29

Noch ein letztes Mal sah ich zu Ben hinüber, der mit hängenden Schultern seinen Zeltgenossen folgte, dann seufzte ich und wand mich Lucy und Rose zu.

Lasset die Spiele beginnen...

Rose sah mich als erstes. Und genau in dem Moment brach das Zeltgestell zusammen.

Laut fluchend sprang Lucy zurück, Rose keuchte schmerzvoll auf, als eine der Stangen ihren Knöchel traf und sie hinfallen ließ.

Oh na super...

Ich beeilte mich, zu ihnen zu kommen und reichte Rose meine Hand, die sie dankend annahm.

»Alles in Ordnung?«, fragte ich vorsichtig, sie senkte den Blick und nickte schüchtern.

»Da bist du ja endlich«, meldete sich dann plötzlich Lucy zu Wort und verschränkte die Arme vor der Brust.

Augenverdrehend drehte ich mich zu besagtem Mädchen um, ließ Rose allerdings noch nicht los, da es so schien, als würde sie ihren Knöchel nur ungern belasten.

»Du hättest ja auch mal helfen können«, fauchte ich zurück und hoffte beinahe, sie würde mir einen triftigen Grund geben, ihr eine zu verpassen.

»Schon gut«, nuschelte dann plötzlich Rose mit leiser Stimme, ihre rehbraunen Augen immer noch auf den Boden gerichtet.

Dabei entging mir der scharfe Blick, den Lucy ihr zuwarf, nicht.

Ich runzelte die Stirn. Hier stimmte etwas nicht.

Ich schüttelte den Kopf.

»Nein. Du setzt dich jetzt erstmal hin und wir bauen so lange auf. Wenn dein Knöchel gleich noch wehtut, gehen wir zu McClair«, wies ich Rose an, die erstaunlich klein für ihr Alter war.

Unsicher blickte das Mädchen zu Lucy, die funkelte sie giftig an.

Rose schluckte schwer, doch noch bevor sie etwas sagen konnte, stellte ich mich vor sie und schirmte sie vor Lucys Blick ab.

»Und du hörst auf, sie so anzustarren!«, fauchte ich und wusste nicht, woher auf einmal dieser Beschützerinstinkt für das Mädchen kam.

Vielleicht, weil sie mich an Lupa erinnerte.

Lucy schnaubte und verdrehte die Augen.

»Schon gut, raste nicht gleich wieder aus du Verrückte.«

Ich ballte meine Hände zu Fäusten.

»Was hast du gesagt?«, knurrte ich bedrohlich leise, Lucy versuchte so zu tun, als würde ich sie nicht einschüchtern.

Ich wusste nicht, ob es gut war, dass sie Angst vor mir hatte oder nicht.

Die Brünette schüttelte einfach nur den Kopf dann wand sie sich dem Zelt zu.

»Hilfst du jetzt oder was?«, murmelte sie und sah mich abschätzig an.

Ich schnaubte nur und drehte mich zu Rose, die immer noch mit gesenktem Kopf da stand.

»Geht's?«, fragte ich, sie nickte stumm und setzte sich auf die Wiese.

»Ich bin übrigens Aruna.«

Vorsichtig sah sie auf und versuchte sich an einem kleinen Lächeln.

Und ich fragte mich, wovor sie so sehr Angst hatte.

Vor Lucy? Ich schwör's euch, irgendwann schlag ich das Mädchen grün und blau.

»Rose«, antwortete sie schließlich leise und traute sich dann nicht mehr mich anzusehen.

Ich seufzte und drehte mich wieder zu Lucy um, die in eben diese Moment die Stangen, die man als letztes in die Laschen steckte, versuchte ineinander zu schrauben.

Ohne wirklichen Erfolg, immerhin gehörten sie ja auch nicht wirklich zusammen.

Mir schwante jetzt schon, wer die meiste Arbeit machen würde...

Ich hatte schon oft Zelte aufgebaut, gemeinsam mit Ylva und Fenris oder Cole, Eza, Liam und Lily hatte ich früher oft am Wochenende beispielsweise in den Rocks gezeltet.

