14. Sorgenkind
Voller Unsicherheit und Trauer saß Patrick auf einer der vielen Bänke, welche sich vor der riesigen Schlittschuhbahn befanden, während er sich seine Schlittschuhe anzog und besorgte mich mit seinem Verhalten zutiefst. Immer wieder hatte ich den Schönling versucht in ein Gespräch mit einzubeziehen, doch jedes Mal nickte er nur abwesend oder sah sich den Schnee an, durch welchen wir hindurchliefen, um an unser Ziel zu kommen. Ich wusste nicht, ob er noch immer wegen gestern Nacht betrübt war oder weil er über etwas ganz anderes nachdachte, was ihn störte, aber was auch immer es war, was den Kleinen störte, ich würde es herausfinden und ihm dann sein Lächeln wieder zurückgeben, welches er schon vor Ewigkeiten verloren hatte. So deprimiert wie in diesem Moment war er am Morgen noch nicht, da hatte er mir sogar ein vorsichtiges Lächeln geschenkt, als er gemerkt hatte, dass ich genau wusste er war wach und das freute mich sehr, auch wenn mich das an etwas erinnerte, was ich eigentlich vergessen wollte. Einem anderen wäre das wahrscheinlich gar nicht aufgefallen, doch in den Augen des siebzehnjährigen lag eindeutig Sehnsucht und Hoffnung nach etwas, was ich ihm geben konnte, wenn er mich denn nur an sich heranließ. Den ersten Schritt dazu hatte er schon gemacht, er ließ mich ihn umarmen und das, obwohl er Berührungen nicht mochte, das hatte mir zumindest Maurice am gestrigen Mittag gesagt. Das Verlangen nach Liebe in Patrick war groß und ich war sicher nicht derjenige, welcher das Recht besitzen sollte es ganz zu stillen, doch zumindest konnte ich ihm dabei helfen ein wenig Vertrauen in andere Menschen zu fassen.
„Willst du mir sagen, was dich traurig macht, Patrick?", fragte ich meinen Schützling sanft, während ich mich vor ihn hockte und mich mit meiner rechten Hand auf seinem Knie abstützte, schließlich war es schwer mit Kufen unter den Schuhen seine Balance zu halten. Sowohl Milo als auch Malu befanden sich schon auf dem Eis, meine Tochter jedoch mit ihrem treuen Begleiter, einer Laufhilfe welche aussah wie ein kleiner Pinguin und auch, wenn meine Aufmerksamkeit gerade dem Jungen vor mir galt, so würde ich die beiden Kinder dennoch nicht aus den Augen lassen. Der Braunäugige Junge auf der Bank sah mich nun noch verunsicherter an als vorhin noch, seine Augen blitzten wie die keines anderen und das allein, weil ich ihm ungefragt nähergekommen war. Natürlich könnte ich auch einfach neben ihm sitzen, doch da ich so um einiges kleiner war als normal, hoffte ich dem Jüngeren dadurch ein Gefühl von Sicherheit und Stärke zu geben, schließlich teilte ich ihm unterschwellig mit, dass ich mich ihm gerade unterwarf. Auch gestern hatte ich versucht ihm mittels Körpersprache zu zeigen, dass er sicher war und nichts zu befürchten hatte, denn auf so etwas schien er besser zu reagieren als auf Worte. „Ich kann nicht Schlittschuhlaufen...", hauchte mein Vordermann leise, dabei wandte er seinen Blich von mir ab und sofort wusste ich, er verschwieg mir etwas, denn schließlich war er schon vor meiner Aufforderung mit mir hierher zu kommen traurig, doch im Moment musste ich es dabei belassen. Wenn ich ihn jetzt ausfragte, würde er mich abblocken und ich würde mein mühsam aufgebautes Vertrauen zu ihm wieder verlieren, das durfte unter keinen Umständen passieren. So langsam war ich auf dem richtigen Weg und könnte mit Glück noch herausfinden wie genau der Kleine behandelt wurde, doch für mehr würde die Zeit nicht mehr reichen, schließlich wollte Patrick schnellstmöglich von hier verschwinden.
