Kapitel 118
Mittwoch, 5. Juni
Der nächste Tag beginnt natürlich wieder mit dem Frühstück, woraufhin wir wieder Zeit haben, um uns fertig zu machen, da wir das Aquarium Barcelonas besuchen werden. Am Nachmittag werden wir dann wieder zum Strand, wo auch ich die Schaumparty miterleben darf. "Ey, Shana. Was war das gestern?", fragt mich Viyan und schaut wütend und genervt zu gleich. "Frag nicht. Cihan ist so gestört, dass er einen Fake-Chat erstellen muss. Ich verstehe nicht, wieso er das die ganze Zeit macht. Wie oft muss Can ihn noch schlagen, damit er es versteht?" Ich laufe seufzend ins Bad zu Saliha und putze mir dort die Zähne. "Habe gesehen, wie ihr weggegangen seid. Was habt ihr gemacht?", fragt Saliha, die sich ihr Gesichtspeeling aufträgt. "Wir haben es erstmal ausdiskutiert und dann hat er mich, als Wiedergutmachung, zu einem Park gefahren. Leute, dieser Park wo so schön!", schwärme ich mit Zahnpastaschaum im Mund. "War nur der Park schön oder auch die Atmosphäre?", fragt Viyan, die bestimmt pervers grinst. Alles war wunderschön. "Es war wirklich schön", murmele ich verlegen und sehe, wie Saliha mit ihren Augenbrauen wackelt. "Was habt ihr am Strand gemacht?", wechsele ich das Thema und spüle mir den Mund aus. "Shana, da waren echt hübsche Jungs, aber es war nicht viel los", erzählt Viyan. "Ich habe aber gesehen, wie einige eingetroffen sind. Vielleicht wird es heute voller", kommt es von Saliha, die sich ihr Gesicht wäscht. "Und was haben Ramazan und Malik gemacht?" Ich laufe ins Zimmer, um mich dann vor meinen Koffer hinzuknien. "Die haben uns die ganze Zeit ins Wasser geschmissen. Mit fast allen haben wir dann Volleyball im Wasser gespielt. Es war lustig", antwortet Viyan. Ich entscheide mich heute für das weiße Kleid, welches Schnürungen vorne an der Brust hat, die ich wieder auf meinen weißen Chucks kombiniere und mir dann die Haare von Viyan glätten lasse. "Fatih hat mich gerade angeschrieben", sagt Saliha, die endlich aus dem Badezimmer raustritt. "Was meinte er?", frage ich. "Flaschendrehen, heute bei ihm. Sollen wir gehen?" Ich zucke mit meinen Schultern. "Wieso nicht?" Ich zucke zusammen, als Viyan die heiße, geglättete Strähne loslässt und sie an mein Ohr knallt. "Sorry", murmelt sie und macht konzentriert weiter. "Wann ist das Flaschendrehen denn?", frage ich wieder, woraufhin Saliha auf ihr Handy guckt. "Nach dem Strandbesuch."