Ich stemmte die Arme in die Hüfte und beobachtete mindestens zwei Minuten lang, wie Lucy die Stangen wütend gegeneinander schlug.

Das Mädchen sah nicht nur blöd aus - okay, das war eigentlich gelogen, Lucy war wohl diese Art Mädchen, die man gerne ansah - sondern war es auch.

»Du machst das falsch«, kommentierte ich irgendwann, nachdem ich mir das Trauerspiel nicht mehr länger ansehen konnte.

Entnervt knurrte Lucy auf und pfefferte die Stangen auf den Boden.

»Dann mach es doch selbst!«, keifte sie und stemmte die Hände ebenso in die Hüften wie ich.

Augenverdrehend bückte ich mich und griff nach der Plane, die sie eigentlich als erstes hatten auf dem Boden ausbreiten müssen.

»Halt mal«, murmelte ich und drückte ihr das eine Ende in die Hände, sie ließ es wiederwillig über sich ergehen, ich trat ein paar Schritte zurück und breitete das Ding aus.

Schließlich begann ich, einige der Stangen ineinander zu stecken und drückte Lucy hie und da ein paar der Eisenteile in die Hände, was sie leise maulend kommentierte, allerdings genau so schnell fertig sein wollte, wie ich.

Damit ich hier endlich wieder weg kam.

Als das Zelt langsam immer weiter nach einem richtigen Zelt aussah und ich konzentriert weiter arbeitete, spürte ich plötzlich einen Blick auf meinem Rücken.

Und ich sprach nicht von Lucys finsterem Gestarre oder Roses schüchternen Blicken, die sie mir manchmal zuwarf.

Aus irgendeinem Grund spannte ich mich an, versuchte allerdings, mir nichts anmerken zu lassen.

Ich wischte mir ein paar dunkelrote Strähnen aus meinem Gesicht, forderte dann die Stange von Lucy, die sie festhielt.

Ich steckte sie in das Gestell und hielt die Luft an.

Der Blick lag immernoch auf mir.

Zugegeben etwas verunsichert entfaltete ich eine andere Plane.

Dann reichte es mir allerdings. Meine Güte, wer zu Hölle beobachtete mich hier?

Bemüht unauffällig richtete ich mich auf, sah dann suchend über meine Schulter.

Er handelte eine Sekunde zu spät. Für einen Moment erfasste ich den nachdenklichen Blick mit dem er mich beobachtete, eine Gänsehaut überkam mich bei dieser unglaublichen Intensivität, dann drehte er sich hastig wieder weg und schien Mik zuzuhören, wie der etwas sagte.

Ich runzelte die Stirn.

Was war denn mit dem los? Was war überhaupt mit mir los?!

Zugegeben, das war... komisch gewesen.

»Willst du vielleicht weiter machen oder doch lieber warten, bis es komplett dunkel geworden ist?«, meldete sich dann plötzlich Lucy genervt zu Wort.

»Du könntest ja auch mal mehr machen«, murmelte ich gedankenverloren und riss mich dann von Alecs Anblick los.

Eigentlich sollte ich mich nicht wundern. Er war eben komisch... Nichts weiter.

Trotzdem folgte ich Lucys Rat, denn in spätestens zehn Minuten würde die Sonne komplett untergehen und da wäre ich lieber fertig.

»Hier.«

Ich drückte Lucy die Plane in die Hand und wir breiteten sie über dem Gestell aus.

Die Aufgabe, die Heringe in den Boden zu schlagen überließ ich dann allerdings ihr.

Hey, sie stand die meiste Zeit einfach nur doof rum!

Während sie also leise fluchend den Hammer durch die Luft schwang - war es eigentlich schlau, ihr einen Hammer zu geben, während ich in der Nähe war? - drehte ich mich zu Rose, die immer noch auf dem Boden saß.

Seufzend ließ ich mich neben sie fallen, das Mädchen starrte stumm auf ihre Hände.

»Wie geht's deinem Fuß?«, fragte ich und versuchte sie möglichst aufmunternd anzusehen.

Irgendetwas bedrückte sie, allerdings war ich wohl kaum in der Position, sie danach zu fragen.

Vorsichtig bewegte sie ihren Fuß.