Verärgert sah mich mein Schützling nun an, als ich mich nicht rührte. „Willst du dich deswegen über mich lustig machen?", fragte mich Patrick verletzt und sofort zog ich verwundert die rechte Augenbraue nach oben, denn dieser plötzliche Gefühlswechsel kam unerwartet. Mit so etwas schien dieser Junge tatsächlich zu kämpfen zu haben, doch wie ich das ändern sollte war mir ein Rätsel. Ich war mir sicher, der Kleine fühlte sich in diesem Moment einfach nur in die Ecke gedrängt und war verunsichert, denn bisher hatte er immer nur dann aggressiv mir gegenüber reagiert, wenn ich ihm ungefragt zu nahe kam oder wenn meine Meinung eine andere war als die seine. Es war erstaunlich wie sehr der Brünette darauf erpicht war seinen eigenen Willen zu bekommen, er wurde sofort bockig, wenn er diesen nicht bekam und sobald er einmal abgeschaltet hatte, würde es schwer werden ihm zu zeigen, dass alles in Ordnung war. Wenn es etwas gab, was der Braunäugige auf jeden Fall noch lernen musste, dann war es, dass man nun einmal nicht immer seinen eigenen Willen bekommen konnte und auch einfach miteinander reden konnte, wenn man nicht bereit war eine Niederlage zu akzeptieren. Ich wäre durchaus bereit eine ernste Konversation mit dem Kleinen einzugehen, auch ihn trösten würde ich sofort oder mit ihm eine Lösung für ein Problem suchen, doch dafür musste Patrick meine Hilfe erst Mal akzeptieren, er musste lernen sich helfen zu lassen. „Nein, will ich nicht. Ich möchte dir helfen es zu lernen!"
Mühelos richtete ich mich auf und hielt meinem Gast meine rechte Hand hin, dessen Unzufriedenheit nur unschwer zu erkennen war. Bockig sah er mich nicht einmal an, ließ sich von mir jedoch auf die Beine ziehen und sofort in meine Arme fallen, was ihn sich schlussendlich versteifen ließ. Lächelnd blickte ich dem siebzehnjährigen in seine Augen, während ich ihm zärtlich über den Rücken fuhr. „Nicht immer sofort so wütend werden, wenn dir etwas nicht gefällt, ja? Du kannst auch gerne einfach mit mir reden, verstehst du? Ich bin nämlich niemand den du anmotzen musst, um deinen Willen zu bekommen. Und jetzt komm, du lernst heute wie man auf dem Eis überlebt und ich bringe dir das bei!", erklärte ich sanft, bevor ich mich von ihm löste und mich von ihm abwand, seine Hand jedoch mit meiner verbunden ließ. Langsam nur stolperte mir Patrick hinterher, denn auf Kufen zu laufen war etwas zu Anfang sehr ungewohntes, woran man sich erst einmal gewöhnen musste und diese Zeit gab ich dem Kleinen, schließlich könnte er in seinem bisherigen Leben noch nie das Vergnügen gehabt haben auf Eis zu stehen. Ich war mit meinen Kindern sehr oft hier, mir gehörte diese kleine Eishalle und wenn Milo es wollte, dann begleitete ich ihn her, sah mir an, wie er versuchte sich mit Hilfe einer Lehrerin eigene kleine Choreographien auszudenken und war einfach nur begeistert davon wie sehr mein Junge es liebte Schlittschuh zu fahren. Es war seine große Leidenschaft, schon seit immer und wenn er einmal groß war, sagte er, dass er Eiskunstläufer werden wollte, wie sein großes Vorbild, dessen Namen ich mir wohl niemals würde merken können. Das war sein größter Traum und ich würde ihm mit allem unterstützen was ich hatte, koste es was es wolle.
„Ich kann das auch alleine...", murrte mein Schützling, dabei machte er jedoch keine Anstalt sich von mir zu lösen und das brachte mich dazu zu schmunzeln. Wie brachte man jemandem nur bei sich auch einmal auf andere zu verlassen, ich wusste darauf keine Antwort. Patrick klang genervt und das ließ mich nicken, wenn auch nur ungerne. „In Ordnung, dann probiere es erstmal allein und wenn du meine Hilfe dann noch brauchst, bin ich in ein paar Minuten wieder da! Du schaffst das schon, Kleiner, ich glaube an dich!", sprach ich mit einem zuversichtlichem Lächeln, bevor ich die Hand des Jüngeren losließ und mich auf die riesige Eisfläche begab, um erst einmal nahe am Rand entlang zu fahren, da auch ich nicht das Talent der Talente war und glücklich über den Fakt war, dass ich es schaffte mich auf den Beinen zu halten. Es gehörte noch nie zu meinen Stärken sportliche Aktivitäten gut zu beherrschen, ich war schnell aus der Puste und war unbegabt darin ein Ziel zu treffen, doch dafür hatte ich ganz andere Talente, wie meine gute Menschenkenntnis und den Willen anderen zu helfen, egal wie. Mittlerweile machte ich auf Anraten meines Arztes hin und wieder Schwimmsport, denn das war das einzige was ich tatsächlich auf meinem Gelände hatte, eine kleines Schwimmbecken, doch zu etwas anderem wie Boxen oder Basketballspielen würde man mich nicht einmal dann motivieren können, wenn die Welt davon abhängen würde. Ab und zu ließ ich mich dazu erweichen mit meiner Tochter zusammen Fußball zu spielen, doch zu mehr würde man mich niemals bekommen, da war das hier schon ein wahres Wunder. Allein Milo zuliebe hatte ich angefangen mich auf solche sportlichen Aktivitäten einzulassen und besser das Schlittschuhlaufen zu lernen, als ich es schon konnte, um ihm ein gutes Vorbild sein zu können, eines, welches ich selbst nie hatte.