"Wow! Guckt euch die Fische an!", kommt es fasziniert von Ramazan, der mit uns durch den unterwassertunnelartigen Gang läuft und die ganze Zeit auf die Glasdecke starrt, wo man die Fische sehen kann. "Ist das Nemo?", fragt er jetzt, woraufhin Malik lachend den Kopf schüttelt. "Das ist eine Koralle." Ich lache leise und höre, wie Ramazan enttäuscht seufzt. "Oha! Guckt euch mal diese Krake an!", sagt Viyan, woraufhin alle vier dahin rennen. Ich dagegen laufe seelenruhig und binde meine glatten Haare zu einem Zopf. "Ist das Kleid nicht zu kurz?" Ich drehe mich nach links zu Can, der auf meine Beine guckt. Ich lasse meine Hände fallen und schüttele verwirrt den Kopf. Wieso sollte es zu kurz sein? Er reicht mir fast zu den Knien. Damit Can nicht noch mehr starren kann, laufe ich schneller, nur um vorzubeugen, dass er mir in den Ausschnitt schauen kann. Das, was gestern passiert ist, hat mir schon gereicht. Wenn ich wieder an die Sitation im Aufzug denken muss, wird mir ganz flau im Magen. Wir kommen bei unseren Freunden an, die fasziniert die riesige Krake anschauen. Das Ding ist echt riesig - verdammt riesig. "Wenn Can unter Wasser leben würde, dann wäre er dieser Oktopus", sagt Ramazan forsch und nickt bekräftigend, woraufhin er von Can einen Klaps gegen die Schläfe kriegt und schmollt. "Lasst ein Foto vor dem Oktopus machen", schlägt Viyan vor, die ihren Selfiestick rausholt und ihr Handy in dem Stab befestigt. "Ist das keine Krake?", fragt Malik interessiert nach. "Das ist Thaddäus' Mutter, fertig", kommt es von Ramazan der sich zu Viyan stellt, was wir ihm nachmachen und in die Kamera lächeln. Nach mehreren Posen, Grimassen und dementsprechend mehreren Bildern, laufen wir weiter, bis wir bei den Haien ankommen, wo Viyan anfängt uns alle aufzunehmen. "Shana sag etwas", fordert sie mich, weswegen ich schmunzelnd meine Augenbrauen zusammenziehe. "Was soll ich sagen?" Sie zuckt mit ihren Schultern. "Was willst du deinem zukünftigen Ehemann sagen?" Sie sieht mich vielsagend an, weswegen ich belustigt die Augen verdrehe. "An meinen Zukünftigen: Frauen, außer mir sind für dich Tabu!" Ich lächele freundlich und schaue wieder zu den Haien, die über uns herumschwimmen. "Shana! Komm mal her!", ruft Ramazan mich zu sich und zeigt lachend auf den Hai, der die ganze Zeit Ramazans Finger folgt. "Der Idiot denkt, dass er mich essen könnte." Ich lache, als Ramazan dem Hai seinen Hintern hinhält und dann an der Scheibe klopft. Er dreht sich wieder zum jungen Hai um, der nach hinten schwimmt und mit voller Wucht gegen die Scheibe schwimmt, weswegen wir erschrocken aufschreien und schnell, aber lachend von der Scheibe flüchten. "Perla ist ja voll aggressiv", murmelt Ramazan und fährt sich ganz wie eine Diva durch seine braunen Haare. "Perla ist ein Wal, kein Hai", korrigiere ich ihn lachend und warte auf die anderen, die hinter uns sind. Wir laufen gemeinsam durch eine Tür, woraufhin wir in einem abgedunkelten Raum stehen und dann bewundernde Laute von uns geben, als wir die leuchtenden Quallen um uns herum schwimmen sehen. Man sieht sich selber kaum, aber dafür umso intensiver die pinken, blauen, gelb-weißen und sogar grünen Körper der Meerestiere. "Quallenfischen, quallenfischen", singt Ramazan, woraufhin man ein stumpfes Geräusch hört. "Halt's Maul und schau dir die Tiere an", meckert Malik, was mich lachen lässt. Ich laufe etwas weiter zum Fenster und knalle gegen eine Person, die ich anhand seines Geruches