»Geht schon«, murmelte sie dann, als sich Lucy lautstark zu Wort meldete.

»Kommt ihr jetzt endlich? Wir müssen die Feldbetten aufbauen.«

Ohne uns eines weiteren Blickes zu würdigen, stapfte sie mitsamt ihrer Sachen in das aufgebaute Zelt.

Ich seufzte und erhob mich, streckte dann Rose meine Hand hin und half ihr ebenfalls hoch.

»Du solltest dir von ihr nicht so viel gefallen lassen.«

Ich lächelte sie aufmunternd an.

»Sie ist ein Drache.«

Und für einen Moment schmunzelte Rose tatsächlich. Zumindest etwas.

»Hm«, machte sie und nahm sich dann ihre Sachen, verschwand ebenfalls im Zelt.

Ich seufzte und rieb mir die Schläfe, mittlerweile war es beinahe komplett dunkel geworden.

Gleich nachdem ich mein Bett aufgebaut hatte, würde ich nach Ben schauen, nicht, dass der Junge sich noch irgendetwas antat.

Achja und ich würde einem gewissen grauäugigen Junge aus dem Weg gehen. Am besten für immer.

Und da kamen wieder die Erinnerungen.

Das Zeichen der Ven? Aber warum?

Und da durchzuckte plötzlich ein Gedanke meinen Kopf.

Wussten meine Eltern davon? Ich meine, immerhin lebten sich schon etwas länger und sie hatten bereits mit Ven zu tun gehabt und müssten doch mit Sicherheit von ihrem Zeichen wissen.

Ein Schauer überkam mich und ich schallt mich selber, endlich aufzuhören, darüber nachzudenken.

Es bedeutete nichts... Es bedeutete kein Unglück... Ich brachte kein Unglück...

Zugegeben ziemlich angespannt trat ich schließlich in das Zelt, indem sich Lucy bereits breit machte und Rose still wie eh und je ihr Feldbett aufklappte.

Hastig nahm ich mir das letzte Feldbett und zu meinem Pech hatte ich den Platz direkt am Eingang erwischt. Das kam davon wenn man so viel nachdachte...

In dem Zelt war es ungewöhnlich still, während wir unsere Betten aufbauten. Aber mir sollte es Recht sein. Es war sowieso viel schöner, wenn Lucy ihre Klappe hielt.

Ich breitete meinen Schlafsack auf dem Feldbett aus, dann griff ich in meine Tasche um meinen Schlafanzug rauszukramen.

Meine Pläne hatten sich mittlerweile nämlich geändert. So leid es mir tat, aber ich war echt geschafft, denn heute war mehr als genug passiert.

Und ich war mir ziemlich sicher, dass Ben bereits in seinem Bett lag, es war nämlich schon 21 Uhr.

Das Aufbauen hatte dann wohl doch minimal länger gedauert...

Ich stockte, dann verdüsterte sich mein Blick.

Ezaly Kayn, ich bring dich um!

Mürrisch zog ich den pinken Schlafanzug mit den Schmetterlingen aus meiner Tasche.

Sie musste meinen Eigentlichen herausgenommen haben und den hier rein.

Ich bring sie um!

Nicht nur, dass er unheimlich peinlich war, nein, er war auch noch ungefähr der einzige, den ich besaß, der aus einem T-Shirt und einer kurzen Hose bestand...

Einen Moment dachte ich tatsächlich darüber nach, einfach in meinen jetzigen Sachen zu schlafen. Allerdings entschied ich mich dann doch dagegen. Ich hasste es, in Jeans zu schlafen.

Also warf ich einen verstohlenen Blick in die Richtung der beiden anderen, die zu meinem Glück aber mit ihren eigenen Sachen beschäftigt waren.

Hastig schlüpfte ich aus meiner Jeans hinein in das bunte Etwas mit den dutzenden Schmetterlingen drauf.

Das T-Shirt war nicht viel besser.

Komplett Pink und ein dicker Schmetterling auf der Brust.

Ich wusste nicht einmal warum ich das scheiß Teil besaß.

»Sehr hübsch«, kommentierte dann plötzlich Lucy und ich zog das T-Shirt hastig komplett hinunter.

