20

So schön mein Geburtstag im Endeffekt noch wurde, so schrecklich verlief die nächste Woche.

Jeden verdammten Tag musste ich gemeinsam mit Alec nachsitzen und mittlerweile war ich mir sicher, dass dieser Raum der Eingang zur Hölle war. Ernsthaft.

Alec strafte mich mit seinen eiskalten Blicken, ich versuchte das Selbe zu tun. Allerdings schien ihm das wesentlich leichter zu fallen als mir.

Ich für meinen Teil fand es nämlich unglaublich anstrengend, die ganze Zeit Böse zu gucken.

Er schien viel Übung darin zu haben.

Naja, wie ich bereits erwähnte, der Raum war das Tor zur Hölle und mit jedem Tag schien er unordentlicher und chaotischer.

Dies wiederum könnte womöglich daran liegen, dass wir vollkommen aneinander vorbei arbeiteten.

Wenn ich einen Fleck aufgeräumt hatte, knallte er im nächsten Moment irgendwelches Gerümpel hinauf und andersrum war es nicht gerade besser, obwohl wir eigentlich abgetrennte Bereiche hatten, in denen wir arbeiteten.

Auf jeden Fall hatten wir seit unserer ersten Nachsitzstunde kein Wort mehr miteinander geredet und das war auch gut so.

Das einzige, was meine Laune wohl verbessert hätte, wäre ein Radio in dem Höllen-Raum.

Ich meine, wenn man Musik hörte, wenn man aufräumte, machte alles gleich viel mehr spaß. Und ich würde auf andere Gedanken kommen, als sein finsteres Gesicht.

Aber ich war mir nicht sicher, wie er reagieren würde, wenn ich das vorschlagen würde, außerdem redete ich lieber nicht mit ihm.

Generell wäre es mir lieber überhaupt nicht in seiner Nähe zu sein und er brauchte nicht glauben, dass ich nicht bemerkte wie er mich und Ben in den Pausen beobachtete, als würde ich jeden Moment irgendetwas Dummes tun.

Gut, ich gab zu, das war bei mir nicht gerade unwahrscheinlich aber trotzdem.

Während Ben und ich auf der Bank saßen und uns über die belanglosesten Dinge unterhielten, hatte er mit seinen Ven Freunden die Bänke am anderen Ende des Schulhofes eingenommen.

Allgemein hatten sie und vor allem er in den letzten Tagen unheimlich an Beliebtheit gewonnen und mittlerweile saßen mindestens noch sechs andere Inbecs bei ihnen, nicht zu vergessen die schmachtenden Mädchen.

Einfach nur lächerlich, wenn ihr mich fragt.

Jedenfalls geschah es manchmal, dass er seinen Freunden nur mit halbem Ohr zuhörte und immer wieder flüchtige Blicke in meine Richtung warf, als würde er vermuten, dass ich mich jeden Moment verwandeln würde um Ben dann mit einem Mal zu verschlingen.

Den konnte er übrigens fast genau so wenig leiden, wie mich, Ben meine ich. Und ich hatte absolut keine Ahnung warum.

Vielleicht, weil er sich mit mir abgab.

Allerdings musste auch ich gestehen, dass ich mich öfter dabei erwischte, wie ich die Ven und ihre Freunde beobachtete, ebenso misstrauisch wie Alec mich.

Immerhin konnte man ja wohl kaum von mir verlangen, einfach ruhig sitzen zu bleiben, während die Leute, die mich mit ihrer bloßen Existenz töten könnten, gelassen am anderen Ende des Schulhofes saßen.

Und je länger ich sie beobachtete, desto klarer wurde, dass Mik und Alec Ami waren.

Es mochte komisch klingen, aber wenn irgendjemand etwas sagte, fingen sie gleichzeitig an, dämlich zu grinsen (Alec würde mich umbringen, wenn er wüsste, dass ich ihn so sah), sie schienen in manchen Situation beinahe gleichzeitig auf etwas aufmerksam zu werden und dementsprechend gleichzeitig drehten sie sich dann auch um - was ziemlich gruselig war, wenn ihr mich fragt - und ich beobachtete sogar, wie sie in manchen Dingen die gleiche Gewohnheiten entwickelt hatten, wie zum Beispiel das immer wieder durch die Haare fahren, wenn sie nachdachten.

Wie schon gesagt, es war ziemlich gruselig und manchmal glaubte ich sogar, sie konnten die Gedanken des anderen lesen.

