Kapitel 120

Freitag, 28. Juni

Einige Wochen ist die Klassenfahrt her, die mir als sehr intensiv im Kopf geblieben ist. Sie war nicht voller Streit und Diskussionen, wie auf der ersten Fahrt, sondern bestand hauptsächlich aus außergewöhnlichen Situationen zwischen Can und mir. Wenn wir alleine waren, dann war eine sehr starke Anziehungskraft in der Luft und ich musste mich sehr stark beherrschen, nicht irgendwie in Emotionen auszubrechen, außer an dem Tag, wo wir am Hafen waren - da konnte ich mir eine Träne nicht verkneifen. Es war einfach zu viel in meinem Kopf. Er ist an Elif vergeben, liebt sie wohl, aber behandelt mich mit solch einer starken Intensität. Er sagt, dass ich ihn verrückt mache, kann sich manchmal nicht beherrschen und wird eifersüchtig, was soll man da bitte denken? Er muss doch etwas für mich empfinden oder bilde ich mir das nur ein? Egal, bald ist es eh vorbei. Seufzend nehme ich mir meine Ohrhörer ab, als ich meine Freunde auf der Bank sehe. Ich laufe mit einem müden Lächeln auf sie zu und lasse mich neben Ramazan nieder. "Shana, du hast ja morgen Geburtstag, nicht wahr?", fragt mich Viyan ganz aufgeregt, weswegen ich misstrauisch nicke. "Ich kann leider nicht kommen, meine Mutter lässt mich nicht, kennst sie ja." Sie verdreht ihre Augen und stöhnt genervt auf, was mich umso verwirrter macht. "Ich hatte nicht einmal vor ihn zu feiern, was spielst du mir vor?" Viyan wird blasser, als sie schon ist. Ja, hier ist definitiv etwas im Busch. "Was ist hier los?" Ich schaue fragend durch die Runde, kriege aber keine Antwort. "Okay, dann nicht." Ich werde es schon irgendwie herausfinden.

Okay, ich habe zwar nicht herausgefunden, was Viyan und Saliha haben, doch das kann ja noch herausgefunden werden. "Soll ich dich nach Hause fahren? Deine Augen sind wieder gereizt. Komm, ich fahr dich." Can nimmt mir meinen Rucksack ab und läuft mit mir zu seinem Auto. Das läuft schon seit Wochen so. Er holt mich ab und fährt mich nach Hause, erinnert mich, dass ich meine Medikamente nehmen soll und aufpassen soll, was ich esse. Er will nicht, dass ich wegen den ganzen Unverträglichkeiten leide. Als ich ihn fragte, wieso ihn das alles so wichtig ist, meinte er nur, dass er sich verpflichtet fühlt, dass es mir gut gehen soll. Dabei verletzt er mich, weil er mir eben so gut tut. Ich kann nach drei Jahren, die wir gemeinsam verbracht haben nicht leugnen, dass ich etwas für ihn empfinde, nur lässt mein Stolz es nicht zu. Er hat eine Mauer um meine Gefühle gebaut und sagt mir, dass es nur eine Phase ist und manchmal denke ich darüber nach und gebe meinem Stolz recht. Ich werde ihn doch bald eh nicht mehr sehen, da ich nach Hamburg ziehen werde. "Shana, was ist los?", holt mich Can aus meinen Gedanken. Ich bemerke erst jetzt, dass wir schon vor meiner Straße sind. "Nichts." Ich schnalle mich ab und greife mir meine Tasche. "Ciao, Can." Ich lächele ihn an, was er erwidert. "Ich rufe dich heute um 23:55 Uhr an." Ich ziehe wegen der Genauigkeit meine Augenbrauen zusammen, nicke aber dann und gehe dann nach Hause. "Shana, dein Paket ist angekommen." Meine Mutter ist natürlich so neugierig und hat es schon aufgerissen. Mein Kleid ist da! Ich ziehe mir schnell meine Schuhe aus und reiße schon fast das Kleid aus der Hand meiner Mutter. Genau sowie ich es wollte. Es ist ein bordeauxrotes Neckholderkleid, welches am Oberkörper eng liegt und ab der Taille locker fällt. Es ist nichts Auffälliges, ist aber umso schöner. "Ich muss es anziehen!", quietsche ich schon fast und sprinte mit dem Kleid ins Zimmer. Ich komme mit dem Kleid etwas ins Kämpfen, doch kriege dann am Ende den Reisverschluss zu und betrachte mich zufrieden im Spiegel. "Perfekt", gebe ich selbstverliebt von mir und drehe mich. "Shana, zeig!", stürmt meine Mutter ins Zimmer und zieht grinsend die Augenbrauen hoch. "Mama, bitte keinen Spruch", flehe ich. "Mashallah! Meine Tochter ist so hübsch! Ich muss aufpassen, dass keine Mutter dich als Schwiegertochter auswählt bei der Zeugnisausgabe." Cans Mutter wird ja ebenfalls auf dem Abschluss sein. "Lass mich ein Foto machen." Sie hält ihr Handy bereit, während ich beschämt meinen Kopf wegdrehe. "Mama", gebe ich peinlich berührt von mir, während sie die Fotos schießt. "Die schicke ich deinen Tanten, die werden Augen machen!", trällert sie und latscht in die Küche. Ich setze mich auf mein Bett und muss sofort anfangen zu lächeln. Ich werde mit Can den Eröffnungstanz machen. Ich stelle es mir schon vor, wie wir beide Versuchen die Führung zu übernehmen. "Oh Gott", flüstere ich, während ich meine Wangen massiere, die vom ganzen Lächeln schmerzen. Ich fahre mir ein letztes Mal über mein Kleid, bevor ich dann in eine Leggings und ein zu großes T-Shirt schlüpfe. Das Kleid hänge ich sorgfältig auf und hänge es an die Tür, woraufhin ich mich aufs Bett fallen lasse und fernsehe. Meine Gedanken schweifen aber immer wieder zu Can. Dieser eine Tag in Barcelona, wo er mich gegen die Kabinenwand gedrückt hat. Gott, das war ein total berauschender Moment. Ich wusste gar nicht, was ich machen sollte, ich hatte ja anfangs nicht einmal die Kraft, um ihn wegzudrücken. Es war ein verrückter Moment und doch so intensiv. Ich will die Zeit vergeuden, bis Can mich anruft, da ich unbedingt seine Stimme hören will. Am besten wäre es, wenn ich jetzt anfange. In der Zwischenzeit habe ich staubgesaugt, Salat geschnippelt und mit Viyan und Saliha geschrieben, deren Kleider ebenfalls heute angekommen sind. Wir haben die ganze Zeit über unsere Kleider und den Ball geschrieben. Wir schreiben immer noch, aber über die Übernachtung am Sonntag in der Schule, bis ein Anruf mich unterbricht. Can ruft an.

"Hallo?" Ich muss unwillkürlich anfangen zu lächeln.

"Na?" Ein kleines Lachen entkommt mir.

"Weißt du, was heute angekommen ist?"

"Dein Kleid?" Ich nicke, auch, wenn er es nicht sehen kann.

"Ja!", quietsche ich schon fast vor Freude.

"Hattest du es schon an?"

"Ja, ich musste, ich konnte nicht anders." Ich lasse einen zufriedenen Seufzer raus.

"Also ich habe schon längst meine bordeauxrote Krawatte, falls es dich interessiert."

"Schickst du mir ein Foto davon?", frage ich und ziehe grinsend meine Augenbraue hoch, da ich weiß, dass er wissen will, wie ich im Kleid aussehe.

"Schickst du mir ein Foto von dir im Kleid?" Hab ich doch gesagt.

"Netter Versuch." Ich höre ihn tief brummen.

"Hast du dich schon für eine Universität entschieden?", frage ich und höre ihn mit der Zunge schnalzen.

"Hast du eine besondere im Blick?"

"Ja, die in München." Er will nach München ziehen, während ich nach Hamburg ziehen will. Das versetzt mir schon ein Stich.

