112
Ich stöhnte auf, als ich langsam wieder zu mir kam.
Mein Hinterkopf tat höllisch weh und in meinem Hals pulsierte es, als wäre in ihm ein zweites Herz zum Leben erwacht.
Die Kopfschmerzen benebelten mich für einen Moment so sehr, dass ich nicht klar denken konnte, nicht mehr wusste, was geschehen war.
Gepeinigt legte ich die Stirn in Falten und ächzte, bis ich plötzlich die Fesseln spürte, die sich eng um meinen Bauch und meine Hand- und Fußgelenke schlangen.
Und da wurde es langsam wieder klarer. Der Wald... Die Halle... Alec, wie er mich festgehalten hatte, wie ich ihm meinen Ellbogen gegen das Kinn geschmettert hatte.
Lupas Schreie.
Lupa!
Ich keuchte auf und versuchte verzweifelt meine Augen zu öffnen, doch es schien mir einfach nicht gelingen zu wollen.
Ein klägliches, kleines Ächzen verließ meine Lippen und ich musste husten, was viel mehr einem rasselnden Geräusch glich.
»Aruna«, ertönte dann plötzlich eine leise, fast drängende Stimme.
Und dann wieder. Wieder und wieder, immer drängender.
»Aruna!«
Mein Kopf ruhte weiterhin auf meiner Brust, während ich vollkommen erschlafft in den Fesseln hing, doch langsam lichtete sich der Nebel aus meinem Kopf, meine Sinne schienen besser zu funktionieren, ich spürte das raue Holz, auf dem ich saß und atmete von Sekunde zu Sekunde immer kräftiger die modrige Luft ein.
Ein kalter Schauer überkam mich, es war eisig kalt hier und dann flatterten meine Lider.
Keuchend hob ich meinen Kopf, die Gedanken rasten weiterhin im Kreis, die Sorge um meine kleine Schwester, doch es war jemand anderes, den ich vielleicht drei Meter neben mir auf einem verzieherten, hölzernen Stuhl sitzen sah, ebenso gefesselt wie ich selbst.
Ich blinzelte heftig, als mein Blick seinen grauen Augen begegnete, die mich voller Sorge musterten, während er selbst ganz schön eine auf den Schädel bekommen zu haben schien.
Alles war irgendwie noch merkwürdig verschwommen und drehte sich, sodass ich nicht viel mehr erkennen konnte, als einen kalten, steinernen Boden und die lange Reihen von Bänken hinter uns.
Wir mussten in einer großen Halle sitzen, soviel konnte ich noch sagen, doch dann brachte ich nicht mehr zu Stande, als Alec benommen anzublinzeln, der sehr viel aufrechter dasaß, als ich.
»Du bist wach«, seufzte er erleichtert und zog wütend an seinen Fesseln.
Ich blinzelte und versuchte meinen Atem zu normalisieren, während mein Hals weiterhin so unheimlich unangenehm pulsierte.
»Was ist passiert?«, seufzte ich erschöpft und blinzelte heftig, damit mein Blick langsam endlich klarer wurde.
»Wo sind wir hier?« Alec seufzte und musterte mich besorgt, weil ich vermutlich wirklich nicht ganz so gesund aussah.
»Ich weiß es nicht genau... Ich bin dir nach durch dieses Tor und dann war ich auf einmal nicht in irgendeiner Halle sondern in einem Korridor. Irgendein Penner hat mir was gegen den Kopf gedonnert und dann bin ich hier aufgewacht. Ich glaube es ist eine Art Kirche. Du glaubst gar nicht, wie viel scheiß Angst ich hatte, als ich dich dann auf einmal hier gesehen habe, wie du vollkommen leblos da hingst. Für eine Sekunde dachte ich wirklich, du wärst tot.«
Ich blinzelte heftig, versuchte etwas klarer zu werden und sah nun auch die Empore vor uns, die komplett aus Stein gemeißelt schien.
Exakt Fünf Stufen führten hinauf und auf ihr thronte ein wirklich unheimlicher Altar aus dunklem Gestein, geschmückt mit allen Möglichen Symbolen und um seinen Saum ragte etwas in die Höhe, was menschlichen Knochen fürchterlich ähnlich sah.
Ich schluckte schwer, als ich die dutzenden Kerzen erblickte, die um ihn herum aufgestellt worden waren und ein kalter Schauer überkam mich, als ich empor sah.
Anders als in der Kirche, die in Little Falls stand und in die Ben mich einmal gezwungen hatte, mit hinein zu gehen, schmückte kein buntes Glas die Wände.
Gigantische Kronleuchter hingen von der Decke und über der Empore schien sich ein riesiger Turm aufzutun, der keine einzigen Fenster besaß, aus einzigem, tiefdunklen Stein ohne jeglichen Schmuck zu bestehen schien.
Eine steinerne Treppe führte von der Empore aus spiralförmig hinauf, doch ich konnte nicht sehen, wo sie endete. Heftig blinzelte ich, sah die kleinen Staubpartikel, die im faden Licht der riesigen Kronleuchter tanzten und konnte nicht anders, als das Gesicht zu verziehen, bei dem bestialischen Gestank, der diese gigantische Halle erfüllte.
Wo waren wir hier? Und wie waren wir her gekommen? Ich schluckte schwer und spürte, wie sich die Panik langsam aber sicher wieder in mir ausbreitete.
Und Lupa? Wo war sie? Wo waren die anderen?
Ich spürte, wie Alec mich beobachtete, während ich meinen Blick angespannt nach hinten wandt und die kargen Steinwände entlang sah, in dem Versuch, das Ende der Halle zu erahnen.
Anders als Alec gesagt hatte, erinnerte mich das hier kaum an eine Kirche, vielmehr an eine düstere Höhle, aus der zwei breite, dunkle Korridore was weiß ich wo hin führten.
Ungläubig schüttelte ich den Kopf und blickte die dutzenden Bankreihen entlang, geschlagen aus dunklem Holz und ganz anders als unsere Stühle, die genau vor den Altar gestellt worden waren, waren sie überhaupt nicht kunstvoll geschnitzt worden, schienen viel mehr in wenigen Minuten zusammengezimmert worden zu sein.
»Was ist das hier für ein Ort?«, hauchte ich mit immer schwerer werdenden Brust.
Es war eine Falle gewesen...
Alec hatte es gesagt und ich war doch einfach weiter gerannt...
Und wer uns diese Falle gestellt hatte, war nicht schwer zu erraten, auch wenn ich es in diesem Moment noch nicht wahrhaben wollte...
Wie ein Lemming war ich einfach von der Klippe gesprungen und hatte Alec gleichzeitig mit hinab gerissen.
Ich musste schwer schlucken und schloss für einen Moment die Augen, während ich mich selber zu beruhigen versuchte und zischend an den Fesseln zog. »Das bringt nichts«, seufzte Alec dann plötzlich und als ich die Augen wieder öffnete, sah ich, wie er schnaubend den Kopf in den Nacken legte und fast resigniert die hohe, gewölbte Decke über uns betrachtete, die den ganzen Ort nur noch mehr nach einer dunklen Höhle aussehen ließ.
Kopfschüttelnd funkelte ich den Ven an, der einfach da saß, ohne etwas zu tun. Wollte er etwa schon aufgeben?!
»Aber irgendetwas müssen wir doch machen?!«, zischte ich leise und zog wieder an den Fesseln, die sich allerdings einfach nur noch enger um meine Glieder zu ziehen schienen.
Und Alec saß einfach da, seelenruhig, betrachtete die Kronleuchter über uns, ohne eine Miene zu verziehen und schien die Ruhe selbst. »Was ist denn aus dem "Ven sind Krieger" geworden?!«, keuchte ich ungläubig und irgendwie wütend, dass er nicht einmal Anstalten machte, auch nur irgendetwas zu tun, um sich zu befreien.
Also ich wusste nicht, wie es ihm ging, aber ich wollte hier schleunigst raus, wollte verdammt noch mal Lupa und die anderen finden und dann einfach nur abhauen.
»Wir sind gefesselt«, erwiderte Alec einfach nur trocken und gerade, als ich empört meinen Mund öffnen wollte, einfach nicht fassen konnte, wie kampflos er aufgab, sprach der Ven einfach weiter.
»Und weißt du was geschieht, wenn man gefesselt ist?«
Und da drehte er seinen Kopf plötzlich zu mir und sah mich eindringlich an, wirkte bei genauerem hinsehen auf einmal unheimlich müde und voller Reue konnte ich den dunklen Schatten auf seinem Kiefer schimmern sehen.
Verwirrt blinzelte ich ihn an und schüttelte verständnislos mit dem Kopf, wusste ehrlich nicht, worauf er hinaus wollte.
Alec seufzte und schloss für einen Moment die Augen, als wäre er müde.
»Wenn man dich fesselt, will man mit dir reden. Sonst hätten sie uns schon lange umbringen können. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir genau jetzt beobachtet werden.«
Besorgt runzelte ich die Stirn, als seine Stimme zum Ende hin immer lauter wurde und blendete für einen Moment vollkommen aus, was er gesagt hatte.
»Geht es dir gut?«, fragte ich leise, besorgt, auch wenn das vermutlich nicht eine meiner schlausten Fragen gewesen war.
Ich meine, ganz offensichtlich waren wir beide K.O geschlagen worden und nun gefesselt, dass es ihm da nicht blendend ging war irgendwie klar.
Trotzdem machte mir sein Anblick irgendwie Angst, auch wenn ich mich selber ziemlich beschissen fühlte.
Alec schnaubte und öffnete langsam wieder seine Augen.
»Ich glaube du hast mir meinen Kiefer gebrochen.«
Schuldbewusst senkte ich den Blick und zog wieder an den Fesseln, einfach, weil ich es nicht hinnehmen wollte, dass wir uns nicht aus dieser beschissenen Situation befreien konnten.
Okay, gut, wir waren Alec und Aruna, unsere scheiß Leben waren wirklcih verkorkst, aber irgendwie schafften wir es doch immer, oder? Und das konnte sich doch nicht einfach ändern.
»Ich...«, setzte ich leise an, stockte, suchte angestrengt nach den richtigen Worten und spürte, wie der Ven mich beobachtete, auch wenn ich seinen Blick nicht wirklich deuten konnte.
»Ich... Lupas Schreie... sie haben mich einfach verrückt gemacht und...«
»Aruna.«
Überrascht sah ich auf, verwirrt von der Sanftheit in seiner Stimme und gleichzeitig baute sich die Angst weiter und weiter und weiter auf, bei dem schrecklichen Gedanken nicht zu wissen, was mit meiner Schwester war.
Beinahe... traurig lächelte Alec mich an und schüttelte den Kopf.
»Das war kein Vorwurf. Ich weiß, wie viel sie dir bedeutet. Wenn ich allein daran denke, dass Aleyna so geschrien hätte... Vermutlich hätte ich demjenigen, der mich aufgehalten hätte, nicht nur den Kiefer gebrochen.«
Irgendwie perplex blinzelte ich ihn an und konnte einfach nicht fassen, was aus uns beiden geworden war, wie sehr wir uns verändert hatten.
Dann schluckte ich schwer und senkte meinen Blick wieder.
»Lupa... glaubst du... glaubst du ihr geht es... ich meine...«
Ich konnte es einfach nicht aussprechen, brachte es nicht über die Lippen, über mein Herz, allein der Gedanke, dass dieses kleine Mädchen... dass dieser kleine Engel...
Sie durfte nicht... sie durfte einfach nicht...
Ich hörte, wie Alec schwer seufzte und alleine bei dieser kleinen Geste hätte ich anfangen können zu heulen.
Ich kniff meine Augen zusammen, doch da ertönte plötzlich wieder seine beinahe beruhigende Stimme.
»Hey, hör mir zu. Wenn Lupa auch nur ein Fünkchen ihrer großen Schwester in sich trägt, dann wird sie es diesen Arschlöchern gezeigt haben und sich bestimmt nicht unterkriegen lassen.«
Ich blinzelte, sah dann langsam auf und blickte in Alecs beruhigendes Gesicht.