Ich hatte beobachtet, wie sie ab und zu, ohne jeglichen Grund aufsahen, zu dem anderen blickten und dann in sich hinein lachten.

Es war einfach nur schräg, wirklich.

Ach ja und ich bemerkte ebenfalls, dass dieses eine Ven Mädchen, die, mit dem glänzenden, schwarzen Haar und den smaragdgrünen Augen ziemlich in Alec vernarrt war.

Um nicht zu sagen verliebt.

So wie sie ihn immer ansah, die grünen Augen strahlten geradezu auf.

Außerdem neckte sie Alec immer mit irgendwelchen banalen Sachen, nur damit er sich mit ihr unterhielt und jedem Mädchen im Umkreis von zehn Metern warf sie giftige Blicke zu die eindeutig sagten »Er gehört mir!«

Ob er das so sah, wusste ich allerdings nicht wirklich. Er schien ihr merkwürdiges verhalten nicht einmal zu bemerken, beachtete sie genau so viel, wie die anderen.

Ich weiß nicht, aber irgendwie war es merkwürdig, die Ven so zu sehen...

Wie sie lachten und sich gegenseitig ärgerten und... einfach alles.

Sie schienen so...menschlich.

Bis jetzt hatte ich mir Ven immer bedrohlich und grausam vorgestellt, doch nun... es verwirrte mich vollkommen.

Denn in der Schule, schienen sie ganz und gar nicht, wie die Monster, die sie waren.

Nicht einmal Alec.

Obwohl ich sehr wohl merkte, dass er zu den Inbecs die meiste Distanz hielt. Ich fragte mich wieso.

Jedenfalls war mein einziger Trost in dieser anstrengenden Woche, meine Freunde.

Ben brachte mich in der Schule auf andere Gedanken, indem er über Bilderrahmen oder Wollpullover oder Seifenspender redete und Cole und Eza gaben alles darum, um mich über meinen Verlust der Gardistenausbildung hinwegzutrösten, aber vor allem über die ewig langen Nachsitzstunden.

Cole hatte sich bereits bei mir beschwert, dass ich unbedingt bald wieder früher nach Hause kommen sollte, da, ich zitiere: Eza ihn immer ärgern würde.

Zum Glück hörte sich das überhaupt nicht kindisch an oder so.

Eza hatte übrigens einfach nur daneben gestanden, ihn mit hochgezogenen Augenbrauen angesehen und gegen den Arm geboxt.

Am Wochenende waren wir zu den Rocks gelaufen und dieses eine Mal war ich tatsächlich keinem einzigen Ven (oder besser gesagt Alec) begegnet.

Und am Sonntag schließlich hatte ich bei Ben vorbei geschaut, da ich mir vorgenommen hatte, mehr mit ihm zu machen.

Eigentlich hatten wir bloß gemeinsam mit Gabe im Wohnzimmer gesessen, während irgendeine Sendung im Hintergrund lief, und uns unterhalten. Aber es war lustig gewesen.

Jetzt jedenfalls saß ich mit Ben auf dem Schulhof und unterhielt mich über Waschmaschinen, es war Montag.

Auch die Ven hatten wieder ihren üblichen Platz eingenommen und wieder spürte ich, wie Alec mir ab und zu scharfe Blicke zuwarf.

Dass Montag war, bedeutete auch, dass heute wieder die Kunst AG stattfand.

Um ehrlich zu sein wusste ich nicht Recht, ob ich mich darüber freuen sollte, oder nicht.

Einerseits fiel dadurch das Nachsitzen wenigstens für einen Tag - dem Himmel sei dank - aus, andrerseits waren Alec und Mik im Kunstprojekt.

Im Endeffekt entschied ich mich dafür, dass ich mich wenigstens ein bisschen freute.

Das hatte zwei verschiedene Gründe: Erstens, war Ben dabei und es bestand keinerlei Notwendigkeit sich auch nur in irgendeiner Weise den Ven zu nähern und zweitens, obwohl ich Kunst sonst nicht mochte, gefiel mir der Unterricht bei Ms McClair.

Ich mochte sie und irgendwie mochte ich so auch das Zeichnen. Zumindest hatte es mir das letzte Mal spaß gemacht, was eigentlich total ungewöhnlich war.

Allerdings sollte ich dabei nicht vergessen, dass wir in den Wald gehen würden - ganz zu schweigen von diesem dämlichen Zeltlager nächsten Monat.