Höhnisch funkelte sie mich an, Rose saß auf ihrem Bett und versuchte uns möglichst unauffällig zu beobachten.

Ich verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte sie genervt an.

»Kannst du auch Mal mehr als gemeines Zeug von dir geben?«

Lucy verschränkte ebenfalls die Arme.

»Gibt es eigentlich auch Zeiten, in denen du nicht aggressiv bist?«, knurrte sie und ich wusste ganz genau, worauf sie anspielte.

Doch noch ehe ich etwas erwidern konnte, redete sie einfach weiter.

»Ich dachte ja immer, du stehst auf deinen kleinen braunhaarigen Freund, ich meine gleich und gleich gesellt sich ja bekanntlich«, schnaubte sie und allein bei Bens Erwähnung spannte ich mich an.

»Aber ganz offenbar habe ich mich geirrt.«

Der Blick, mit dem sie mich ansah, ließ mich inne halten.

Dieses Mal war es Hass. Da war ich mich ziemlich sicher.

»Alec hm?«, fragte sie dann und spuckte mir die Worte beinahe entgegen.

»Was?«, fragte ich entsetzt.

»Du stehst auf ihn«, knurrte Lucy und trat einen Schritt auf mich zu.

»Du bist doch verrückt!«, fauchte ich und wollte mich abwenden, doch sie redete einfach weiter.

»Was habt ihr da im Wald getrieben hm?! Was spielst du für ein Spiel?!«

Jetzt stand sie genau vor mir.

Ganz zu meinem Ärger war sie größer als ich.

»Wir haben nichts im Wald getrieben!«, zischte ich und funkelte sie genervt an.

»Und ich spiele auch kein Spiel!«

Lucy lachte humorlos auf.

»Eigentlich bist du gar nicht so cool wie du immer tust!«, keifte sie.

»Dieses ganze Gestreite, du willst doch nur seine Aufmerksamkeit!«

Jetzt reichte es mir. Das war so was von lächerlich. Aber ehrlich.

Dieses Mal war ich es, die einen Schritt vortrat und sie wütend anfunkelte.

»Jetzt hör mir mal genau zu!«

Ich wusste nicht, warum mich diese Behauptung so wütend machte.

»Ich stehe nicht auf Alec! Er könnte mir nicht egaler sein!«

Sie wollte etwas sagen, doch ich redete mich in Rage.

»Er ist ein Arschloch okay?! Ich kann ihn nicht leiden und es ist mir scheiß egal, was mit ihm ist!«

Ich ballte meine Hände zu Fäusten.

»Tu was du nicht lassen kannst, lauf ihm weiter hinterher wie eine Verrückte, mir ist das egal! Ich will weder mit ihm, noch mit dir etwas zu tun haben!«

Lucy holte tief Luft, ich ließ sie nicht zu Wort kommen.

»Aber kapier es endlich! Ich will nichts von dem scheiß Kerl und er will ganz sicher nichts von dir! Da kannst du dich noch so viel anstrengen! Ich bin mir ziemlich sicher, dass er nicht einmal in der Lage ist irgendjemanden zu lieben!«

Lucy zuckte zurück und plötzlich weiteten sich Roses Augen.

Dann räusperte sich jemand hinter mir.

Ich erstarrte, auch Lucys Augen weiteten sich.

Ein eiskalter, brennender Blick bohrte sich in meinen Rücken, ich hielt die Luft an, wusste wer hinter mir stand, ehe ich ihn sah.

Langsam drehte ich mich um und da traf mich sein brennender Blick.

Aus irgendeinem Grund raubte er mir jeglichen Atem, ich wurde blass.

Er sah mich so unglaublich kalt an, wie ich es selten gesehen hatte, sein Kiefer spannte sich an, das Haar hing ihm im Gesicht.

Mir wurde schlecht.

Es war, als würden Stunden vergehen, in denen wir einfach nur da standen und uns anstarrten, die Luft zwischen uns schien beinahe elektrisch aufgeladen, versetze mir kleine Stromschläge.

Seine Miene war vollkommen versteinert, es war, als würde er sagen: »Ich habe dich gehört.«

»Ich weiß, was du gesagt hast.«

Und aus irgendeinem Grund fühlte ich mich... komisch. Bereute ich, was ich gesagt hatte? Nein!