Und da lächelte er plötzlich, ganz leicht, als hätte er Angst, es könnte jemand anderes als ich sehen.
»Wir schaffen das, okay? Wir hören uns an, was diese Arschlöcher zu sagen haben, um mehr über diesen Ort heraus zu finden, damit wir abhauen können, damit wir wissen, wo sie deine Schwester gefangen halten. Und dann befreien wir sie und hauen ab, okay? Jetzt musst du nur stark für sie sein, du darfst dir deine Angst nicht anmerken lassen, wenn wir sie hier raus bekommen wollen.«
Mein Atem stockte. Ich hatte nicht einmal darüber nachgedacht, dass wir überhaupt nicht gewusst hätten, wo wir nach meiner Schwester und den anderen suchen mussten und jetzt, wo Alec es ansprach wurde mir nur noch übler.
Und trotzdem war da noch dieser andere Satz, der mir aus seinem Mund gesprochen irgendwie merkwürdig viel Mut schenkte.
Wir schaffen das.
Wir.
Und ich musste stark bleiben. Wie Alec es gesagt hatte. Für die, die ich liebte.
Also nickte ich ganz langsam, mein Mund öffnete sich, um etwas zu erwidern, doch da geschah es.
Ein Stich durchzuckte meinen Körper, ich riss meine Augen auf und ein entsetzter Laut entkam meiner Kehle.
Denn da ertönte es.
Dieses schreckliche, dieses grausame, dieses unendlich höhnische Lachen, dass die Halle vollkommen einnahm, mich einnahm, mein Herz aussetzen ließ, mir den Atem raubte.
Und dann ertönte plötzliche eine tiefe, arrogante Stimme, die ich vermutlich nie wieder vergessen würde.
»Ist das nicht süß?!«, höhnte sie, während Alec und ich die Köpfe in die Höhe rissen, hektisch die Quelle dieser Stimme ausmachen wollten, wobei sie weiter und weiter und weiter lachte und alles zum rotieren brachte.
Und dann krachte etwas plötzlich geschossartig auf die Empore hinab, ein wirbelndes Glühen aus loderndem Purpur, das mir die Augen zu verätzen zu schien, mein erster Impuls war es, sie zusammenzukneifen, doch gleichzeitig konnte ich einfach nicht, Alec keuchte irgendetwas in meine Richtung, ich verstand es nicht, das Lachen hörte nicht auf und dann erhob sich plötzlich ein dunkler Schatten aus dem Purpur, der gackernd die Hände auseinander breitete, als wolle er uns zu einer besonders makaberen Show willkommen heißen.
»Vielen Dank für eure Geduld«, höhnte der Schatten und dann, mit einem Mal fing das Purpur an zu pulsieren wie ein schlagendes Herz, immer weiter, immer schneller, ich keuchte auf, das Lachen wurde lauter und lauter, Alec brüllte mir etwas zu und dann explodierte es.
Ein gleißend helles Licht krachte auf den Saal ein, ich keuchte auf, kniff meine Augen zusammen und wollte meinen Arm hinauf reißen, um sie zusätzlich zu schützen, doch er war weiterhin gnadenlos gefesselt.
Es überkam mich wie eisig kalte Eisspitzen, sie bohrten sich in meine Haut und ließen mich gepeinigt aufschreien und gleichzeitig loderte ein siedend heißes Feuer um mich herum, das meine Haut verbrannte.
Und dann war es vorbei.
So schnell es gekommen war, so schnell ging es auch wieder und ließ mich vollkommen erschlafft in meinen Fesseln hängen.
Und dann hörte ich wieder dieses Lachen, leiser diesmal, doch nicht weniger grausam.
»Hat euch das jetzt etwa umgehauen?«
Gespielt empört holte die tiefe Männerstimme Luft.
»Ich bin untröstlich.«
Wieder lachte er.
Und das war der Moment, in dem meine Lider flatterten, in dem sich alles in mir, was umgefallen war, wieder aufrichtete.
Und ich erinnerte mich an Alecs Worte. Stark sein. Für sie.
Also richtete ich mich stöhnend wieder etwas auf, auch wenn sich mein Körper wie gerädert anfühlte.
Blinzelnd hob ich meinen Blick. Und dann sah ich ihn.
Einen Anblick, den ich nie wieder vergessen würde. Ohne, dass ich es steuerte, riss ich meine Augen auf, ein keuchen entglitt meinen Lippen und als mich diese glühenden, roten Augen trafen, fühlte ich einen Schmerz in meinem Inneren, wie ich es noch nie gefühlt hatte.
Ich keuchte auf, krümmte mich, es schien mich zu zerreißen, unter diesem unheimlich stechenden Blick erzitterte ich und doch schaffte ich es nicht, meinen Blick abzuwenden, während es sich anfühlte, als würde mein Herz genau in diesem Moment einfach stehen bleiben.
Fast unbekümmert lehnte er da, die muskulösen Arme vor der Brust verschränkt und mit solch einem siegessicheren Lächeln, dass es mir die Galle hochtrieb.
Und trotzdem... trotzdem war es wohl der schönste Mann, den ich jemals gesehen hatte.
Nein. Nicht der schönste Mann, den ich jemals gesehen hatte, der meine Definition von Schönheit erfüllte.
Doch er war das, was so unendlich viele als perfekt ansehen würden.
Viel zu groß, als das es hätte normal sein können, schlank und im gleichen Moment doch so unendlich muskulös, dass es einen schauderte.
Er trug einfache Sachen, nicht einmal Schuhe und sein Hemd war weit über die Brust aufgeknöpft, sodass man die makellose, Schneeweiße Haut erkennen konnte, all diese unheimlichen Muskeln, die sich zu dieser Erscheinung zusammen schlossen.
Er wirkte merkwürdig mittelalterlich mit dem tiefschwarzen Haar, das sich in seinem Nacken lockte und ihn aussehen ließ wie einen Prinzen.
Und dann dieses Gesicht... zu übernatürlich, zu schön, um von einem Inbec zu sein, um überhaupt von irgendjemandem zu sein, zu schön, um einem solch grausamen Geschöpf zu gehören.
Er schien geradezu perfekt.
Keine einzige Narbe, kein einziger Makel auf der Schneeweißen Haut, nichts, was einen echten Menschen ausmachen würde, mit Fehlern und Macken.
Die hohen Wangenknochen und der ausgeprägte Kiefer wirkten, als könnte man sich an ihnen schneiden, die Lippen waren voll und doch erstaunlich blass, beinahe blutleer.
Es war, als wäre er geradewegs aus irgendeiner perfekten Schablone entstanden, als wäre alles auf den Millimeter geplant.
Die dunklen Augenbrauen, der Schwung seiner Nase und dann diese Augen.
Ich keuchte auf, als sein bloßer Blick mir schmerzhafte Stiche durch den Körper jagen ließ und dann hob er plötzlich die Augenbrauen, grinste mich höhnisch an.
»Pass lieber auf kleiner Ven, ich glaube deine süße Freundin ist überwältigt«, grinste er und ich konnte hören, wie Alec neben mir wütend aufknurrte.
Ich blinzelte heftig, dann schüttelte ich den Kopf, um mich von diesem Anblick zu lösen, konnte nicht verhindern, dass mit der Ekel den Rücken hinab rann.
Langsam senkte ich den Blick, damit ich nicht mehr in dieses übernatürliche Gesicht sehen musste, mit dieser blassen Haut und den blutroten Augen, während der Mann weiter höhnte.
»Aber wer mag es ihr schon verübeln? Solch einen Effekt scheine ich auf viele zu haben. Vor allem auf die weiblichen Wesen, obwohl ich zugeben muss, dass ich es wohl auch schon einigen Männern angetan haben muss.«
Doch ich achtete gar nicht mehr auf seine Worte. Denn erst jetzt erblickte ich die leblose, zusammengekrümmte Gestalt, die zu den Füßen des Mannes lag wie Dreck.
Und dann schrie ich auf, mein Herz machte einen Aussetzer, mir wurde unglaublich schlecht und erst mit diesem Anblick krachte der beißende Geruch von Blut auf mich ein.
»Gabe«, wimmerte ich entsetzt und sofort blitzten Bilder vor meinem inneren Auge auf.
Wie ich den Jungen mit den blauen Augen und dem hellen Haar zum ersten Mal gesehen hatte, wie er nicht aufgehört hatte, mich anzugrinsen, weil er sich so unglaublich gefreut hatte, endlich mal jemanden bei seinem kleinen Bruder zu sehen.
Wie er mich und Ben zur Schule gebracht hatte, lautstark zu irgendeinem Popsong mitgesungen hatte und Ben so sehr rot geworden war, dass Gabe ihn mit einer Christbaumkugel verglich.
Und da hatte er Fenris zum ersten Mal gesehen, sein Blick damals irgendwie fasziniert und gleichzeitig verwirrt.
Fenris.
Ich schnappte nach Atem und sah alles wieder vor mir.
Wie Gabe an der Sporthalle gelehnt hatte, wie Fenris aus dem Gebüsch getreten war mit diesem Lächeln auf den Lippen, das ich nie zuvor gesehen hatte.
Und da hatte ich zum ersten Mal gesehen, wie mein Bruder jemanden küsste. Einen Inbec.
Und eben dieser Inbec lag nun zusammengekrümmt und bewusstlos auf dem Boden, der entblößte Hals übersäht von Narben und die Kleidung so zerfetzt und verkrustet von Blut, dass es mir die Galle hochtrieb.
Mein gesamter Körper bebte vor Entsetzen, ich zog an den Fesseln, meine Lippen zitterten, ich wollte zu ihm, wollte ihm helfen.
»Gabe«, wimmerte ich wieder mit heißen Tränen in den Augen, Alec starrte den Mann voller Hass an, auch wenn sein Blick für keinen Moment auf den bewusstlosen Jungen fiel.
Ich musst ihm helfen. Ich musste ihm doch helfen... ihm... dem Gefährten meines Bruders.
Und dann ertönte plötzlich wieder dieses grausame Lachen.
»Was?«, höhnte der Mann und als er dann plötzlich nach Gabe trat, schrie ich entsetzt auf.
»Nein!«, keuchte ich, doch ich konnte nichts machen.
Der Fuß des Mannes traf mit voller Wucht den Kopf des abgemagerten Jungen und voller Entsetzen musste ich mit ansehen, wie er einfach herumschleuderte, gegen den harten Boden krachte, ein dumpfes Geräusch auf ihm hinterließ.
Doch der Junge regte sich nicht. Kein Stöhnen. Kein Wimmern. Nicht einmal ein Zucken.
»Gefällt dir meine kleine Missgeburt etwa nicht?«, höhnte der Mann und in diesem Moment loderte eine solch unglaubliche Wut in mir auf, dass ich laut aufknurrte, meinen Kopf in die Höhe riss und ihn mit loderndem Blick ansah, wütend an den Fesseln zerrte.
»Was hast du mit ihm gemacht du Monster!?«, keuchte ich vollkommen außer mir und riss und zerrte wütend an den Fesseln, während sich ein schrecklicher Gedanke in mir breit machte.
Er sah so unendlich schwach aus... So zerbrechlich... So klein...
Und ich konnte nicht einmal sehen, ob er atmete.
Wieder lachte der Mann grausam auf und zuckte mit solch einer Gleichgültigkeit mit den Schultern, dass mir schlecht wurde.
»Ein netter kleiner Zeitvertreib der Junge, auch wenn ich befürchte, dass ers nicht mehr lange macht.«
Abschätzig schnalzte er mit der Zunge, während sich die Wut in mir auftürmte wie eine tobende Bestie.
Er hatte ihm das angetan! Er! Er hatte das alles getan! Nicht mehr lange machen... Nein!
»Aber dafür habt ihr euch ja jetzt so überaus freundlich bereit erklärt, unserer kleiner Veranstaltung beizutreten, worum ich ehrlich froh bin. Ich muss zugeben, sein Blut hat langsam angefangen, fade zu schmecken.«
Blut.
Das Wort traf mich wie ein Schlag, mitten ins Gesicht.
Blut.
Und langsam machte sich das Grauen in mir breit. Denn langsam verstand ich, denn langsam war da diese unheimlich schreckliche Vermutung, wer da vor uns stand.
