21. Gespräch
Bis ich mich endgültig beruhigt hatte saß Manuel mit mir am Flügel, flüsterte mir ins Ohr, dass er sich unglaublich sehr freute mich hier haben zu dürfen und dass er mich von nun an vor allem beschützen würde was schlecht für mich war, so lange ich bei ihm war. Ich brauchte keine Angst mehr davor haben wieder zu meinem Vater zu müssen, hier hatte ich nun ein warmes und liebevolles Zuhause, in welchem man mich freundlich aufnehmen würde und ich war dafür so dankbar, ich würde dem Brünetten niemals etwas zurückgeben können dafür. Er war ein wahrer Engel, der sich nicht einmal zu schade dafür war einen fremden Jungen aus Freundlichkeit bei sich aufzunehmen und ich schwor mir ihm das irgendwie zurückzugeben, ich wusste nur noch nicht wie. Vielleicht würde ich anfangen von Maurice das backen zu erlernen, dann könnte ich dem Grünäugigen Mal Kekse backen oder einen Kuchen, ich musste nur herausfinden was er davon am meisten mochte und mir kam eine wunderbare Idee, wie ich dem Älteren die Französischen Bräuche näherbringen konnte, doch dazu musste ich sicher so einiges lernen. Bestimmt würde es durch Maurices Hilfe ein wenig einfacher sein das zu backen, was ich wollte, aber vielleicht kannte er sich genau so wenig mit backen aus wie ich, dann würde es eine echte Herausforderung sein das hinzubekommen, was wohl am ehesten für ein französisches Weihnachtsfest stand, zumindest meiner Meinung nach. Für mich gab es nichts mehr, was Weihnachten ausmachte als einen bûche de Noël, ein Kuchen, welcher aussah wie ein Baumstamm.
„Geh etwas essen, ja? Ich muss Mal kurz nach Milo sehen und ihm erklären, dass du jetzt unser neuer Mitbewohner bist. Und bitte nimm es ihm nicht übel, wenn er nicht davon begeistert ist und lass ihm ein wenig Zeit, dann wird er dich irgendwann genau so akzeptieren wie Maurice, als ich ihn hier aufgenommen habe! Wenn du willst, kannst du dir dann später ein paar Bücher von hier suchen oder weiter üben den Flügel zu spielen, aber nicht nachher zu mir ins Zimmer kommen, in Ordnung? Keine Sorge, ich arbeite nicht, aber ich telefoniere mit meinem großen Bruder und möchte einfach nur nicht gestört werden! Aber danach können wir gemeinsam ein bisschen shoppen gehen, wir müssen schließlich dein Zimmer einrichten und du brauchst neue Klamotten!", meinte Manuel zu mir, während wir durch den Gang zurück in Richtung Küche liefen und sofort begannen meine Augen erfreut zu glänzen, da ich es schon immer liebte einkaufen zu gehen und mich in der Stadt umzusehen. Gerade England fand ich wunderschön, es gab so viel zu sehen, was ich noch nie mit den eigenen Augen gesehen hatte wie den Big Ben oder den Buckingham Palace und irgendwann würde ich meinen neuen Aufpasser dazu bekommen mich hier herumzuführen, aber natürlich noch nicht jetzt. Der Grünäugige hatte mir erzählt, dass mein Vater nach mir suchen ließ und ich wollte auf keinen Fall nun wieder zurück zu ihm, schließlich würde ich auf jeden Fall Ärger für mein weglaufen und die Aktion bei der Kunstauktion bekommen, aber irgendwann musste ich zurück, das wusste ich. Es war falsch einfach so zu gehen, ohne sich zu verabschieden und noch einmal das Gespräch mit ihm zu suchen, aber da ich noch nicht volljährig war, würde ich dieses Zusammentreffen so gut ich konnte vermeiden.
