26

Etwas - besser gesagt jemand - rüttelte an meiner Schulter.

Ich grummelte und drehte mich weg. Noch fünf Minuten...

Doch mein Peiniger hatte nicht vor, mich einfach so davonkommen zu lassen.

Wieder rüttelte er an meiner Schulter, ich vergrub meinen Kopf in meiner Jacke, war so in meinem Schlaf versunken, dass ich nicht wirklich klar denken konnte.

»Hey!«

Ich erschrak so heftig, dass ich mit einem Mal die Augen aufriss und hochschoss.

Mit voller Wucht traf mein Kopf irgendetwas Hartes, so dass ich keuchend in den Sitz zurück fiel und angestrengt die schwarzen Punkte wegblinzelte.

»Verdammt!«, fluchte jemand und erst jetzt verstand ich wirklich, wo ich war.

Ich verzog mein Gesicht und rieb mir den Kopf, wollte mich schon darauf vorbereiten, Ben anzuschnauzen, als ich inne hielt und erstarrte.

Es waren nicht Bens kastanienbraune Augen, die mich anblinzelten. Es waren seine Stahlgrauen.

»Was sollte das?«, fluchte er weiter und rieb sich sein Kinn, gegen das ich offensichtlich mit voller Wucht gestoßen war.

»Wenn du mich weckst...«, murmelte ich, zugegeben noch ziemlich schläfrig und nicht auf der Höhe meiner Gedanken, und wollte gar nicht daran denken, wie schrecklich ich in diesem Moment wohl aussehen mochte.

Alec funkelte mich genervt an.

»Dein komischer Freund hat sich nicht getraut, dich zu wecken, irgendeiner musste es ja tun.«

Nun funkelte ich ihn meinerseits genervt an - verfluchte Ben innerlich.

»Er ist nicht komisch!«

Alec verdrehte die Augen.

»Wie auch immer.«

Er drehte sich um und machte sich auf den Weg nach draußen.

»Komm jetzt, McClair will den Plan besprechen.«

Und dann war er verschwunden.

»Idiot«, murmelte ich und warf einen hastigen Blick nach draußen.

Jep, das waren definitiv Tannen.

So viel konnte ich von hier aus beurteilen. Der Wahnsinn.

Seufzend rappelte ich mich auf und versuchte mein wirres Haar wenigstens etwas glatt zu streichen. Gelang mir natürlich wieder eher so semi-gut und als ich über die Stelle an meinem Kopf strich, die Bekanntschaft mit seinem Kinn gemacht hatte, zuckte ich zusammen.

Au. Das würde mit Sicherheit eine dicke Beule geben.

Der hatte aber auch ein Kinn...

Ich hatte nur Glück, dass meine Haare mich in so weit geschützt hatten, dass meine Kopfhaut nicht verbrannt war. Warum musste er sich auch so weit über mich beugen... Idiot.

Und bei dem Gedanken, wie er mich Minuten zuvor gesehen hatte, völlig schutzlos und schlafend, lief es mir kalt den Rücken hinunter. Ich wusste nicht einmal wieso.

Ein natürlicher Instinkt vermutlich, der Wolf in mir witterte die Gefahr. Wie sollte er auch wissen, dass Alec keine Gefahr war? Hoffte ich zumindest...

Ich rang mich schließlich dazu durch, mich aufzurappeln und noch etwas schlaftrunken aus dem Bus zu steigen.

Es musste später Nachmittag sein. Wie lange waren wir bitte Gefahren? Wie lange hatte ich geschlafen?

Ich sah mich um, wir mussten südlich des Dorfes sein. Ich erkannte es grob wieder, vielleicht fünf Stunden bis zum Dorf (Eine Halbe als Wolf).

Na hoffentlich würden wir nicht viel näher kommen...

Die Lykanthropen für ihren Teil waren jedenfalls gewarnt, dass Inbecs plus zwei Ven in ihrem Wald campten.

Etwas verwirrt stellte ich mich neben Ben, das hier sah nicht nach einem Campingplatz aus.

»Wo sind wir hier?«, fragte ich leise, während die anderen aufgeregt miteinander tuschelten und McClair irgendetwas mit dem Busfahrer besprach.

Wir standen auf einem gepflasterten Platz umringt von Tannen, der allerdings mehr nach Parkplatz als nach Zeltlager aussah.

Ben zuckte mit den Schultern.

»Ich schätze von hier müssen wir noch etwas laufen«, mutmaßte er und gähnte.

