Kapitel 45
Can
Was ist denn jetzt los? Bis gerade eben war alles noch locker und friedlich und jetzt ist sie wieder so verschlossen. Gerade hat sie mich noch selbstsicher angeschaut und jetzt gilt ihr Blick nur dem Boden. "Was ist los?", frage ich verwirrt. "Nichts", kommt es matt von ihr. Hä? Ich habe doch gar nichts getan? "Bist du in deiner Phase?" Sie guckt mich verwirrt an. "Was für eine Phase?" Als ob sie nicht weiß, was ich meine. Ich nicke auf ihren Bauch. Ihre Augen verdrehen sich. "Nein? Wieso sollte ich?" Für dieses permanente Verdrehen ihrer Augen müsste ich sie in die Mülltonne stecken. "Du hast extreme Stimmungsschwankungen." Schon wieder verdreht dieser freche Gartenzwerg ihre Augen! "Ach und du hast keine? Manchmal könnte man denken, dass du Schwanger bist!", gibt sie bissig von sich. Ich mag es, sie aufzuregen. Es macht mich manchmal sogar geil. "Also hast du jetzt deine Tage oder nicht?", frage ich neckend. "Habe ich nicht!", antwortet sie mit zusammengebissenen Zähnen. Ich lache, als sie mir bockig den Rücken zudreht. Zu süß. "Wir haben 20:06 Uhr und es ist schon dunkel, sollten wir uns nicht mit den anderen treffen?", murmelt sie nach der kurzen Stille kleinlaut. Wie schnell sich ihre Launen verändern. Ich will sie aber noch etwas für mich haben. "Nein, lass uns noch etwas bleiben." Ich gebe wirklich mein Bestes, um kein Misstrauen mit meiner Stimme zu erwecken. "Ich will aber jetzt raus." Shana und ihre Sturheit. "Nein." Und schon steht der trotzige Gartenzwerg auf. "Doch." Shana will die Tür öffnen, doch ich halte sie auf. "Du gehst jetzt nicht." Kann sie nicht einmal auf mich hören?
"Ich will aber jetzt gehen!" Ihr Blick ist wütend auf mich gerichtet, dabei habe ich doch gar nichts gemacht. Oder doch? Nein, das kann nicht sein. Sie hat mich aufgeweckt, wir haben herumgealbert und dann wurde Shana wütend. Da ich keine Lust habe weiter zu diskutieren, packe ich Shana unter den Kniekehlen und schleppe sie zur Terrasse. "Lass los! Du Entführer! Ich zeige dich an!", ruft sie und will meine Hände von ihrem Körper lösen, weswegen ich den Griff um sie verstärke. Ich komme an meinem Ziel an und schließe die Tür. "So, jetzt bist du draußen." Ich grinse frech und sie verdreht schon wieder ihre Augen. Kriegt sie davon keine Schmerzen irgendwann? "Und was willst du?", fragt sie schnippisch. "Wolltest du nicht raus?", stelle ich keck die Gegenfrage und lege den Kopf grinsend schief. Sie stöhnt genervt auf. "Sag doch einfach, was du willst!" Ihr lauter Ton lässt meine gute Laune sinken. Was ist ihr verficktes Problem? "Was schreist du so? Gerade war noch alles gut und jetzt veranstaltest du so ein Drama und das Schlimmste ist, dass es ohne Grund ist!", gebe ich noch lauter von mir. Ich hasse es so sehr, wenn man mich anschreit. Niemand schreit mich an. Vor allem nicht so ein Gartenzwerg wie sie. "Ich habe einfach nur vergessen, dass jedes Mädchen in deinen Augen ein Spielzeug ist. Hast erstmal schön deinen Spaß und dann beachtest du sie nicht mehr." Ich kneife verwirrt die Augen zusammen. Was redet dieses Mädchen da? Was hat das jetzt mit ihr zu tun? "Habe ich dich irgendwie benutzt?", äußere ich mich bissig. "Hast du und wirst du auch nicht! Trotzdem weiß ich, dass du es irgendwann mal versuchen wirst. Du und dein Test", sagt sie spöttisch. Ich halte inne.
