Kapitel 47
Can
"Wenn du willst, können wir es ja ausprobieren, wenn wir wieder in der Schule sind. Ich habe zwei Skalpelle zu Hause und oft genug Grey's Anatomy geschaut", bietet Shana Ramazan an. Dass sie sich so sicher ist, dass sie ihre Liebe findet fasziniert mich ein wenig. Sie ist doch so verschlossen und kalt ist und eigentlich so abwertend gegenüber Beziehungen eingestellt und doch will sie unbedingt eine Beziehung haben. Was mich beeindruckt ist die Tatsache, dass sie so resolut dabei ist. Nur im Studium. Nicht jetzt. "Wenn Shana einen Mann hat, würde sie ihn einsperren!" Viyans Aussage bringt Shana zum Lachen. "Wieso?", frage ich. Was würde sie machen? "Sie würde ihn stalken und ihn ans Bett fesseln. Glaubt mir, ihr kennt sie nicht gut genug. Sie hat zu oft Fifty Shades of Grey geguckt." Shana versucht ihr den Mund zuzuhalten. Jetzt lacht auch der Rest mit. Ich stelle mir Shana als eifersüchtige Freundin vor. Das ist bei ihrem Temperament eigentlich sehr realistisch. "Sollen wir zurück? Fatih fragt, ob wir uns in seinem Zimmer treffen und Flaschendrehen spielen", schlägt Malik vor. Im Zimmer angekommen, fluche ich einmal vor mich hin. Sogar diese Jungs von unten sind hier! Mein Blick gleitet sofort zu Shana, die mich ebenfalls genervt anschaut. Fatih leitet uns zur freien Stelle. "Setzt euch hin, ich hol die Flasche. Wer was trinken will, gibt Bescheid." Wir setzen uns alle in den Kreis. Dabei beachte ich, dass Shana nicht in der Nähe der Jungs ist. "Was ist los?", fragt Malik. "Dieser Pisser regen mich auf." Ich nicke zur fünfköpfigen Bande. "Okay! Wer will anfangen?" Einer dieser Bastarde aus der Bande nimmt die Flasche an sich und dreht. Die Flasche zeigt auf Anastasia.
"Trinkt etwas Heftiges! Du siehst polnisch aus." Statt ihn zu korrigieren, steht sie auf und holt sich was zu trinken. Mit einer Vodkaflasche und einem normalen Trinkglas kommt sie zurück. Ich bin beeindruckt, als sie alles auf Ex runterschluckt. Nach mehreren Runden, in denen viel getrunken und geküsst wird, sind die meisten betrunken. Nur meine, Shanas Freunde und wir beide sind es nicht. Die Flasche wird wieder gedreht und stoppt bei Aleyna. "Wahrheit oder Pflicht?", fragt Tim. "Pflicht", kichert sie. "Pflicht", äfft Shana Aleyna nach. Das lässt mich schmunzeln. "Setz dich auf den Schoß eines Jungen und gib ihm einen Lapdance." Sofort fängt ein großes Gegröle an. Jeder motiviert Aleyna zur Tat, die plötzlich die Scheinheilige spielen will. Nur Shana guckt entsetzt und verdreht die Augen. Als Aleyna auf mich zukommt, vergeht mir das Lachen, doch das von Ramazan und Malik wird größer. Als sie mich dann nach hinten drückt und sich auf mich drauflegt, beginnt sie mit ihrem Lapdance. Ich fange wieder an zu lachen. Sie versucht ihre Hüften geschmeidig zu bewegen, aber es sind eigentlich ihre Oberschenkel und ihr Bauch, die sich gegen mich reiben. Es gab schon bessere. Es wird immer mehr gejubelt und lautere, krassere Beschimpfungen, die zu hundert Prozent aus Shanas Mund kommen, füllen den Raum. Das ermutigt Aleyna zu mir runterzukommen und mich zu küssen. Ab da rasten alle völlig aus. Aus dem Jubel wird Geschrei. Ihr Mund, der nach einer Mischung aus Wodka und Bier schmeckt, greift mich förmlich an. Ich erwidere ihn trotzdem. Es gibt Schlimmeres. Außerdem muss ich Aleyna so oder so noch ficken. Meine Hände ruhen auf ihrem Arsch, ihre lassen meinen gar nicht mehr in Ruhe. Da es mir langsam zu viel wird, drücke ich sie weg von mir. Der Kuss war schon lang genug. Doch statt wieder auf ihren Platz zu gehen, bleibt Aleyna seelenruhig auf meinem Schoß sitzen und grinst stolz. Stolz, dass sie ehrenlos ist.