"Gut, gut." Ich drehe mich auf den Rücken und schaue durch das Fenster in den Himmel.

"Und sonst so? Alles gut bei dir?", frage ich nach kurzer Stille beiläufig.

"Alles bestens", gibt er knapp von sich.

"Shana?"

"Ja?"

"Alles gute zum Geburtstag, Kleines." Meine Lymphknoten kribbeln. Schnell schaue ich auf mein Handy und sehe, dass wir 00:00 Uhr haben.

"Danke", nuschele ich verlegen, gefolgt von einem kleinen Lachen. Meine Wangen schmerzen schon wieder von ununterbrochenem Lächeln.

"Für dich doch immer." Ich beiße mir auf die Lippe, um irgendwie mein Lächeln zu stoppen, aber es bringt nichts.

"Hast du deswegen angerufen?"

"Unter anderem. Ich wollte mich aber auch mit dir unterhalten."

"Dann fang mal an." Gott, das ist so süß!

"Ramazan hat mich die ganze Mottowoche auf Trab gehalten", seufzt er. Ach, Ramazan. Er hat die Mottowoche so versüßt. Man konnte einfach nicht anders, als sich kaputtzulachen.

"Es hat sich gelohnt", gebe ich lachend von mir.

"Ja, das stimmt. Aber es war auch verstörend, dass er fast immer als Frau gekommen ist."

"Beim Geschlechtertausch habe ich ihn nur an seiner Stimme erkannt. Wie konnte er sich so gut schminken?", gebe ich verblüfft von mir und habe wieder den Ramazan mit langen, dunkelbraunen Haaren und perfekten Make-up vor meinen Augen, wie er in seinem Rock und Kniestrümpfen durch die Gegend stolziert ist.

"Ja, das frage ich mich auch. Als er am Asitag als schwangere Frau gekommen ist oder am Businesstag als dicke Sekretärin, die sich die ganze Zeit an mich rangemacht hat, war es so schlimm, Shana. Er hat sich so sehr in die Rolle hineinversetzt. Er wollte mir wirklich die Kleidung vom Leib reißen." Wäre ich doch nur dabei gewesen.

"Aber am Kulturtag, war er wenigstens männlich." Ramazan hat sich an dem Tag wie ein stereotypischer Araber mit Shisha in der Hand angezogen. Gott, wie sehr wir an diesem Tag gelacht haben.

"Genug von Ramazan. Dich erwartet morgen etwas." Meine Augenbrauen heben sich aufgeregt.

"Wie? Was denn?"

"Ich entführe dich." Jetzt wird es mir klar! Deswegen haben Viyan und Saliha so reagiert.

"Meinst du das ernst?", hake ich vorsichtshalber nach.

"Mein vollkommener Ernst, Kleines." Kleines. Ich mag diesen Kosenamen. Nach der Klassenfahrt hat er angefangen, mich ab und zu so zu nennen.

"Ich-, Can, das ist nicht nötig." Ich bebe innerlich vor Freude und könnte hier und jetzt schreien, aber meine Eltern sind nebenan und schlafen schon.

"Doch, ist es. Keine Widerrede." Ich grinse wie eine Verrückte und halte mir die Hand auf den Mund, um keinen Freudenschrei von mir zu geben.

"Aber du musst mir versprechen, dass du dich nicht schämst. Es wird ja morgen sehr warm, wie du weißt." Er wirkt am Ende unsicher.

"Wohin soll es denn gehen?", frage ich.

"Also, ich wollte dich an den Strand führen, nur wenn du es willst! Und dann, spät am Abend, wenn das Restaurant schon leer ist essen und dann Köln-, ach, vergiss einfach das, was ich gesagt habe, ich lasse mir etwas neues einfallen."

"Nein, nein! Alles gut! Das ist total süß von dir." Es ist schon so süß, dass ich Tränen in den Augen habe und sie wegblinzele.

"Wirklich?", fragt er mich mit neuer Hoffnung in der Stimme.

"Ja, Can. So etwas hat noch nie einer für mich getan." Ich hatte ja auch noch nie so eine Bindung zu einem Jungen.

"Ich dachte schon, es gefällt dir nicht. Wenn du willst, können wir stattdessen an den Kanal oder so, wie es dir lieb ist. Von mir aus-,"

"Es ist alles perfekt, Can. Wirklich." Ich schließe zufrieden meine Augen und frage mich, wieso er all das für mich macht.

"Okay", seufzt er dann, als ich ihm diese Last von den Schultern genommen habe.

"Du solltest schlafen gehen. In wenigen Stunden erwartet dich so einiges."

"Okay, gute Nacht, Can", wispere ich.

"Gute Nacht, Kleines." Ich lege auf und quietsche einmal vor Freude, bevor ich mir die Hände aufs Gesicht lege und spüre, wie warm es doch ist.

Es wäre ein Wunder, wenn ich ruhig schlafen könnte.

Als ich am nächsten Morgen aufwache, bin ich motivierter, denn je. Mit einem Lächeln lese ich mir alle Geburtstagsgratulationen durch und schreibe danach jedem zurück, danach stehe ich auf und esse etwas, bevor ich dann mein Antiallergikum und die Tabletten gegen meine Laktoseintoleranz zu mir nehme. Alle, die zu Hause sind, beglückwünschen mich ebenfalls, woraufhin ich mir eine ausgiebige Dusche gönne und an einfach nichts anderes, als Can denken kann. Er schien so unsicher zu sein, er hatte Bedenken, dass es mir nicht gefallen würde, doch weiß gar nicht, wie sehr ich mich doch eigentlich freue. Heute werde ich mich nicht schämen. Ich werde ganz normal sein und keinen einzigen Moment zerstören. Heute nicht, heute darf es auf gar keinen Fall passieren. Nachdem ich gefühlte hundertmal über alle relevanten Stellen rasiert habe, creme ich mich ein und renne schnell in mein Zimmer, wo ich - nachdem ich meine Unterwäsche angezogen habe - mich fragend vor den Schrank stelle und nicht weiß, was ich anziehen soll. Heute sollen es achtundzwanzig Grad werden. Ein Kleid? Nein, sonst muss ich immer aufpassen, dass es nicht hochrutscht. Was ist dem kurzen Jumpsuit? Ich greife nach ihm und ziehe ihn mir direkt über. Sollte ich einen Bikini drunter anziehen, für den Fall, dass wir ins Wasser gehen? Hastig tausche ich BH gegen Bikinioberteil und knote die Träger an der Brust zu, sodass man nichts davon sehen kann. Meine Haare lasse ich einfach an der Luft trocken und lackiere mir solange meine Nägel. Als mein Handy klingelt, unterbreche ich die Prozedur und nehme vorsichtig Cans Anruf an.

"Ja?" Ich halte mein Ohr gegen das Handy, welches auf dem Tisch liegt.

"Ich wollte dir nur sagen, dass du nur noch eine halbe Stunde Zeit hast, um dich hübsch zu machen. Komm ans Krankenhaus und dann fahren wir los."

"Soll ich irgendetwas Bestimmtes mitnehmen?", frage ich und versuche mir meine Aufregung nicht anzeigen zulassen.

"Nein, vielleicht eine Tasche für dein Handy, Parfüm oder so."

