18. Rat
Müde blinzelte ich, als ich das nächste Mal aufwachte und sah direkt einen braunen Haarschopf vor mir, welcher mich sofort zum lächeln brachte. Anders als vorhin war nun ich der, welcher Patrick sicher umschloss und das nutzte ich schamlos aus, indem ich ihn ein wenig näher an mich zog. Der Brünette hatte mich ohne zu zögern dazu gezwungen mich auszuruhen, hielt mich davon ab zu arbeiten und drohte mir schlussendlich sogar an meine Finger abzuschneiden, wenn ich nicht ruhig wurde, und da ich ihm das tatsächlich zutraute, fügte ich mich ihm umgehend. Auch zum Essen zwang er mich, während er selbst runterging und sich etwas zu essen suchte, wofür ich ihm dankbar war. Schon lange hatte niemand mehr so auf mein Wohlergehen geachtet und sich meinen Wünschen widersetzt, so wie er es ohne zu zögern tat. Er wollte, dass es mir gut ging und gab sich große Mühe dabei mich gesund zu pflegen, ließ sich nicht davon stören, dass ich eine andere Meinung hatte als er und ich war ihm unendlich dankbar dafür. Mit ihm an meiner Seite fühlte ich mich merkwürdig wohl und Patrick schien nicht einmal wirklich etwas dagegen zu haben mit mir zu kuscheln, obwohl er doch selbst behauptete körperliche Nähe nicht so zu mögen. Bei Maurice wirkte er noch immer recht vorsichtig, es war als wäre ich eine Ausnahme.
„Bist du eigentlich immer so anhänglich?", wollte Patrick brummend wissen, als er merkte dass ich wieder wach war und sofort löste ich mich von ihm, gab ihn frei. Nein, ich war nie anhänglich gewesen, aber irgendwie gab mir der Jüngere das Gefühl ihn umarmen und schützen zu müssen, bei ihm sein zu wollen und seine Nähe zu genießen, ich konnte nicht so recht sagen wieso. Schon lange hatte ich niemanden mehr an meiner Seite gehabt, den ich so einfach an mich heranließ wie den siebzehnjährigen, er war für mich etwas ganz besonderes und ich fühlte mich in der Pflicht auf ihn acht zu geben, besonders nachdem er vor ein paar Tagen vor mir geweint hatte. Er war so stark, wollte groß sein und allen beweisen, dass er für sich selbst und seine Meinung einstehen konnte, doch innerlich fühlte er sich nicht beachtet, ungeliebt und war traurig, das konnte ich einfach nicht ertragen zu sehen. Es stimmte, er war schon ein wenig schwierig, handelte ungerne nach den Befehlen von anderen und wurde oft laut, obwohl er sich einfach nur ein wenig mit mir unterhalten könnte, aber trotzdem sah ich keinen Grund dafür ihn deswegen zu verschmähen oder nicht zu mögen. Mittlerweile ließ er sich sogar schon darauf ein mit mir zu scherzen, er gewöhnte sich an mich und wurde ruhiger in meiner Gegenwart, es könnte nicht besser laufen. „Tschuldigung...", murmelte ich leise, während mir Schamesröte in die Wangen stieg und obwohl ich erwartete, dass der Franzose nun von mir weg rückte, tat er es nicht. Genervt verdrehte der Kleine seine Augen, während er sich zu mir herumdrehte und prüfend seine Hand noch einmal auf meine Stirn legte, um zu gucken ob sie noch heiß war oder nicht. Zufrieden seufzte er und sah mich einfach nur an, direkt in die Augen.
„Warum arbeitest du, wenn du krank bist, Manu? Jetzt wo du dich ausgeruht hast siehst du schon viel gesünder aus als vorhin, du musst dich öfter ausruhen...", meinte Patrick leise und sofort senkte ich unwohl meinen Blick, schließlich hatte sich der Jüngere um mich gekümmert, obwohl es eigentlich andersherum sein sollte. Fürsorglich war er auch gestern schon an meiner Seite geblieben, um mich zu beschützen und zu wärmen, als ich hingefallen war und das schien ihn nun auf eine gewisse Art und Weise geprägt zu haben, wenn auch nicht stark. Vielleicht fiel es ihm schwer es zu zeigen, doch ich glaubte, dass er sich mehr Gedanken um andere machte, als ihm selbst bewusst war. „Mich hat nie jemand aufgehalten, deshalb. Ich arbeite nun Mal gerne und auch wenn ich vielleicht nicht so effizient bin wie sonst, versuche ich trotzdem zu helfen wo ich kann! Ist nicht das gesündeste, aber ich fühle mich dann besser...", erklärte ich, während ich an all die male dachte, wo mich Michael wieder zurück ins Bett schicken wollte, als er erkannte, dass ich krank war oder als Maurice mich dann immer mit Tee und Suppe vollzustopfen, weil das ja gesund war. Erst nachdem ich beide angemeckert hatte, dass ich selbst entscheiden konnte was gut für mich war und was nicht, da wurden sie ruhig und ließen mich in Ruhe. Nur Maurice hatte es geschafft, dass ich trotzdem seinen Tee trank und seine Suppe aß, denn als ich die beiden zurechtgewiesen hatte, da begannen die Augen des Blonden traurig zu tränen und er weinte, entschuldigte sich und meinte, dass er mir doch nur helfen wollte. Sofort nahm ich ihn schützend in den Arm und redete auf ihn ein, sagte, dass ich es gar nicht so böse meinte wie es klang und dass er mich gerne weiter bemuttern durfte, aber nicht zu viel und damit war er einverstanden. Wie könnte ich nur jemals diesem Jungen so sehr wehtun, das brachte ich einfach nicht übers Herz.