Nein... Nein, das konnte einfach nicht wahr sein... Das war unmöglich... Niemals...
Doch noch bevor ich etwas antworten konnte, ertönte plötzlich die gepresste, bemüht ruhige Stimme des Ven neben mir, obwohl ich mehr als deutlich hören konnte, wie es in ihm brodelte.
»Was bist du?!«, spuckte er dem Mann geradezu entgegen, voller Ekel, voller Abscheu.
Doch in mir türmte sich dieser eine Begriff immer weiter auf, fraß sich durch mein Fleisch und hinterließ seine grausamen Spuren.
Nein... nein... das konnte einfach nicht wahr sein. Das war nicht möglich...
Und dann wieder dieses höhnische Lachen, das alles in mir gefrieren ließ, mir beinahe schmerzen bereitete.
»Was ich bin?«, lachte der Mann und schnippte sich schnaubend eine Locke aus dem Gesicht, während er sich noch weiter an den Altar lehnte, an dessen Saum immer noch diese grausamen Dinger aufblitzten, die Knochen so fürchterlich ähnlich sahen.
»Oh, man hat mir über die Jahrtausende viele Namen gegeben. Die meisten übrigens nicht wirklich nett, möchte ich hinzufügen.«
Jahrtausende.
Nein. Das stimmte nicht... das konnte nicht stimmen...
»Aber«, setzte er dann plötzlich erneut an und genau in dem Moment traf sein Blick plötzlich wieder mit voller Wucht auf mich, sodass ich zusammenzuckte, auch wenn ich es mit aller Macht verhindern wollte.
Sein Blick durchbohrte mich, erstach mich wie ein messerscharfes Schwert aus Hass und Grausamkeit und wieder kräuselten sich seine fast blutleeren Lippen zu einem grausamen Grinsen.
»Aber ich glaube«, hauchte er, »deine kleine Freundin weiß es lange, ist es nicht so, süßes Mädchen?«
Ein Schauer des Ekels überkam mich und ließ mich erzittern, während Alec seinen Blick überrascht auf mich richtete.
»Wieso willst du ihn denn nicht einweihen?«, höhnte der Mann weiter und da schloss ich für einen Moment die Augen, biss mir auf die Wange und ballte die Hände zu Fäusten.
Dann schüttelte ich den Kopf.
»Das ist unmöglich«, hauchte ich abwehrend, wollte nicht aussprechen, was mir im Kopf herum geisterte.
»Unmöglich?!«, lachte der Mann, während ich spürte, wie drängend Alec mich ansah, wie verwirrt.
»Ach komm schon, du bist doch sonst auch immer so schlau. Was hast du denn in dein süßes kleines Notizheftchen geschrieben? Oder was meinst du, wie ich es geschafft habe, dir diesen süßen kleinen Traum einzupflanzen und deine hübsche kleine Freundin in ihm zu spielen, damit du her kommst, wenn nicht mit schwarzer Magie? Was meinst du, wie ich es geschafft habe, euch den Schrei des kleinen Engelchen von Wolf einzupflanzen, um dich her zu locken, wenn nicht mit schwarzer Magie? Was meinst du wie dieses Energiefeld entstanden ist, dass euch dumme Lemminge hier her gebracht hat, wenn nicht mit schwarzer Magie.«
Mein Kopf schoss in die Höhe, ich sah ihn voller Unglauben an und konnte nicht fassen, was er mir da gerade offenbarte.
Zu viele Informationen auf einmal, die meinen Kopf brummen ließen. Doch da war diese eine Aussage die überwog, neben meinem Schock, dass es nicht Aleyna war, die mir den Weg gewiesen hatte, die mich gewarnt und mir geholfen hatte, sondern er, dass es eine verdammte Falle war.
»Sie sind nicht hier?«, hauchte ich mit großen Augen.
»Lupa geht es gut?«
Höhnisch lachte der Mann auf und schnalzte abschätzig mit der Zunge, verdrehte die Augen.
»Ihr verdammten Narren mit euren dummen Gefühlen. Natürlich geht es ihnen gut. Noch. Warum sollte ich mir die Mühe machen, all diese unwichtigen Personen zu entführen, wenn ich dein naives Ich auch so so unglaublich leicht herlocken konnte.«
Noch.
Dieses Wort ließ mir einen Schauer den Rücken gleiten und mein Mund wollte sich gerade wieder entsetzt öffnen, wütend, über seine Worte, über mich selbst, dass ich all diesem Schein geglaubt hatte, doch da ertönte plötzlich eine andere Stimme neben mir, fast wütend.
»Aruna!«, zischte er und funkelte mich aus zusammengepressten Augen an, schüttelte dann den Kopf.
»Was ist er.«
Und da musste ich schwer schlucken, senkte den Blick nervös auf meine Finger und wusste nicht, ob ich es wagen sollte, dieses eine Wort auszusprechen.
Es war unmöglich und doch konnte es nicht anders sein...
Und als Alecs Blicke mich durchbohrten wie Eissplitter, hatte ich keine andere Wahl, auch wenn es mich grauste.
Zittrig sah ich wieder auf, blickte Alec an, die Realisation machte sich langsam in mir breit. Und meine Stimme war nicht mehr als ein Hauchen.
»Ein Vampir.«
Dieses eine, schreckliche Wort schien für einen Moment wie giftiger Nebel über unseren Köpfen zu hängen, hallte in meinen eigenen Ohren wieder und schien einfach nicht verblassen zu wollen, während Alec stockte und mich ungläubig anblinzelte.
Und dann durchbrach plötzlich ein kurzes, abschätziges Lachen die viel zu laute Stille, die nach diesem einen Wort gefolgt war.
»Bitte Aruna, jetzt beleidigst du mich aber«, schnaubte er und bei dem Klang, wie er meinen Namen aussprach, lief mir ein kalter Schauer den Rücken hinab.
So voller... Hass.
Ich bemühte mich, ihn möglichst gefasst anzusehen, ihm nicht zu zeigen, wie die kalte Angst meinen Körper durchströmte, einfach nur entschlossen drein zu blicken, wütend, doch ich schaffte es einfach nicht.
Nicht bei diesem stechenden Blick.
Ich blinzelte heftig und da breitete sich wieder dieses süffisante Grinsen auf seinem Gesicht aus.
»Du bist doch sonst so schlau«, höhnte er und schnalzte mit der Zunge.
»Glaubst du wirklich ein normaler Vampir wäre in der Lage diese wunderbaren Dinge mit deiner kleinen Seelenverwandten anzustellen?«
Ich hielt die Luft an und auch wenn es so offensichtlich gewesen war, machte meinen Herz einen kleinen Aussetzer, als würde ich es jetzt erst vollkommen verstehen.
Er hatte das getan...
Er hatte Ally das angetan...
Und dann glitt sein Blick plötzlich zu Alec, der vollkommen erstarrt war und nicht einmal mehr zu atmen schien.
Ich drehte meinen Kopf zu dem Ven, verzog das Gesicht bei seinem Anblick, wie er sich in den Stuhl krallte, wie sein Kiefer bebte, doch noch ehe ich ihm irgendwelche beruhigenden Worte zuraunen konnte, kam mir plötzlich die grausame Stimme des Vampires zuvor.
»Deine kleine, süße Zwillingsschwester, nicht wahr? Oh ich erinnere mich noch ganz genau an ihre unschuldigen Schreie, dieses süße, zerbrechliche Ding. Wie Musik in meinen Ohren.«
Und da war es um Alec geschehen.
»Alec!«, wollte ich ihn noch aufhalten, doch er schien mich nicht einmal zu hören.
Er knurrte auf, bäumte sich in seinem Stuhl auf und zerriss den Vampir mit seine Blicken.
»DU MONSTER!«
Und er brüllte, brüllte und brüllte immer weiter, warf seinen Kopf rasend in die Höhe und wandt sich in den Fesseln.
»SIE WAR EIN KIND! EIN VERDAMMTES KIND! SO WIE ICH! WIR WAREN KINDER!«
Er tobte und raste, das grausame Lachen trieb ihn an und übertönten meine verzweifelten Versuche, den Ven zu beruhigen vollkommen.
Verdammt er war doch hier die geborene Kampfmaschine! Wir durften uns nicht von diesem verdammtem Wesen provozieren lassen!
Und dann schnippte der Vampir plötzlich mit den Fingern.
Ich keuchte gepeinigt auf und es war fast so, als würde sich eine eiserne Hand um meinen Hals legen, mir jeglichen Atem nehmen und das sprechen unmöglich machen.
Ich röchelte auf, auch wenn der Druck nur im ersten Moment so überwältigend gewesen war und konnte sehen, wie auch Alec sich keuchend an den Hals griff.
»Das hält ja keiner aus«, seufzte der Mann mit diesen lodernden Augen, die mir jetzt noch scharfe Stiche durch den Körper jagen ließen.
Und trotzdem gab es Alec der verdammte Idiot nicht auf, sich wütend unter den Fesseln aufzubäumen.
»Ich hasse diesen furchtbaren Lärm. Wenn sie schreien ist es am schlimmsten... Der kleine Gabriel hier würde euch bestimmt mit Freuden erzählen, wie sehr es mich nervt, wenn diese kleinen Sterblichen so unglaublich laut sind.«
Er warf einen kurzen Blick auf den regungslosen Gabe, schnalzte dann mit der Zunge und zuckte so unendlich gleichgültig mit den Schultern.
»Obwohl ich bezweifle, dass der dumme Junge seine Augen überhaupt wieder öffnen wird. Aber was solls, eigentlich war er sowieso nur noch lästig.«
Wütend knurrte ich auf, auch wenn ich kein vernünftiges Wort heraus brachte und zerrte mit lodernden Augen an den Fesseln, auch wenn ich nicht so sehr tobte wie Alec es getan hatte.
Wie konnte er nur?!
Wie konnte er so unendlich kalt darüber reden?! Es machte mich krank, Gott, so unendlich krank.
Wieder schnalzte er gleichgültig mit der Zunge, wandt sich zu Alec und mir und ließ die Perlweißen Zähne aufblitzen.
Und als ich diese unendlich spitzen Eckzähne aufblitzen sah, stockte ich, ein kalter Schauer rann mir den Rücken hinab.
Aber... aber man hatte mir doch immer erzählt, dass der gesamte Rachen dieser Wesen überseht war mit kleinen, spitzen, widerwärtigen Zähnen.
»Also«, grinste er und leckte sich provozierend über einen der Fangzähne, zwinkerte mir dann zu, was mir einen kalten Schauer den Rücken hinab jagen ließ.
»Wo du schon einmal so äußerst unverschämt auf meine Zähne blickst, machen wir weiter im Text. Ich bin nicht nur ein Vampir. Ich bin der Vampir, deshalb hatte ich das Glück um die widerliche Eigenschaft der Rachenzähne herum zu kommen.«
Voller Entsetzen öffnete sich mein Mund, denn langsam dämmerte es mir, langsam schlossen sich all diese Puzzelteile zusammen.
Und da grinste er nur noch breiter, entblößte seine Zähne mehr und mehr.
»Ja genau kleine Wölfin, ich hab schon mit deinem lieben Urahnen Kaffekränzchen gehalten und so manch einen Spaß mit ihm gehabt. Es wäre bestimmt eine ganz wunderbare Liebesgeschichte geworden, hätten er und seine ganze Sippschaft sich nicht mit den ersten Ven zusammengeschlossen und mich und all meine Leute gejagt.«
Bei seinem Tonfall schauderte es mich, so voller Hass und Verachtung und bitterer Wut.
Und es war klar, wen er mit meinem Urahnen meinte.
Den Urwolf.
Also war er... war er der...der erste Vampir... der Urvampir.
»Aber das ist jetzt nicht wichtig«, zischte er und für einen Moment wirkte es fast so, als müsse er sich selbst beruhigen, für den Bruchteil einer Sekunde zu lang schloss er die Augen.
»Es ist fast lächerlich«, zischte er und dann stieß er sich plötzlich von dem Altar ab, machte einen Schritt nach vorne, nicht ohne Alecs wütenden Protest, doch den ignorierte er einfach, während auch meine Kehle immer noch vollkommen zugeschnürt schien.
