieber denken würde, als an Alec, wie er irgendein anderes Mädchen küsste. Ehrlich.
Außerdem war ich in dieser Hinsicht wohl noch ziemlich kindisch. Jetzt zum Beispiel hätte ich mir am liebsten die Ohren zugehalten, die Augen zugekniffen und laut »alle meine Entchen«, angestimmt, einfach, um Alec nicht mehr sehen zu müssen.
Ich räusperte mich nervös, mein Blick glitt hinab zu seinen Lippen, die er im Moment fest aufeinander gepresst hatte und allein bei dem Gedanken, dass sie vor wenigen Minuten noch auf Sirens gelegen hatten...
Ich wusste nicht, woher die Gänsehaut kam. Ehrlich nicht.
Auffordernd sah Alec mich an, hob fragend eine Augenbraue, nachdem ich wohl nicht gerade unaufällig auf seine Lippen gestarrt hatte.
Ich verdiente echt ein Diplom. Ein Diplom der Dämlichkeit vielleicht.
»Und?«, knurrte Alec.
»Wie ist dein Befund? Herpes?«
Verdammt.
Konnte mein Gesicht mal aufhören so verdammt peinlich zu brennen?!
Hastig schüttelte ich den Kopf, meine Locken peitschten hin und her.
»Nein, ich meine...«, stammelte ich, warum zur Hölle machte mich dieser verdammte Idiot so nervös?!
»Ja, also...«, stotterte ich.
Das konnte ja wohl nicht wahr sein!
Wütend ballte ich die Hände zu Fäusten.
»Ich meine von Siren und dir, ist ja deine Sache... ich sag niemandem etwas...«
Und da schien Alec endlich zu verstehen.
Seine Augen weiteten sich, erst jetzt schien er richtig zu realisieren, dass ich alles mitbekommen hatte.
Er stockte, ich wollte am liebsten im Boden versinken und dann hörten wir plötzlich ein entrüstetes Schnauben.
Gleichzeitig wirbelten wir herum, erst jetzt realisierte ich, wie nahe Alec bei mir stand.
Wann zur Hölle war der denn so nahe gekommen?!
Naja, jedennfalls stand uns nun eine wutschnaubende Siren entgegen, die mich in diesem Moment vermutlich mit ihren bloßen Händen umbringen wollte.
Ihr brennender Blick lag auf mir, sie funkelte mich fuchsteufelswild an, als wäre ich etwas furchtbar Ekelhaftes, sodass ich kurz die Luft anhielt.
Tut mir leid, aber ich für meinen Teil wurde stutzig, wenn mich ein Ven so verdammt wütend ansah!
Doch dann traf Sirens Blick Alec, der leider nicht die Klarheit besaß, wenigstens ein bisschen von mir wegzutreten.
Verdammt Alec...
»Ich wusste es!«, knurrte Siren und wenn sie nicht so wütend geschaut hätte, hätte man beinahe denken können, in ihren Augen glänzten Tränen.
»Was?«, fragten Alec und ich unisono, was die Situation kein bisschen besser machte und als wir uns dann noch einen kurzen, überraschten Blick zuwarfen, explodierte Siren.
Wutschnaubend kam sie auf uns zu.
»Ich wusste, dass es wegen ihr ist!«, fauchte sie, ich zuckte verdutzt zurück.
Was zur Hölle?
Und erst da wurde mir bewusst, wie diese Situation für das Mädchen ausgesehen haben musste.
Ach du heilige Scheiße.
Unwillkürlich drückte ich mich noch enger an die Wand, in dem Moment erinnerte mich die Schwarzhaarige an einen wild gewordenen Stier und bei dem Blick, mit dem sie mich taxierte, war ich mir ziemlich sicher, dass sie mich umbringen wollte.
Ach du heilige Scheiße. Hilfe!
Doch noch ehe Siren auch nur in meine Nähe kommen konnte, trat Alec plötzlich vor mich und verschränckte die Arme vor der Brust.
Hä?
»Hör auf!«, knurrte er, während ich überrascht seinen breiten Rücken musterte.
Was tat er denn da?
Siren keuchte empört auf, doch Alec gab ihr keine Chance, einen weiteren Blick auf mich zu werfen.
Vielleicht war ich in diesem Moment ein Feigling, doch ich war ehrlich gesagt froh drum.
Wenn Siren wirklich vorgehabt hatte, mir die Kehle rauszureißen hätte ich mich immerhin kaum wehren können, ohne aufzufliegen.
»Ich versteh das nicht!«, rief Siren völlig außer sich, ich wollte am liebsten einfach nur noch verschwinden.
Alec rührte sich nicht vom Fleck, funkelte sie einfach warnend an.
»Ich verstehs nicht!«, krächzte sie erneut.
Na was verstehst du jetzt nicht?
Langsam war ich einfach nur noch verdammt genervt, wollte nur noch nach Hause.
Mit verschränkten Armen spähte ich an Alec vorbei - merkte nicht einmal, dass ich genau seine Gestik nachahmte - Siren war gezwungenermaßen stehengeblieben, doch wirkte immer noch wie ein wütender Stier.
Halleluja, Mädchen waren verrückt...
Zumindest die, die sich mit Alec abgaben.
Aber warte, tat ich das nicht eigentlich auch...? Aber ich war ja auch verrückt.
»Siren...!«, wollte Alec ansetzten, hatte ganz offenbar genau so viel Lust, hier zu sein, wie ich.
Die Ven unterbrach ihn allerdings wutschnaubend.
»Nein! Ich verstehe das nicht?! Was findest du an ihr? Ich meine sie ist doch nur eine... einfach nur...«
Sie wollte Inbec sagen, da war ich mir ziemlich sicher, allerdings schien sie noch genügend Klarheit zu besitzen, das nicht zu tun, was mich ehrlich gesagt ziemlich verwunderte.