Für einige Sekunden schloss ich einfach meine Augen, hörte die leisen Geräusche, welche bei jedem meiner Schritte auf dem Eis entstanden und genoss es für einen kurzen Moment meine Ruhe zu haben. Ich hörte kein weinen, kein schreien, niemand beschwerte sich oder wollte mit mir über Dinge sprechen, für die ich doch eigentlich Angestellte hatte, doch wusste ich, das konnte nicht lange so bleiben. Irgendwann kam immer ein Anruf, welcher mich aus meiner Reserve lockte und mich zum grübeln brachte, die Frage war nur wann. Mein nächster offizieller Termin, wo meine persönliche Anwesenheit gebraucht wurde war in einer Woche, dann würde ich für ein oder zwei Tage nach New York reisen müssen und das würde dann auch mein letzter Termin sein, welchen ich vor Neujahr annehmen würde, denn in meiner Welt gab es nichts wichtigeres als meine Familie und da meine Kinder ein tolles Weihnachten mit ihrer Oma verdienten, würde ich auch alles dafür tun, dass sie dieses bekamen. Wie von selbst öffneten sich meine Augen in diesem Moment wieder, um erst meiner Tochter einen achtsamen Blick zuzuwerfen, welche gerade dabei war quer durch die Halle mit der Hilfe ihres Pinguins zu fahren, dann sah ich Milo an, dessen gesamte Konzentration auf einem kleinen Sprung lag, welchen er schon ein wenig länger trainierte und schlussendlich landete mein Blick auf Patrick, welcher noch genauso starr da stand, wie ich ihn verlassen hatte. Die Augen des Brünetten lagen allein auf dem Eis vor ihm, ganz so als hätte er Angst davor dieses Eis zu betreten und obwohl ich ihm eigentlich seinen Willen lassen wollte, wollte mein Körper etwas ganz anderes tun. Wie von allein fuhr ich auf den Kleinen zu, sah blanke Angst und wusste, bevor der Jüngere auf dieses Eis steigen würde, würde ich erst einmal herausfinden müssen was ihm solch eine Angst machte.
Langsam kam ich vor meinem neuen Sorgenkind zum stehen, um Tränen der Furcht sehen zu können und den siebzehnjährigen vorsichtig nach hinten zu drängen, weiter weg von der Gefahrenquelle. „Hey, was ist los?", fragte ich sanft, dabei stellte ich mich bewusst genau so hin, dass Patrick nur mich ansehen konnte und möglichst nicht das Eis sah, um schnellstmöglich wieder ruhig zu werden. Ungewollt war ich ihm nun nähergekommen als gestern noch, mein Gesicht war nur wenige Zentimeter von dem seinen entfernt und selbst das schien den sonst so auf Abstand erpichten Franzosen nicht zu interessieren, er war einfach in Gedanken versunken und befand sich in einer Schockstarre, welche nur von dem Eis hinter mir ausgelöst worden sein konnte, schließlich war sonst nichts weiter passiert. Dieser Junge machte mich wirklich wahnsinnig, irgendwas musste ihn in seiner Kindheit stark traumatisiert haben, wenn er schon hier stoppte und sich nicht einmal traute auf diese dünne Fläche des gefrorenen Wassers zu gehen, doch was es war würde ich mit Sicherheit erst später erfahren. Im Moment würde es schon reichen den Jüngeren wieder zu beruhigen, denn so blass wie er war würde ich ihn ganz sicher nicht mehr auf dieses Eis bewegen, das wäre unverantwortlich. In Patrick steckten so viele Gefühle und Erinnerungen welche ihn kaputt machten, ganz unbewusst und wenn sich niemand darum kümmerte, dass der Braunäugige lernte mit all seinem erlebten umzugehen, dass würde er schlussendlich daran zugrunde gehen, was ich nicht zulassen durfte. Als Archie mir die Verantwortung dafür übertrug mich um den Kleinen zu kümmern, hatte er mich unweigerlich auch dazu verpflichtet dafür zu sorgen, dass der Junge es gut hatte und hier gestärkt wieder herausging, ohne hervorgeholte alte Wunden, welche hätten eigentlich versteckt bleiben sollen.