Wir verabschieden uns, woraufhin ich mich wieder dem Nägel lackieren widme. Ich lasse die trocknen und suche solange mit meinen Füßen nach einer kleinen Tasche, die ich schnell finde und auf mein Bett schieße. Ungeduldig laufe ich ins Badezimmer, um dort eiskaltes Wasser über meine Finger laufen zulassen, damit sie schneller trocknen. Als ich wieder in mein Zimmer renne, fische ich meinen weißen Strickcardigan raus, der nur aus Häkelmustern mit großen Schlaufen besteht und ziehe ihn mir rüber, auch wenn ich ihn sowieso ausziehen werde. Ich schaue kurz auf mein Handy, welches mir sagt, dass ich noch fünfundzwanzig Minuten habe, und ziehe mir schon mal sehr vorsichtig meine Socken und Chucks an und binde sie fest, woraufhin ich Deo, Akku, Bodyspray, Portmonee und einiges mehr einpacke und dann wieder ins Bad laufe, um dann wieder kaltes Wasser über meine rot lackierten Nägel prasseln zulassen. Das mache ich solange, bis ich wirklich sicher bin, dass der Lack trocken ist. Als ich wieder ins Zimmer spurte, sehe ich, dass ich noch zehn Minuten habe. Ich muss fünf Minuten abziehen, da ich den Weg mit einberechne und habe so nur fünf Minuten, was mich ganz hibbelig macht. Habe ich alles? Kleidung habe ich an, kleine Tasche, Handy, bin rasiert: passt doch! Ich schaue mich ein letztes Mal im Spiegel an, bevor ich mein Handy und die kleine Tasche nehme und zur Tür gehe. "Mama, ich gehe zu Ranja. Kann sein, dass ich spät komme, aber die Mutter fährt mich", lüge ich. "Du kannst ruhig dort bleiben. Dein Vater kommt eh am Dienstag wieder. Von da kannst du dann zur Schule fahren." Ich bin überrascht und nicke, bevor ich dann aus der Wohnung laufe und ich von den warmen Sonnenstrahlen begrüßt werde, die meine gute Laune steigern. Aufgeregt laufe ich in Richtung Krankenhaus, wo ich schon Cans Auto sehe und sich ein sehr starkes Lächeln auf meine Lippen legt. Heute kann mir nichts den Tag kaputt machen. Ich stehe an Cans Auto, sehe aber nirgendswo Can, was meine Neugierde und Aufregung steigen lässt. Spätestens dann, als sich ein roter Rosenstrauß vor meine Augen legt, spüre ich Cans Wärme und drehe mich lächelnd um. Seine Augen leuchten und sein wunderbares Lächeln lässt meine Knie weich werden. "Alles Gute nochmals." Er umarmt mich innig, was ich sofort erwiderte. Er löst sich und gibt mir einen Kuss auf die Wange, weswegen mir wärmer wird, als es es sonst schon war. "Sollen wir los?" Er übergibt mir den Rosenstrauß und öffnet mir die Beifahrertür, wo ich verlegen einstiege. Nicht verlegen werden, Shana! Ich lege meine Tasche ab, schnalle mich an und fahre mit meinen Fingern über die Blüten der Rosen. Diese Gesten lassen mein Herz immer aufblühen und mein Brustkorb bebt dann immer so, genau wie mein Bauch es tut. Es fühlt sich herrlich an. "Heute darfst du mich so viel ärgern, wie du nur willst." Er schaut mich warnend an und blickt dann wieder auf die Straße. "Das hört sich gut an", säusele ich und fahre ihm durch seine weichen Haare. "Wohin fahren wir zuerst hin?", frage ich und fahre mit meinem Finger über die Rosen. "An den Kanal, aber nicht unseren. Es gibt einen tausendmal besseren." Er schaltet das Radio an, wo Faded von Alan Walker läuft. Ich mache es lauter und schaue mit einem Dauerlächeln aus dem Fenster. Mein Herz hüpft schon vor Freude und ich unterdrücke mir ein Aufspringen und freudiges Quietschen. Der Refrain fängt an, woraufhin ich zu Can schaue. Er schaut zufrieden auf den Verkehr und sieht dabei so gut aus in seiner Short und seinem Tank-top, da sein Körper sehr gut zur Geltung kommt. Synchron bewege ich meine Lippen zum Lied und fühle mit, was Can anscheinend bemerkt und schmunzelt.

Wenig später kommen wir am Ziel an, weswegen ich nichts mitnehme und aus dem Auto steige. Can läuft neben mir her, während ich heimlich seinen fabelhaften Duft einziehe. "Wann musst du zu Hause sein?", fragt er. "Das ist egal. Ich kann sogar die ganze Nacht draußen bleiben." Verblüfft schaut er mich an und nickt danach. "Dann ist ja gut. Hast du dein Antiallergikum eingenommen?" Ich nicke und zeige auf meine nicht gereizte Bindehaut. "Wie kamst du eigentlich auf die Idee?" "Ich wollte dich glücklich machen und das alleine. Es war zwar etwas schwer für mich, da ich so etwas zum ersten Mal mache, aber es scheint geglückt zu sein." Das erste Mal. "Also ist es etwas Besonderes", gebe ich stolz von mir, woraufhin Can einen Arm um mich legt. "Ja, das ist es." Schon wieder ist dieses freudige Beben in meinem Oberkörper da. Ich würde am liebsten herumspringen, aber tue es natürlich nicht. "Ich hatte aber totale Zweifel erstmals." Ich schaue kurz zu ihm nach oben und dann wieder auf den Weg. "Wieso denn das?", frage ich. "Ich dachte, es würde dir nicht gefallen oder du hättest etwas anderes vor. Das waren richtige Paranoia. Aber, als ich dann mit deinen Freundinnen geredet habe, meinten sie, dass du eigentlich nichts vorhättest", erzählt er mir und fährt mit seinen Fingern über meinen Oberarm. "Das ist ehrlich total süß von dir", gebe ich nuschelnd von mir und höre ihn seufzen. "Magst du das Wort immer noch nicht?" Ein Schmunzeln umspielt meine Lippen, als ich zu ihm hochschaue. "Nicht so wirklich." Er schaut zu mir runter und drückt kurz meine Wangen zusammen. "Aber was soll ich statt süß denn sagen? Es ist sehr männlich von dir? Es war süß und wer was Süßes macht, ist auch süß." Es kratzt an Cans Stolz, wenn man ihn süß nennt und das nutze ich gerne aus, um ihn zu ärgern. "Du bist ein Teufel", seufzt er und kneift in meine Wange. "Wieso denn? Ich bin doch voll nett." Er bleibt abrupt stehen. "Du? Nett?" Ja, das haben mir schon viele gesagt. "Ihr seid alle zu blind, um es zu sehen", schmolle ich. "Genau, Shana. Das sind wir", kommt es ruhig, aber sarkastisch von Can, bevor wir uns auf der Bank niederlassen. Sein Arm ist immer noch um mich geschlungen und zeichnet kleine Kreise auf meine Haut, was mir eine Gänsehaut beschert. Diese weiche Seite an ihm ist so liebenswert. Ich liebe diese Seite an ihm. "Hast du dein Handy dabei?", frage ich ihn, was er verneint. "Gut, gut", murmele ich. Es ist relativ warm. Relativ, weil mir diese achtundzwanzig Grad sehr angenehm vorkommen, aber sich trotzdem ein Schweißfilm auf meine Stirn gelegt hat, die ich mir wegwische. "Ist dir heiß?", fragt Can mich und fährt mich noch einmal über die Stirn, was mich lächeln lässt. "Nein, es geht. Ist dir heiß?", frage ich und löse mich von ihm, um ihn besser ansehen zu können. "Etwas", ist das Einzige, was ich zu hören bekomme. Seine Pupillen sind geweitet. "Wie wäre es, wenn ich dich ins Wasser schubse?", frage ich schalkhaft, woraufhin seine Augenbraue sich hebt. "Du willst mich ins Wasser schubsen?" Ich nicke eifrig. "Kleine Hexe und dann sagst du, dass du nett wärst." Ich gebe einen kleinen, empörten Laut von mir. "Das ist doch nett. Dir ist sehr warm und ich bin so gütig und will dich erfrischen", gebe ich lapidar von mir und zucke mit meinen Schultern, während Cans Mundwinkel zucken. "Da gibt es viele Wege, meine Liebe." Meine Augenbraue hebt sich misstrauisch. "Ich bleibe beim Wasser." Er steht auf und hält mir die Hand hin. "Dann komm." Verdutzt schaue ich Can an und nehme zögernd seine Hand. Wir laufen auf das Wasser zu, wo sich mehrere Meter weg andere befinden, hauptsächlich Pärchen. Can stellt sich vor den Kanal hin, während ich aufgeregt grinse. Gleich schubse ich ihn ins Wasser und das werde ich genießen. "Bist du bereit?", frage ich, woraufhin er sich schmunzelnd umdreht. "Ja, aber denk bloß nicht, dass ich da alleine reinfalle." Mein Lächeln verfliegt. "Was?" Mehr Zeit bleibt mir nicht, denn Can zieht mich an sich und springt ins Wasser, weswegen ich aufschreie. Das Wasser ist kälter als ich dachte, doch irgendwie schafft es Cans Lache mich aufzuwärmen. "Can!" Ich kann nicht sauer sein bei diesem Gesicht. Ich wäre auch sowieso nicht sauer, das wäre zu übertrieben. "Shana!", macht Can mir nach und lässt sich auf dem Rücken treiben, während ich versuche mich an die Kälte des Wassers zu gewöhnen. Ich tauche runter und dann wieder hoch und bemerke gar nicht, dass Can vor mir steht. "Ist dir kalt?", fragt er mich und hält seinen Zeigefinger unter mein Kiefer, der leicht zittert. "Etwas", gebe ich lächelnd von mir und versuche nicht stärker zu zittern. Es ist ein totaler Widerspruch bei solchen Temperaturen zu frieren, aber wenn man so kälteempfindlich ist, wie ich es bin, dann kann man nicht anders. Ich hüpfe immer auf und ab, damit nicht mein ganzer Körper, außer meine Stirn unter Wasser ist, während Can das Wasser gerade mal so zur Brust reicht. Er bemerkt meine Versuche über Wasser zubleiben und greift schmunzelnd nach meiner Taille, weswegen ich leise japse. "Halt dich an mir fest." Ich umklammere seine Schultern, während er sich fester an mich drückt. "Ich hoffe dir wird nicht schwindelig." Sofort fängt er an mich zu drehen, weswegen ich anfangs erschrocken aufschreie, danach aber nicht mehr aufhören kann zu lachen. Dass Can so eine Kraft noch im Wasser besitzt, bewundere ich. Ich kann nicht einmal im Wasser normal laufen. "Can!" Er wird immer schneller, weswegen ich meine Beine um seine Hüfte wickele, damit ich nicht wie ein Fisch herumfliege und klammere mich stärker an ihn, da ich wirklich das Gefühl habe, gleich zu fliegen.