Zu meinem Glück hatten wir die letzten beiden Stunden Biologie. Ich mochte Biologie und um ehrlich zu sein war ich auch gar nicht mal so schlecht in diesem Fach.

Dazu kam, dass mich die alte Mrs Watson irgendwie gut leiden konnte. Also waren diese beiden Stunden schnell rum und dann hieß es ab zum Kunstprojekt.

Ben und ich waren eine der ersten die - wie vereinbart - an der Sporthalle ankamen. Nur das besserwisserische Mädchen vom letzten Mal war noch da plus ihre braunhaarige Freundin.

Gähnend lehnte ich mich gegen die Wand der Sporthalle, versuchte die Gedanken an bestimmte Geschehnisse, die vor einer Woche hier passiert waren, zu verdrängen und hörte mir von Ben an, dass es mir vielleicht mal gut tun würde, früher schlafen zu gehen.

»Ich bin früh schlafen gegangen«, behauptete ich, was nicht ganz der Wahrheit entsprach.

Auf dem Weg von seinem Haus in unser Dorf hatte ich vielleicht ein wenig getrödelt...

Ben musterte mich prüfend.

»Anhand deiner Augenringe kann ich sagen dass du in etwa...«

Doch bevor er sagen konnte, was ich in etwa hatte, räusperte sich jemand und wir sahen beide auf.

Ich hatte gar nicht gemerkt, dass die anderen mittlerweile auch da waren - wo waren Alec und Mik? - und Ms McClair verschaffte sich in eben diesem Moment gehör.

Heute trug sie ihr braunes Haar offen, was sie irgendwie direkt jünger wirken ließ.

Augenblicklich hingen alle an ihren Lippen - man hatte die Frau eine Ausstrahlung - und Ben sah mich, wie schon letzten Montag, verwirrt an.

Lächelnd sah McClair in die Runde.

»Gut, sind alle da?«, fragte sie.

Vereinzelt sahen sich Schüler um, ich gab keinen Mucks von mir.

Mich für meinen Teil würde es nämlich nicht stören, wenn wir ohne die beiden Ven losziehen würden, ehrlich nicht.

Allerdings meinte das Schicksal es nicht gut mit mir.

Eine hübsche, blauäugige Brünette meldete sich.

»Alec und Mik fehlen«, meinte sie eifrig.

Ich runzelte die Stirn. Ich war mir ziemlich sicher, dass sie letzte Woche noch nicht in der AG gewesen war.

Verwirrt musterte ich sie und als ich die drei Mädchen hinter ihr erblickte, fiel mir auf einmal ein, woher ich sie kannte.

Sie war eines dieser schmachtenden Mädchen, die sich immer in Alecs Nähe herumdrückten. Genau wie die drei hinter ihr.

Ich verdrehte die Augen und verschränkte die Arme vor der Brust. Das konnte ja wohl nicht deren ernst sein.

Fragend sah mich Ben an.

»Die waren das letzte mal aber noch nicht da, oder?«, raunte er mir verwirrt zu.

Ich schüttelte den Kopf.

»Sie sind wegen Al- dem Jungen mit den hässlichen Tatoos und den schwarzen Haaren hier«, erklärte ich.

Gut, vielleicht waren seine »Tatoos« oder besser gesagt Praes nicht unbedingt hässlich, die Mädchen zumindest schienen gerade sie ziemlich zu mögen, aber trotzdem.

Ich meine, entschuldigt, aber ich finde Symbole, die meine Haut verbrennen könnten nicht gerade...anziehend.

Verwirrt sah Ben mich an.

»Aber warum denn? Sie sind doch nicht mit ihm befreundet, oder? Ich meine, ich bin hier, weil ich mit dir befreundet bin, aber sie habe ich noch nie mit dem Jungen gesehen«, meinte er und ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.

Solche Gedanken konnte eben nur Ben haben.

»Nein, sind sie nicht, aber sie mögen ihn«, erklärte ich und wackelte mit meinen Augenbrauen.

Das allerdings schien Ben nicht wirklich weiter zu helfen.

»Wie können sie ihn mögen, wenn sie ihn nicht einmal kennen?«

Ich seufzte.

»Das ist eine sehr gute Frage Ben«, entgegnete ich und beließ es einfach dabei, dass er meine Andeutungen bezüglich des mögens nicht verstanden hatte.

Immerhin hatte er Recht.

Wie konnte man einen Mensch mögen, wenn man ihn nicht einmal wirklich kannte? Das war dann doch ziemlich oberflächlich, wenn ihr mich fragt.