Ganz offensichtlich hatte ihn die Busfahrt müde gemacht. Apropos müde!

»Was fällt dir eigentlich ein, diesen Idioten mich wecken zu lassen!«, raunte ich ihm mit einem Mal aufgebracht zu, woraufhin er mich perplex anblinzelte.

»Was?«

Ich verdrehte die Augen.

»Alec natürlich«, zischte ich und warf einen verstohlenen Blick in seine Richtung.

Selbst wenn er mich gehört hatte, ließ er sich nichts anmerken.

Lässig stand er gegen eine der Tannen gelehnt da, während Mik irgendetwas aß und Lucy den Schwarzhaarigen beschwatzte, was der allerdings gekonnt ignorierte.

Das schien sie allerdings ganz und gar nicht zu stören, unbeirrt plapperte sie weiter und warf ihren Freundinnen einen bösen Blick zu, als die bei einem ihrer Witze nicht sofort anfingen zu lachen.

Armes Ding...

Ich bezweifelte, dass Alec überhaupt in der Lage war, irgendjemanden zu lieben.

Naja abgesehen von Mik. Oder Callahan. Aber das war etwas anderes.

Wobei, wenn ich jetzt so drüber nachdachte...

Wie hieß dieses hübsche, schwarzhaarige Ven-Mädchen noch einmal? Die mit den grünen Augen.

Sira? Siren? Sirena? Ich wusste es nicht genau.

Ich meine, sie sah nicht schlecht aus und bestimmt war sie Alecs Typ.

Dunkles Haar mochte er mit Sicherheit. Und grüne Augen ohne Zweifel.

Aber vielleicht irrte ich mich ja auch.

Ich meine, ich konnte es nicht wissen, oder?

Vielleicht mochte er blondes Haar und braune Augen. Oder Brünetten, vielleicht graue Augen. Oder rotes...warte was?

Hastig schüttelte ich meinen Kopf um diese Gedanken loszuwerden und wand mich wieder zu Ben.

»Was hast du gesagt?«, fragte ich hastig, da ich durch meine wirren Gedanken nicht wirklich mitbekommen hatte, wovon er redete.

Er verdrehte die Augen.

»Wenn du eine Frage stellst, warum hörst du bei der Antwort dann nicht zu?«, fragte er und runzelte die Stirn, als würde er tatsächlich darüber nachdenken.

Bei Ben konnte man sich nie sicher sein, ob er nun eine rhetorische Frage stellte oder nicht. Meist war es Zweiteres.

»Eh«, machte ich ratlos, doch noch ehe mir etwas - vermutlich äußerst geistreiches - einfallen konnte, redete Ben einfach weiter.

»Naja egal. Ich dachte, du wärst vielleicht sauer, wenn ich dich wecken würde. Du sahst so aus, als würdest du lieber im Bus schlafen.«

Über diese Aussage konnte ich nur schmunzeln. Das war eben so typisch Ben.

»Ja klar, da werd ich natürlich viel lieber von diesem Typen geweckt«, seufzte ich.

Darauf antwortete Ben nichts, denn in eben diesem Moment rief McClair uns zusammen.

Ich musste gähnen, als sie anfing zu reden. Wieso war ich nach einem Mittagsschlaf eigentlich immer müder als zuvor?

»Gut, wie ihr sicher schon bemerkt habt, sind wir noch nicht am Ziel.«

Wie es in McClairs Gegenwart immer der Fall war, lauschten alle gespannt.

»Ich habe mir etwas überlegt, vor allem um des Teambuildings Willen«, erklärte sie weiter.

Mir schwante Übles. Ich wusste nicht, ob mir diese Idee gefiel.

Außerdem, wofür brauchte man in einem Kunstprojekt bitte Teambuilding? Ich meine es war doch eben, wisst ihr, einfach nur... einfach nur Kunst.

Das schienen viele andere ähnlich zu sehen, warfen sich zweifelnde Blicke zu. McClair grinste nur noch breiter.

»Ich bin mir sicher, ihr fragt euch, wozu so etwas beim Zeichnen notwendig ist.«

Ein paar nickten.

»Nun, es wird so sein, dass ihr noch öfter die Aufgabe bekommen werdet beispielsweise ein Portrait von einem Klassenkameraden zu zeichnen. Außerdem muss ich wissen, dass ihr als Gruppe gut zusammenarbeiten könnt, sonst können wir solche Ausflüge wie diesen hier nicht mehr machen.«

Ich runzelte die Stirn.