Er wird langsamer, während ich versuche, mich von meinem Lachanfall zu beruhigen, was ich dann auch schaffe, als ich in Cans Gesicht schaue. Er schaut weder glücklich, noch sauer. Er scheint gerade in Gedanken zu sein. Sein Blick fährt nach unten, wo er den Träger des Jumpsuits hochzieht. "Du hast das Ding an", murmelt er und beißt sich kaum merklich auf seine Unterlippe. "Ja", hauche ich und spüre diese starke Spannung wieder, die mich nervös macht - sehr nervös. Langsam fährt er mit seinem Zeigefinger über meinen Arm, hinauf zu meiner Schulter und dann zu meinem Kinn, wo sein Finger dann verharrt. Diese kleinen Berührungen bringen mich gerade so stark aus der Fassung, dass ich mich frage, ob das Ganze überhaupt real ist. Meine Lippen öffnen sich automatisch, während meine linke Hand von seiner Schulter auf seine Brust rutscht, die man stark durch das weiße Tank-top sehen kann. Ich kann mich auf nichts mehr, als auf Can konzentrieren; nicht auf meine Atmung, nicht auf die Geräusche im Hintergrund und nicht einmal auf mich selber. Sein Zeigefinger streicht mir die Strähnen, die mir im Gesicht hängen weg, hinter mein Ohr, was meinen Körper erschaudern lässt. Ich spüre, dass mein Herz schneller als sonst schlägt und die Kälte, die ich gerade empfunden habe, ist auch urplötzlich weg. All das hat Can nur mit einer Berührung hingekriegt. Seine Augen sind dunkler geworden und auch seine Pupillen haben sich wieder vergrößert. Sein Blick fällt auf meine Lippen, woraufhin er sich über seine leckt, was dazu führt, dass ich meine Schenkel aneinanderpressen muss, was aber nicht geht, da ich mit ihnen Cans Becken umklammert habe. Can zieht mich naher an sich und fährt mir Unterwasser über meine freiliegende Haut, weswegen ich eine starke Gänsehaut bekomme, die schon fast schmerzt. Ich hätte niemals gedacht, dass ich so fühlen kann, dass ich all das so intensiv aufnehmen kann, dass ich es überhaupt so weit kommen lassen kann. Meine Hand, die auf seiner Brust liegt, rutscht höher, wo ich dann seinen Herzschlag spüren kann. Es ist ebenfalls nicht auf dem normalen Rhythmus - es schlägt schneller. Er muss also ebenfalls diese Aufregung haben, sie spüren. Seine freie Hand legt sich auf meine Wange, während die andere runter zu meiner Taille rutscht und sie dort gut festhält. Gott, es fühlt sich so gut an. Nach all diesen Berührungen sehne ich mich, und habe mich schon früher nach ihnen gesehnt. Ich sollte hier und jetzt aufhören, weil ich mir selber versprochen habe, dass ich Can nicht so weit an mich ranlassen will und weil er an Elif vergeben ist, aber das alles ist mir gerade mehr als egal. Ich interessiere mich gerade nicht für Elif, auch wenn sich das für viele moralisch verdorben klingen würde. Man muss es selber spüren, denn dann weiß man, dass man nicht aufhören kann. Es ist wie ein Bann, der sich auf mich gelegt hat und all das zulässt. Ich bin berauscht von seiner Aura, seinem Duft, seinen Berührungen, einfach alles an ihm berauscht mich, ohne, dass ich es eigentlich erlaubt habe. Mein Blick fällt auf seine muskulöse Brust, über die ich langsam fahre. Ich habe plötzlich keine Hemmungen mehr und genieße seine Hand die immer wieder über meine Taille fährt. Als ich wieder zu Can hochblicke, sehe ich dieses Lodern in seinen Augen. Er beugt sich langsam nach vorne, bedacht, mich nicht zu erschrecken, während sein Blick von meinen Augen immer zu meinen Lippen huscht. Ich würde irgendwie gerne von ihm geküsst werden, doch der größere Teil von mir sagt, dass ich es abblocken soll - wie immer. Etwas Selbstbeherrschung brauche ich und bin diesem Teil auch dankbar, der mir das immer wieder einredet. Langsam drehe ich meinen Kopf zur Seite, woraufhin Can meine Haare auf meine linke Schulter legt. "Du bist so schön", haucht er in mein Ohr, was ein Kribbeln und Kitzeln in meinem Rücken verursacht. Es fühlt sich so gut an. Langsam fährt er mit seinen Lippen über mein Ohr hinunter zu meinem rechten Lymphknoten. Mir fällt erst jetzt auf, dass ich ihm mein Kinn hochgehoben habe, damit er besser rankommt. Meine Augen schließen sich langsam, sodass sich alle anderen Sinne - vor allem mein Tastsinn - verschärfen. "Wunderschön", wispert er gegen meine Haut, die schon nach ihm schreit. Es zieht sich schon im Unterleib bei mir alles zusammen, doch als sich Cans weichen Lippen auf meine Haut legen, habe ich das Gefühl gleich hier und jetzt zu schmelzen. Vorsichtig und langsam küsst er meinen Nacken, was sich mehr als gut anfühlt. Es fühlt sich göttlich an. Ein Keuchen entflieht meiner trockenen Kehle, woraufhin mein Körper erschaudert. Mein Herz scheint kurz vorm Explodieren zu sein - so stark, wie es gerade gegen meinen Brustkorb schlägt. In meinem Bauch macht sich ein starkes Kribbeln breit. Diese berühmtberüchtigten Schmetterlinge existieren doch und fühlen sich besser an, als ich es mir erträumen könnte. Seine Lippen hinterlassen eine feurige Spur auf meiner Haut zurück, die nicht aufhört zu kribbeln. Meine Nerven, Synapsen, mein ganzes Nervensystem spielt verrückt, doch konzentriert sich gleichzeitig auf Cans himmlischen Küsse. Bei jedem Kuss, den Can auf meinem Hals hinterlässt, überkommt mich ein wohliger Schauer und immer neu gewonnene Schmetterlinge. Ich drücke meine Beine fester um Cans Hüfte, was ihn dazu veranlagt mich fester an ihn zu drücken, sodass ich seine Haut an meiner spüren kann und am liebsten für immer so verharren möchte. Weg mit den ganzen Vorsätzen, weg mit den Hemmungen; heute lasse ich mich gehen. Can haucht mir einen letzten Kuss auf die Kehle, bevor er mit seiner Nasenspitze und seinen Lippen eine zarte, aber brennende Spur auf meiner Haut hinterlässt. Langsam öffne ich meine Augen und schaue mit einem kleinen Lächeln in Cans Augen, welches er erwidert und mir einen Kuss auf die Stirn setzt, was ein wohliges Gefühl in mir verursacht. Dieser Moment soll niemals Enden. Ich lege meinem Kopf auf seiner Brust ab und lausche seinem Herzschlag, der immer noch beschleunigt ist. Seine Arme schlingen sich um meinen Oberkörper und üben leichten Druck aus, um mich näher an ihn zu drücken. Langsam wiegt er mich im Wasser hin und her und setzt mir einen Kuss auf meine Haare, was mich lächeln lässt.