„Ist da unter dem Eis Wasser?", fragte mich mein Vordermann mit zittriger Stimme und vor Furcht schimmernden Augen, was mich erstaunte. Diese Worte ließen nur unschwer vermuten, dass der Brünette tatsächlich in der Vergangenheit etwas erlebt hatte, was ihn nun wieder einholte und da er nach Wasser fragte, lag auch die Vermutung nicht fern, dass er als Kind einmal eingestürzt sein könnte und fast ertrunken wäre. Wenn das passiert war, musste ich dem Jüngeren nur langsam zeigen, dass er nichts zu befürchten hatte, zumindest nicht in einer Eishalle und dann gab es die minimale Chance, dass er sich trauen würde ebenfalls auf das Eis zu gehen, doch dazu drängen würde ich ihn nicht, niemals. Ich fühlte mich dazu verpflichtet den Braunäugigen liebevoll zu behandeln, seine Ängste und vergangenen Erlebnisse zu beachten, denn obwohl er schon abgelehnt hatte, hoffte ich noch immer ein wenig, dass er nach dieser einen Woche bei uns bleiben würde. Mich würde das kein bisschen stören, ich musste nur etwas finden, was der Kleine für mich machen konnte und was er gerne tat, denn kochen schien es schon einmal nicht zu sein. Ich kannte ihn doch kaum, wie wollte ich da ein Urteil darüber treffen als was er arbeiten konnte? Ohne ein kleines Gespräch mit ihm würde das nichts werden. Langsam aber sicher gab er mir doch die Chance ihm näherzukommen, er stieß mich nicht mehr sofort von sich, wenn ich auch nur daran dachte ihn zu umarmen und wirklich wütend wurde er auch nur am Anfang, alles danach war eher genervt sein oder bloße Verärgerung, nichts weiter. Diese Fortschritte waren gut, wenn ich einfach weitermachte wie bisher, dann gab es die Möglichkeit darauf, dass er sich mir endgültig anvertrauen würde und begann mich als einen Freund zu betrachten, das war mein endgültiges Ziel.
„Nein, das Eis wird von...also ich weiß gerade nicht mehr genau wie das heißt, aber es gibt sozusagen eine Kühlplatte und da wird dann immer wieder eine Schicht Wasser drauf verteilt, die dann durch diese Kühlplatte zu Eis wird! Hier gibt es also kein Wasser...", erklärte ich mit ein wenig Halbwissen, denn viel wusste ich nicht über Eishallen, einfach weil es nicht zu meinen Interessen und zu den notwendig zu wissenden Dingen meines Lebens gehörte. Mit so etwas wie Eishallen hatte ich mich noch nie näher beschäftigt, alles was ich wusste war Wissen, welches ich mir zusammenreimte und doch wusste ich eins, dort unter diesem Eis befand sich kein Wasser, alles andere musste nur verständlich und klar für meinen Schützling sein. Es war wichtig, dass er keine Angst vor diesem Boden hatte, damit er den Mut aufbringen konnte ebenfalls zumindest ein paar Runden auf der Bahn zu fahren und ich würde die ganze Zeit an seiner Seite sein, schließlich wollte ich ungerne sehen, wie er ein weiteres Mal weinte und mir seine endlose Trauer zeigte. Schon in der Nacht hatte ich mich gefragt wieso dieser Junge meinen Beschützerinstinkt so sehr erregte, so wie es sonst nur meine Kinder taten und doch wusste ich tief in meinem Inneren die Antwort darauf, auch wenn ich diese nicht akzeptieren wollte. Diese braunen Augen, welche mich treu und freudig mustern könnten, sie waren es die mich in ihren Bann zogen und sanft in seiner Gegenwart werden ließen. Hätte er nicht diesen immer kalten und trostlosen Blick, war ich mir sicher, dass mein Herz schon längst vor Glück tanzen würde, auch wenn das schon jetzt der Fall war. Es freute sich den Jungen gefunden zu haben und nun die Verantwortung für ihn zu tragen, mich um ihn kümmern zu können, doch mein Kopf sagte da etwas ganz anderes, auch wenn dieser Widerstand noch nicht groß war.