"Wer war alles noch nicht?", fragt Aleyna mit ihrer beschwipsten Stimme. Shana und ihre Freunde zeigen nicht auf, aber alle wissen, dass keiner von ihnen dran war. Des Weiteren zeigt nur dieser Hund auf, der Shana immer so ekelhaft anguckt. "Ja, dann lass das so machen, dass jetzt wieder ein Junge dran ist. Wenn alle dran waren, drehen wir wieder", kichert sie. "Los, Hakan! Wahrheit oder Pflicht?", fragt Aleyna. Was ist sie so hibbelig? Dieser Bastardnimmt Pflicht. "Du musst Shana küssen." "Was?!", rufen Shana und ihre Freunde synchron. Meine Augenbrauen ziehen sich wütend zusammen. Ich sehe, wie dieser Bastard lächelt. Ich spüre das Pochen an meinem Hals und an der Brust. Ich spüre, wie ich mich kampfbereit mache und, wie ich Hakan zusammenschlagen will. "Einen Scheiß mache ich!" "Pech, hättest nicht mitspielen sollen dann", spricht Aleyna ihr dazwischen. "Nein, sie wird nicht geküsst!" "Du hast nichts zu bestimmen." Dieser kleine Hurensohn wagt es wirklich, mir zu widersprechen. Ich fick dich jetzt, du Hundesohn! Ich schubse Aleyna von meinem Schoß, brauche meine flache Hand nur einmal gegen die Fresse dieses 1.70-Möchtegerns schallen lassen, damit er Shana nicht noch näherkommt. "Can! Was wird das?!", kreischt Aleyna. Gott dieses Weib nervt! "Halt deine Schnauze!", fauche ich sie an. "Du Nutte! Alles deine schuld!" Hakan tastet sein Gesicht nach Blut ab. Ich werde rasender! Ich will die Wut, die ich auf Aleyna habe, an diesem Bastard auslassen! Mein linker Arm zittert. Ich schaue zu Shana, die vollkommen entsetzt durch die Gegend guckt. Kurz treffen sich unsere Blicke.
"Woher sollte ich wissen, dass er zuhaut?!" Was meint sie? "Du meintest doch, dass alles gut läuft, wenn du auf seinem Schoß sitzt. So würde es ihm egal sein, wenn ich sie küsse, meintest du doch!" "Das war geplant?!", fragt Shana wütend und hysterisch zugleich. Was zum verfickten Teufel ist hier los?! "Mit dir redet keiner!", faucht Aleyna. Shana wird rasend. Sie sieht verdammt wütend aus. "Du kleine Schlampe!", brüllt Shana und rennt auf Aleyna zu. Meine Augen weiten sich, als ich ihre Hand gegen Aleynas Gesicht fliegen sehe. Die Leute beginnen wieder mit ihrem animalischen Gegröle, als sich ihre Haare in Shanas kleiner Hand sammeln. Als Shana ihren Kopf gegen die Wand schlagen will, kommen Ramazan und Malik, um sie zurückzuziehen. Ihre Freunde schauen zu und ermutigen sie. Shana so zu sehen, gefällt mir. Ich weiß nicht wieso mein Herz deshalb schneller schlägt. Es gefällt mir. "Fasst mich nicht an!", schreit sie spitz. So sehr ich auch nicht lachen will, breche ich doch aus, als sie mit Aleynas Kopf herumfuchtelt, damit die Jungs ihr bloß nicht zu nahekommen. Aleyna versucht sich die ganze Zeit zu wehren und verpasst Shana einige Kratzer an den Händen, doch die interessieren Shana nicht in geringsten. Das Mädchen hat echt Kraft.