"Can?", murmele ich. "Ja?" "Können wir an den Strand?" Ich spüre wie er meinen Rücken ab und ab fährt. "Alles, was du willst." Wir bleiben noch still im Wasser und genießen das berauschende Gefühl. Es ist so herrlich, so wunderbar. Diese Gefühle, die ich gerade spüren durfte, würde ich für nichts auf dieser großen und weiten Welt eintauschen wollen, und am liebsten würde ich immer und immer wieder zurück in die Vergangenheit reisen wollen, nur um seine geschmeidigen und fülligen Lippen auf meinem Hals spüren zu dürfen. Er läuft mit mir in seinen starken Armen ans Ufer, wo ich mich dann löse und ihm den Vortritt gewähre, da ich sonst wie ein Fisch rausklettern würde. Er stützt sich am steinigen Boden ab und drückt sich an seinen Armen hoch, was mehr als nur gut aussieht. Er hält mir seine Hände hin, die mich mit einem Ruck herausziehen. Ich drücke so viel Wasser wie es nur geht aus meinen Haaren und aus dem Jumpsuit und schaue zu Can, der sich das Tank-top ausgezogen hat, um das Wasser aus dem Stoff rauszudrücken. Wow. Wassertropfen hängen noch an seinem muskulösen Oberkörper, die runterrollen, als Can seinen Kopf hin und her schüttelt, um sie trocken zu kriegen. Einige Tropfen treffen mich, doch das macht mir nichts aus. Ich brauche sowieso eine Abkühlung. Er fährt sich durch seine Haare und hebt seinen Blick schmunzelnd. Ja, er hat mich beim Starren erwischt. Ich wende leicht verlegen meinen Blick ab und höre ihn lachen. "Komm." Er hält mir seine Hand hin, die ich zögernd nehme, und laufe mit ihm zurück zum Auto, wo er mir ein großes Handtuch gibt. Ich setze mich auf den Beifahrersitz und entwässere meine Schuhe, bevor ich alles abtrockne und mich mit dem Handtuch umschließe, damit nicht allzu viel des Sitzes nass wird. "Es wird aber ungefähr eine halbe Stunde oder länger dauern", informiert mich Can und fährt los, als er sichergegangen ist, dass ich angeschnallt bin. Mit ihm würde ich sogar den ganzen Tag im Auto verbringen. "Lass uns ein Spiel spielen", schlage ich vor und sehe in Cans lächelndes Gesicht. "Was denn für eins?" Gute Frage. "Keine Ahnung", murmele ich und höre ihn leise lachen. "Was hast du anfangs von mir gehalten?", frage ich. Das frage ich immer, da es mich sehr interessiert, was Leute zu Anfangszeiten von mir gedacht haben. Meistens haben sie mich für eingebildet gehalten oder dachten, dass ich sie hasse. "Gute Frage", murmelt er und schmunzelt dann. "Sag bloß nichts Falsches!", warne ich ihn und kneife meine Augen zusammen. "Frech. Das trifft es wohl ziemlich gut. Du bist es zwar immer noch, aber zu Anfangszeiten, wollte ich dich knebeln, damit du aufhörst zu diskutieren." Ich schnaube. "Du warst nicht besser." "Wer hat hier wen zuerst beleidigt? Ich will dich nicht an den Tag erinnern, wo du mich als Gorilla betitelt hast." Ein Lachen entkommt mir, als ich wieder an den einen Tag denken muss. "Ich konnte ja nicht wissen, dass du so groß bist", verteidige ich mich lachend. "Du hast mich nicht einmal angeschaut. Das hat mich echt provoziert", erzählt er mir. "Das war auch mein Ziel", murmele ich schadenfroh. "Hexe." "Aber du hast es auch nicht anders verdient gehabt. Arschlochmäßig und arrogant, was hast du von mir erwartet?" Er schaut schelmisch zu mir. "Vieles", säuselt er und schaut wieder auf den Verkehr. Soll ich das jetzt als obszön oder mysteriös ansehen? Ich zucke einfach mit den Schultern und lausche dem Lied, welches gerade zu Ende geht, woraufhin ich schmunzele, da ein Song von One Direction angespielt wird. "Ich hake dir die Hand ab, wenn du es änderst", drohe ich Can, als er seine Hand auf den Radioknopf hält. Seufzend lässt er What Makes You Beautiful über sich ergehen, wird aber wegen meiner Showeinlage unterhalten. "Ich dachte, du hörst nur Rap." "Das auch. Ich höre das, was sich gut anhört. Das Lied muss man kennen."