„Shoppen klingt gut! Aber ich brauche nichts für mein Zimmer, so schlicht wie es ist reicht das doch aus...Klamotten würde ich aber schon gerne haben, deine sehen doof aus...", antwortete ich grinsend, was den Größeren beleidigt eine Schnute ziehen ließ. Niedlich sah es aus wie der Ältere mich von oben musterte und sich stark zusammenreißen musste nicht zu grinsen, jedoch kläglich versagte. Sanft puffte er mich einmal mit dem Ellenbogen in die Seite, sodass ich merkte, dass meine Worte gemein waren, dass er sie mir jedoch auch nicht übel nehmen würde. Ich wollte mich daran versuchen ihn ein wenig freundlicher zu behandeln als bisher und ihm zeigen, dass ich mir Mühe geben würde mich ihm anzupassen, was mein Verhalten anging und vielleicht akzeptierte er das auch, machte sogar mit. Die Tendenz zu frechen Antworten und Sprüchen seinerseits war definitiv gegeben, er hatte mich schließlich schon als perfekte Krankenschwester betitelt und nannte mich ständig Kleiner, aber bisher hielt er sich was das anging stark zurück. „Du bist ein frecher kleiner Junge, Patrick! Meine Klamotten sind toll, du weißt nur nicht was echte Qualität und was guter Geschmack ist. Wenn du älter wirst verstehst du das!", zwinkerte mir der Grünäugige zu, was mich kurz aus der Bahn warf. Er wusste genau, dass ich es hasste wegen meinem Alter runtergemacht zu werden, ich hatte ihm ausdrücklich gesagt, er sollte es unterlassen und doch fing er nun so an, jedoch mit einem so sanftem Blick, dass ich ihn kurz böse anstarrte, dann jedoch die Augen leicht zusammenkniff und ihn herausfordernd anguckte. „Geh du erst Mal deine Haare färben, man erkennt ja schon fast das grau, alter Mann!"
Grinsend verdrehte mein Mitbewohner seine Augen, bevor er in Richtung Treppe verschwand. „Wenn du weiterhin so frech bist passiert das wirklich!", lautete seine Antwort, die mich schmunzeln ließ. Aus Prinzip würde ich ihn von nun an öfter ärgern, weil ich es irgendwie mochte, diesen unbeschwerten Umgang miteinander, aber bevor ich damit weiter machen konnte brauchte ich unbedingt etwas zu essen. Fröhlich ging ich in die Küche und blieb wie angewurzelt im Türrahmen stehen, als ich statt Maurice Michael am Herd stehen sah, mitsamt einer Schüssel Baby Brei in der Hand. Seine Haare waren zu einem Zopf gebunden, welche jedoch nicht all seine Haare zusammenhalten konnten und mittlerweile sah er schon viel kräftiger aus als an dem Tag wo er betrunken nach Hause kam, was mich nicht gerade sicher fühlen ließ. Ich wusste, dass der Grauäugige mich nicht leiden konnte und ohne den Befehl Manuels, dass mich der Ältere in Ruhe lassen sollte, würde er mich definitiv nicht so vorsichtig behandeln wie in dem Moment, als er seinem Herrn sein Essen ans Bett gebracht hatte. Mit meinen Worten über den Besitzer der Villa, dass ich ihn nicht leiden konnte und auch nicht hier sein wollte, hatte ich mir eine gute Beziehung zu Michael direkt kaputt gemacht und ich wusste, das hier würde ich nur retten können, indem ich klarstellte, dass ich Manuel ganz sicher niemals hassen könnte, egal was er tat.
„Willst du dich nicht setzen, Patrick?", ertönte die dunkle, jedoch für ihn recht sanfte Stimme des Butlers und obwohl ich mich davor fürchtete was nun geschehen würde, leistet ich seinen Worten folge. Niemand außer ihm, Malu und mir war gerade hier unten, vielleicht trieb sich Maurice noch irgendwo hier herum und holte nur etwas zum kochen, aber ansonsten waren wir vollkommen allein. Es gab keinen besseren Moment als diesen hier, um mich mit ihm zu unterhalten und für meine Dummheit zu entschuldigen, aber wenn er dann noch immer wütend auf mich war, würde Manuel noch einmal mit ihm reden müssen, weil ich keine Lust darauf hatte immer ein gewisses Gefühl von Unwohlsein zu verspüren. „Guck Mal, Malu, Happa Happa für dich!", sagte Michael sanft, als er sich neben das kleine Mädchen an den Tisch setzte und sie auf seinen Schoß hob, sodass sie über den Tisch gucken konnte und selbst mit einem pinken Löffel aus Plastik zu essen begann. Liebevoll lächelte der Brünette nebenbei und hauchte ihr einen Kuss auf den Hinterkopf, bevor er seinen Blick hob und mich vorsichtig ebenfalls anlächelte, sich jedoch selbst spürbar unwohl fühlte, genau wie ich. Mit unsicherem Blick ließ ich mich auf den Stuhl fallen, auf welchem ich immer saß und nahm mir ein Croissant, jedoch ohne irgendwas dieses Mal, weil ich keine Lust mehr hatte Marmelade zu essen. Wie fing man ein Gespräch mit einer Person an, die einen nicht wirklich leiden konnte? Vielleicht wollte auch nur ich unser Verhältnis zueinander ein wenig verbessern und diese Missverständnisse aus der Welt schaffen, dann würde ein Gespräch mit ihm niemals zu etwas führen und ich war gezwungen Manuel die Sache für mich regeln zu lassen, was ich wirklich nicht wollte. Ich konnte das doch auch allein schaffen, ein Gespräch zu führen war nicht so schwer, aber anzufangen war nicht so einfach wie ich dachte.