erkenne. Can dreht sich zu mir und hält mich an meinen Oberarmen fest, bevor er mich sanft gegen das kühle, dunkle Fenster drückt. Oh Gott. "Was machst-,", setze ich flüsternd an. "Psht", unterbricht er mich und fährt mir über meine Oberarme, was mich erschaudern lässt. Ich drücke ihn schluckend weg und spüre, wie er mich an meinem Unterarm zurück zieht. "Das Kleid ist zu freizügig", flüstert er und zieht an der Schnürung. Ich muss die Contenance halten. "Damit musst du wohl klar kommen", gebe ich schulterzuckend von mir, obwohl ich nicht einmal weiß, ob er es sieht. "Hätte ich es rechtzeitig gewusst, dann hätte ich es dir verboten." Meine Augenbrauen ziehen sich skeptisch zusammen. "Und wieso sollte ich auf dich hören?", flüstere ich und gehe auf Abstand. "Weil du meine Sklavin bist, schon vergessen?" Ich verdrehe meine Augen und laufe zu zurück zu den anderen. "Verdreh' deine Augen nicht." Ich schaue verblüfft und versuche meine Freunde zu finden. "Woher wusstest du das?" Ich taste mit meinen Händen die Luft ab, in der Hoffnung Ramazan, Malik oder höchstens Saliha spüren zu können. "Weil ich dich schon relativ gut kenne und du es gerade zugegeben hast." Wo er recht hat, hat er recht. "Malik?" Ich kriege keine Antwort, also müssen sie schon gegangen sein. Wieso habe ich nichts bemerkt? "Komm", sagt Can, der plötzlich neben mir steht und mich an meinem Handgelenk greift, weswegen ich erschrocken zusammenzucke. Wir laufen nach vorne, bis wir an der Tür ankommen, wo ich erst einmal meine Augenlider zusammenkneifen muss, um mich wieder an die Helligkeit zu gewöhnen. Ich entziehe mein Handgelenk aus seinem Griff und laufe zu den anderen, die wieder Fotos machen "Wo wart ihr?", fragt Saliha mich und verkneift sich ihr Schmunzeln. "Ich habe nicht mitbekommen, dass ihr weiter gegangen seid", erkläre ich und schaue in die Kamera. "Oha, da ist Mister Krabs! Wo ist dein Geld, Kollege?" Ramazan lehnt sich an das Glas und schaut sich die Krabbe an, die hin und her läuft. "Ach, hat dir Plankton alles abgezogen? Warte ab, wenn ich ihn sehe, dann klaue ich seine Frau." Amüsiert schauen wir Ramazan zu, wie er mit der Krabbe kommuniziert. "Hast du was dagegen, wenn ich etwas mit deiner Tochter anfange?" Die Krabbe hebt ihre Scheren an und springt etwas näher, weswegen Ramazan abwehrend die Hände hebt. "Ganz ruhig, die ist eh zu groß für mich." Wir schauen uns weitere Tiere an, wo Ramazan in ihnen ganz Bikini Bottom sieht und fahren ins Hotel zurück, wo wir neue deutsche Gesichter sehen.
"Wie viele Abiturienten machen hier Urlaub?", fragt Viyan und inspiziert alle genau. "Keine Ahnung. Komm, lass uns hoch." Sie schüttelt ihren Kopf. "Kommst du nicht mit uns ins Fitnessstudio?" Entsetzt schüttele ich meinen Kopf. "Komm schon! Etwas fit für den Strand heute", versucht sie mich zu überreden, was aber scheitert. "Dann nicht, hier." Sie gibt mir mürrisch den Zimmerschlüssel und geht mit Saliha trainieren. Ohne Sportsachen? Okay, sie sind nicht wirklich dick oder eng gekleidet, also gehe ich mal davon aus, dass sie nicht an ihrer Kleidung gehindert werden. Ich steige in den Aufzug, der kurz davor ist, sich zu schließen, als sich eine Hand noch zwischen die Türen stellt. Natürlich gehen die Türen wieder auf und dann erkenne ich auch, dass es sich um Can handelt. Ohne ihn zu beachten, gleitet mein Blick zu meinen Schuhen. Ich höre zudem, wie weitere Personen, die Deutsch sprechen, einsteigen und bemerke, dass es Mädchen