Eigentlich keine schlechte Idee. Ich könnte beispielsweise Lucy einfach in einen Fluss stoßen. Ein Problem weniger und wir würden nicht mehr in den Wald fahren. Zumindest nicht für mehrere Tage.

Allerdings verwarf ich diesen Gedanken schnell wieder. Den Ärger würde ich mir dann doch gerne ersparen.

»Also«, fuhr McClair fort, »wir werden zwei Teams bilden.«

Das hörte sich nicht gut an...

»Ihr werdet eine Karte von mir bekommen«, sie zog zwei zusammengefaltete Landkarten hervor.

»Der Campingplatz ist eingezeichnet, eure Aufgabe wird es sein, den Weg zu finden.«

Die Idee gefiel mir weniger und weniger.

»Team A startet als erstes, B läuft eine Viertelstunde später los. Das Team, das weniger Zeit zum Camp braucht, darf sich ihre Zeltplätze als erstes aussuchen.«

Nicht gerade ein verlockender Preis, wenn ihr mich fragt, bei den eifrigen Blicken der anderen allerdings konnte ich ziemlich genau sehen, dass ihr Ehrgeiz geweckt wurde.

Es ging nicht um die dämlichen Plätze - sie wollten gewinnen.

Meine Laune hingegen sank und sank - Ben schien übrigens auch nicht ganz so begeistert - denn ich hatte mit Sicherheit keine Lust, Stunden mit den Inbecs durch den Wald zu irren, denn die meisten von ihnen hatten den Orientierungssinn eines Kissenbezugs. Ernsthaft.

»Gut, ich habe jeweils zwei Teamleader bestimmt.«

Ihre rehbraunen Augen trafen mich, sie strahlte.

Oh nein oh nein oh nein oh nein.

Bitte nicht. Nicht ich...

McClair räusperte sich, als würde sie etwas furchtbar Spannendes verkünden, was es laut den gebannten Blicken der anderen offensichtlich auch war.

»Okay, Team A Aruna und«, ich hielt die Luft an, »Alec.«

Das war ein Scherz. Das musste ein Scherz sein. So viel Pech konnte man doch einfach nicht haben.

Alec sah das offenbar ganz genau so, denn selten hatte er finsterer gestarrt, wie jetzt.

Okay okay, ich habs verstanden, du hasst mich...

Und langsam glaubte ich, McClair machte es extra.

»Teamleader von Gruppe B sind May und Rick.«

May schien, ganz anders als ich, mehr als begeistert, Teamleader zu sein. Entschlossen grinste sie ihre Freundin an.

Gott, das Mädchen wollte echt gewinnen.

»Gut. In Team A sind außerdem Lucy Hale...«

Ich hätte mir am liebsten stöhnend gegen die Stirn geschlagen. Alec ganz offensichtlich auch.

»Bonny White...«

Na super, Lucys kleine, blonde Freundin.

»James Preston, Ann Primes, Louisiana Primes, Elliot Lockwood, Amaly Fairchild...«

Ich hörte gar nicht mehr richtig zu. Ich kannte niemanden von ihnen, also war es auch nicht wichtig.

»Benvenuto De Angelis.»

Ich atmete erleichtert aus.

»Mik Venatores.«

Na toll...

Das Teufelsduo...

Ich würde nur all zu gern Alecs Gesicht sehen, wenn ich sie so nennen würde.

Konzentration!

»Okay Teamleader, holt euch die Karte ab. Sobald ihr losgeht läuft die Zeit.«

Bemüht, Alec ja nicht anzusehen, trat ich vor, während Lucy übrigens aufgeregt mit ihrer Freundin tuschelte und mir böse Blicke zuwarf.

Als hätte ich mich freiwillig gemeldet, Alecs Partner zu sein...

Naja, jedenfalls krallte sich eben jener die Karte, noch ehe ich auch nur den Hauch einer Chance hatte, nach ihr zu greifen und dackelte zu unserem Team ab.

Ich schnaubte und folgte ihm mit verschränkten Armen. Idiot...

»Kann einer von euch diese Dinger lesen?«, fragte Lucy, als wäre die Karte, die Alec in eben diesem Moment entfaltete, etwas furchtbar ekliges.

»Ja, ich«, antworteten Alec und ich unsisono, woraufhin er mir einen düsteren Blick zuwarf, ich ihn verdutzt anblickte und Mik gluckste.

Ben schien nicht recht zu wissen, was er von dieser Situation zu halten hatte. Lucy schnaubte.

»Achja«, kommentierte sie trocken und sah mich abschätzig an.