Langsam kriege ich das Gefühl, dass Shana Aleyna gleich umbringt. Ich gehe lieber dazwischen, hebe Shana an der Taille hoch und trage sie aus dem Zimmer. Tim öffnet mir die Tür, woraufhin ich dankend nicke. "Lass mich los!", ruft sie bissig und will sich befreien, doch als ich sie dann auf meine Schulter schmeiße, macht sie nichts, als mich zu beleidigen, aber das stecke ich locker weg. Es bringt mich eher zum Lachen, als, dass es mich sauer machen soll. Die Situation ist mehr als nur lustig. Das Bild, wie Shana Aleyna zusammenschlägt, spielt sich wieder vor meinen Augen ab und es gefällt mir. Im meinem Zimmer kommen wir an. Ich stelle sie ab. "Beruhige dich." "Was für beruhigen?! Diese hässliche Schlampe hat das geplant! Sie wollte, dass dieser hässliche Spaßt mich küsst! Und du? Du ekelst mich an!", faucht sie den letzten Satz voller Abscheu. Ich? Habe ich jetzt schon wieder getan? "Wieso?!" Ich nähere mich aufgebracht ihr. "Komm mir nicht zu nahe! Erst bist du nett zu mir und willst mit mir Aleyna ärgern, aber dann lässt dich von dieser Hure küssen und betanzen und tickst aus, wenn dieser Junge mich küssen will? Entscheide dich mal!", brülle sie. Was hat das Eine mit dem anderen zu tun? "Für was soll ich mich entscheiden?" Sie schafft es immer wieder, mich in innerhalb einer Sekunde wütend zu machen. "Für-," Sie beendet den Satz nicht und schaut stur auf die gegenüberliegende Wand. "Für was?", hake ich gereizt nach. "Nichts!", zischt sie und will raus, doch ich ziehe sie zurück. "Fass mich nicht an!" Sie will sich befreien, doch mein Griff um ihren Oberarm wird immer fester. "Ich werde dich anfassen, wann und wo ich will. Ob du es willst oder nicht!" Sie macht mich immer wütender. Ich werde wahrhaftig blind vor Wut. "Geh doch zu Aleyna! Sie will bestimmt angefasst werden! Man hat doch gesehen, wie geil du warst, als sie dich abgeleckt hat. Fick sie doch endlich! Dann seid ihr beide offiziell Huren!" Will sie mich verarschen?! Was soll der Scheiß?