sind. Sie flüstern und kichern dann, weswegen ich meinen Blick anhebe und sehe, wie sie Can mustern, welcher ihnen grinsend zuzwinkert. Ich verdrehe abwertend meine Augen und seufze leise. Arschloch! In einer Beziehung sein, aber sich von Mädchen angaffen lassen, pff! Ich steige mit streckten Schultern aus, dicht gefolgt von Can, der mich an der Hand hält und mich dann in sein Zimmer zieht. "Ich will in mein Zimmer", gebe ich kühl von mir und will wieder rauslaufen, als Can mir den Weg versperrt. "Nein." Ich will ihn wegdrücken, was nichts bringt. "Widersprich mir nicht und setz dich." Ich stöhne genervt auf und setze mich auf sein Bett. "Und jetzt? Wo sind Ramazan und Malik eigentlich?" Ich ziehe an zwei Strähnen, damit mein Haargummi wieder an Ort und Stelle ist. "Die sind mit Tim und so zum Strand gelaufen." Er schließt die Tür ab, was mich leicht nervös macht. "Und was hast du jetzt vor?" Ich rutsche etwas unruhig auf dem Bett herum, während Can langsam zu mir läuft. "Etwas, was ich schon seit heute morgen tun wollte." Oh Gott, oh Gott. Er zieht sich sein T-Shirt aus, weswegen ich einen perfekten Blick auf seinen Oberkörper habe. Er läuft schneller, weswegen ich ein erschrockenes Quietschen von mir gebe und zur Seite weiche, als er sich aufs Bett schmeißt. Puh! Ich dachte schon. Er umklammert mit einem Arm das Kissen, wo er sein Gesicht drinnen vergräbt und mit der anderem umfasst er meine Taille und zieht mich an sich. "Lass los." Ich rüttele an seinem kräftigen Arm, weswegen er mir in den Bauch zwickt und brummt. "Sei ruhig, Sklave", murrt er und zieht mich noch näher, weswegen meine Füße den Boden nicht mehr berühren. "Dann lass mich los, was soll ich hier, wenn du pennst?" Er brummt etwas unverständliches. "Schlafen. Du bist müde." Zwar hat er recht, doch das werde ich ihm nicht sagen. "Nein, bin ich nicht", gebe ich gähnend von mir und höre ihn kurz lachen. "Zeit zum Ausruhen", brummt er wieder und zieht mich noch ein kleines Stück näher, sodass mein Rücken seine Rippen berührt. Es hat keinen Sinn weiter anzukämpfen, weswegen ich ergeben seufze und nicht weiß, was ich machen soll. Ich könnte mich ja ausruhen, doch neben Can werde ich das ganz sicherlich nicht tun, egal wie verlockend es auch klingt. Ich ziehe kurz an Cans Arm, der immer noch feste um mich geschlungen ist und verdrehe meine Augen. Muss der so kräftig sein? Ich lehne mich nach hinten auf seinen Rücken. "Wurd' auch mal Zeit", kommentiert er, weswegen ich ihn in seinen Rücken zwicke. Da mir diese Lage zu unbequem ist, drehe ich mich Richtung Cans Gesicht und beachte dabei, dass mein Kleid nicht hoch rutscht. Seine Augen sind geschlossen, sodass ich seine schwarzen, dichten und langen Wimpern zu sehen bekomme, auf die ich glatt neidisch werden kann. Sie sind verdammt schön! Er muss sich nicht einmal die Augenbrauen zupfen, da sie eine perfekte Form haben. Seine Haare liegen etwas verstrubbelt auf dem weißen Kissen. Mein Blick fährt zu seinem Adamsapfel, welcher springt, als er schluckt. Ich lege meine Finger drauf, weswegen er wieder leise brummt. "Was machst du da?", murmelt er, während ich spüre, wie sein Adamsapfel sich bewegt. "Nichts, schon gut", nuschele ich und lege meinen Kopf auf seinen Rücken und schmiege mich etwas an. Mit geschlossenen Augen ziehe ich seinen Duft ein und seufze. Ich rede mir immer ein, dass es falsch ist, tue es aber trotzdem, auch, wenn es sich so schön anfühlt, in seinen Armen zu liegen.