»Bestimmt besser als du«, murmelte ich so leise, dass nur Ben es hätte hören können, der neben mir stand.

Naja eigentlich, denn Mik kicherte erneut wie ein kleines Mädchen und Alec verdrehte die Augen.

»Gut, wir sind hier«, setzte er dann schließlich an und deutete auf irgendeinen Punkt auf der Karte.

Neugierig spähte ich auf die Karte und runzelte dann skeptisch die Stirn.

»Du weißt, dass du die Karte falsch rum hältst, oder?«

Jetzt lachte Mik tatsächlich. Und zwar so laut, dass sich sämtliche Mitglieder aus Team B zu uns umdrehten, McClair nicht zu vergessen.

Alec warf mir einen giftigen Blick zu und drehte zähneknirschend die Karte um.

»Trotzdem sind wir hier«, knurrte er dann und starrte mich böse an.

Dagegen konnte ich nichts sagen.

»Ich glaub er mag dich nicht«, flüsterte dann plötzlich Ben und sah Alec so nachdenklich an, wie er es selten tat.

Ich seufzte. Da hatte er wohl Recht.

»Und wo müssen wir hin?«, fragte Lucy, bemüht interessiert und trat absichtlich noch näher an Alec heran - ich war mir sicher, er wäre vor ihr weggerannt, hätte er gekonnt - und tat so, als würde sie die Karte studieren.

»Hier«, kam ich Alec zuvor und deutete auf ein dunkelbraunes Symbol, das den Campingplatz markierte.

»Ich schätze wir brauchen eine halbe Stunde, vielleicht eine Stunde.«

Lucy schien ganz offensichtlich nicht begeistert darüber, dass ich sprach, doch das war mir egal.

Hey, auch ich fand es besser, zu gewinnen, als zu verlieren!

Alec gab ein zustimmendes Brummen von sich, ich sah mich um.

Dann zuckte ich mit dem Kinn in eine Richtung.

»Da lang.«

Lucy verdrehte die Augen.

»Woher willst du das wissen?«

Daraufhin verdrehte ich meinerseits die Augen. Dieses Mädchen regte mich jetzt schon auf.

»Weil da Norden ist. Und wir müssen nach Norden«, erklärte ich knapp, nicht wirklich in der Laune, lange mit ihr zu diskutieren.

»Und woher weißt du das

»Kann der mal jemand den Mund zukleben?«

Überrascht sah ich zu Mik, der mich dann plötzlich angrinste und mit den Schultern zuckte.

Und da - tatsächlich - schmunzelte auch Alec.

Ich hatte ihn bis jetzt nur einmal so gesehen. Als er mich ausgelacht hatte um genau zu sein.

Aber das hier... es war etwas anderes.

Die kleinen Grübchen, die sich in seine Wangen bohrten, wie er die Augenbrauen hochzog... es haute einen geradezu um, ehrlich.

Und mit einem Mal wurde mir klar, wie stark die Verbindung zwischen Ami sein musste. Denn das war mit Sicherheit ein Blick, den er selten jemand anderem schenkte als Mik.

Als ich merkte, dass ich Alec anstarrte, sah ich hastig weg, meine Ohren liefen rot an und wenn Alec etwas bemerkt hatte, ließ er sich nichts anmerken.

Was zur Hölle war bitte los mit mir?

Aber zurück zum Thema - mal abgesehen davon, dass Lucy nicht so schlau war wie ich und den Ven einfach ganz unverfroren ansah.

»Gehen wir jetzt?«, fragte ich, möglicherweise zu hastig, allerdings wollte ich mir weitere Peinlichkeiten ersparen.

Prüfend sah Alec auf die Karte, dann wanderte sein Blick über den Platz und schließlich blieb er an der Richtung hängen, in die ich gedeutet hatte.

Zustimmend, wenn auch widerwillig, nickte er.

»Gut«, seufzte ich und nahm ihm einfach die Karte ab.

Vertrauen war gut, Kontrolle war besser, oder?

»Läufst du mit vorne?«, fragte ich Ben und sah ihn bittend an, er schien nicht gerade begeistert.

Trotzdem nickte er.

»Muss ich ja«, murmelte er und schließlich liefen wir los, Alec beschwerte sich leise über mich, was Lucy offenbar furchtbar amüsant fand - sie wieherte wie eine Geisteskranke Hyäne.

Fanden offenbar auch die beiden Ven, denn bald hatten sie - ganz zu meinem Übel - aufgeholt.