»Ihr verdammten Roten... versucht es immer wieder...Seit verdammten Jahrhunderten.«
Ein grausames Grinsen stahl sich auf sein Gesicht, während er mich mit seinem Blick fixierte und mich erschaudern ließ.
Ich blinzelte heftig, während er einen weiteren Schritt tat, noch einen, den nächsten.
Und es war fast so, als würde er nicht wirklich laufen, als würde er schweben, solche geschmeidigen Bewegungen machte er.
»Werdet ihr nicht langsam müde?«, grinste er böse und trat mit solch einer Anmut die Treppe hinab, die nicht einmal Aleyna zu Stande gebracht hätte.
Unwillkürlich fing ich an zu zittern, während er weiter und weiter auf mich zutrat, Alec tobte, der Mann grinste grausam und ich versuchte verzweifelt, meinen Blick voller Wut unbeirrt auf ihn zu richten.
»Ich meine dieses Mal habe ich sogar deine kleine Verbündete umgebracht und trotzdem schafft ihr es immer wieder, trotzdem kommt ihr immer wieder mit diesem dummen Ven zusammen und meint euch anmaßen zu können, mich töten zu wollen.«
Und bei jedem weiteren Schritt verdüsterte sich sein Blick weiter und weiter, der kalte Hass loderte hinter diesen unglaublich durchdringenden, roten Augen auf.
Ich knurrte wütend auf, blitzte ihn voller Verachtung an, zog wieder an den Fesseln, während Alec so wirkte, als würde er gleich einfach mitsamt des Stuhles aufstehen um den Vampir einfach zu überrennen.
Ein Vampir... Gott... Ein verdammter Vampir... Der Vampir.
»Ich gebe zu«, seufzte er dann plötzlich mit dieser unglaublich tiefen Stimme, die einem durch Mark und Bein ging, kam ungerührt näher und näher.
»Am Anfang war es ja noch ganz amüsant, als die ersten von ihnen auftauchten. Ein lustiger kleiner Zeitvertreib, ein erheiterndes kleines Spielchen und es war solch ein erfreuendes Gefühl, sie zu zerquetschen wie kleine Käfer. Doch jetzt...Ich habe selbst aufgehört, mitzuzählen, die wievielte du bist, dummes Mädchen. Es ist einfach nur ermüdend und langweilig geworden.«
Er schnaubte verächtlich, kam näher und näher, ich zitterte vor Wut und vor Angst, weil dieses Ungewissheit, was er jetzt vorhatte, mich so sehr quälte.
Ich starrte den Mann einfach an, alles andere um uns schien geradezu zu verschwimmen, Alecs Toben geriet in den Hintergrund, der Vampir nahm mich gefangen, fesselte mich mit seinem Blick und ich bemühte mich so sehr, so unglaublich, aufrecht sitzen zu bleiben, auch wenn mich sein Blick gemeinsam mit dem Griff um meinen Hals hinab zwingen wollte.
»Ihr versteht es einfach nicht«, seufzte er dann und wedelte mit seiner linken Hand herum, als wollte er eine lästige Fliege vertreiben.
»Niemand kann mich besiegen. Ich bin verdammt noch mal unsterblich! Die Rote vor dir hat es nicht geschafft, die dutzenden vor ihr nicht und du verdammte Närrin wirst es auch nicht schaffen!«
Für eine Sekunde schien es beinahe so, als wäre er kurz davor, die Fassung zu verlieren, sein Kiefer bebte, seine Hände ballten sich zu Fäusten, doch als er vor mir zum stehen kam, fasste er sich wieder vollkommen, die kalte Mauer baute sich wieder vollends auf und er grinste süffisant auf mich hinab, während mir bei dieser unendlichen Nähe kalte Schauer den Rücken hinab jagten.
Erst jetzt wurde mir bewusst, wie unglaublich groß er war und ich bemühte mich mit aller Kraft, ihn anzusehen, auch wenn mein Nacken schmerzte und ich dieses dumme, dumme Zittern einfach nicht verhindern konnte.
Und dann breitete sich plötzlich wieder dieses widerwärtige Grinsen auf seinen Lippen aus, er verschränkte die Arme vor der Brust und fuhr sich mit der Zunge über die entblößten Zähne, biss sich auf die blutleeren Lippen.
»Obwohl ich wirklich nicht leugnen kann, dass ihr Roten euren gewissen Reiz habt.«
Ein kalter Schauer des Ekels und Entsetzens traf mich, als er seine Augen langsam, quälend langsam meinen Körper hinab gleiten ließ, jeden einzelnen Millimeter meiner Erscheinung musterte.
Was sollte das werden?!
Und ich hörte, wie Alec wütend aufknurrte, sah aus dem Augenwinkel, wie er nur noch wütender in seinem Stuhl tobte, doch wagte es nicht, meinen Blick von diesem Mann zu lassen, der mich so unglaublich intensiv betrachtete.
Langsam fing er an, um den Stuhl herum zu gleiten, betrachtete mich als wäre ich seine Beute und als ich feststellte, dass ich nichts anderes war, schnaubte ich frustriert auf.
»Ihr habt mich schon immer gereizt, weißt du kleines Wölfchen?«, seufzte er und als seine blassen, schlanken Finger plötzlich durch meine Haare glitten, zuckte ich zusammen und schüttelte mich vor Abscheu.
Er sollte seine dreckigen Finger von mir lassen!
Ein leises Lachen entwich seinen Lippen, er schlich um mich herum wie ein Raubtier und dann stand er plötzlich wieder vor mir, während ich vollkommen starr in dem Stuhl saß und stur nach vorne blickte, es einfach nicht fassen konnte, wie schutzlos ich ihm ausgeliefert war.
»Aber vielleicht«, hauchte er dann plötzlich, beugte sich langsam nach vorne und ignorierte Alecs wütendes Keuchen einfach geflissentlich, tat, als wären nur er und ich anwesend.
Wieder leckte er sich über die Lippen und ließ seine widerlichen Augen über jeden einzelnen Zentimeter meines Gesichtes gleiten, während er seine Hand auf den Armen des Stuhles abstützte, keinen Zentimeter von meinen eigenen Händen.
Und ohne, dass ich es verhindern konnte, wurden meine Augen größer und größer.
Verdammt nein! Er sollte mir ja nicht zu nahe kommen!
Sein Geruch machte mich schwindelig. Ein Geruch, den ich noch nie gerochen hatte, süß und doch so scharf, als wolle er meine Nasenhöhlen verbrennen wollen.
Und dann atmete der Vampir plötzlich tief ein, schloss für einen Moment zufrieden die Augen und lächelte unheimlich.
Ich saß einfach da, erstarrt vor Wut und Angst, konnte nichts anderes tun, als dieses perfekte Gesicht des Mannes zu mustern, bemühte mich mit aller Kraft den Ekel, der sich immer weiter in mir hinauf bahnte, herunter zu schlucken.
Und dann blinzelte der Vampir plötzlich, beinahe benebelt, während sich alles um mich herum zu drehen begann und ich nichts anderes mehr hören konnte, als das rauschende Blut in meinen Ohren, mein hektisch schlagendes Herz.
Alec verschwand einfach.
Und dann war da nur noch er, dieses grausame Wesen, dass sich tief über mich beugte und mich nun mit diesem unheimlichen Blick ansah.
»Aber vielleicht«, hauchte er, sein kalter Atem traf mein Gesicht, ließ mich erschaudern und fast verzweifelt drückte ich mich immer stärker gegen den Stuhl, obwohl ich wusste, dass es kein entkommen gab.
Ich wagte es nicht, mich zu bewegen, geschweige denn auch nur irgendetwas zu sagen, traute mich nicht einmal, mit dem Kopf zu schütteln, weil mir bewusst war, wie wenig das bringen würde.
»Vielleicht tue ich es dieses Mal einfach... wenigstens einmal... vielleicht behalte ich dich...«
Und dann geschah es. Ohne Vorwarnung und mit solch einer Schnelligkeit, dass mein Kopf nach hinten krachte und mir schwindelig wurde, ich nicht einmal den Bruchteil einer Sekunde Zeit hatte, auch nur irgendetwas zu tun.
Der Vampir schnellte vor, ich hörte, wie Alec aufbrüllte und dann presste er brutal seine Lippen gegen meine, packte mein Gesicht und drückte mich mit voller Wucht nach hinten.
Ich schrie erstickt auf, riss die Augen voller Grauen auf und spürte, wie die Blockade in meinem Hals verschwand.
Keuchend wandt ich mich unter dem Griff des Vampires, ungalublicher Ekel krachte auf mich ein, als er seine Lippen so voller Brutalität gegen meine drückte, nicht so sanft, wie Alec es getan hatte und als sich seine Zähne dann in das empfindliche Fleisch meiner Lippen bohrten, wimmerte ich gepeinigt auf, mein Herz schien zu explodieren, ich wehrte mich mit voller Kraft, doch er ließ mich einfach nicht los.
»Nimm deine dreckigen Finger von ihr! Fass sie nicht an! Lass sie in Ruhe!«
Und erst, als Alecs vor Wut bebende Stimme laut und rasend durch die Halle schallte, so voller Wut, löste sich der Vampir schwer atmend von mir, während ein kleines Rinnsal meines eigenen Blutes sein Kinn hinab lief.
Und da schien er vollkommen die Fassung zu verlieren, zum ersten Mal seit unserer Begegnung, konnte er sich einfach nicht mehr beherrschen, während ich vollkommen entsetzt und mit pulsierenden Lippen vor ihm saß, angsterfüllt mit dem Kopf schüttelte.
Blut sammelte sich in meinem Mund, noch immer konnte ich dieses widerliche, brutale Gefühl auf meinen Lippen spüren und genau in diesem Moment schien irgendetwas mit dem Vampir zu geschehen.
Als würde mein Blut etwas mit ihm machen.
Seine Augen leuchteten vollkommen wild auf, all seine Gesichtszüge entglitten ihm, er fing an zu beben und dann preschte er plötzlich vor, riss meinen Kopf brutal zur Seite und den Schmerz, der danach folgte, würde ich womöglich niemals beschreiben können.
Ich schrie entsetzt auf, bäumte mich unter den Fesseln auf, Alec brüllte voller Wut, »Fass sie nicht an! Fass sie nicht an! Lass sie in Ruhe du widerliches Monster! Nein!«, doch da war es zu spät.
Messerscharf durchbohrten seine Zähne die empfindliche Haut an meinem Hals und im nächsten Moment war es, als würde ich in Flammen stehen.
Ich schrie auf, schrie und schrie voller Qualen, Alec brüllte verzweifelt, der Schmerz nahm mich vollkommen ein, hüllte mich in eine dunkle Wolke, es war, als würde der Vampir meinen Hals in eben jenem Moment entzwei reißen, seine Nägel bohrten sich tief in meine Kopfhaut, während er meinen Kopf brutal zur Seite zerrte, damit er an meinen Hals heran kam und es war, als würde sich eine lodernde Bestie in meinem Hals auftun, als würde sie umher wüten, mich zerfleischen, zerfetzten, enthaupten, häuten, vergiften, ersticken, ich hielt es nicht aus, hielt es einfach nicht aus, zappelte wie wild und schrie und schrie und schrie und war mir sicher, dass es die ganze Welt hören musste und es tat so unglaublich weh.
Mit grausamer Brutalität rammte er seine Zähne immer und immer tiefer in meine Haut, als wolle er meinen Hals durchstechen und ich konnte hören, wie er fast erleichtert aufseufzte, während mir das warme Blut den Hals hinab rann.
Und dann verließ mich einfach die Kraft, dieses unglaublich quälende Ziehen an meinem Hals machte mich vollkommen benommen, als wolle er hier und jetzt jeglichen Tropfen meines Blutes aus mir heraus saugen, ich seufzte erschöpft auf, all meine Glieder erschlafften einfach, meine Augen verdrehten sich nach oben und ich schaffte es einfach nicht mehr, mich zu wehren, auch wenn der Schmerz sich weiter und weiter und schrecklicher in mir auftürmte.