Es klopft an der Tür, weswegen ich und Can müde aufstehen und ich dann, als ich sichergegangen bin, dass mein Kleid nicht hochgerutscht ist, die Tür aufschließe. Ich dachte, dass Malik oder Ramazan vor der Tür stehen, doch es ist Aleyna. Was will die? "Was?", zische ich und reibe mir müde meine Augen. "Ist Can-," Ich schließe vor ihrer Nase die Tür und lege mich murrend aufs Bett. "Wie freundlich", höre ich Can lachend sagen, der sich gerade aufgesetzt hat. "Was stört die mich? Ich war gerade so schön am schlafen", quengele ich und schnalze mit meiner Zunge, während ich versuche eine bequeme Position zu finden. Letztendlich drehe ich mich genervt auf meinen Rücken und bemerke, wie Can mich mustert. Seine Finger fahren über die Haut meiner Beine, was sie dort kribbeln lässt. Ich stehe indigniert auf und hoffe, dass Can aufhört, doch das tut er nicht. Er fährt bis zu meinem Knie, wo er seine Hand ablegt und mich intensiv beäugt. Ich will seine Hand wegschieben, doch bin in eine Art Starre verfallen. "Wie viel Uhr haben wir?", frage ich heiser und räuspere mich. Can lässt mich nicht aus den Augen und beugt sich über mich, weswegen ich leise keuche und mich nach hinten lege. Er greift nach seinem Handy, welches auf dem Nachttisch liegt und schaut auf die Uhr. "14:30 Uhr." Wir haben ernsthaft nur eine halbe Stunde geschlafen? Ich seufze und stehe auf, laufe ins Badezimmer, wo ich mir vor dem Spiegel meine Haare zu einem ordentlichen Zopf binde und mich dann strecke. "Was machen wir jetzt?", frage ich und mustere mich im Spiegel, bevor ich zu Can schaue, der nicht aufhört mich zu mustern. "Kannst du mal aufhören so zu gucken?", frage ich schon leicht verstört. "Nein." Wow, das war mal eine ehrliche Antwort. "Deine Blicke sind penetrant", murmele ich und spiele mit den Deckeln der Parfüms herum. "Deine Beine machen meine Blicke penetrant." Mein Mund öffnet sich leicht und im Spiegel erkenne ich, dass ich rot geworden bin. "Schau wo anders hin." "Geht nicht." Ich verkneife mir die paar Beleidigungen, schaue wieder zu Can und seufze. "Und wieso?" Ich schaue ihn abwartend an. "Dein Körper zieht einen an." Mein Mund öffnet sich wieder empört. Das kann er doch nicht ernst meinen. "Okay, Can. Du brauchst dringend Schlaf", gebe ich leicht hysterisch von mir und will das Bad nicht verlassen. "Hab gut geschlafen", widerspricht er mir und läuft auf die Terrasse. Verdutzt ziehe ich die Augenbrauen zusammen. Dieser Junge ist echt komisch. Ich laufe zu ihm auf die Terrasse, wo die Sonne meinen Körper mit Wärme umhüllt und mich wohl fühlen lässt - wenn man Cans Blicke vorweg lässt. Ich schaue auf die Straßen, wo Autos, Motorräder und Fahrräder herumfahren, bis es dann an der Tür klopft, weswegen ich schnell dahin eile und sie öffne. Ramazan und Malik stehen mit nasser Kleidung vor mir und laufen lächelnd rein. "Wir sollen gleich runter zum Essen gehen", informiert Malik uns, der sich ein neues T-Shirt anzieht. "Dann gehe ich mal in mein Zimmer", murmele ich. "Bleib doch." Ramazan schaut verwirrt, doch ich schüttele meinen Kopf. "Nein, nein. Ich muss sowieso einige Sachen erledigen." Ich laufe aus dem Zimmer und sehe im passenden Moment, wie Viyan und Saliha im Flur sind. "Habt ihr abgenommen?", frage ich die beiden, die mehr oder weniger mit ihren Köpfen schütteln. "Wir haben eher die Jungs dort beobachtet. Die waren echt nett", erzählt mir Viyan, während ich die Tür aufschließe. Ich lasse mich seufzend aufs Bett fallen und schließe meine Augen. In mir brodelt wieder dieses Gefühlschaos. "Was ist los?", fragt Saliha mich, die sich zu mir aufs Bett setzt. "Es ist total komisch", flüstere ich, als ob ich Angst hätte, dass Can uns hören könnte. "Was denn?", kommt es von Viyan. "Das zwischen Can und mir. Er ist manchmal