»Entschuldigung für die Verspätung«, ertönte dann plötzlich eine bekannte Stimme und ich war beinahe versucht gewesen, genervt aufzuseufzen, als ich sein schwarzes Haar erblickte, das ihm wie immer im Gesicht hing.

Neben ihm stand ein grinsender Mik, der aus irgendeinem Grund ziemlich glücklich aussah.

Alec hingegen schien... sagen wir nicht ganz so glücklich, milde ausgedrückt.

McClair musterte die beiden Jungen kurz nachdenklich, dann nickte sie.

Sie klatschte in die Hände.

»Gut, wenn wir jetzt vollständig sind, können wir ja losgehen«, verkündete sie, schulterte die Tasche, in der sie vermutlich irgendwelche Materialien für den Unterricht hatte und lief dann voran.

Während die meisten ihr augenblicklich folgten, blieben Ben und ich noch etwas stehen.

Das war nämlich auch so eine Angewohnheit von ihm.

Wenn Ausflüge gemacht wurden, musste er immer ganz hinten laufen.

Zu meinem Pech hatten diese Idee allerdings auch Alec und Mik und somit die vier tuschelnden und kichernden Mädchen.

Alecs Blick traf meinen, auffordernd sah er mich an.

Ich ballte die Hände zu Fäusten. Am liebsten wäre ich einfach losgelaufen, aber Ben zu liebe, der selig lächelnd wartete, bis alle losgegangen waren und die Situation - zumindest noch - nicht bemerkte, blieb ich stehen.

»Wollt ihr nicht gehen?«, zischte dann plötzlich Alec und bei seinem kalten Tonfall zuckte Ben tatsächlich zusammen - ich hatte es mir mittlerweile abgewöhnt.

Um ehrlich zu sein machte mich seine Stimmung gerade einfach nur wütend.

Wir hatten ihm immerhin nichts getan, er musste mich nicht auch noch hier blöd anmachen.

So kam es also, dass ich ihm einen giftigen Blick zuwarf, den er mit einem abschätzigen Funkeln quittierte. Mik sah mit hochgezogenen Augenbrauen zwischen uns hin und her.

»Wir laufen immer hinten«, erklärte ich so ruhig wie möglich, fest entschlossen, mich diesmal nicht einschüchtern zu lassen.

Ich wusste nicht einmal, warum mich Alec in dem Moment so wütend machte, ehrlich nicht.

Er verengte die Augen zu schlitzen.

Sechs Augenpaare richteten sich auf mich, Ben sah unruhig zwischen Alec und mir hin und her.

Selbst er spürte, dass etwas nicht stimmte.

Mit einem abschätzigen Schnauben beugte sich die Brünette zu einer ihrer Freundinnen.

»Stimmt, ihr komischer Freund hat ja diese beknackte Störung«, raunte sie ihr zu.

Wäre ich kein Lykanthrop, hätte ich es vermutlich nicht gehört. Doch ich war nun einmal einer.

Mein Blick schnellte zu ihr, irgendeine Sicherung brannte durch.

»Was hast du gesagt?«, zischte ich und funkelte sie gefährlich an.

Unter meinem Blick zuckte sie tatsächlich zusammen, sah mich ungläubig an und verstand ganz offensichtlich nicht, wie ich sie gehört haben konnte.

Es war dumm - sogar ziemlich dumm - auf ihre Worte zu reagieren, aber wenn es um Ben ging verstand ich keinen Spaß.

Ich hatte immer das Gefühl, in beschützen zu müssen und an diesem Punkt kam wieder zum Vorschein, dass ich durch mein animalisches Ich meine Gefühle manchmal nicht wirklich unter Kontrolle hatte.

Ich war sogar geneigt, sie anzuknurren, allerdings konnte ich mich gerade so zurück halten.

Dann warf mir das Mädchen plötzlich einen herablassenden Blick zu. Als hätte sie irgendeinen Entschluss gefasst.

»Was? Ist doch so. Er hat doch diese komische Störung, oder?«, meinte sie und warf Ben einen abschätzigen Blick zu.

Ich spürte, wie sich Ben neben mir anspannte und ich wusste, dass ihn verletzte, was sie sagte.

Vielleicht verstand er manche Dinge nicht, doch was sie gesagt hatte, verstand er klar und deutlich. Wenn es auf seinen Autismus kam war er erstaunlich verletzlich.

Und das machte mich noch wütender.