Doch ich war einfach nicht mehr in der Lage, auch nur irgendetwas zu tun.
Mir war so unendlich schwindelig, in meinem Kopf knisterte es und auf einmal fühlte ich mich wie tief unter Wasser, als hätte mich irgendjemand in Watte gehüllt, auch wenn dieser unendliche Schmerz nicht einmal in diesem unglaublich benommenen Zustand aufhörte.
Die Zähne bohrten sich tiefer und tiefer in meinen Hals, ich spürte diese unendlich widerlichen Lippen auf meiner Haut, spürte, wie er wieder und wieder zufrieden seufzte, spürte, wie es an meinem Hals ruckte und zog...
Es sollte aufhören... nein... nein... es sollte endlich verschwinden. Es tat so unendlich weh... es tat so weh...
Und dann drang diese Stimme durch den Nebel zu mir, voller Verzweiflung, voller Angst, voller Panik und Wut.
»Hör auf! HÖR SOFORT AUF! DU BRINGST SIE UM! SIEHST DU DAS DENN NICHT?! DU TÖTEST SIE!«
Alec.
Und dann, plötzlich, mit einem Ruck zogen sich die Fänge mit einem widerlichen Geräusch aus meiner Haut, ließen mich vollkommen entkräftet zurück.
Ich spürte, wie mein Kopf vollkommen leblos auf meine Brust hinab sackte, spürte, wie ein Schwall meines warmen Blutes meinen Hals hinab rann und mein T-Shirt durchtränkte.
Mir war schwindelig, so unendlich schwindelig und schlecht und für einen Moment war einfach alles weg, ich konnte nichts mehr hören, nichts mehr riechen, nichts mehr sehen, nichts mehr fühlen.
Und erst, als ich diese verzweifelten Schreie hörte, die mein Herz entzwei rissen, kam ich langsam, Stück für Stück wieder zu mir.
Wie aus Instinkt, als könnte ich es nicht mit mir vereinbaren, ihn in diesem schrecklichen Moment alleine zu lassen.
»Nein! Aruna! NEIN!«
Die Verzweiflung seiner Stimme schien die ganze Halle zu erfüllen, schien mich zu erfüllen, doch egal wie sehr ich es versuchte, ich konnte meinen brummenden Kopf nicht heben, konnte mich überhaupt nicht bewegen, so unendlich schwer schien dieses Pochen in meinem Hals.
»DU HAST SIE UMGEBRACHT! DU VERDAMMTES MONSTER! DU HAST SIE GETÖTET!«
Nein Alec! Nein! Ich bin hier! Ich bin da! Nein!
Und dann drückten sich plötzlich zwei schlancke Finger gegen meinen Hals, bohrten sich beinahe in ihn hinein, sodass ich fast aufgekeucht hätte, es mit Sicherheit getan hätte, würden sich meine pulsierenden Lippen nicht so unendlich schwer anfühlen. So schwer...
»Entspann dich dummer Junge!«, zischte dann plötzlich diese tiefe Stimme, vollkommen kalt, eisig, auch wenn es beinahe so schien, als wäre er außer Atem, fast benebelt, vollkommen überrumpelt von diesem Kontrollverlust, der mit Sicherheit nicht geplant war.
»Sie lebt! Auch wenn sie nichts anderes als den Tod verdient hätte! Es macht sowieso keinen Unterschied! Ihr werdet heute sterben, so oder so!«
Er atmete schwerer, als er sollte, verräterisch.
»Dieses Blut muss verhext sein! Es verhext mich! Es lässt meinen Körper nach immer mehr und mehr verlangen! Sie sind verhext! Alle miteinander!«
Und ich hatte nicht einmal den Bruchteil einer Sekunde Zeit, um zu reagieren, spürte den scharfen Luftzug und im nächsten Moment krachte es, mein Kopf schlug zur Seite und ein unheimlicher Schmerz durchzuckte meine Wange, Alec brüllte wütend auf, doch da schien den Mann nicht einmal zu interessieren.
»Wach auf du dummes Gör! Ich weiß, dass du uns hören kannst! Halt mich nicht zum Narren, sonst wird es deinem kleinen Freund genau so ergehen wir dir, du kleines Miststück!«
Und seine Stimme war so kalt und dunkel und gebieterisch, dass meine Lider fast automatisch flatterten, als hätte sie selbst die Macht über mich.
Ich keuchte auf, stöhnte und öffnete dann flatternd meine Augen, meine Wange brannte, genau wie meine Lippen und mein Hals und als ich mit berstendem Schädel hinauf sah, bot sich mir ein schreckliches Bild.
Der Vampir starrte mit vollkommen wilden Augen auf mich herab, sein blasses Kinn getränkt von meinem Blut, genau wie sein Hals, die rote Flüssigkeit lief unaufhaltsam über seine entblößte Brust und sein Kiefer zuckte, als verlangten seine Fängen nach mehr.
Ich war nicht in der Lage, etwas zu sagen, mir war viel zu schwindelig und für einen Moment schien sich noch alles zu drehen.
Alec keuchte irgendetwas, doch darauf konnte ich nicht einmal achten, mir gelang es einfach nicht.
»Du und deine gesamte Sippschaft! Seine Sippschaft!«, keuchte der Vampir, all seine Beherrschung schien verloren und seine Augen loderten als stünden sie in Flamen, während seine Muskeln unkontrolliert zitterten, als wollte sein Körper losstürmen, doch er selbst hielt sie auf.
»Ihr habt mir alles genommen! All jene meiner Art und die, die ich geliebt habe! Ihr habt mir meine Tochter genommen! Dein verdammter Urahn hat sie mir genommen, hat ihr das kleine Herz hinaus gerissen!«
Am Ende brüllte er, schrie mich voller Wut und Hass und Verachtung an.
»Sie war erst drei Sommer alt! Drei! Aima war doch noch so klein!«
Ich keuchte auf und hasste mich dafür, verstand es einfach nicht und doch regte sich dieses leise Gefühl in meinem inneren, das all meine anderen Gefühle verriet.
Ein kleines Mädchen... Nur ein kleines Mädchen, Vampir hin oder her...
Vor mir stand ein Vater, voller Hass, voller Wut, voller Rachegelüste...
Irgendetwas in mir regte sich, mit Sicherheit konnte man es nicht Mitleid nennen, doch bei dem Gedanken, wie es wäre zu sehen, wie der eigenen, kleinen Tochter das Herz hinaus gerissen wurde, wurde mir schlecht.
»Und als wäre das nicht genug«, keuchte der Vampir schwer atmend und sah mich so voller Verachtung an und gleichzeitig mit einem Ausdruck in seinem Gesicht, den ich nicht deuten konnte.
Ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinab, immer noch schien alles so verschwommen und trotzdem konnte ich Alecs warnenden Blick auf mir spüren, der mich vor den widersprüchlichen Gefühlen bewahren zu versuchte, die dabei waren, in mir aufzukeimen.
»Als wäre das nicht schon genug«, keuchte er wahnsinnig, »haben diese beschissenen Götter nichts besseres zu tun, mir seit Jahrhunderten eine verdammte kleine Wölfin zu schicken, die meinem Mädchen so unendlich ähnlich sieht und die mich töten soll! Mit genau den gleichen wilden Locken und den gleichen Augen und den Sommersprossen und allem!«
Er keuchte schwer, raufte sich durch das schwarze Haar und spuckte mir dann mein eigenes Blut vor die Füße.
»Und an ihrer Seite?! Ein verdammter Ven!«
Jetzt wirkte er wahnsinnig, auch wenn er zu keinem Zeitpunkt wirklich zurechnungsfähig gewirkt hatte.
Und so, wie er mich ansah, würde er gleich explodieren wie ein brodelnder Vulkan.
»Was glaubst du denn, warum ich mir diese hübschen, kleinen Hybriden gebaut habe?! Aus Rache natürlich! Ich werde mich rächen! An all euch erbärmlichen Wölfen und an all euch erbärmlichen Ven! Für das, was ihr meinem kleinen Mädchen angetan habt! Es hat verdammte Jahrhunderte gebraucht, doch jetzt ist es mir endlich gelungen, gemeinsam mit der DNA der Ven, der Lykanthropen und meiner eigenen diese wunderbaren Wesen zu erschaffen, die durch mich alleine Leben, am Leben gehalten werden! Und sie werden meine Tochter rächen! Genau in diesem Moment sind sie auf dem Weg und sie werden bei eurem erbärmlichen kleinen Little Falls anfangen! Sie werden es überrennen! Sie werden es zerquetschen!«
Es traf mich wie ein Blitz. Mitten ins Herz.
Es traf mich und ließ alles in mir mit einem Mal explodieren. »Was?!«, keuchte ich, hörte Alec entsetzt irgendetwas sagen.
Sie waren auf dem Weg nach Little Falls.
Die Hybriden.
Eine Mischung aus diesen drei unglaublich starken Wesen.
Nein!
Die Gesichter meiner Familie blitzten vor meinem inneren Auge auf.
Nein! Nein! Das durften wir nicht zulassen!
Mein Herz fing an, zu rasen.
Wir mussten ihn besiegen! Wir mussten uns beeilen! Was hatte er gesagt?! Sie lebten nur durch ihn?!
Dann mussten wir seinem Leben ein Ende setzten! Jetzt! Sofort! Wir hatten keine Zeit!
»Oh was glaubt ihr denn, warum ich den süßen kleinen Gabriel entführt habe, neben der Tatsache, dass er so die Ven in ihrer Ohnmacht gefangen hält?!«
Vollkommen rasend sah er zwischen mir und Alec hin und her, ich zog panisch an den Fesseln, schüttelte den Kopf, vergaß für einen Moment vollkommen den Schmerz, die unglaubliche Angst packte mich, doch noch ehe ich etwas sagen konnte, ertönte Alecs Stimme.
Gefährlich leise. Ruhig. Viel zu Ruhig. Und doch zitterte sie. Doch konnte ich die Angst hören.
Und diese Tatsache machte mir mehr Angst, als hätte er einfach geschrien. Denn so wurde mir schrecklich bewusst, was so unglaublich irreales in diesem Moment passieren sollte...
Nein... Das durfte nicht passieren... Nicht Little Falls... Meine Familie... nein...
»Was meinst du damit?! Warum haltet ihr Siren so in ihrer Ohnmacht gefangen?!«
Und erst da wurde mir bewusst, wen der Vampir mit der Ven gemeint hatte.
Siren... Siren, die Ohnmacht...
Ben! Ich horchte auf, auch wenn ich nicht glauben konnte, dass Alec die Tatsache, dass sie nach Little Falls unterwegs waren, irgendwie komplett kalt ließ, wo sie mich doch komplett in Angst hüllte.
Und genau in diesem Moment ließ der Vampir wieder eines dieser schrecklichen Lachen hören.
»Oh ihr glaubt doch nicht wirklich, ein Biss dieser Kreaturen würde es möglich machen, eine einzige Person Monatelang ohne Bewusstsein zu lassen?! Sie sind stark, oh ja, unheimlich, doch selbst sie haben diese Macht nicht, auch wenn ich Jahre daran gefeilt habe! Also musste ich mir etwas anderes überlegen. Ein Zauber. Die Ohnmacht hält nur wenige Tage an, doch wenn es mir gelingt, entweder eine Person an mich zu nehmen, die dem Gebissenen nahe steht oder ein Gegenstand, der die Person mit einer anderen geliebten Person verbindet, gelingt es mir sie durch einen Zauber in diesem Zustand zu halten. Und erst, wenn der Gegenstand oder die Person zurück gebracht wird, wacht der Gebissene wieder auf. Wie praktisch, dass sich Gabriel neben all seinen anderen nützlichen Aspekten als Sirens Bruder herausgestellt hat.«
Meine Gesichtszüge entglitten mir und mein Herz, das bei jedem Wort, das er gesagt hatte, höher und höher geschlagen hatte, setzte einfach aus. Was?! Siren war... sie war... Siren!?
Gabes... Gabes Schwester?!
Ein dicker Kloß bildete sich in meinem Hals und ließ mich schwer schlucken.