„Es tut mir leid, dass ich dich fast geschlagen habe, Patrick...", murmelte Michael nach einer Zeit leise, ohne mich auch nur anzusehen und automatisch musterte ich ihn verwundert, war jedoch glücklich darüber, dass er das Gespräch begann. Eilig kaute ich auf und schluckte, ehe auch ich zu sprechen begann. „Schon gut, du hattest allen Grund dazu! Mir tut es auch leid, was ich alles über Manuel gesagt habe und ich würde es auch gerne rückgängig machen, aber das geht nun Mal nicht! Manuel ist eigentlich ein toller Mensch und ich bin sonst auch nicht so gemein wie am Anfang, ich war einfach nur überfordert und wollte weg...vielleicht kannst du mir ja eine zweite Chance geben?", fragte ich den Älteren vorsichtig, mit hoffungsvollem Blick und doch sah mich der Größere nicht an, mied meinen Blick merklich. In seinem Kopf ratterte es, ich konnte buchstäblich den Rauch aus seinen Ohren heraussteigen sehen und trotzdem würde ich ihn nun nicht deswegen unter Druck setzen oder ihn darauf ansprechen, schließlich wollte ich mir nicht diese einmalige Chance kaputt machen. Er überlegte ob er diese Entschuldigung so einfach akzeptieren konnte und ging alle Möglichkeiten durch die er hatte, und viele waren es nicht. Manuel hatte ihm bereits klargemacht, dass er sich einen neuen Job suchen musste, wenn er mich auch nur anfasste und ich würde auch nicht zögern ihn zu verraten, da er gerade der einzige Störfaktor in meinem Leben war, welchen ich einfach beseitigen konnte. Ich saß im Moment am längeren Hebel und das wusste er. „Ich weiß, dass du Manuel magst, Patrick, jeder mag ihn irgendwann! Der Typ bekommt immer was er will und ich habe schon im Publikum bei der Auktion gesehen, dass er keine Ruhe geben wird, bis du vor ihm stehst und siehe da, ich hatte recht. Du bist definitiv ein netter Kerl und ich glaube auch nicht, dass du ihm jemals etwas böses wolltest, aber ich finde es einfach nicht gut, dass du so viel mit ihm machst! Als sein Butler ist es meine Pflicht dafür zu sorgen, dass ihn niemand verletzt oder in Gefahr bringt und genau diese Tendenz sehe ich bei dir! Du als Mensch bist sicher toll, aber das was du Manuel antun kannst ist definitiv etwas, vor dem ich ihn beschützen muss!"
Groß wurden meine Augen, als ich die Entschlossenheit in dem Blick des Älteren sah und ich aß weiter, verarbeitete das gehörte erst einmal. Er fand mich also gar nicht so schlimm wie gedacht, er wollte wirklich nur seinen Arbeitgeber beschützen, aber vor was? Ich würde dem Grünäugigen niemals etwas tun wollen und können, ich war einfach nicht der Typ dafür jemandem wehzutun, wenn es sich nicht irgendwie vermeiden ließ und deswegen verstand ich nicht, was genau Michael dann so schlimm daran fand, dass ich bei Manuel war. Bisher hatte ich dem Brünetten gar nicht so schlecht getan, ich beschützte ihn vor sich selbst und half ihm gesund zu werden, ließ ihn mit mir kuscheln, wenn er Nähe brauchte und ich las ihm sogar etwas vor, wie sollte ich ihm etwas schlechtes tun? Michael hatte doch selbst gesehen wie ich mich um seinen Herrn kümmerte und er musste doch auch sehen, dass ich niemandem hier schaden wollte. „Und was kann ich ihm so antun, wovor du ihn beschützen möchtest? Ich möchte Manuel nicht verletzen oder auch nur irgendwie in Gefahr bringen, du brauchst also gar nicht so sehr auf ihn aufzupassen wie du denkst!", meinte ich schließlich, was den Älteren nur genervt seufzen ließ. Malu aß während dessen fröhlich weiter und ließ sich gar nicht davon stören, dass wir hier eine so negative Stimmung ausstrahlten, sie kleckerte leicht mit ihrem Brei und hielt ihrem Aufpasser sogar grinsend den Löffel hin, welcher jedoch dankend ablehnte und ihr durch das blonde Haar strich. „Das mag tatsächlich sein, aber dein Vater ist ein Millionen schwerer Kunstkritiker und das macht dich zu einer ausgezeichneten Zielscheibe für Leute die auf Lösegeld aus sind und auch nicht davor zurückschrecken dich im Zweifelsfall umzubringen, wenn dein Vater nicht zahlt! Ich kenne Manuel schon seit geschlagenen acht Jahren und ich weiß, dass er dich sehr gerne hat und sofort für dich bezahlen würde, auch wenn ihn das in den Ruin treibt! Du hast niemanden der dich vor einem Übergriff schützt und bist deswegen schnell zu entführen. Als ich angefangen habe für Manuel zu arbeiten, da habe ich ihm geschworen ihn immer zu beschützen und das werde ich auch machen! Er erkennt den Ernst der Lage vielleicht nicht oder will den Ernst nicht erkennen, aber ich tue das und bitte dich deswegen einfach von hier zu verschwinden...wenn dir etwas an Manuel liegt, dann tu ihm den Gefallen und geh!"