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass keiner dir sagt, dass das dumm ist...wenn man krank ist, dann sollte man nicht arbeiten! Guck Mal, wenn du dich ausruhst, dann bist du auch schneller wieder gesund und kannst normal weiter arbeiten. Ruh dich einfach aus und mach Mal eine Pause von allem, das tut dir gut!", sagte mein Gast mit irgendwie schon fast flehendem Blick und sofort legte sich ein sanftes Lächeln auf meine Lippen. Ganz klar sprach da ein gewisser Beschützerinstinkt aus ihm heraus, welcher ihn denken ließ ich brauchte seinen Schutz brauchte, aber das war nicht so. Ich konnte gut auf mich allein aufpassen, das schaffte ich doch schon seit Jahren und der Brünette hatte zwar recht mit seiner Aussage, dass man auch mal nichts tun sollte, aber auf ihn hören musste ich deswegen noch lange nicht. Er hatte auch seinen eigenen Kopf, konnte selbst entscheiden was er tat und was nicht, dazu brauchte er niemand anderen und ich tat das genauso wenig. „Ich weiß, dass es besser wäre einfach mal nichts zu tun, aber ich habe keine Lust etwas daran zu ändern!", antwortete ich dem Kleineren, dessen Augen nun wütend aufblitzten. Ein leises Knurren war zu hören und er richtete sich auf, zerstörte die Ruhe, welche bis eben noch dafür gesorgt hatte, dass ich mich erholen konnte. „Man, warum bist du so ein Sturkopf und willst nicht auf mich hören? Denkst du, dass du meine Ratschläge nicht befolgen musst, weil ich jünger bin als du? Das ist verdammt noch Mal dumm!", regte sich der Franzose auf und sofort richtete auch ich mich nun auf, um ihm mit schmerzverzerrtem Gesicht anzudeuten leiser zu sein. Ich war immer schon sehr geräuschempfindlich, wenn ich krank wurde und wollte einfach nur meine Ruhe, da konnte ich so etwas hier gar nicht leiden.
„Patrick, bitte leiser, ja? Ich weiß, dass du recht hast und dass ich mich ausruhen sollte, aber ich möchte nicht, verstehst du? Das liegt kein bisschen daran, dass du jünger bist als ich. Auch Erwachsene dürfen ihre Fehler machen und so lange du da bist, werde ich ja auf dich hören! Aber bitte sei leiser, wenn du hier bist und sei nicht immer so aufbrausend, weil etwas nicht so läuft, wie du es gerne hättest. Du wirst schneller an dein Ziel kommen, wenn du einfach nur ruhig bleibst und dich mit mir unterhältst...", sagte ich seufzend, bevor ich mich wieder hinlegte und müde die Augen schloss, darauf wartete, dass etwas passierte. Bisher hatte der Jüngere immer wütend geguckt oder war laut geworden, wenn ich etwas gesagt hatte was ihm gegen den Strich ging, aber in der Hoffnung, dass er endlich aus seinen Fehlern lernte, blieb ich still liegen. Ich würde ihn einfach gehen lassen, wenn er nun keine Lust mehr hatte bei mir zu sein und weil ich wusste, dass er mir wirklich nur helfen würde, würde ich auch noch weiter schlafen, anstatt mich mit meiner Arbeit zu beschäftigen, aber es kam anders. Still legte sich auch mein Gast wieder hin, beruhigte sich wieder. „In Ordnung, dann reden wir eben! Nenne mir einen guten Grund, wieso du lieber arbeiten solltest als dich auszuruhen, wenn du krank bist!", meinte Patrick leiser als eben, was mich beruhigt lächeln ließ. Er hatte eingesehen, dass er über reagiert hatte und begann tatsächlich eine Argumentation mit mir, welche er wohl oder übel gewinnen würde, einerseits weil er recht hatte und andererseits, weil er dadurch merkte, dass er sich gar nicht aufzuregen brauchte. Am besten lernte man doch immer, wenn man für etwas gutes belohnt wurde und der Braunäugige würde mir vielleicht nicht dafür danken, dass ich ihm unterbewusst ein gutes Verhalten beibrachte, aber zumindest wusste ich dann, dass er dann etwas gelernt hatte, was ihn in seinem Leben weiterbringen würde.