Das würde bedeuten... das hieße also... sie war... sie war auch Bens Schwester. Mein entsetzter Blick traf Alec, doch als ich sah, dass er ebenso entsetzt wirkte, wie ich selbst, wusste ich, dass er mir diese Tatsache nicht verschwiegen hatte.
Und wieder dieses grausame Lachen. »Jetzt schaut mich doch nicht so an! Ich habe es selbst erst heraus gefunden, als ich Gabriel mit mir nahm und weder er noch sein dummer kleiner Bruder, noch die Ven wissen etwas davon. So habe ich es auf jeden Fall geschafft, sie in ihrer hübschen kleinen Ohnmacht zu halten.«
Und dann, plötzlich, mit einem Schlag ruckte sein Blick in meine Richtung und ließ mich vollkommen erstarren, der Blick, mit dem er mich musterte, machte mir Angst. Und die Panik tanzte weiter um mich, die Angst, was mit Little Falls war, diese unendliche Ungeduld, dass wir nun beinahe das Thema wechselten, obwohl es doch so unglaublich wichtig war.
»Und du! Hast du dich denn nie gefragt, wo die hübsche kleine Schneekugel abgeblieben ist, die dir der niedliche Krüppel zu deinem Geburtstag geschenkt hat?! Oh es war so einfach für meine kleinen Helfer sie zu stehlen, so benebelt wie du warst!«
Ich blinzelte heftig und im nächsten Moment spreizte der Vampir die Finger. Und da erschien sie. Einfach so. Mit einem elektrischen Flimmern. Mitten in seiner Hand.
Die Kugel mit dem kunstvollen Schmuck und dem heulenden Wolf in ihrer Mitte. Und ich wusste nicht wieso, doch genau in diesem Moment durchzuckte mich solch eine unbändige Wut, die ich niemals kannte, auch wenn die Angst mich schier verrückt machte, die Ungeduld, der Unglaube, dass wir immer noch hier saßen und über Schneekugeln plauderten, während verdammte Hybriden auf dem Weg nach Little Falls waren.
Vielleicht blufft er! Er ist ein Lügner! Du darfst ihm kein einziges Wort aus seinem Mund glauben! Vielleicht will er dir wieder Angst machen, so wie mit Lupa!
Doch Alec schien zu merken, wie es in mir brodelte, denn bevor ich etwas knurren konnte, bevor die Wut sich vollkommen entreißen konnte, ertönte seine viel zu ruhige Stimme, die für Ablenkung sorgen sollte.
»Aber warum Gabe? Warum diese Mühe einen Menschen her zu bringen, einen Inbec? Wieso kein einfacher Gegenstand, wie bei Ben, die Halskette ihrer Großmutter zum Beispiel, die sie immer trägt?«
Vollkommen entgeistert sah ich zu ihm.
War das denn jetzt wirklich so wichtig?! Wir sollten uns lieber darauf konzentrieren, hier abzuhauen und nicht irgendwelche Entscheidungen des vollkommen Irren vor uns in Frage stellen.
Ein grausames Lächeln stahl sich auf das Gesicht des Vampires, als er sich langsam, quälend langsam wieder zu mir drehte.
»Ich bin froh, dass du fragst«, grinste er und sah mich mit solch einer Intensität an, die mich erschaudern ließ.
»Eigentlich«, säuselte er, »wenn man es genau nimmt, war der dumme Inbec nicht einmal mein Ziel. Vielmehr hatte ich es auf deine hübschen Geschwisterchen abgesehen, Ylva und Fenris, richtig?«
Ich musste schwer schlucken, meine Hände fingen an zu zittern und mein Herz machte einen Aussetzer.
Yve... Fen...
Und langsam überkam mich eine schlimme Vorahnung.
Trotzdem senkte ich meinen Blick nicht, trotzdem bemühte ich mich, ihm möglichst hassvoll entgegen zu blicken, fast trotzig, einfach, um ihm nicht zu zeigen, wie ich innerlich brannte.
»Ein furchtbarer Unfall wenn man es genau nimmt.«
Doch aus seinem Mund hörte sich furchtbar nicht so an, als wäre es etwas schlimmes.
»Dein Brüderchen und der Inbec waren ein hübsches kleines Pärchen, nicht wahr? Schlau von ihm sich einen Jungen zu suchen, Weiber sind so fürchterlich anstrengend.«
Er warf einen grinsenden Blick zu Alec, der merkwürdig auf seinem Sitz herum rutschte, doch das schien der Vampir nicht einmal zu bemerken.
»Das hättest du übrigens auch machen sollen, viel einfacher.«
Meine Augen verengten sich zu schlitzen und ich knurrte ihn wütend an, hasste, wie er über all dies sprach, hasste, wie er die Wörter betonte.
Und genau diese Tatsache, genau dieser Hass in meinen Augen schien den Vampir nur noch mehr anzustacheln, weiterzureden, als machte es ihm geradezu Spaß.
»Ich habe durch die Augen eines meiner kleinen Schätze gesehen, was passiert ist. Ein wunderbares Ereignis, wenn ihr mich fragt!«
Er lachte auf und lachte und lachte und es machte mich krank, so unendlich krank, dass ich das Bedürfnis hatte, mich zu übergeben.
Und gleichzeitig war da diese unglaubliche Panik, nicht wissen zu wollen, welch schreckliche Sachen dieser grausame Mann uns gleich offenbaren würde.
»Meine süßen Hybriden haben sich im Gestrüpp versteckt und dein Bruder und der liebe Gabriel hier haben so sehr herumgeturtelt, dass sie es nicht einmal bemerkt haben, genau so wenig wie die hübsche Ylva, die gemeinsam mit ihnen überlegt hat, wie sie mit ihrem kleinen Schwesterchen irgendwo ans Meer fahren könnten, weil du es noch nie gesehen hattest. Als Ablenkung wegen all dem, was mit Benilein passiert ist.«
Er lachte gackernd auf, so grausam und kalt, dass mir schlecht wurde und bei der Erwähnung dieses einen Namen verkrampfte ich mich vollkommen.
Wie er Benilein aussprach...
Es machte mich so unendlich krank wie alles hier. Und ich konnte klar und deutlich Alecs Blick auf mir spüren, fast besorgt, auch wenn er es vor dem Vampir gut zu verbergen wusste.
Und immer noch rutschte er so merkwürdig auf dem Stuhl herum, was mich vollkommen nervös machte.
»Und dann kommt das beste! Der kleine Ven kam um die Ecke, vollkommen verheult!«
Er lachte bösartig, herablassend und dann traf sein stechender Blick auf Alec, der sofort in seiner Tätigkeit inne hielt, den Vampir mit zusammengepressten Lippen ansah, seine linker Daumen zuckte angespannt.
»Ich bin mir sicher, dass du ihn kennst Alilein! Ach, was sag ich da! Er war doch quasi dein Bruder, nicht wahr!? Wie hieß er doch noch gleich... Hilf mir doch auf die Sprünge mein Freund!«
Und ich sah, wie Alec sich wieder vollkommen anstarrte, den arroganten Vampir voller Abscheu ansah, wütend mit dem Kopf zu ihm ruckte und ihn mit seinen Blicken zerfetzte.
»Was hast du Mik angetan?!«, knurrte er so leise, das es selbst mir eine Gänsehaut bereitete.
Und wieder nur dieses Lachen.
»Ich?! Ich bitte dich, als würde ich mir meine Hände schmutzig machen, wenn ich diese süßen kleinen Tiechen an meiner Seite habe. Sie sind zwar zugegeben etwas dumm, doch seine Kinder liebt man ja bekanntlich, egal wie hässlich oder missraten, stimmts?«
Er lachte, als müssten wir genau wissen, was er meinte. Ein schmerzhaftes Ziehen machte sich in meiner Magengrube breit und ich beugte mich unruhig etwas vor, doch die Fesseln lösten sich kein Stück, als wären sie verzaubert. Vielleicht waren sie das.
»Aber wisst ihr, was ich erstaunlich finde?! Ich habe mich schon auf eine filmreife Kampfszene gefreut, Mikilein hat seine Waff gezogen und die Wölfchens haben schon ihre Zähne gefletscht, aber dann haben sie einfach nur geredet! Unglaublich, oder!? Mik hat diesen verdammten Idioten von Aruna erzählt und das es nicht seine Absicht ist, ihnen wehzutun und deine dumme Schwester hatte wohl Mitleid mit dem verheulten Ding! Geradezu als hätte sie sich schockverliebt!«
Er lachte verächtlich auf und schüttelte schnaubend den Kopf, während mein Herz immer langsamer zu schlagen schien, während Alec vollkommen erstarrt da saß und den Vampir anstarrte, regungslos, ich war mir nicht einmal sicher, ob er überhaupt noch atmete.
»Anscheinend wollten sie alle irgendein beschissenes Happy End, Ich frage mich sowieso, wie ihr Narren auf die Idee kommt, das zwischen Ven und Wolf könnte jemals funktionieren.«
Alec knurrte wütend auf, doch der Vampir beachtete ihn nicht einmal, fixierte mich plötzlich mit seinem intensiven Blick und ließ mich erschaudern, ließ mir erneut die Galle hinauf treiben.
»Aber dieses Happy End musste ich natürlich verhindern. Eigentlich hatte ich vor den guten Feny mitzunehmen, doch der hat seine Schwester und seinen kleinen Freund verteidigt wie ein Löwe und dieser Ven hat auch noch an seiner Seite gekämpft, ohne zu zögern! Ja er hat sich sogar vor Ylva geschmissen, als einer von meinen Lieblingen sie packen wollte! Wie gesagt, meine Hybriden sind zugegeben nicht die Hellsten und sind dem Blutrausch vollkommen verfallen. Sie haben die drei getötet, doch waren zum Glück schlau genug, um Gabriel zu mir zu bringen. Das musste auch reichen und zum Glück hat es auch mit dem dummen jungen geklappt, seine Erinnerungen anzuzapfen und gemeinsam mit den Bruchteilen meiner Hybriden einen Plan von deinem niedlichen kleinen Dörfchen zu erstellen.«
Ein bösartiges Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit, während ich die Luft anhielt, nicht verhindern konnte, dass ich anfing zu zittern.
Nein... Nein... Er will dich nur verunsichern... er lügt Aruna... Hör nicht auf ihn...
Und wenn nicht?! Wenn er nicht lügt?!
Doch noch ehe ich auch nur irgendetwas tun konnte, bewegte sich der Vampir plötzlich, grinste grausam, während er sich wieder leicht zu mir vorbeugte, was mich zum zittern brachte, meinen Hals wieder beben ließ, als würde er auf die Fangzähne des Mannes reagieren, wie eine Magnetplatte auf Magneten.
Alec knurrte wütend auf, während der Vampir mir tief in die Augen sah und dann seine widerwärtige Hand hob um mein Kind brutal zu umfassen und unglaublich fest zudrückte.
»Nimm deine dreckigen Finger von ihr!«, knurrte Alec, doch ich saß da, starrte dem Vampir fest in die Augen, fast trotzig, fing mich langsam und schalt mich immer und immer wieder selbst, keine Schwäche zu zeigen.
Schwäche bedeutete Tod. Und ich hatte definitiv schon zu viel Schwäche gezeigt.
Doch dann ertönte plötzlich seine Stimme, eisiger, schneidener, schärfer, hassvoller als jemals zuvor.
»Sie werden deine kleine Familie zerfleischen, die süße Lupa und den kleinen Phelan, deine hübsche Mami und deinen tapferen Papi, schreiend werden sie sterben, wie Ezaly und Cole, in dem gedanken, dass du sie im Stich gelassen hast, sie werden um ihr Leben flehen.«
Fester und fester drückte er zu, ich keuchte auf, Alec knurrte irgendetwas, doch das Blut rauschte so laut in meinen Ohren, dass ich nicht in der Lage war, es zu verstehen, mein Herz setzte aus, in mir entbrannte ein Feuer der Panik, doch ich versuchte, aufrecht sitzen zu bleiben, schrie mich selber an, dass ich meiner Familei als heulendes Nervenbündel nicht helfen würde.