»Gib her«, knurrte Alec und riss mir die Karte aus der Hand, während wir in den Wald traten.

»Idiot«, murmelte ich, traute mich allerdings auch nicht, ihm die Karte wieder wegzunehmen, aus Angst, ich könnte ihn ausversehn berühren.

Hätte ich gewusst, was für eine Odyssee ich nun durchmachen würde, wäre ich vermutlich einfach an diesem vermaledeiten Parkplatz geblieben.

Alec wusste alles besser. Und mit alles meinte ich wirklich alles.

Ich war mir sicher, dass wir bereits fünf Mal falsch abgebogen waren und wir stritten uns quasi durchgehend. Es war unglaublich, aber wir beide schienen ganz offenbar so Sturköpfig zu sein wie der andere.

»Wir müssen da lang!«

»Nein, wir sind hier!«

»Du hast doch keine Ahnung!«

»Gibt das verdammte Ding her!«

»Lass mich sehen!«

»Nein, da waren wir gerade schon!«

»Halt die Klappe Lucy!«

Bei zuletzt Erwähntem hatte Mik erneut wie ein Verrückter angefangen zu lachen - der hatte übrigens den Spaß seines Lebens - und besagte Lucy war eingeschnappt einen Schritt zurück getreten, auch wenn sie immer noch alles versuchte, um möglichst nah bei Alec zu sein, wobei es sie fürchterlich wurmte, das diese Plätze - mehr oder weniger freiwillig - an Mik und mich vergeben waren.

Ben hatte übrigens währenddessen mit den Insekten zu kämpfen und fragte mich gefühlt alle fünf Minuten panisch, ob da eine Mücke auf seinem Gesicht säße. Er war also auch nicht gerade eine große Hilfe - im Wald kannte er sich sowieso nicht aus.

Kurz gesagt: Es war ein Desaster.

Und nach einer halben Stunde war ich so genervt, dass ich Alec und Lucy am liebsten beide im See ertränkt hätte.

Nebenbei wussten wir auch absolut nicht mehr, wo wir waren. Aber das wollte Alec nicht einsehen. Er war immer noch der festen Überzeugung, dass wir auf dem richtigen Weg waren.

»Nein!«, stöhnte ich, während es sich unsere Gruppe auf ein paar umgefallenen Bäumen gemütlich gemacht hatten.

Sie hatten es längst aufgegeben, zu versuchen, uns zu helfen und ertrugen alles einfach schweigend und nebenbei ziemlich genervt, während Mik das Spektakel begeistert beobachtete und Ben über schmerzende Füße klagte.

Lucy übrigens auch. Insgeheim glaubte ich, dass sie darauf hoffte, Alec würde sie tragen oder irgendetwas derart Lächerliches.

Außer genervte Blicke warf der ihr allerdings nichts zu.

Laut ihrer verzogenen Miene lief das hier alles ganz und gar nicht, wie sie wollte. Ging mir übrigens genau so.

»Hier«, ich deutete auf den kleinen Fluss, der sich neben uns eine Schneise durch den Wald bahnte.

»Der Fluss, das ist der da«, ich deutete auf die blaue Linie, die nicht wirklich in Reichweite des Campes lag.

»Wir sind hier falsch!«, versuchte ich ihm zum gefühlt hundertstem Mal zu erklären.

Alec schnaubte und schüttelte vehement den Kopf.

»Nein, ist er nicht. Hier fließt auch ein Fluss«, beharrte er und zog die blaue Linie - diesmal sehr viel Näher am Camp - entlang.

Ich verdrehte die Augen.

»Der zweigt aber da ab! Wir sind an keiner Abzweigung vorbei gekommen.«

Langsam verlor ich meine Nerven.

»Ja weil wir dem Fluss auch erst seit zehn Minuten folgen!«, knurrte Alec.

»Du hast doch absolut keine Ahnung!«, rief ich entnervt aus und fuchtelte wie verrückt mit meinen Händen herum.

»Wir müssen da lang!«

»Hat irgendjemand Popcorn?«

»Halt die Schnauze Mik!«

»Warum Popcorn?«, fragte Ben verwirrt.

»Ben...«, stöhnte ich ebenso genervt wie Alec.

»Und nein«, fauchte Alec mich dann an.

»Wir müssen da lang!«

Er deutete nach Westen.

Ich schlug die Hände vor mein Gesicht.

»Da ist aber Westen«, stöhnte ich.

»Wir müssen nach Norden.«

Auch das hatte ich bestimmt schon ein dutzend Mal wiederholt.