„Ich helfe meinen Mitarbeitern immer, wenn ich krank bin. Natürlich fliege ich nicht um die Welt zu irgendwelchen Treffen und Meetings, aber hin und wieder gebe ich dann Mal einem meiner Mitarbeiter die Chance sich zu beweisen und lasse zwei von ihnen dahin gehen, wo ich erwartet worden wäre! Die meisten von ihnen sind mir dann dankbar für diese Chance und während dann ein oder zwei von meinen Leuten weg sind, um die Firmen zu vertreten, mache ich deren eigentliche Arbeit von Zuhause aus! So ist allen geholfen und niemand muss sich Sorgen darum machen, ob er seine Arbeit noch schafft oder nicht...", erklärte ich dem Jüngeren, während ich meinen Kopf ein wenig dem Brünetten zuneigte und erschrocken die Augen öffnete, als sich eine warme Hand um die meine linke schloss. Sanft spürte ich, wie Patrick mir mit dem Daumen über den Handrücken strich und sah, dass auch er die Augen geschlossen hatte, das ganze eher unterbewusst tat, vielleicht um sich zu beruhigen. Ohne mich zu beschweren ließ ich ihn machen, da ich genau wusste, dass es wunderbar beruhigend sein konnte, wenn man einfach nur die Nähe einer anderen Person spürte und da sich dieser Junge bei mir wohlfühlen sollte, ließ ich ihn ruhig machen. Es fühlte sich schön an nicht allein gelassen zu werden und gerne würde ich wieder von dem Kleineren gehalten werden, aber da er das nur tun sollte, wenn er es wirklich wollte, würde ich ihn niemals darum bitten. „Du denkst viel zu sehr an andere, Manu. Es sollte dir egal sein, ob deine Mitarbeiter ihre eigentliche Arbeit noch schaffen oder nicht, schließlich haben sie ja auch zugestimmt und sich freiwillig darauf eingelassen deine Firma zu vertreten! Ich nehme Mal ganz stark an, dass du extra Leute hast, die eigentlich dafür bezahlt werden deine Firma vor anderen zu vertreten und die sollten das dann eigentlich auch machen, das ist schließlich deren Job! Denk doch zumindest in diesem Punkt mehr an dich selbst und lass es einfach sein, es bringt dir nichts dich bis zum Ende abzuarbeiten...hast du sonst noch irgendwelche Argumente?"
Sanft lächelte ich über den Brünetten. Man konnte ihm vieles vorwerfen, er war vorschnell und dachte nicht nach, bevor er handelte, aber dumm war er nicht und direkt auch, das schätzte ich sehr an ihm. „Leider nicht, ich habe das immer nur für meine Mitarbeiter gemacht...wärst du denn damit zufrieden, wenn ich mich einmal am Tag erkundige wie es in der Firma so läuft, oder sollte ich das auch nicht machen?", fragte ich den Braunäugigen nun, dessen Augen sich schlagartig öffneten und mich musterten, als hätte ich etwas falsches gesagt. In der Hoffnung er würde sich dadurch sicherer fühlen und wahrnehmen, dass ich ihn schätzte, fragte ich ihn nach einem Rat und sah dabei zu, wie er überfordert den Mund ein Stück weit öffnete, jedoch einen Moment brauchte, um mir eine Antwort zu geben. Scheinbar wurde er noch nicht so oft nach einem Rat gefragt, wenn er mich so verwundert ansah und vielleicht war das der Schlüssel dazu ihn davon zu überzeugen bei mir zu bleiben, ich musste ihm zeigen, dass er bei mir ein Mitspracherecht hatte und mir jederzeit sagen konnte, wenn ihm etwas nicht gefiel. Ich hatte leider keine Ahnung mehr wann der Brünette gehen wollte, aber in der Hoffnung noch genug Zeit zu haben ihn von mir zu überzeugen, würde ich es versuchen und ihn meinen neuen Berater spielen lassen, wenn er das denn wollte. „Eigentlich solltest du nicht arbeiten, wenn du krank bist, aber ich glaube, einen Anruf kann ich gerade so noch verkraften!"
Lächelnd nickte ich leicht und sah, dass mich der Jüngere nun etwas besser gelaunt musterte, stolz darauf war, dass ich seinen Rat befolgen würde. Ich würde mich nach Patrick richten und es noch einmal schaffen ihn so stolz auf sich selbst sein zu lassen, das schwor ich mir!
~2110 Worte, geschrieben am 02.04.2021, hochgeladen am 08.04.2021
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