Wo sie recht hat, hat sie recht. Meine Mundwinkel zucken unzufrieden. Trotzdem! Ich kann auch ganz anders sein. Was weiß sie schon?! "Komm." Ich öffne wieder die Terrassentür. Shana bleibt aber immer noch stehen und guckt mich fragend an. "Du wolltest doch raus?" "Ich dachte, ich wäre schon draußen?" Da hat sie wieder recht. Und schon wieder zucken meine Mundwinkel unzufrieden deshalb. "Wir gehen jetzt aber nach draußen, wo es mehr Platz gibt." Ich ziehe sie an der Hand raus. Dieses Mädchen muss immer diskutieren! "Solltest du dir nicht vielleicht das Ding ausziehen?", fragt sie belustigt. "Was?" Verwirrt ziehe ich meine Augenbrauen zusammen. "Das." Shana zeigt auf meine Hose. Ich schaue runter und sehe, wie der String fast meine Eier einschneidet. Shana lacht mich aus. Diese gottverdammte Hexe! Diese Kacke habe ich komplett vergessen. Schnell ziehe ich diesen Scheißstring aus und nehme etwas Geld mit. Ich hab zwar nicht wirklich einen Plan, wie ich ihr zeigen kann, dass ich auch anders sein kann, aber das werde ich schon irgendwie hinkriegen – hoffentlich. Aber wieso sollte ich das machen? Statt zu zeigen, dass ich auch nicht nur ans Ficken denke, könnte ich sie einfach jetzt testen. Ja, genau! Jetzt würde sie nicht darauf kommen. Shana, jetzt wirst du getestet!
Wir steigen in den Aufzug ein. Mein Blick fällt auf Shana, dessen Blick kalt nach vorne gerichtet ist. "Wie viel Uhr haben wir?", frage ich Shana. "Weiß ich nicht." "Ich habe mein Handy im Zimmer gelassen. Es sieht aber so aus wie 21:30 Uhr", murmelt sie monoton. Ihre Aussage lässt mich etwas schmunzeln. "Es sieht aus wie 21:30 Uhr?", hake ich belustigt nach. "Ja." Ich belasse es schmunzelnd bei ihrer ernsten Aussage. Ich weiß nicht, wohin ich sie bringe. Ihre zierliche Hand ist in der meiner und lässt mich leiten. Einfach links abbiegen. "Wohin bringst du uns?" Shana ist misstrauisch. Ich sage nichts und laufe weiter. Ich laufe einfach in eine Richtung, wo sich wenige Menschen aufhalten. Irgendwann sticht mir auch ein Wald ins Auge. Dort steuere ich mit Shana zu. "Warte, was machen wir im Wald? Vor allem da, wo keiner ist? Willst du mich töten? Vergewaltigen?" Shana und ihre Ideen. "Wie oft kamst du jetzt auf den Gedanken, dass ich sowas tun würde? Langsam glaube ich, dass du es sogar willst", necke ich sie, was sie auf keuchen lässt.
"Würdest du es nur einmal wagen, dann würdest du sehen, was du davon hast! Ich will dich ja nicht daran erinnern, was ich schon alles mit dir angestellt habe." Damit wird sie mich bis an mein Lebensende aufziehen. Manchmal kann ich es bis heute nicht wirklich realisieren. "Wirst du dieses Ereignis jemals vergessen?", murre ich genervt. "Nein und ich werde es sogar bei deiner Beerdigung ansprechen." Dabei entkommt ihr ein leises Kichern. "Und bei deinen Kindern auch. Obwohl? Wer würde dich bitte heiraten wollen?", fragt sie abwertend, während wir dem Wald immer näherkommen. "Glaub mir. Da gibt es genügend Mädchen, die ein Kind von mir wollen", summe ich provokativ. Langsam kann ich es schon spüren, wann sie ihre Augen verdreht. "Dann müssen diese Mädchen blind sein." Sie verschränkt die Arme vor der Brust. "Nein, sie haben einen guten Geschmack." "Nein, ich habe einen guten Geschmack." "Hast du Hunger?" "Willst du mir was im Wald kochen?" Ich stöhne genervt auf. "Hast du oder hast du nicht?", will ich wissen. "Ja, habe ich", murmelt sie. Du kriegst dein Essen, wenn ich dich etwas getestet habe.