so... so intensiv." Es hört sich komisch an, wenn ich es laut ausspreche, entspricht aber der Wahrheit. "Shana, ich habe es dir schon mal gesagt und werde es dir immer wieder sagen: Can will etwas von dir. Das sieht ein Blinder sogar", versucht mir Viyan zu erklären, was ich aber jedoch abstreite. Ich will keine falschen Hoffnungen haben und außerdem könnte Can das Ganze nur vorspielen. Ich muss es vergessen. "Genug davon. Ich habe Hunger", wechsele ich das Thema und warte ein wenig, bis die beiden wieder frisch sind, bevor wir runtergehen. Am Tisch angekommen, gesellen sich auch schnell die Jungen zu, wobei ich Can nicht beachte und so schnell wie möglich dieses Kleid loswerden will. "Wie lange noch?", frage ich und rieche den Duft von Hähnchen. Mein Magen knurrt. "Zehn Minuten ungefähr", antwortet mir Viyan. "Dieses Mal finden wir bestimmt Mädchen", murmelt Ramazan, der gestern wohl gescheitert sein muss.
"Die Schaumparty hat schon angefangen!", ruft Saliha, die mit Ramazan und Malik zum ganzen Schaum rennt. Es ist eine schöne, warme Atmosphäre mit viel guter Laune und Musik, was mich sofort auflockert. Viyan nimmt grinsend meine Hand und spurtet die letzten Schritte mit mir, bevor ich sie in den Schaum schubse und lache. Mein Lachen vergeht mir, als jemand mir meine Haare voll mit Schaum einsaut. "Ich habe sie mir heute geglättet!", jammere ich und drehe mich zu Saliha, die mich auslacht. Ich schaue zu Malik, der sofort versteht und greife mir einen Berg voller Schaum, was Malik ebenfalls tut und renne auf Saliha zu, die wir vollkleistern. Lachend drehen wir uns um und sehen, wie Ramazan sich mit dem Schaum einen Vollbart kreiert hat und Viyan mit dem Schaum attackiert, bis sie schmollend auf dem Boden sitzt. Mir fällt auf, dass Can gar nicht hier ist, also suche ich nach ihm und finde ihn an der Bar, wo er etwas trinkt. Heute entkommst du mir nicht. Ich greife mir ganz viel Schaum und schleiche mich gut gelaunt an Can heran, bevor ich ihn an der Schulter antippe und den Schaum auf seinem Körper und Gesicht verteile. Während ich ausgiebig lache, wischt er sich den Schaum aus dem Gesicht und schaut mich angriffslustig an. Er läuft langsam mit einem wachsenden Lächeln auf mich zu, während ich weiter nach hinten laufe und nicht aufhören kann zu grinsen. "Steht dir", gebe ich kokett von mir und stoße gegen eine Person, was Can ausnutzt, mich packt und dann hochhebt. "Can!", kreische ich, als er mich vor das Gerät stellt, aus dem der Schaum herausfließt. Wütend funkele ich ihn an und drücke ihn doll an mich, damit er ebenfalls voller Schaum ist, was dazu führt, dass er mich gegen das große Gerät drückt und ich meine Lippen aufeinanderpresse. Huch. "Du bist ganz schön frech", tadelt er mich und wuschelt durch meine Haare, weswegen ich jammernde Laute von mir gebe. "Sie waren geglättet!" Er zuckt mit den Schultern, weswegen ich ihn mit Schaum vollpuste und wegrenne. Ich komme bei den anderen an, die mich mit diabolischem Grinsen begrüßen. Das heißt nichts Gutes. Nervös lächele ich und weiche nach hinten, als alle vier langsam von allen Seiten auf mich zu kommen und ihre Hände mit Schaum bepackt haben. "Shanaaa", trällert Can hinter mir, der sich ebenfalls der Sekte angeschlossen hat. Verdammt, ich bin am Arsch. Ich schlucke. "Wir sind doch alle Freunde", versuche ich mich rauszureden, bevor sie auf mich zu rennen und mich vollsauen. Natürlich lasse ich mir das nicht gefallen und werfe sie mit dem, was ich fangen kann, ab, bevor ich erschöpft zu Boden sacke. Ich werde von Saliha und Viyan hochgehoben, die sich an mich pressen und dann anfangen zu tanzen oder eher herumhüpfen. Ich mache mit und bedanke mich innerlich bei ihnen, dass sie so nah an mir sind, da mein Kleid nicht hochspringen kann.