»Ich werde dein Leben zerstören, dir alles nehmen, so wie es dein Urahn getan hat, so wie er mir meine Aima genommen hat!«
Ein teuflisches Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit, er lachte schrecklich auf und es war, als würde sich eine schwere Hand um mein Herz legen.
»Aber alles mit der Zeit. Jetzt kommen wir zu dem richtig schönen Teil unserer kleinen Show hier! Oh du glaubst gar nicht, wie ich diesen Teil liebe!«
Er beugte sich ganz dicht zu mir, sein eisiger Atem prallte gegen mein Ohr, ließ mich erschaudern und trotzdem wich ich nicht zurück, trotz der unglaublichen Angst, die sich bei seinen Worten in mir aufbahnte.
»Und wehe«, hauchte er gegen mein Ohr und ließ mich erstarren, legte beinahe seine Lippen auf meine Haut, »du wagst es auch nur eine Sekunde wegzusehen, während ich deinem süßen, kleinen Freund das Herz heraus reiße.«
Es schlug auf mich ein wie ein grausamer, zuckend heißer Blitz, ich keuchte auf und riss meinen Kopf von seiner Umklammerung los, knurrte auf und zog rasend vor Wut an den Fesseln.
»Wag es nicht, ihn auch nur zu berühren!«, keuchte ich, Alec sah alarmiert auf, doch der Vampir schenkte mir einfach nur ein grausames, kleines Lächeln, dann drehte er sich um, blickte Alec genau in die Augen und in diesem Moment konnte ich sehen, wie seine Zähne hervor blitzten.
Nein! Nein!
Alecs Augen verengten sich zu Schlitzen, ich sah, wie er sich vollkommen anspannte, dem Vampir allerdings komplett kalt entgegen blickte.
Und doch konnte ich hören, wie schnell sein Herz schlug. Also konnte es der Vampir auch.
»Lass ihn in Ruhe!«, keuchte ich außer Atem, zog panisch an den Fesseln und bäumte mich wütend auf, während der Vampir vollkommen gnadenlos Schritt um Schritt tat, seine Finger glitten durch die Luft als wolle er gleich abheben.
Und Alec der verdammte, selbstmörderische Idiot saß da, bewegte sich nicht und starrte diesem grausamen Wesen einfach entgegen, ohne eine Miene zu verziehen.
Mein Herz schien einfach stehen zu bleiben, ich sah mich panisch um, zog vollkommen außer mir an den Fesseln und knurrte wütend auf, meine Stimme wurde lauter und lauter und irgendwann brüllte ich, brüllte, dass er ihn in Ruhe lassen sollte, brüllte, dass er gefälligst seine Finger von ihm lassen sollte, mein Puls raste, das Blut rauschte mir in den Ohren immer und immer weiter begleitet von dem grausamen Lachen des Vampirs der vollkommen ungerührt auf Alec zu glitt, welcher einfach nichts tat.
Und dann traf plötzlich der vollkommen nüchterne Blick des Ven auf mich, wie ich in meinem Stuhl tobte und brüllte.
Und für den Bruchteil einer Sekunde konnte ich das Blitzen eines Gefühls in diesen unglaublich bekannten Augen erkennen.
Sorge?
Ich keuchte auf, schüttelte panisch den Kopf, brachte kein Wort heraus, auch wenn ich ihn anschreien wollte, dass er sich verdammt nochmal wehren sollte.
Und dann ertönte plötzlich seine Stimme. Sie ertönte, ohne, dass sich seine Lippen bewegten, ertönten, ohne, dass er blinzelte, ertönten einfach in meinem Kopf.
Denk an dein Versprechen Nervensäge. Keine unüberlegten Taten.
Ich zuckte so heftig zusammen, dass ich mit Sicherheit in die Höhe gesprungen wäre, wäre ich nicht an diesen scheußlichen Stuhl gebunden, doch als ich realisierte, was Alec da gerade gesagt hatte - obgleich sich sein Mund nun bewegt hatte oder nicht - entglitten mir jegliche Gesichtszüge.
Vollkommen entsetzt sah ich ihn an, schüttelte irgendwie benommen den Kopf, denn dieser Tonfall... diese ganze Haltung...
Es wirkte beinahe so, als wäre er langsam dabei, aufzugeben.
»Ist das nicht herzallerliebst?«, höhnte der Vampir und beugte sich langsam zu Alec vor, der nicht einmal mehr zu atmen schien, seine Augen allerdings weiterhin starr auf den Vampir gerichtet hatte.
Ich bäumte mich weiter und weiter in dem Stuhl auf, keuchte verzweifelt und fühlte mich in diesem Moment so unendlich taub, so unendlich machtlos.
Ein süffisantes Grinsen stahl sich auf das Gesicht des Vampirs und ließ in mir das Bedürfnis aufkommen, mich zu übergeben.
»Selbst jetzt macht deine kleine Aruna sich solche Sorgen um dein hübsches Gesicht und das, obwohl sie doch so vehement darauf pocht, nicht vollkommen in dich vernarrt zu sein.«
Und das war das erste Mal, dass sich etwas in Alecs Gesicht regte, seine Mundwinkel zuckten und dann glitt sein Blick für den Bruchteil einer Sekunde auf mein verzweifeltes Ich, wie ich irgendwie panisch mit dem Kopf schüttelte und selbst nicht so genau wusste, wieso.
»Halt die Klappe!«, keuchte ich vollkommen panisch, doch der Vampir ignorierte mich einfach vollkommen, grinste weiter auf Alec hinab und musterte ihn so intensiv, dass ich mich übergeben wollte.
»Weißt du«, ertönte dann plötzlich die schneidende, vollkommen kalte Stimme des Ven, während er so unglaublich ungerührt zu dem Vampir hinauf sah, obwohl er jedes Recht darauf gehabt hätte, zu zittern, wie ich es tat, sich zu winden und zu wehren, wie ich es tat, aufzuknurren, wie ich es tat, diese unendliche Angst zu verspüren, wie ich es tat.
Doch er saß einfach nur regungslos da, während mich der Klang seiner Stimme irgendwie erstarren ließ, der Vampir hingegen hob einfach nur eine Augenbraue.
»Es spricht«, höhnte er, doch Alec ignorierte es einfach vollkommen, ließ sich offenbar überhaupt nicht von dem Vampir einschüchtern, so wie ich es tat.
»Deine unglaubliche Arroganz gemischt mit diesem widerwärtigen Narzissmus ekelt mich so sehr an.«
Mein Mund öffnete sich, während die widersprüchlichsten Gefühle durch meinen Körper jagten.
Schrecken und Grauen über das, was er sich getraut hatte, zu sagen und doch gleichzeitig... geleichzeitig fast... fast stolz.
Ich blinzelte heftig, vergaß für einen Moment vollkommen, mich zu wehren und starrte das angespannte Profil des Ven ungläubig an.
Was hatte er vor?
Der Vampir schnaubte höhnisch auf und packte dann plötzlich mit voller Wucht Alecs Gesicht, was mich laut aufkeuchen ließ, während es Alec nicht einmal zum Zucken brachte.
»Nimm deine verdammten Finger von ihm! Wenn du ihm auch nur ein Haar krümmst bring ich dich um!«
Doch sie ignorierten mich einfach. Sie beide, würdigten mir keines Blickes, als würde ich gar nicht existieren.
Und all das steigerte meine Verzweiflung ins unermessliche.
»Weißt du, was mich anekelt, kleiner, dummer Ven?!«, knurrte der Vampir herablassend und drückte fester zu, sodass ich für einen Augenblick, nicht länger als eine Sekunde, sehen konnte, wie der Schmerz durch Alecs Gesicht zuckte und sofort erfasste mich wieder das schwere Gefühl der Schuld, als ich daran dachte, wie ich ihm meinen Ellbogen gegen das Kinn gerammt hatte.
Mein Herz pochte wie wild in meiner Brust, vollkommen entsetzt sah ich, wie der Vampir Bens Schneekugel mit einem einfachen Schlenker seiner Hand neben Gabes Körper niederkrachen ließ.
Alec sah ihm eisern entgegen, fast auffordernd, während sein Körper aufs äußerste gespannt schien.
»Dein verdammtes, Gesicht mit diesen kampflustig aufblitzenden Augen! Dein verdammtes Antlitz, das sich einbildet, mich mit einem verdammten Messer im Ärmel überlisten zu können!«
Und noch ehe ich verstehen konnte, was zur Hölle er da sagte, geschah es.
Mit einer heftigen Bewegung riss er Alec einen kleinen, spitzen Dolch aus der Hand, von dem ich keine Ahnung hatte, wie er da hin gekommen war und im nächsten Moment rammte er ihn mit voller Kraft in Alecs Oberschenkel.
Das war der Moment, in dem alles vollkommen aus dem Ruder lief.
Alec brüllte gepeinigt auf, warf den Kopf in den Nacken und ich schrie, schrie und schrie und schrie, vollkommen verzweifelt und entsetzt, das grausame Lachen des Vampires erfüllte den Raum, während er seine Hand gefährlich gackernd um Alecs T-Shirt an seiner Brust krallte, wobei der Ven immer noch gepeinigt keuchte.
Und da brannte irgendetwas in mir durch. Die Angst verschwand. Sie verschwand und ließ nur noch Platz für kalte Wut.
Ich wusste nicht genau, was in diesem Moment mit mir geschah, doch es war fast so, als würde irgendetwas in mir erwachen, schreiend und kreischend und brüllend.
Ein Wesen, das nicht ich war und dann doch wieder, ein Wesen, dass die vollkommene Kontrolle über meinen Körper übernahm und mich nicht mehr klar denken ließ, mich nichts mehr als rasende Wut fühlen ließ.
Wie damals, als der Hybrid Alec angegriffen hatte.
Ich knurrte so kraftvoll auf, dass es die gesamte Halle erzittern zu lassen schien, meine Sicht wurde vollkommen rot, während der Vampir gackernd seine Nägel in Alecs Brust grub, ihn voller Schmerz aufkeuchen ließ, so in seinem Wahnsinn gefangen sein zu schien, dass er nicht einmal merkte, was genau hinter ihm geschah.
Mein eigener Schmerz schien vollkommen vergessen, fast verschwunden, als hätte mich das Wesen, das in diesem Moment in mir erwachte, einfach geheilt. Ich sah im Tunnelblick. Und am Ende des Tunnels stand er. Der Mann, der diesem Jungen mit den stahlgrauen Augen wehtat.
Dem Jungen, auf den ich mich geprägt hatte, zumindest wenn es nach Aleyna ging.
»Lass ihn los!«, brüllte ich mit donnernder Stimme, unter der Alec sich sofort wegduckte, auch wenn er vor Qualen keuchte, mich voller Entsetzen ansah, doch der Vampir schien überhaupt nichts mehr mitzubekommen, vollkommen gefangen in seinem Blutrausch.
Und bei dem nächsten, qualvollen Keuchen, dass Alec von sich gab, brach das Wesen in mir vollkommen aus.
Mit einem donnernden Knurren ruckte mein Körper nach vorne, meine Sicht wurde vollkommen Rot, doch mit jeder einzelnen Faser meines Körpers konnte ich die Präsenz des Vampires spüren, atmete sie, fühlte sie, hörte sie.
Die Fesseln rissen mit einem erschöpften Geräusch, als hätte das Wesen in mir den Bann einfach gebrochen.
Keuchend donnerte ich auf den Boden, spürte, wie sich mein Wolf siedend heiß durch meine Adern bahnen wollte, doch irgendetwas schien ihn zu blockieren.
Aber das war egal. Ich hatte das Wesen in mir. Und das reichte.
Der Vampir reagierte einen Moment zu spät, so abgelenkt von seinen wirren Taten, von den Grausamkeiten, die er Alec antat, so abgelenkt, dass er den brodelnden Vulkan hinter sich viel zu spät bemerkte. Er wirbelte herum, ich spürte es mit jedem meiner Sinne, doch es war zu spät.
Mit voller Wucht krachte mein bebender Körper gegen die große Gestalt des Mannes, riss ihn knurrend zu Boden, weg von Alec, bloß weg, ich würde nicht zulassen, dass er ihn weiter quälte und mit dem harten Aufprall auf dem Boden schien auch die Sicht wieder zu kommen.