Schockiert betrachtete ich Michael und suchte nach Worten. Das war tatsächlich eine Überlegung welche ich bisher noch nicht bedacht hatte, aber irgendwie war das ganze auch unlogisch, denn wenn man für mich Lösegeld verlangen konnte, dann konnte man das für jeden hier tun. Manuel liebte seine Kinder über alles, würde für sie sicherlich noch viel weiter gehen als für mich und auch Maurice konnte man gut entführen, er ging schließlich oft raus zum einkaufen oder um Essen zu verteilen. Jedem konnte das passieren, nicht nur mir und allein schon deswegen war es ein absolut dummes Argument, welches ihm nichts bringen würde. Ich wohnte nun hier, wenn auch nicht ganz offiziell und daran konnte der Grauäugige nun nichts mehr ändern. „Manuel würde für jeden hier Lösegeld zahlen, Michael! Außerdem bist du doch da und wenn du auf Manuel aufpassen kannst, dann kannst du auch auf mich aufpassen, oder? Ich bin nicht schlimmer als er und gehe sowieso nie allein raus, oder zumindest nicht oft, das heißt, die Chance dass ich gekidnappt und als Druckmittel verwendet werde ist sehr gering. Kannst du vielleicht zumindest versuchen mich hier zu akzeptieren? Es muss ja nicht so etwas schreckliches passieren, nur weil auf einmal eine Person mehr hier wohnt, die möglicherweise gekidnappt werden könnte und ich würde mich freuen dich kennenzulernen!", sagte ich mit einem vorsichtigen Lächeln, was den Größeren nun große Augen machen ließ. Er hatte seit dem er betrunken war kein Wort mehr mit Manuel gewechselt, zumindest nicht in meinem Beisein und deswegen konnte er noch gar nicht wissen, dass ich von nun an ebenso dauerhafter Bewohner dieses Hauses sein würde wie er. Keiner wusste es und ich freute mich schon auf die glänzenden Augen von Maurice, wenn ich es ihm nachher erzählte und dafür fest gedrückt wurde, da er glücklich war mich noch länger hier haben zu dürfen. Jeden Morgen machte er mir mein Frühstück und grinste lieb, wenn er mich sah, erzählte mir fröhlich davon, dass er wieder in der Stadt war und Essen an Bedürftige verteilt hatte, was mich ebenso lächeln ließ. Dieser Junge war eine so liebe Seele, ich würde lügen wenn ich sagen würde, dass ich ihn nicht wahnsinnig süß fand.
„Du wohnst jetzt hier?", fragte mich der Grauäugige mit monotonem Gesichtsausdruck, was mich stark verunsicherte. Er hielt es offensichtlich nicht für gut, dass ich hier blieb und ich wusste das, würde jedoch nicht einfach gehen, nur weil es ihm nicht zusagte, dass ich hier war und seinem Herrn nahe kam. Ich war es doch schon gewohnt, dass man mich nicht mochte und wollte, dass ich ging, aber er als Butler würde mir nicht gefährlich werden können, schon allein aus dem Grund, dass er damit den direkten Befehl seines Vorgesetzten missachtete und deswegen nickte ich sicher, hoffte, dass er es einfach still akzeptieren würde. Seufzend streckte mir der Ältere die Hand aus. „Gut, dann ist es eben so...aber wenn du Manuel auch nur ein einziges Haar krümmst, werde ich dich umbringen und hinten im Garten vergraben, damit dich niemals jemand findet!"
~2640 Worte, geschrieben am 05.04.2021, hochgeladen am 20.04.2021
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