Vorsichtig wollte ich mich lösen, doch das ließ Patrick nicht einmal zu. Fest griff der Kleine meine Jacke, zog mich nahe an sich und musterte mich mit einer so großen Menge an Willenskraft, dass ich staunen konnte. „Dann will ich es versuchen! Kannst du mir helfen, Manuel?", fragte mich mein Schützling mit großen, bittenden Augen, doch das ließ mich ihn nur unsicher ansehen. Ich hatte nicht gewusst, dass sich hinter seiner Angst tatsächlich ein gewisses Trauma oder zumindest eine Erinnerung versteckte, welche den Brünetten so sehr belastete, dass er sich nicht allein traute auf das Eis zu gehen und nun wo ich davon wusste, war ich mir nicht mehr sicher ob ich dem Jüngeren das wirklich antun wollte. Entschlossenheit war nicht immer alles was zählte, wenn er hier Panik bekam und sich nicht sicher fühlte, trotz dessen dass ich da war, dann würde sich seine Angst doch nur noch mehr verschlimmern, was ich nicht zulassen durfte. Vielleicht war er noch nicht bereit dazu sich auf das Eis zu wagen und wollte nun nur wieder stark spielen, um nicht schwach zu wirken, doch um das herauszufinden gab es keine andere Möglichkeit als ihn probieren zu lassen. Nickend nahm ich mir die linke Hand des Braunäugigen, während ich zu lächeln begann. „Gut, in Ordnung! Wir bleiben erstmal nahe an der Bande, damit du dich wenn nötig festhalten kannst und wenn du ein wenig sicherer bist, versuchen wir weiter in Richtung Mitte zu kommen, ja? Schaffst du das?", fragte ich zur Sicherheit doch noch einmal nach, während ich ein paar Schritte nach hinten machte, sodass ich die Eisfläche betreten konnte und sofort bekam ich ein entschlossenes Nicken zurück, welches mir zeigte, der Dickkopf vor mir wollte das hier nun unbedingt schaffen. Erstaunlich wie stark dieser Junge war.
„Immer schön mich angucken, dann bekommst du hoffentlich keine Angst mehr!", meinte ich, während ich darauf achtete, dass ich nicht wegrutschte und noch während Patrick seinen ersten Fuß auf das Eis setzte, sich unsicher an meiner Jacke festkrallte und mir näher kam, musterte er mich belustigt und schmunzelte sogar dabei. „Ist das die Art wie du um meine Aufmerksamkeit bettelst?", fragte mich mein gegenüber herausfordernd, dabei hob er seine linke Augenbraue leicht und brachte mich dazu ihn verwundert zu mustern, denn mit diesem Satz hatte ich nun am aller wenigsten gerechnet. Dieser sture und bockige Junge hatte es in seiner bisherigen Zeit hier niemals gewagt auch nur auf einen Witz einzugehen, geschweige denn selbst einen zu machen und nun, nach so einer Situation der Angst, fragte er mich so etwas? Sicher wollte er nun irgendwie das vorherige Ereignis kompensieren, mir mit seiner Reaktion beweisen, dass nun alles wieder gut war und dass er nicht so schwach war wie ich vielleicht von ihm dachte, doch nötig war das nicht. Ich wusste genau, dass der Jüngere stark war und einfach nur ein wenig Unterstützung brauchte, um sich in dieser Welt besser zurecht zu finden, was genau das war, was ich ihm geben konnte. Wenn er mich ließ, würde ich ihm ein guter Freund und vielleicht auch Arbeitgeber sein, es kam ganz darauf an wie nahe mich mein Schützling noch an sich heranließ. Die Motivation für ihn da zu sein hatte ich, aber ihn nötigen mich als einen Helfer zu akzeptieren konnte ich nicht, das war allein seine Entscheidung, wer ihn auf seinem weiteren Weg begleiten würde. Egal wie er sich entschied, ich würde und musste es akzeptieren, schließlich war der Kleine auch schon fast erwachsen.
Zur Sicherheit umschloss ich die Hüfte des Braunäugigen mit meinem anderen Arm, damit er nicht wegrutschen konnte, drückte ihn ein Stück näher an mich heran. Unbeeindruckt sah ich auf meinen Gast hinab. „Also bitte, als ob ich um die Aufmerksamkeit von Zwergen wie dir betteln müsste! Wenn ich will, dann bekomme ich deine Aufmerksamkeit schon, da kannst du Gift drauf nehmen!"
~3250 Worte, geschrieben am 03.03.2021, hochgeladen am 26.03.2021
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