Wir kommen am Strand an, wo mir erst jetzt einfällt, dass ich nur ein Bikinioberteil anhabe. Ich schlage mir gegen die Stirn, was Can auf mich aufmerksam macht. "Was ist los?", fragt er mich und schnallt sich ab. "Ich hab vergessen eine Short mitzunehmen", nuschele ich und schaue entschuldigend zu Can, der lächelnd nach dem Rucksack auf dem Rücksitz greift. "Wie gut, dass ich zwei eingepackt habe." Er hält eine rote und schwarze Short hoch und sieht mich schmunzelnd an. "Rot oder schwarz?" Ich zeige leicht beschämt auf die rote Badeshort, die Can mir dann gibt. Als ich höre, wie sein Reißverschluss aufgeht, drehe ich mich mit aufgerissenen Augen zu Can, der gerade dabei ist, sich umzuziehen. "Halt!", kommt es hysterisch von mir, als ich meine Hand auf seine lege und ihn damit stoppe. "Ja?", fragt er mich ahnungslos. "Wieso sagst du nicht, dass ich aus dem Auto steigen soll?" Cans Augenbrauen ziehen sich verwirrt zusammen. "Wieso solle ich?" Ich schaue auf seine aufgeknöpfte Short, wo sich eine noch nasse, graue Unterhose versteckt und schließe meine Augen. Ich bin wahrscheinlich rot wie eine Tomate. "Shana, daran ist doch nichts schlimm." Ich nicke kräftig, schaue dann aus dem Fenster und versuche den Fakt auszublenden, dass Can - in nasser Unterhose - wenige Zentimeter von mir entfernt sitzt und sich anzieht. Ich will's sehen, hehe. "Kannst ruhig wieder gucken." "Alles bestens", kommt es zwei Oktaven höher von mir, woraufhin ich ihn lachen höre. "Hier." Er legt mir sein Handtuch auf den Schoß und steigt aus dem Auto. Ich schaue im Rückspiegel, ob niemand guckt und ziehe schnell die Träger vom Bikini raus, die ich mir dann um den Nacken binde. Die Träger vom Jumpsuit ziehe ich runter und breite Cans Handtuch auf meinen Schoß aus und ziehe seine Short über meine Unterhose. Erst dann ziehe ich meine Schuhe und Socken aus und steige zögernd aus dem Wagen, wo Cans Blick kurz auf meinen Körper huscht, aber dann schnell wieder zu meinem Gesicht übergeht. "Ich habe dir doch gesagt, rot steht dir." Sofort wird mein Gesicht warm und bestimmt auch rot. "Komm", sagt er lachend, schließt das Auto ab und läuft mit mir den Weg zum Strand, bis ich eine mir bekannte Lache höre und mein Herz in meine Hose rutscht. Ich schnappe erschrocken nach Luft und versteife mich. "Was ist los?" Mein Bruder läuft mit seinen Freunden in unsere Richtung und albert mit ihnen herum, weswegen er mich nicht sieht. "Mein Bruder!", kommt es hysterisch von mir. Can Blick kurz nach vorne und drückt mich dann ans nächstbeste Auto. "Was zum-," "Spiel einfach mit, Shana", flüstert er mir mit einem beruhigenden Lächeln zu. Er drückt mich mit seinem muskulösen Oberkörper gegen das warme Auto, was mich dazu veranlagt, scharf die Luft einzuziehen. "Leg deine Arme um meinen Nacken", flüstert Can mir in mein Ohr, legt mir meine Haare ins Gesicht und beugt sich zu meiner Wange vor, während er mit seiner rechten Hand meine Wange hält und meinen Kopf so bewegt, dass ich nur seinen Bauch sehen kann. Ein sehr schöner Blick, den ich immer sehen möchte, doch die Tatsache, dass mein Bruder hier ist, zerstört alles. Gott, er wird mich umbringen! Er wird ausrasten und mich töten! "Keine Angst. Leg einfach deine Hände um meinen Nacken, Shana", bittet er mich und umfasst meine Taille mit seiner linken Hand, was sich mehr als nur gut anfühlt. Eine Gänsehaut macht sich breit und als Can sich wieder an mich presst, spüre ich seine Muskeln, die ein prickelndes Gefühl auf meiner Haut hinterlassen. Als die Stimmen immer deutlicher werden, kneife ich meine Augen zusammen und kralle mich schon fast an Cans Nacken. "Alles wird gut", flüstert er mir zu und küsst meine Wange.

"Geht ihr zu Timus Auto, wir gehen zu Jamals", höre ich meinen Bruder sagen, der immer näher zu uns kommt. Nein, nein, nein! Es ist vorbei. Ich werde offiziell für tot erklärt. Mein Herz schlägt bis ins Unermessliche und ich würde am liebsten hier und jetzt in Tränen ausbrechen. "Ich krieg das hin, keine Sorge", flüstert Can, der mein Zittern spürt. "Ist das dein Auto?", fragt Can und legt meinen Kopf auf seine Brust. Egal, wie gut es sich gerade anfühlt, dass mein Bruder wenige Zentimeter von mir entfernt steht, zerstört alles. "Ja, von einem Kollegen", höre ich meinen Bruder sagen. "Geht's deiner Perle gut?", fragt mein idiotischer Bruder, der leider Gottes ebenfalls ein Player ist. "Verlobte", korrigiert Can ernst und hält meine Taille fester, was mich schmunzeln lässt. Verlobte. "Ach so, sorry. Glückwunsch." Danke, jetzt geh endlich! "Danke. Könntest du mir für einen Moment das Handtuch leihen? Ich bring es dir gleich wieder. Meiner Verlobten ist wegen der Sonne schlecht und ich will sie abdecken." Wenige Sekunden später spüre ich, wie sich ein Tuch um meinen Kopf legt und wie meine Schultern sich entspannen. "Danke", bedankt Can sich. "Kein Problem, braucht sie Wasser?" Can schnalzt mit seiner Zunge und führt mich. "Alles gut, danke. Ich bring es dir gleich wieder." Wir laufen schnell zurück zum Auto, welches glücklicherweise viel Abstand zu den Jungs hat. Danke, Gott! "Can, danke, danke, danke! Ich tue alles für dich! Gott, ich dachte, ich werde sterben!" Can streicht mir beruhigend über die Haare, als ich mich an ihn geklammert habe und seine Muskeln an mir spüre. "Alles gut, Kleines", murmelt er und fährt mir über meine Taille, was ein wohliges Kribbeln verursacht. Ich löse mich von ihm und gebe ihm das Handtuch. "Hier, setz dich schon mal. Ich komm gleich." Er gibt mir seinen Autoschlüssel und öffnet mir die Tür, bevor er sie wieder schließt und zurückläuft. "Scheiße", flüstere ich und lehne mich gegen den Sitz. Das war so knapp, mehr als knapp. Er hat uns ja theoretisch erwischt, aber dank Cans Größe hat mein Bruder mich nicht gesehen. Ich bin nicht einmal in einer anderen Stadt vor meinen Brüdern sicher. Ich hoffe, dass ich wenigstens in Hamburg meine Ruhe finde. Da Can anscheinend mit den Jungs redet, schaue ich in den Rückspiegel, dann aus dem Fenster und greife dann nach meinem Jumpsuit. Ich gleite schnell aus Cans Short raus und streife mir schnell das relativ trockene Kleidungsstück über die Hüfte. Die Träger des Bikinis öffne ich und knote sie mir fest um meine Brust, halte mir erschrocken die Hände vor die Brust, als Can die Tür öffnet. Er sieht zwar nichts, was er nicht schon gesehen hat, aber trotzdem schäme ich mich. "Sorry", murmelt er und fährt sich verlegen durch seine Haare. Er steigt nicht ein und schaut über das Auto, während ich schnell die Träger richte und den Jumpsuit komplett angezogen habe. "Kannst rein", presse ich hervor und versuche meine angespannten Schultern zu entspannen. Can schnallt sich an, was ich ihm nachmache und fährt danach los. "Geht's dir gut? Du bist so blass.", fragt Can mit Besorgnis in seinen Augen. "Den Umständen entsprechend gut." Mein Bruder hat uns erwischt, aber nichts bemerkt und du hast mich gesehen, wie ich mich umgezogen habe, alles paletti. Okay, Can hat mich ja schon im Bikini gesehen, aber bei mir ist es einfach ein Unterschied - das muss man nicht verstehen. "Es sollte eigentlich anderes ausgehen", murmelt Can leicht verärgert. "Ist doch nicht schlimm, es ist trotzdem alles schön." Er brummt kurz und schaut zu mir, als wir an der Ampel stehen bleiben. Ich muss unwillkürlich anfangen zu lächeln, als ich ihn ansehe. "Dein Grübchen." Er tippt mit seinem Finger auf mein Grübchen, was mir ein kleines Lachen entlockt und schaut dann wieder auf die Straße, woraufhin er losfährt. Die Fahrt ist still, aber schön. Cans Aufmerksamkeit ist mehr als nur großzügig. Man fühlt sich so besonders, man fühlt sich glücklich und vor allem fühlt man sich geliebt. Ich fühle mich so wohl bei ihm. Wenn er mich berührt, dann wünsche ich mir, dass er nie wieder aufhört. Er lässt mich gut fühlen. Das habe ich heute sehr stark zu spüren bekommen. Bei diesen Gedanken bekomme ich eine Gänsehaut. Bereue ich es? Nein, nicht, dass ich es wüsste. Es ist eine Erfahrung, die ich genossen habe und vielleicht sogar wieder tun würde.