Ich ballte meine Hände zu Fäusten und spürte, wie es in meinen Fingern kribbelte.

»Er hat keine komische Störung«, knurrte ich.

Fehlte jetzt nur noch, dass ich mich hier und jetzt vor ihrer aller Augen in meine Mischgestalt verwandelte.

Sie schnaubte, warf sich das lange Haar über die Schultern und zog die Nase, beinahe angeekelt, kraus.

»Ist es nicht anstrengend, mit so einem Freak befreundet zu sein?«, höhnte sie weiter, in mir brodelte es, meine Fingernägel bohrten sich in meine Handfläche.

Das hatte sie nicht gesagt.

Dann zuckte das Mädchen gespielt nachdenklich mit den Schultern.

»Aber du bist ja selbst einer. Du und er, alle beide.«

Und da riss endgültig der kleine Faden der Geduld in mir.

Ich wusste nicht, woher ich diese Wut auf einmal nahm, doch diese Gefühle übernahmen mich vollkommen.

Vielleicht hatte ich in der letzten Woche zu viel unterdrückte Wut angestaut, doch das einzige, was ich jetzt wollte, war ihr wehtun.

Richtig wehtun.

Niemand sollte es wagen, so von Ben zu reden, ich blendete vollkommen aus, dass ich mich in Gegenwart zweier Ven befand. Vergaß es einfach.

Ich sah im Tunnelblick. Und am Ende dieses Tunnels stand sie.

Das verdammte blauäugige Mädchen mit dem herablassenden Funkeln in den Augen, die Augenbrauen höhnisch hochgezogen.

Ich gab einen undefinierbaren Laut von mir, halb knurrend, halb ächzend, dann stürmte ich los.

Ich wollte ihr wehtun. Und vermutlich - wenn ich bei klarem Verstand gewesen wäre - wäre ich erschrocken über mich selbst, aber ich war es nicht.

Die Augen des Mädchens weiteten sich, sie schrie erschrocken auf, ich ließ meinen Körper einfach handeln.

Und dann spürte ich plötzlich einen festen Griff an meinem Handgelenk.

Mit voller Wucht wurde ich nach hinten geschleudert und knallte gegen Alec, der einen Schritt nach hinten taumelte.

Doch ich machte einfach weiter, nicht wirklich in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen.

»Lass mich los!«, brüllte ich ihn rasend vor Wut an, doch er packte mich einfach um den Bauch, um der Gefahr zu entgehen, meine Haut zu berühren und hielt mich unerbittlich fest.

Wütend trat ich nach ihm, realisierte gar nicht wirklich, was hier grad passierte.

»Lass mich los du Idiot!«

Ich wand mich unter seinem Griff trat und schlug nach ihm, doch er hielt mich eisern fest.

Aus dem Augenwinkel sah ich Ben, der stumm auf den Boden starrte und allein das reichte für mich aus, nicht aufzuhören.

»Lass mich los!«, kreischte ich erneut und schlug nach ihm, immer auf der Hut, ihn nicht zu berühren.

»Beruhig dich verdammt!«, zischte Alec wütend, packte mich nur noch fester.

Die anderen starrten uns vollkommen verwirrt an, während wir miteinander rangen, das brünette Mädchen schien sich langsam wieder zu fangen.

»Ich schwöre dir«, rief ich rasend, »wenn du mich nicht loslässt, reiß ich dir den Kopf ab Alec!«

Ich bemerkte nicht einmal, das ich ihn bei seinem richtigen Namen nannte, was möglicherweise nicht ganz so schlau war.

»Hör auf!«, ried Alec ebenso wütend und taumelte mit mir im Griff noch einen Schritt nach hinten, während ich immernoch tobte.

Ich trat erneut nach ihm und traf sein Schienbein.

Er keuchte auf, ließ mich allerdings nicht los.

Jetzt schien jedoch auch Mik langsam die Geduld zu verlieren. Er war der Brünetten einen giftigen Blick zu.

»Könnt ihr nicht einfach verschwinden?«, blaffte er die Mädchen an und alleine das reichte aus, um mich für einen Moment überrascht erstarren zu lassen.

Diesen Moment nutzte Alec und festigte seinen Griff, sodass ich keine Chance mehr hatte, von ihm loszukommen, unerbittlich drückte er mich an sich, was mich in jeder anderen Situation unheimlich gestört hätte, jetzt nahm ich es nicht einmal wirklich wahr.

Seine Wärme hinter mir war da und dann doch wieder nicht.