"Was ist dein Problem?!", schreie ich. Diese ganze Wut sorgt schon für einen verfickten Tinnitus! "Mein Problem ist, dass du mich ausnutzen willst! Du hast doch Aleyna zur Verfügung! Benutz sie doch und komm mir nicht mehr zu nahe!" Ihre Stimme wird immer lauter, ich werde immer wütender. Mich hat noch nie ein Weib angeschrien. "Was ist, wenn ich dich ausnutzen will?", raune ich und komme ihr immer näher. "Was ist, wenn ich dich anfassen will?" Ich streichele ihren Arm hoch, den sie sofort wegschlägt und zurückweicht. "Fass mich nicht an!", keift sie. Ich kann ihre Ängstlichkeit spüren. "Was, wenn ich es doch tue? Und vor allem was, wenn ich dir jetzt die Jungfräulichkeit nehme?" Ich lächele sie dreckig an, genieße es, wie fassungslos sie mich anschaut. Wenn es wirklich ernst wird, kannst du nichts mehr sagen. Ich sehe es nicht kommen, als sie mir eine scheuert und alleine die Tatsache, dass sie es getan hat, lässt mich innerlich zu Dingen verleiten, die vor allem die in Gefahr bringen könnte. Ich würde am liebsten alles hier zerstören, einschließlich ihres Stolzes, aber ich fange mich wieder und drücke ich sie unsanft an die Wand, höre trotz des Unterdrückens, wie sie wimmert. Damit sie nicht abhauen kann, drücke ich mich gegen sie und stütze meine Hände links und rechts neben ihrem Kopf ab. "Was jetzt?", flüstere ich und grinse hämisch. Ihre Unterlippe zittert. Ihre Augen werden glasig. Nein, nein, nein! Ich tue doch nichts. Meine Schultern fallen. "Und dann fragst du mich noch, warum du mich anekelst?", hauchst sie fast. Ich kann nichts sagen. Ich bin verhindert. "Schau dich doch mal an! Guck, was du hier machst!" Erst jetzt bemerke ich, was ich hier gerade gemacht habe und schreite zurück. Fuck! Das wollte ich doch gar nicht! Ich ... fuck! Ich hab mich doch viel besser unter Kontrolle! "Shana, ich-," "Du brauchst gar nichts mehr zu sagen." Ich trete zurück, will es wieder versuchen, aber Shana unterbricht mich mit ihrem Flüchten.
"Fuck, Mann!" Ich schlage frustriert gegen die Tür. Das war nicht gut. Das war gar nicht gut. Das ist mir lange nicht mehr passiert. Ich habe mich doch verbessert! Mich regt alles auf. Vom Ziehen meines Hinterkopfs bis hin zum Zittern meines Arms. Und jetzt? Ich drehe mich seufzend um, sehe Shanas Cardigan auf meinem Koffer liegen. Ob ich ihn ihr bringen soll? Ob sie mich danach mit einem Messer attackiert? Ein Versuch ist es wert. Sie soll keine Angst vor mir haben. Ich tue ihr nichts. Mit dem Cardigan trete ich, ohne zu klopfen, hinein. Ich gehe auf Shanas Koffer zu und lege den Cardigan, gefaltet darauf. "Shana?" Ich bemühe mich um einen vorsichtigen Tonfall. Sie schaut starr auf die Decke. Ich seufze. "Shana, ich hatte mich gerade etwas nicht unter Kontrolle. Ich würde nie etwas gegen deinen Willen tun. Ich ... es, tut mir leid." Ich kratze mich am Nacken. Sie sagt immer noch nichts. Warum sagt sie nichts?! Ich warte und warte, aber es kommt nichts! Ich entschuldige mich sonst nie freiwillig! Ihre Freundinnen kommen rein. "Du kannst lange warten, bis sie redet. Wenn Shana einmal nicht redet, dann für den Rest des Tages oder länger. Da kann nur Essen und sehr gute Laune helfen", klärt Saliha mich auf, woraufhin ich seufze. "Okay. Ist sonst was da unten passiert?", frage ich nach. "Aleyna war am Heulen und hat etwas geblutet. Danach wollte sie es den Lehrern petzen, doch wir haben sie etwas bedroht", lacht sie. "Ramazan und Malik haben sich etwas mit den Jungs gestritten, aber Fatih, Tim und Fabio haben alles geklärt. Alle sind danach gegangen", fügt sie noch hinzu. "Okay, dann ist gut. Gute Nacht noch", murmele ich und gehe. Dass Shana so aggressiv sein kann, bringt mich zum Schmunzeln, auch wenn ich immer noch wütend bin. Wenn man nur ihre Wangen oder ihre Hände sieht, würde man denken, sie wäre das nette Mädchen von Nebenan.
Nur handelt es sich bei ihr um die komplizierteste Person, die mir je begegnet ist.
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