"Kannst du kurz gucken, wie viel Uhr wir haben?" Ich suche in meiner Tasche nach meinem Handy, werde dann aber sanft an meinen Haaren hochgezogen. "Leg die Tasche bitte auf deinen Schoß und such", bittet er mich mit dezenter Anspannung. Nickend tue ich das, was er mir gesagt hat und stelle erschreckend fest, dass wir schon fast 18:00 Uhr haben. "Wir haben 17:48 Uhr", gebe ich überrascht von mir. "Wieso überrascht es dich so? Wir sind um 14:30 Uhr losgefahren, aufgerundet halbe Stunde Autofahrt, dann das Spazieren und... das im Kanal, dann wieder die Autofahrt, die länger, als eine halbe Stunde gedauert hat, wegen dem ganzen Verkehr. Das haut hin", erklärt er mir, woraufhin ich nicke und mein Handy wieder wegpacke. Mir fällt erst jetzt auf, dass Can immer noch oberkörperfrei ist. Ich will unbedingt einmal rüber fahren, weswegen ich langsam mit meiner Hand über seinen Bauch streiche und die Konturen nachfahre, was Can brummen lässt. "Shana." Ich lasse mich nicht beirren und fahre mit meiner Hand tiefer, bis ich an seiner V-Linie ankomme. Was mache ich da? Bin ich komplett verrückt geworden? Ich ziehe meine Hand sofort zurück und fahre mir beschämt über meine Wangen. Was ist in mich gefahren? "Entschuldigung." Tut mir leid, dass ich dich aus heiterem Himmel betatscht habe, da ich meine Hemmungen heute total vernachlässige und weiß Gott noch was mache, da du mich Dinge fühlen lässt, die ich noch nie gefühlt habe. "Wofür war das?", möchte Can wissen, dessen Stimme leicht angespannt ist, was mir die Wärme ins Gesicht schießen lässt. "Ich weiß es nicht. Hab kurz die Kontrolle verloren", murmele ich und hoffe, dass er es nicht gehört hat. "Kenne ich nur zu gut, Shana", kommt es vielsagend von ihm. Ich beiße mir verstehend auf die Unterlippe und presse kurz meine Schenkel aneinander, bevor ich unruhig auf dem Sitz herumrutsche. Es liegt eine Spannung in der Luft und diese bereitet mir eine Gänsehaut. Kommt es mir nur so vor oder liegt eine Art Verlangen in der Luft? Vorsichtig drehe ich mich zu Can, der kontrolliert das Auto fährt. Beide Hände umschließen wie fast immer das Lenkrad. Ich glaube, ich habe noch nie gesehen, dass Can irgendwie gelassen fährt. Er übt ab und zu Druck auf dem Lenker aus. Seine Kiefermuskel zucken. Langsam gleitet mein Blick zu seinem Adamsapfel, der bei jedem Schluck springt. Wieso finde ist das attraktiv? Von seinen Schlüsselbeinen, über seine Brust komme ich an seinem Bauch an, der mir einen Blick auf seinen Six-pack gewährt. Er ist nicht aufgeprägt, nicht perfekt definiert, aber trotzdem ist er ein Augenschmaus. Can hält an einer Aral-Tankstelle an und greift nach seiner Hose und seinem Tank-top. Sofort wende ich meinen Blick ab und ziehe mir meine Socken und meine Chucks an. Ich höre, wie er seinen Reißverschluss schließt und schaue deswegen erleichtert nach oben. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass Can sich gerade sein Tank-top anzieht. Er fahrt danach weiter und hält dann vor der Zapfsäule an, wo Can dann aussteigt und das Auto tankt. Ich ziehe mir wieder mein Cardigan an, lege dann den Rosenstrauß auf meinen Schoß und mache ein Foto davon. Ich lache kurz und schüttele meinen Kopf, da mein Gehirn wieder Glückshormone ausschüttet. Der Tag ist so verdammt schön. Ich höre, wie Can die Zapfpistole aus dem Tankloch holt, woraufhin er meine Tür öffnet und sich über mich beugt, wo er dann eine kleine Schublade öffnet und etwas Kleingeld rausholt. "Brauchst du etwas-," "Du rührst keinen einzigen Cent an!", kommt es ernst von Can, der mir dann in die Wange kneift und bezahlen geht. Er kommt so schnell, wie er gegangen ist und steigt dann seufzend ein. Can hält mir ein Eis hin, welches ich dankend annehme. "Hast du Hunger?", fragt er mich, woraufhin ich den Kopf schüttele. "Lüg nicht, wir sind eh gleich da." Ich schürze meine Lippen und mache das Radio an, wo wieder Faded von Alan Walker läuft. Ich öffne die Verpackung des Eises mit Orangengeschmack und seufze. Diese Abkühlung kommt mir gelegen, nach diesem heißen Tag - und damit ist nicht nur das Wetter gemeint. Durch die Hitze schmilzt das Eis und tropft unter anderem auf meinen Oberschenkel, was ich schnell wegwische und von meinem Daumen lecke. Ich schaue kurz zu Can, der mich bei der Prozedur beobachtet hat. Langsam und peinlich berührt ziehe ich meinen Daumen aus meinem Mund, was seine Pupillen weiten lässt. Mit angespannten Kiefer schaut er nach vorne, atmet tief ein und fährt los. Das sah gar nicht pervers aus, Shana. Ich esse schnell das Eis auf und nehme Cans Eisverpackung an mich, woraufhin ich beide Verpackungen zusammenfalte und die Stiele dazwischen schiebe.

Ungefähr zehn Minuten später kommen wir in Köln an, wo Can parkt und dann mit mir aussteigt. Er nimmt mir den Müll ab und schmeißt ihn weg, währenddessen ziehe ich den Jumpsuit so weit es geht runter. Wir laufen durch die Innenstadt, wo viele unterwegs sind - zufälligerweise viele Pärchen. "Shana, hier hin." Ich war wohl abwesend und bin etwas vom Kurs abgekommen, weswegen mich Can sanft am Unterarm zurückzieht und mich in die richtige Richtung dirigiert, bis wir vor dem besten Restaurant der Welt stehen. Wir laufen rein und sofort steigt mir der herrliche Duft von Essen in die Nase. "Bleib genau hier stehen", befiehlt Can mir sanft und läuft aufs Klavier zu, weswegen alle leiser werden und Can zuschauen, welcher kurz seine Finger knacken lässt. "Für das Geburtstagskind." Er zwinkert mir zu, weswegen ich verlegen zur Seite schaue und höre, wie einige schwärmen. "Könnten bitte alle mitsingen? Ihr Name lautet Shana." Mir wird sehr warm und ich muss unwillkürlich lächeln. Can fängt an zu spielen, woraufhin alle - Can mit eingeschlossen - für mich Happy Birthday singen. "Happy Birthday, liebe Shana. Happy birthday to you." Er beendet das Spiel, woraufhin alle - mich mit eingeschlossen - applaudieren. Can kommt mit leuchtenden Augen auf mich zu und setzt mir einen Kuss auf die Haare, was einen warmen Schauer über meinen Rücken laufen lässt. "Dankeschön", gebe ich mit einer piepsigen von mir und räuspere mich danach. "Immer wieder gerne, Kleines." Er läuft mit mir durch den Gang, wo uns noch viele anschauen und bleibt stehen. Sein Vater steht vor uns, der das Ganze bestimmt mitbekommen hat. Beschämt begrüße ich ihn, was er ebenfalls tut. "Alles gute zum Geburtstag, mein Kind." "Dankeschön", flüstere ich schon fast, gefolgt von einem verlegendem Lächeln. "Kommt." Wir folgen ihm in einen Raum, wo wir dann die Treppen hochlaufen müssen. "Wir sehen uns dann später." Verabschiedet sich der Vater und läuft wieder runter. Can schließt die Tür auf und lässt mir den Vortritt. Wir sind auf dem Dach des Restaurants, wo ich eine wunderbare Aussicht auf die Stadt habe. In der Mitte steht ein gedeckter Tisch und sogar ein Kerzenständer aus Glas verziert die Mitte des Tisches. Für einige würde das hier vielleicht nichts Besonderes sein, aber diese wunderbare Geste führt dazu, dass ich Tränen bekomme. "Mann, Can!" Ich drehe mich mit einem Lächeln zu ihn und verliere eine Träne, weswegen sich sein siegessicheres Gesicht in ein Besorgnis erregtes verwandelt. "Shana, was hast du?", fragt er mich und nimmt mich sofort in den Arm. "Das ist so verdammt süß von dir!", schluchzte ich vor Freude. Ich bin sehr emotional. "Dankeschön, Can. Vielmals", gebe ich schniefend von mir und drücke Can ganz feste an mich. "Och, Shana. Ich dachte dir wäre etwas zugestoßen", seufzt er, gefolgt von einem kleinen Lachen. "Ist es doch. Du hast mich emotional so berührt, dass ich wegen dir an meinem Geburtstag weine!" Ich lache kurz und atme dann tief durch. "Ich wusste gar nicht, dass du so emotional sein kannst", murmelt er. "Das liegt in meinem Sternzeichen", schniefe ich und löse mich von Can, woraufhin ich mir meine Tränen wegwische. Die Tür zum Dach öffnet sich, wo Cans Vater mit zwei Tellern auf uns zu kommt. Ich laufe auf ihn zu und nehme ihm einen Teller ab. "Can! Was hast du mit ihr gemacht?", kommt es vorwurfsvoll von seinem Vater. "Gar nichts", nuschelt Can und kratzt sich am Nacken. "Er hat mich nur glücklich gemacht, mehr nicht", beruhige ich den Vater mit einem Lächeln und lege den Teller auf den Tisch. "Das hoffe ich auch für ihn." Er blickt Can streng an, der stumm nickt und läuft wieder zu Tür. "Gleich kommt einer mit dem Getränk", informiert er uns und schließt die Tür. Ich laufe zum Tisch und will den Stuhl nach hinten schieben. "Stopp!" Can läuft auf mich zu und entfernt meine Hände von Stuhl. "Das will ich machen", kommt es leicht mürrisch von ihm, was mich lachen lässt. Als ich mich hinsetze, setzt er sich gegenüber von mir hin und zeigt auf meinen Teller, damit ich essen soll. Ich muss aber erst Fotos schießen.