Ich nähere mich ihr unauffällig. Ich muss alles langsam angehen. Wären im Wald keine Laternen, wäre es sogar einfacher. "Lass uns mal zu der Bank gehen", sagt Shana, die nicht einmal auf meine Antwort wartet. Ich bleibe vor ihr stehen und hocke mich vor ihr hin, was sie die Augenbrauen zusammenziehen lässt. Shana fährt sich über ihre Wange. Einmal darf man schon reinkneifen. Ich kneife vorsichtig rein. Ihre Augenbrauen ziehen sich sofort zusammen. "Was wird das?", will sie wissen. "Du bist total süß." Mein kleines Lächeln fällt. Auch Shana ist überrascht von der Aussage. Scheiße. Das hätte nicht sein müssen. Ich lasse sofort von ihrer Wange ab. Das war nicht Teil des Planes. Es wird schwerer als gedacht, denn ich weiß, wie Shana reagieren wird. Entweder tickt sie aus oder sie schlägt mich. Ich muss ihr Vertrauen gewinnen. Aber das wird lange dauern, so misstrauisch wie sie ist. Das heißt, dass ich sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht auf der Klassenfahrt testen werden kann. Es sei denn, ich teste sie im Club. "Shana, erzähl mir was von dir." Ich setze mich neben sie. Shana beäugt mich skeptisch. Wie misstrauisch kann ein Mensch nur sein? "Da gibt es nichts zu erzählen." Ja, das wird ein ganzes Stück Arbeit. "Hattest du schon mal einen Freund?" Bei dieser Frage schnalzt sie genervt mit ihrer Zunge. "Nein." Gut so. Sie fängt an, mit einer ihrer Locken zu spielen.
"Du hattest viele Beziehungen, stimmt's?" Ich schaue etwas überrascht zu ihr. Ich hätte ehrlichgesagt nicht mit der Gegenfrage gerechnet, weil sie oft so desinteressiert wirkt. "Ja, wieso?" "Was macht dir daran so viel Spaß, jemanden auszunutzen?" Ich weiß nicht wirklich, was ich darauf antworten soll. Sie wendet ihren Blick von dem Gehweg ab. Dabei sind ihre Arme auf ihren Knien abgestützt. "Ich meine, es kam bestimmt schon mal vor, dass jemand in dich verliebt war. Wie konntest du so kalt sein und ihr das Herz brechen?", fragt Shana verständnislos. "Weil ich sie nie geliebt habe", antworte ich schulterzuckend. Was soll ich machen, wenn ich mich nicht verliebe? Ist doch nicht meine Schuld. "Ich kann nicht nachvollziehen, warum man um jemanden weint und warum man so viel für eine Person machen will", füge ich nochmal etwas gefühlsbetonter hinzu. Das ist doch alles überbewertet. Jetzt dreht sich Shana ganz zu mir und legt ihre Hände auf ihren Schoß. "Irgendwann, Can, glaub mir, da wird die Zeit kommen. Da wirst du dich unsterblich in jemanden verlieben. Das hoffe ich zumindest. Es wird ein unbeschreibliches Gefühlschaos in dir herrschen, vor allem, da du stur und stolz bist. Wenn du jemanden liebst, dann bist du nur auf diese eine Person fokussiert. Alles dreht sich nur noch um sie. Wie du sie auf dich aufmerksam machst, wie du sie zum Lächeln bringst und vor allem, wie du sie für dich gewinnst. Deswegen wirst du alles für sie tun wollen. Und wenn du um sie kämpfst oder zu stolz bist, um sie zu kämpfen, aber du so stark in sie verliebst bist und am Ende verlierst, dann wirst auch du weinen Can, glaub mir." Ich hätte nie gedacht, dass Shana sowas sagen würde. Sie wirkt nicht so wie der Typ, der Ahnung von Liebe hat. Dafür redet sie zu oft zu abwertend von Beziehungen. Wir schauen uns wortlos an. "Woher weißt du das?" War sie doch einmal verliebt? Also hat sie gelogen. "Ich weiß es selber nicht." Die Stimmung ist gekippt. Das mit dem Testen kann ich heute vergessen.
"Komm mit." Ich stehe auf. "Wohin?" Ich sage ihr ganz bestimmt nicht, dass wir jetzt essen gehen werden. Sonst würde sie mich hier und jetzt angreifen, weil sie kein Geld hat. Sie ist zu stolz, um sich etwas ausgeben zu lassen. "Stell nicht so viele Fragen und komm einfach mit." Wenigstens einmal tut sie das, was ich ihr sage.
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