Am liebsten wäre ich einfach weggerannt. Hätte mich seinem Blick nicht gestellt, doch das ging nicht. Er blockierte den Eingang.

Moment...

Was zur Hölle tat er eigentlich hier?!

Und im nächsten Moment wurde mir schrecklich bewusst, welchen Anblick ich hier gerade überhaupt bot.

Er schien es im gleichen Moment zu bemerken.

Für einen Moment musterte er mich, hob eine Braue, meine Ohren liefen rot an.

Dann schien er aus seiner Starre erwacht.

»McClair hat mich geschickt«, presste er zwischen seinen Zähnen hervor.

»Wir sollen uns am Feuer treffen.«

Und dann drehte er sich einfach um, doch für eine Sekunde traf sein eisiger Blick erneut auf mich.

Er jagte mir einen kalten Schauer über den Rücken, die Zeit schien stillzustehen.

Ich schluckte schwer, schallt mich im nächsten Moment allerdings selbst.

Ich meine, warum war er so sauer?!

Er mochte mich ja ganz offensichtlich auch nicht wirklich und das ich ihm gegenüber nicht gerade positiv gestimmt war, wusste er ja wohl!

Dann war er verschwunden.

Und doch fühlte ich mich aus irgendeinem Grund so, als hätte er mir eine Ohrfeige verpasst. Aber warum interessierte es mich überhaupt, was er dachte?! Er war ein Arsch, mehr nicht.

»Tja«, meinte dann plötzlich Lucy und sah mich böse grinsend an.

»Jetzt hasst er dich.«

Und dann rauschte sie aus dem Zelt. Ich seufzte.

»Idioten«, murmelte ich in mich hinein, als sich plötzlich Rose erhob.

»Also ich glaube dir«, meinte sie.

Überrascht sah ich sie an.

»Was?«

Sie zuckte mit den Schultern und sah verlegen auf ihre Finger.

»Das du nicht auf ihn stehst. Ich verstehe sowieso nicht, warum sie ihm alle hinterher rennen.«

Und aus irgendeinem Grund hoben sich meine Mundwinkel wie von selbst.

Das Mädchen wurde mir von Sekunde zu Sekunde sympathischer.

»Naja, ich werd dann jetzt mal May suchen gehen.«

Und dann war auch sie verschwunden.

Ich seufzte und rieb mir die Schläfe. Dieser Junge bereitete mir echt Kopfschmerzen...

Und für einen Moment wäre ich tatsächlich versucht, mich einfach in mein Bett zu legen und zu schlafen.

Allerdings war ich mir ziemlich sicher, dass McClair das nicht gutheißen würde.

Also zog ich seufzend meine Tasche heran und kramte eine zu große Strickjacke hervor, die ganz sicher Ylva gehörte. Denn ich hatte ehrlich gesagt nicht vor, mich einfach so mit meinem Schlafanzug dazu zu setzen.

Ich zog die Jacke über, schlüpfte in meine Schuhe und trat dann aus dem Zelt hinaus.

Kurz fröstelte es mich etwas, dann machte ich mich auf den Weg zu dem prasselnden Feuer, um das bereits die meisten Leute saßen.

Ben allerdings konnte ich nirgends entdecken. Suchend sah ich mich um.

»Wenn du noch deinem Freund suchst, der schläft schon«, meldete sich dann plötzlich eine Stimme neben mir zu Wort.

Es war der groß gewachsene, schlaksige Junge aus Bens Zelt.

Er sah ein wenig genervt aus.

»Oh«, machte ich, er lief an mir vorbei und setzte sich neben seinen pummligen Freund.

Seufzend ließ ich mich auf eine der Stämme fallen, die beiden Mädchen neben mir kannte ich nicht.

Allerdings war das einer der letzten freien Plätze.

Müde starrte ich in die knisternden Flammen, ich schlang die Jacke enger um mich.

Nicht, weil mir kalt war. Einfach so.

Das Knistern des Feuer machte mich nur noch müder.

Feuer hatte mich schon immer irgendwie fasziniert.