Wenn sie nur wüsste, was ich wirklich war... dann würde sie nicht stehen bleiben...
Alec seufzte entnervt, ich atmete tief ein.
Wie lange sollte das eigentlich noch so weiter gehen?
Und dann entdeckte Siren plötzlich wieder mich, wie ich hinter Alec hervorlugte.
»Und sie ist ja noch nicht einmal besonders hübsch!«
Hey!
»Halt die Klappe«, knurrte Alec.
»Hey!«, beschwerte ich mich.
Doch Sirens Aufmerksamkeit galt nun wieder Alec.
»Was? Du findest sie also hübsch, ja?«
Oh man...
Dieses Mädchen war verrückt...
Liebe war verrückt... ehrlich... vollkommen verwirrend.
Alec konnte nicht antworten - was gut war, denn ich war mir ziemlich sicher, dass seine Antwort nein gewesen wäre und diese Peinlichkeit wollte ich mir dann doch ersparen - denn da wütete Siren einfach weiter.
Mittlerweile war ich mir ziemlich sicher, dass sie geisteskrank war.
»Sieh sie dir doch an!«, keifte sie, ich wollte ihr am liebsten eine reinhauen.
Nur, weil ich vielleicht nicht aussah, wie ein verdammtes Model, hieß das nicht, dass ich hässlich war!
»Es reicht jetzt!«, warnte Alec und ich fragte mich, warum er überhaupt mit ihr diskutierte.
Und da schien Siren genug zu haben.
»Sie ist ein Krüppel Alec! Falls es dir noch nicht aufgefallen ist! Diese widerliche Narbe, ihre Augen...!«
Autsch.
Autsch.
Verdammt. Nein. Fang jetzt bloß nicht an zu heulen.
Hör auf. Nicht.
Wenn du anfängst zu heulen hau ich dir eine rein!
Ein dicker Kloß bildete sich in meinem Hals, ich schluckte schwer, mein Blick richtete sich starr auf Alecs Rücken und für einen Moment hielt ich die Luft an, damit die Tränen nicht einfach ihren freien Lauf nahmen.
Ich wollte es nicht, wollte es wirklich nicht, doch Siren hatte eine Schwachstelle getroffen. Genau ins Schwarze. Sie kannte mich ja nicht einmal...
Krüppel.
Dieses Wort geisterte in meinem Kopf herum, waberte für einen Moment über unseren Köpfen.
Am liebsten wäre ich einfach hier und jetzt auf den Boden gesunken. Und nie wieder aufgestanden.
Und dann traf Alecs Blick plötzlich mich.
Ich wusste nicht, was das für ein Gesichtsausdruck war, mit dem er mich ansah, ich wollte angestrengt meine Tränen wegblinzeln, doch Alec war nicht blind.
Ich wollte aufrecht stehen, wollte ungerührt dreinblicken, ihn schulterzuckend ansehen.
Doch Alec war nicht blind.
Und dann schoss er mit einem Mal wieder herum, Siren stand weiterhin schnaubend da, er ballte seine Hände zu Fäusten.
»Verschwinde.«
Es war ein einfaches Wort. Ein Wort. Nicht mehr als ein Flüstern, doch trotzdem schien es die ganze Halle zu erfüllen.
»Was?«, entsetzt ließ Siren die Hände sinken, ich atmete tief durch und fühlte mich irgendwie nutzlos.
Toll Aruna, ist es schon so weit gekommen, dass du dich von einem Ven beschützen lassen musst?
Das ist erbärmlich, ehrlich...
»Du hast mich verstanden«, knurrte Alec gefährlich leide.
»Verschwinde.«
Siren schüttelte fassungslos den Kopf. Wäre ich nicht so sehr damit beschäftigt gewesen, in Selbstmitleid zu ersticken, wäre ich mit Sicherheit auch fassungslos über seine Worte.
»Ich glaub es nicht... du... sie...«, stammelte sie wirr.
Alec spannte sich noch mehr an.
»Es gibt kein du und sie Siren!«, knurrte er.
»Aber es wird auch kein ich und du geben!«
Und da verließ tatsächlich eine einzige Träne Sirens Auge.
Ach du heilige... Na Halleluja...
Konnten die das vielleicht unter sich ausmachen? Ich fühlte mich unglaublich fehl am Platz.
Und dumm nebendrein.
»Aber...«, hauchte das grünäugige Mädchen, doch Alec unterbrach sie, noch nie hatte ich gehört, wie er so eiskalt mit einem anderen Ven gesprochen hatte.
Irgendetwas musste ihn furchtbar wütend machen.
»Nein.«
Siren zuckte zurück, ich sah Alec ungläubig an.
So hatte ich ihn noch nie erlebt.
Und es war komisch, es war makaber, denn irgendwie, auf seine verquerte Alec-Art, verteidigte er mich.
Nicht Siren.
Er musste sie wirklich nicht gern haben...
Zumindest in diesem Moment.
»Verschwinde.«
Und selbst mich überkam eine Gänsehaut, seine Stimme schien einem durch Mark und Bein zu gehen, aus irgendeinem Grund zitterten meine Knie.
Siren keuchte. Und dann wirbelte sie herum. Sie rannte davon.
Und Alec atmete beinahe erleichtert aus.
Hey. Wieder ein sehr kurzes Kapitel, aber ich muss gleich zu einer Schulveranstaltung - praktisch genau jetzt - und wollte heute allerdings noch unbedingt ein Kapitel veröffentlichen, also hier ist es :)
LG
Alou
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