Ich löse mich, wegen meiner schlechten Ausdauer von den beiden, dränge mich durch die ganzen tanzenden Menschen und will zu den Barhöckern laufen, als ich plötzlich gedreht werde und in starken Armen lande. Erschrocken und überrascht zu gleich schaue ich zu Can hoch, der gerade dabei ist zu führen. Ich realisiere schnell, dass Can mit mir tanzt. "Denkst du, ich lasse dich führen?", frage ich amüsiert und gehe einen Schritt nach vorne und danach wieder in eine Drehung. "Denkst du, ich lasse dich führen?", fragt Can mich nun schmunzelnd und dreht mich so um, sodass mein Rücken an ihm gepresst ist. Mit einem Hüftschwung drehe ich mich um, schubse ihn nach hinten und halte seine rechte Hand fest, während meine linke Hand zu seiner Schulter wandert. Zwischen uns lodert eine wachsende Passion, die wir durch unsere Körper und die steigende Hitze in ihnen ausdrücken. "Kannst du die Salsa-Basics?", frage ich leicht keuchend. "Ich versuche mitzukommen", raunt er mir zu. Ich habe die Führung. Ich ziehe herausfordernd die Augenbraue hoch und drehe mich, bevor ich schnelle Schritte nach vorne, nach hinten und zur Seite mache und dabei immer die Hüfte mitnehme. "Kommst du mit?", frage ich Can und verliere meinen herausfordernden Blick nicht. Er antwortet nicht, sondern dreht mich ein weiteres Mal, sodass mein Rücken wieder zu ihm zeigt und er so den Tanz weiterführt. Etwas gewöhnungsbedürftig, aber wenn man den passenden Partner hat, will man gar nicht mehr aufhören. Can hebt sein rechtes Bein an und auch somit meins, bevor er mir ein Zeichen gibt mich nach vorne fallen zulassen. Er greift nach meinen Oberarmen und hebt mich mit einer schnellen Drehung, bevor er mich wieder absetzt und mich an sich ziehen will. Zur Krönung, dass ich ihn nicht gewinnen lasse, stelle ich mein angewinkeltes Bein zwischen unsere Körper, als das Lied im passenden Moment endet. Alle klatschen für sich und für die, die mitgetanzt haben, außer Can und ich. Wir schauen uns mit funkelnden Augen an, während unsere Brustkörbe sich schnell heben und senken. Es knistert in der Luft. "Du warst nicht schlecht", lobe ich ihn keuchend, woraufhin er lächelt. "Du auch nicht." Er lehnt seine Stirn gegen meine und schließt seine Augen, während ich mein Bein langsam runternehme. Dieser Tanz mit ihm hat so viele Endorphine in meinen Körper geschüttet, er hat mich aufgeweckt und leben lassen. Außerdem kribbelt und zittert mein Körper zum Teils, da zwischen Can und mir gerade eine so starke, intensive Spannung herrscht, dass man annehmen könnte, man könnte sie anfassen. Seine Augen, dessen Pupillen - wie sooft - geweitet sind schauen in meine und fixieren sich auf meinem geöffneten Mund, der immer noch nach Luft schnappen muss. Es ist warm und das liegt nicht nur an der warmen Temperatur und an unseren mit einem Schweißfilm bedeckten Körpern, sondern an diesem überwältigenden Gefühl, der sich in meinem Körper durch seine Aura ausmacht. Er nähert sich mir und packt mich an meinem Nacken, wo er meine Haare festhält. "Du hast wirklich gar keine Ahnung, was du in mir anstellt, Shana", raunt er mir zu und