»Wie oft wollt ihr das den noch durchkauen«, stöhnte Lucy entnervt.

»Halt die Klappe Lucy!«

Alec und ich funkelten uns wütend an.

»Zum letzten mal«, setzte ich vollkommen am Ende an, bemüht nicht gleich los zu schreien.

Ven hin oder her, in diesem Moment wollte ich ihm am liebsten eine pfeffern. Es war schrecklich, doch jeder von uns wollte unbedingt Recht haben, beinahe vergessen, wer wir eigentlich waren, wie wir eigentlich zueinander hätten stehen müssen.

Ven und Lykanthrop. Aber das waren wir in diesem Moment nicht.

In dem Moment waren wir Alec und Aruna, die sich ganz offensichtlich auf den Tod nicht ausstehen konnten.

»Nein!«, unterbrach mich Alec scharf.

»Wir gehen jetzt da lang!«

Und ohne weiter auf mich zu achten stapfte er los.

Das konnte doch wohl nicht wahr sein...

»Hey!«, rief ich empört und griff nach der Karte.

Ich bekam sie zu packen, gezwungenermaßen hielt Alec inne.

»Lass los!«, knurrte er.

»Lass du doch los!«, erwiderte ich nicht gerade erwachsen.

»Das wird immer besser«, kommentierte Mik, begeistert wie ein kleines Kind.

Ich zog an der Karte.

»Wenn wir da lang gehen, kommen wir irgendwo in Timbuktu an, aber ganz Sicher nicht im Camp!«

Alec knurrte entnervt auf.

»Hattest du eigentlich jemals eine Karte in der Hand Davis?!«

»Natürlich!«

Und dann riss er an der Karte, ich zog meinerseits, wir warfen uns gegenseitig Verfluchungen an den Kopf, wie aus Reflex hob Alec die Hand - vielleicht tat er es auch extra - und dann, ohne Vorwarnung wurde ich hart nach hinten gestoßen.

Ich schrie erschrocken auf, taumelte und fiel. Ohne Halt.

»Alec!«, rief Mik aufgebracht, ganz und gar nicht mehr gut gelaunt.

»Aruna!«, keuchte Ben erschrocken, ich schlug wie wild um mich und dann tauchte ich keuchend unter.

Mit einem Mal war da überall Wasser, ich verschluckte mich, vor Schock brauchte ich einen Moment, um mich überhaupt wieder zu regen und dann tauchte ich keuchend und hustend und prustend wieder auf, wischte mir voller entsetzen die klitschnassen Haare aus dem Gesicht und schlang die Arme um mich.

Ungläubig sah ich zu dem verdammten Ven auf, der mich verdutzt ansah.

Scheiße war das kalt! Scheiße!

Der Fluss war vielleicht nicht breit und nur so tief, dass ich gerade so stehen konnte, doch er war verdammt, verdammt kalt.

»O-Oh m-mein G-Gott«, rief ich empört aus, Lucy gackerte, die anderen schienen für einen Moment fiel zu überrascht, um überhaupt irgendetwas zu tun.

»D-Du v-verdammter I-Idiot!«, meine Zähne klapperten aufeinander und in dem Moment war ich vielleicht nicht wirklich ich selbst aber ich war nun einmal müde und erschöpft und mir war kalt und ich war verdammt genervt.

Ben kam auf mich zugehastet und reichte mir eine Hand.

Zitternd ergriff ich sie und ließ mich von ihm aus dem Fluss ziehen.

»Aruna...geht es dir gut... alles okay?«, stammelte Ben und blieb Hilflos neben mir stehen, wusste nicht so recht, was er tun sollte, während meine Klamotten klatschnass an mir klebten und Mik Alec tadelnd ansah.

»Musste das sein?«, knurrte er leise, Alec zuckte mit den Schultern und schnaubte.

»Sie hatte es verdient«, zischte er, nicht gewillt auch nur irgendwie Reue zu zeigen und funkelte mich finster an.

Ich funkelte, zitternd und bebend und schwer atmend, zurück.

Es war ofiziell. Mein Leben hasste mich. Erneut.

Hey. Sorry, dass das Kapitel jetzt erst kommt, aber ich hatte Nachmittagsunttericht und mein Computer hat erst nicht funktioniert, außerdem musste ich noch Sachen für die Schule machen, deshalb konnte ich jetzt erst anfangen zu schreiben. Nehmt es mir bitte also nicht all zu übel :)

LG

Alou

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