Meine Lymphknoten kribbeln bei dem Anblick des Essens und mir läuft wahrhaftig das Wasser im Munde zusammen, als ich das perfekt gewürzte Fleisch koste. "Bist du glücklich?", fragt Can mich leicht unsicher, den ich verständnislos angucke. "Natürlich! Sieht man es mir nicht an?" Er zuckt verunsichert mit seinen breiten Schultern, was süß aussieht. "Can, ich habe vor Freude geweint. Niemand hat das vor dir geschafft." Er atmet erleichtert aus und widmet sich dem Essen. "Dann ist ja gut." Ein Kellner kommt mit einer großen Colaflasche und geht dann wieder. Ich schaue beim Essen auf die Stadt hinunter, auf den schönen Glaskerzenhalter und natürlich zu Can, dessen markanten Gesichtszüge beim Kauen stark hervorstechen. "Du darfst also die ganze Nacht draußen bleiben, stimmst?" Ich nicke und schaue ihn abwartend an. "Wie kommt es dazu?", fragt Can mich. "Meine Mutter denkt, dass ich bei einer Freundin bin und meinte zu mir, dass ich bei ihr übernachten kann. Morgen müssen wir ja sowieso in die Schule." Ich schlage mir gegen die Stirn. "Ich habe keine Wechselkleidung eingepackt." "Du hast ja mich. Ich kann dir etwas geben." Verlegen schaue ich zu Boden und lächele. "Can, hast du keinen Wunsch?" Er kaut zu Ende und zieht dabei fragend die Augenbrauen zusammen. "Du tust so vieles für mich und ich fühle mich total schuldig. Ich will auch etwas für dich tun", kommt es mürrisch von mir. "Bleib einfach bei mir, dann erfüllst du mir meinen Wunsch." Ich habe das Gefühl rot anzulaufen, weswegen ich schnell etwas trinke, in der Hoffnung, dass die Röte schnell wieder verschwindet.

Nachdem wir gegessen haben und Can mir meinen Lieblingsschokokuchen serviert hat, hat Can mir einen Platz gezeigt, wo ich wohl möglich die beste Skyline hatte, die ich jemals gesehen habe. Köln in voller Pracht zu sehen, war schon immer ein Wunsch, der mir dank Can erfüllt wurde. Gerade klettere ich auf Cans Auto und setze mich aufs Dach, gefolgt von Can, der mit einer Decke hochkommt und sie unter uns legt. Ich lege mich neben Can hin und lehne meinen Kopf an seine Brust, während ich mir die Sterne anschaue, die sich langsam am Himmel blicken lassen. "Denkst du, wir alle bleiben noch in Kontakt?", frage ich Can, der mit meinen Haaren spielt. "Ja, ich bin mir sogar sehr sicher, dass wir alle in Kontakt bleiben", antwortet er mir. "Was macht dich da so sicher?", möchte ich wissen. "Ein bestimmter Wille." Ich hinterfrage nicht, nicke nur. "Wir sind einfach kurz davor Medizin zu studieren, kaum zu glauben", kommt es nun von Can. "Für mich erst in einem Jahr." Trotzdem bin ich stolz, dass ich meinen Traum erfüllen kann. "Ich habe gehört, dass viele das Studium nicht schaffen, da sie nicht mehr mit dem Druck klarkommen", nuschele ich und hoffe, dass es weder bei Can noch bei mir der Fall sein wird. "Wenn der Wille stark genug ist, schafft man es." "Du wirst mit Malik und Ramazan in eine WG ziehen, nicht wahr?" Can brummt ein Ja. "Wenn du dort eine Frau findest, lädst du mich auf deine Hochzeit ein!", fordere ich, obwohl ich mir nicht vorstellen kann und will, dass Can eine Frau an seiner Seite hat. "Ich glaube nicht, dass ich dort jemanden finden werde." Hoffe ich auch. "Wieso?" "Hab anderes im Kopf." Ich verstehe nicht, was er damit meint. Ich schaue einfach wieder in den schönen Himmel, der dunkler geworden ist. "Würdest du auf meine Hochzeit kommen?", frage ich schmunzelnd. "Nein." Mein Gesicht verzieht sich empört. "Wieso?", frage ich zischend und haue ihm gegen die Brust. "Hat einen bestimmten Grund", ist das Einzige, was ich zu hören bekomme. "Arschloch", murmele ich. "Wo willst du jetzt am liebsten hin?", fragt er mich plötzlich. "Wieso?" "Nur so, sag." Ich überlege kurz. "Paris", scherze ich und schnalze dann mit meiner Zunge. "Hast du deinen Personalausweis dabei?" Ich stehe misstrauisch auf. "Ja, wieso?" Can lächelt zufrieden und setzt sich ebenfalls auf. "Nein, Can! Nicht dein Ernst", kommt es mit einem undefinierbaren Blick von mir. "Wieso? Von Köln bis Paris sind es jetzt weniger als fünf Stunden." Er springt vom Auto runter und hält mir seine Hand hin. "Can, das war ein Witz!" Er kann doch nicht spontan entscheiden mit mir nach Paris zufahren, ist er noch bei Sinnen? "Zick nicht so viel herum und komm runter." Ich verschränke stur meine Arme vor meiner Brust. "Shana", mahnt Can mich, woraufhin ich meinen Blick abwende. Er hat heute viel zu viel getan und dass er wegen einem Witz nach Paris - ich betone: Paris - fahren will, weil ich es gesagt habe, überschreitet doch wohl alle Grenzen. "Wir fahren doch nicht in ein anderes Land, Can." Er zieht an meinen Beinen, weswegen ich mich schnell an seinen Schulter festhalte. "Von hier bis nach Berlin dauert es sogar länger. Wir fahren in ein anderes Land, in eine andere Hauptstadt und sind schneller da, als, wenn wir nach Berlin fahren", erklärt er mir in einem sanften Ton und lässt mich langsam ab. Er meint es wirklich ernst. Wir werden wirklich nach Paris fahren.

"Komm schon, Shana. Ein Erlebnis, das du niemals vergessen wirst."

Alles, was mir mit dir passiert, vergesse ich nicht, Can.

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