Verwirrt sah ich Mik an, für einen Moment vergaß ich meine Wut.

Der Ven zuckte mit den Schultern.

»Ich kann die nicht leiden«¸ raunte er.

Und dann waren die Mädchen, nicht ohne sich leise zu beschweren, verschwunden.

Ich blinzelte heftig, es war mucksmäuschenstill.

Erst jetzt realisierte ich wirklich, was passiert war. Mik schien mich irgendwie... wachgerüttelt zu haben.

Mein Atem ging keuchend und ich spürte wie Alecs Puls raste.

Was hatte ich getan?

Ich wollte... Ich wollte wirklich...

Ich wollte ihr wehtun.

Oh Gott.

Ich schluckte und alles in mir sackte in sich zusammen, sodass ich mir sicher war, dass ich hingefallen wäre, wenn Alec mich nicht immer noch in seinem Griff gefangen halten würde.

Für einen Moment erfüllte nichts weiter als unser schneller Atem die Luft, Alec löste seinen Griff kein bisschen, ich wehrte mich nicht.

Dann räusperte sich Mik.

»Ich denke, du kannst sie jetzt loslassen«, murmelte er und erst da schien Alec richtig zu merken, was er hier tat.

Hastig löste er seinen Griff von mir und ich trat augenblicklich einen Schritt von ihm weg, versuchte das Zittern, das aus irgendeinem Grund in mir aufkam, zu unterdrücken.

Ich wollte ihr wehtun...wirklich wehtun. Noch nie in meinem Leben hatte ich so gefühlt.

»Alles in Ordnung bei dir?«, fragte Mik plötzlich und ich sah ihn völlig verwirrt an.

Er lächelte verhalten.

Wieso? Er musste mich doch für vollkommen verrückt halten, er musste denken, dass ich durchgeknallt war. So etwas sollte er doch dieses verdammte Mädchen fragen, aber nicht mich.

Das sollte er Alec fragen, sein Ami, den ich getreten hatte, weswegen er eigentlich sauer hätte sein müssen.

Doch zu meinem unendlichen Glück, schien er, was den Wolf in mir anging, nichts gemerkt zu haben.

Trocken zuckte er mit den Schultern.

»Wie gesagt, ich kann sie nicht leiden. Hör einfach nicht auf sie, sie ist bloß eine dieser oberflächlichen Personen, auf deren Meinung musst du nichts geben.«

Ich konnte nicht verhindern, ihn mit großen Augen anzustarren, als er mich auch noch aufmunternd anlächelte.

Wie konnte jemand so nett sein, obwohl er ein Ven war, obwohl er mit Alec befreundet war.

Andrerseits wusste er auch nicht, was ich war.

Alec schon.

Ich musste nur an den Hass in seinen Augen denken, als er meinen Wolf angesehen hatte. Wenn er wüsste was ich war...

»Komm jetzt Mik«, knurrte dann plötzlich Alec, der anscheinend so viel Abstand zwischen uns bringen wollte, wie nur möglich und riss mich aus meinen Gedanken heraus.

Er warf mir einen letzten, Blick zu, der eindeutig sagte: »Pass auf was du tust. Ich weiß, was gerade beinahe passiert wäre.«

Dann drehte er sich um und folgte der Klasse, die bereits ein ganz schönes Stück vorgelegt hatte.

Wieder grinste Mik.

»Und den musst du auch nicht beachten. Alec kann schwierig sein, aber eigentlich ist er der beste Mensch, dem du jemals begegnen wirst.«

Und dann machte auch er sich vom Staub, ließ mich vollkommen perplex stehen.

Perplex und verwirrt und überhaupt...

Um ehrlich zu sein bezweifelte ich doch sehr stark, dass Alec der beste Mensch war, dem ich bis jetzt begegnet war. Zumal er nicht einmal wirklich ein Mensch war, wenn man es genau nahm.

Erst als Ben vorsichtig neben mich trat, erwachte ich aus meiner starre.

Er wirkte geknickt.

Sofort wurde mein Gesicht weicher, meine Haltung lockerer.

»Die hat doch keine Ahnung, ehrlich nicht«, meinte ich, immer noch nicht ganz bei Atem.

Ben rang sich zu einem kleinen Lächeln durch, was erstaunlich war, weil er nie lächelte, wenn ihm nicht nach Lachen zu Mute war.

»Danke«, erwiderte er leise.

Und ich wusste, dass er es ernst meinte.

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