Der Vampir kreischte wütend auf, sah mich mit lodernden Augen an und dann durchzuckte ein heftiger Schmerz meinen Körper, wild knurrend wurde ich zu Boden geschleudert und obwohl ich in der nächsten Sekunde mit voller Wucht auf dem Mann mit den lodernden, roten Augen hätte landen müssen, war da im nächsten Moment nur der kalte, modrige Steinboden, der mir meine Knie aufschlug und mich für einen Moment vollkommen benommen machte, auch wenn ich mich fast in der gleichen Sekunde keuchend wieder hochdrückte und voller Entsetzen einfach zusehen musste, wie der Vampir mit glühenden Augen neben dem Altar stand, schwer atmend und mir alleine mit seinem Blick schmerzhafte Wellen durch den Körper jagen ließ.
»Jetzt reicht es!«, ertönte seine Stimme, nicht mehr tief und kalt, sondern vollkommen kreischend und außer sich, als wäre er ganz plötzlich eine andere Person, wofür ebenfalls das komplett verzerrte Gesicht sprach, das plötzlich gar nicht mehr hübsch wirkte.
Ich keuchte schmerzvoll auf, krümmte mich auf dem Boden und jaulte gepeinigt.
»Genug mit deinen verdammten Spielchen Rote! Im Endeffekt ist es doch immer wieder das gleiche! Du wirst deinen verdammten Ven sterben sehen, genau vor deinen Augen, egal wie sehr du dich dagegen wehrst! Und dann werde ich auch deinem jämmerlichen Leben ein Ende bereiten, ich habe mich sowieso schon viel zu lange von euch unterhalten lassen! Und dann werde ich verdammte Jahre warten, bis ich die nächste Rote und ihr kleines Schoßhündchen töte, so wie ich es immer tue!«
Und bevor ich auch nur die Chance hatte, ihn rasend über diese Worte anzuknurren ertönte das schrecklichste Geräusch, das ich jemals gehört hatte.
Ein Kreischen von solch einer Lautstärke durchzuckte den Raum, ließ mich meinen Körper keuchend flach gegen den Boden drücken, mein Trommelfell barst und für den Bruchteil einer Sekunde hatte ich das Gefühl, als würde alles in mir explodieren, mein Herz, meine Lungen, einfach alles.
Und der Anblick, der sich mir bot war einfach schrecklich.
Der Vampir stand da, riss den Kopf in die Höhe und kreischte dann aus voller Kehle auf, streckte die Arme weit von sich und auf einmal begann seine Gestalt zu pulsieren wie ein hektisches Herz, ich blinzelte heftig, konnte einfach nicht glauben, was ich dort sah und dann geschah es.
Ein heftiger Knall, so laut, dass er mein Herz kreischend aufspringen ließ und mich vollkommen einnahm, donnernd wie die Hölle und dann zersprang die Gestalt einfach in tausend, dunkle Rauchschwaden dich sich gen Decke wickelten wie unersättliche Schlangen.
Ich blinzelte heftig, meine Augen waren wie hypnotisiert, während das Kreischen und Donnern einfach weiter hallte.
Voller Entsetzen starrte ich die Schwaden an, die sich auftürmten wie bedrohliche Bestien und mich mit ihrer Größe zu verhöhnen schienen.
Und dann, ganz plötzlich, ohne Vorwarnung, ohne triftigen Grund, verstummte auf einmal alles mit solch einer Wucht, das es einen umhaute.
Als wäre man gerade mitten dabei einen Film zu schauen, die Spannung baute sich auf, es wurde hektischer und hektischer, alles schrie, alles litt, alles blutete und dann, als der Film am Höhepunkt angelangt war, drückte irgendein vermaledeiter Idiot (Cole) auf Pause, um irgendwie verzweifelt »Pinkelpause«, zu verkünden.
Doch noch ehe ich diese banalen Gedanken in dieser banalen Situation weiterspinnen konnte, ertönte es plötzlich.
Ein Heulen, das ich besser kannte als alles andere, das mir durch Mark und Bein ging und mich vollkommen erstarren ließ, aus den beiden Korridoren zu unseren Seiten zu dringen schien.
Mein Atem stockte. Für einen Moment stockte alles in mir. Hybriden. Und dann sprang ich auf, keuchte und wirbelte herum, gehetzt von dem grausamen Lachen des Vampires, das auf einmal wieder ertönte, doch darauf konnte ich mich jetzt nicht konzentrieren.
Mein Blick fiel auf Alec, der irgendwie benommen in seinen Fesseln hing, dunkles Blut rann aus seiner Brust, doch nicht genug, als das es mehr als eine oberflächliche Wunde sein könnte, doch viel mehr Angst machte mir das Messer, das tief in seinem Oberschenkel steckte, auch wenn es vielleicht nicht sehr lang gewesen war.
Doch gefährlich war es alle Male.
Und trotz all dem, trotz dieser Verletzungen, trotz seiner offensichtlichen Schwäche, bemühte er sich, möglichst aufrecht zu sitzen und mich so entschlossen wie es eben ging anzusehen.
»Oh Gott«, hauchte ich, mein Herz machte einen verzweifelten Sprung und dann rannte ich los, so schnell ich konnte.
»Ja! Jaa! Renn du nur, renn nur Aruna, aber es wird dir nichts bringen! Es wird dir nichts bringen! Meine kleinen Lieblinge werden ihn zerfleischen! Zerfetzen! Töten!«
Er lachte vollkommen verrückt auf, kreischte, ich keuchte, presste mir die Hände auf die Ohren und rannte einfach weiter, ließ Alec nicht aus den Augen, der versuchte, mir zu zeigen, dass es nicht so schlimm war, wie es aussah, auch wenn seine Lider flackerten.
Und dann kam ich bei ihm an, gehetzt von dem Gackern und dem Heulen, das immer näher kam. Keuchend sank ich vor ihm auf die Knie und packte gehetzt sein Gesicht, weil seine Lider nicht aufhörten zu flackern.
»Halt durch, verstehst du?! Du musst durchhalten! Ich bring uns hier raus! Versprochen!«
Alec blinzelte mich stumm an, als könnte er in dem Moment nicht sprechen, doch darauf konnte ich jetzt nicht achten, das Heulen zeigte mir klar und deutlich, dass wir keine Zeit hatten.
Ohne zu zögern packte ich den Saum meines T-Shirts und riss im nächsten Moment einen langen Streifen ab, sodass mein Bauch entblößt wurde.
Doch das war jetzt so unendlich unwichtig.
Alec keuchte auf, während ich mich hastig daran machte, seine Fesseln zu lösen, sein Bein anhob, um das Stück Stoff dann um seine Wunde zu wickeln, um die Blutung einzudämpfen, doch mehr als einen entschuldigenden Blick konnte ich in dem Moment einfach nicht aufbringen, dass Heulen kam näher und näher, das Lachen wurde lauter und lauter, von Sekunde zu Sekunde immer grausamer und grausamer.
Und dann packte ich einfach Alecs Arm, wusste einfach nicht, wie ich das schaffen sollte und zog ihn trotzdem einfach hinauf, was ihn schmerzhaft aufkeuchen ließ, doch trotzdem blieb er mit zusammengepressten Lippen vor mir stehen, richtete sich langsam weiter und weiter auf, als würde ihn das Heulen daran erinnern, dass er jetzt nicht aufgeben konnte.
Und genau im gleichen Moment krachten diese grausamen Gestalten in die Halle, ich keuchte auf, hatte ganz vergessen, wie groß sie waren, wie pechschwarz, wie grausig.
Hektisch schoss mein Kopf hin und her, während Alec und ich uns Rücken an Rücken hinstellten, um alles überblicken zu können, auch wenn ich spürte, wie angestrengt Alec versuchte, aufrecht stehen zu bleiben.
Mein Herz machte panische Sprünge, ich drückte mich verzweifelt gegen Alecs Rücken und zählte immer mehr, ein dutzend zwei, es hörte nicht auf, so unendlich viele von diesen Wesen in Wolfsgestalt mit Rachen voller messerscharfer Zähne und verunstalteten Gesichter, die halb Mensch, halb Wolf schienen.
Sie umkreisten uns, ließen uns keine Chance auf Flucht und erfüllten die gesamte Halle mit ihrem Geheule, mit ihren schrecklichen Gesängen, erfüllten die Halle einfach mit ihrer bloßen Präsenz, mit dem widerlichen Geruch und den grässlichem Geräusch ihrer missbildeten Klauen auf dem Boden, angefeuert von den Rufen ihres Erschaffers.
Es grauste mich und ich konnte einfach nicht glauben, wie auch nur irgendjemand jemals in der Lage war, so etwas schreckliches zum Leben zu erwecken, mein gesamter Körper fing an zu beben und ich wusste, dass wir keine Chance hatten, niemals haben würden gegen diese schrecklichen Biester.
Und trotzdem drückte ich mich nur noch fester gegen Alec, knurrte die Hybriden an, die ihre Schlaufe immer enger um uns zogen und beinahe hungrig in der Luft herum schnappten, den Vordermann trafen, ihm ein Stück verfaultes Fleisch von den Knochen rissen, doch das schien vollkommen egal zu sein.
Und in diesem Moment sorgte ich mich nicht um mich. Mein Leben war mir vollkommen egal. Es war Alecs, das in diesem Moment zählte, Alecs, das ich in diesem Moment schützen musste.
»Verschwindet!«, knurrte ich mit wild auflodernden Augen, doch als Antwort bekam ich einfach den Chor ihrer Grausamkeit zu spüren.
Sie kamen näher und näher, meine Gedanken rasten immer verzweifelter, jetzt auch nur einen von ihnen anzugreifen erschien mir wie purer Selbstmord, es gab einfach keinen Ausweg, das Lachen dieses Wahnsinnigen machte mich schier verrückt, der Gestank, das Geheule und Geknurre und dann war da noch diese unbändige Angst in mir, die meine Augen verzweifelt hin und her und hin und her schnellen ließ, während Alec und ich uns keuchend im Kreis drehten, um alles überblicken zu können.
Und dann ertönte plötzlich wieder diese grausame Stimme, donnernd wie ein Kanonenschuss.
»HALT!«
Und die Hybriden hielten, hielten wie ein Mann, ohne zu zögern, auch wenn ihre wild lodernden Augen weiterhin auf mich gerichtet waren.
Keuchend richtete ich meinen Blick gen Decke, als würde ich den Vampir genau dort entdecken, doch stattdessen strahlten mir einfach die ranzigen Kronleuchter entgegen und blendeten mich, auch wenn ihr Licht bloß so fade war, als wäre ich plötzlich allergisch gegen das Licht.
Ein grausames, höhnisches, herablassendes Schnauben ertönte.
»Es wäre zu Schade für mein kleines Spielchen, euch die Erleichterung eines schnelle Todes zu gewähren. Ich meine, natürlich, die Geschwindigkeit hat mit Sicherheit auch ihren Reiz, doch ich persönlich bin ein Mann des Genießens. Also, viel Spaß mit meinen kleinen Lieblingen, und achtet ja darauf, dass sie alle nacheinander ihr Fresschen bekommen, alles andere wäre Tierquälerei, nicht wahr?«
Und wieder dieses Lachen, so grausam so kalt, dass mich gemeinsam mit seinen Worten erschaudern ließ, mir für eine Sekunde den Atem raubte.
Und dann ertönte es, ein gellender Pfiff, der mir die Ohren versenkte, mich keuchend zusammenkauern und mir die Hände gegen die pulsierenden Ohren pressen ließ.
Doch es war keine Zeit, meine Sinne auf diesen Schmerz zu richten. Denn genau in diesem Moment sprang einer der Hybriden mit donnerndem Gebell vor, fletschte wild die verfaulten Zähne und sah mich beinahe feixend aus den lodernden Augen an.
Und erst da verstand ich.
Es war wie Schach. Ein Zug nach dem anderen.
Mein Körper bebte.
Ein grausames Spiel.
Und der Vampir machte die Spielregeln.
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