Wie es sich wand und tanzte und man manchmal Figuren in ihm erkennen konnte, wenn man nur genau hinsah, wie es Schatten auf alles umstehende warf.

McClair räusperte sich und verschaffte sich so augenblicklich Gehör.

Ich sah auf, sie saß weiter links von mir auf einem Stamm.

»Jetzt, wo alle Zelte aufgebaut sind, wollte ich noch eben den Ablauf des morgigen Tages mit euch absprechen.«

Ich wollte ihr ja zuhören. Wollte ich wirklich. Und eigentlich hatte mich ihre Stimme sonst immer im Griff, doch meine Augen fielen einfach immer wieder zu.

Das Feuer machte mich müde, ehrlich und dann diese einlullende Wärme, das Knistern...

Ich zuckte zusammen, als mein Kopf hinab fiel und richtete mich hastig wieder auf.

Hier und jetzt einzuschlafen wäre vielleicht nicht meine beste Idee...

Mein Blick glitt nach vorne, ich sah über das Feuer hinweg, nicht einschlafen, schallt ich mich.

Und dann erblickte ich plötzlich ihn.

Er saß mir genau gegenüber.

Das Feuer warf geheimnisvolle Schatten auf sein Gesicht, ließ seine Gesichtszüge geradezu tanzen.

Er sah auf. Sein Blick traf meinen. Ich sah nicht weg. Wusste nicht einmal wieso.

Vermutlich war ich einfach viel zu müde, um richtig nachzudenken.

Er musterte mich, ich musterte ihn. Es war ein merkwürdiger Moment.

Fragend hob er eine Augenbraue, ich zuckte mit den Schultern. Keine Ahnung was das war.

Alec verdrehte die Augen, ich zog die Augenbrauen zusammen. Die Schatten auf seinem Gesicht tanzten, beleuchteten es von einer ganz neuen Seite.

Er sah müde aus, irgendwie.

Es war, als säße mir eine andere Person gegenüber.

Und dann tippte Mik ihn plötzlich an, brach den Bann.

Der blonde Junge grinste ihn dämlich an, Alec schüttelte den Kopf und zischte irgendetwas.

Ich blinzelte hastig und sah wieder in das Feuer.

Gott, der Tag war definitiv zu anstrengend gewesen...

Ich wollte ehrlich einfach nur noch schlafen, doch daraus wurde leider nichts, als mir plötzlich ein Blatt mitsamt Stift gereicht wurde.

»Was?«, fragte ich das grünäugige Mädchen neben mir verwirrt, die mir das Blatt gereicht hatte.

»Wir sollen einen Anblick des heutigen Tages zeichnen. Hat sie doch gesagt, jeden Abend ein Bild des Tages.«

Sie reichtete mir weitere Blätter plus Klemmbretter, die ich stirnrunzelnd weiter gab.

»Achso«, murmelte ich und starrte blinzelnd auf mein Blatt.

Um ehrlich zu sein war ich jetzt viel zu müde, um überhaupt irgendetwas zu tun, allerdings schienen das nicht viele auch so zu sehen.

Eifrig begannen sie zu zeichnen.

Gut, sie waren ja auch nicht in einen Fluss gestürzt und hatten erfahren, dass das Zeichen des Feindes auf ihren Rücken gebrannt worden war, ganz zu schweigen von einer zickigen Brünette und einem wütenden Vic.

Ich seufzte und setzte den Stift an, wusste ehrlich nicht, was ich zeichnen sollte.

Zu dieser Uhrzeit fehlte mir definitiv die Kreativität, also begann ich langsam die Linien einiger Tannen zu ziehen, der Fluss in dem ich unfreiwillig baden gegangen war schloss sich an und ohne, dass ich es richtig steuern konnte, bildeten sich die ersten Hinterköpfe auf meinem Blatt.

Und letztendlich erhob sich Team A vor mir.

Ich zeichnete Ben und mich ganz vorne, die Karte in meiner Hand, das Haar wirr wie eh und je.

Nur Alec zu zeichnen weigerte ich mich. Oder Mik. Oder Lucy.

Tja, so erwachsen wie ich eben war. Wie immer.

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