fährt mit seinen Lippen über meine Ohrmuschel, was mich echt viel Kraft kostet, nicht gleich auf den Boden zu fallen. "Du weißt nicht wie attraktiv du bist", flüstert er heiser und zieht scharf die Luft ein, während sich in meiner Bauch- und Unterleibsgegend alles zusammenzieht. Verdammt! Ich muss standhaft bleiben, kein Verfallen. Er ist an Elif vergeben! Meine Augen weiten sich sofort und ich reiße mich abrupt von ihm. Ich halte mir geschockt eine Hand vor den Mund, während er mich fragend ansieht. Nein, verdammt! Was habe ich getan? Ich schüttele den Kopf und quetsche mich wieder durch die tanzenden Menschen, bis ich irgendwo Ramazan oder wen anders sehe. "Da bist du ja!", erschreckt mich Saliha und hält mich an meiner Hand fest. "Du hast voll die geröteten Wangen, was ist passiert?", fragt sie mich und fährt mir über meine Wangen. "Es ist sehr warm hier." Ob das eine Lüge ist oder nicht, kann ich nicht entscheiden, da es ja wirklich warm ist, aber die Hitze von einer Person und nicht von diesem Ort kommt. "Fatih macht gleich das Flaschendrehen, kommst du?", ruft sie, da die Musik lauter geworden ist. Ich nicke und dränge mich wieder mit Saliha durch die Menschenmasse, woraufhin wir warten, bis Viyan, Malik, Ramazan und auch Can zusammengekommen sind und entscheiden uns den Weg zum Hotel zulaufen. Mein Hals ist verdammt trocken. "Das war der Hammer! Wir müssen morgen unbedingt wiederkommen!", sagt Viyan, die immer noch voller Energie ist. Ich schaue verträumt in den Himmel, der langsam dunkelblau wird und beobachte die einzelnen Sterne, die sich dort langsam blicken lassen. Es werden irgendwelche Lieder geträllert und dabei gelacht, weil keiner, außer Malik die Noten trifft.
Wir laufen lachend ins Hotel und quetschen uns mit anderen in den Aufzug, bis wir auf unserer Etage ankommen und zu Fatih ins Zimmer laufen, wo schon die Musik läuft und einige Knabbereien zu finden sind. "Willkommen, willkommen", begrüßt er uns und schließt die Tür. Viele sind hier, unter anderem Elif und Aleyna, die mit mir keinen guten Cocktail ergeben können. Ich binde mir meine Haare zu einem Dutt, da sie schrecklich aussehen müssen und knie mich mit meinen Freunden auf den Boden. "Wer will drehen?" Ich greife mir grinsend die Flasche und drehe, bis die Flasche dann bei einen von Aleynas Hündinnen stehen bleibt. "Zieh dir dein Oberteil aus." Es sollte eigentlich ein Witz sein, da sie gar nicht entschieden hat, ob sie Wahrheit oder Pflicht nimmt, doch als sie es wirklich macht, ziehe ich nur leicht überrascht die Augenbrauen hoch. Wow. "Fängt schon mal gut an", murmele ich und sehe, wie die Blondine anfängt die Flasche zu drehen, die bei einem weiteren Mädchen stehen bleibt. Dieses trinkt ein alkoholisches Getränk - typisch bei diesem Spiel. "Macht mal etwas Originelleres", gebe ich genervt von mir und ziehe den Saum des Kleides über meine Knie. "Okay, ich habe eine Pflicht für Shana", kommt es grinsend von Ramazan, den es nicht interessiert, dass er eigentlich gegen die Regel des Spieles verstößt. Na ja, es interessiert hier niemanden. Jeder möchte unterhalten werden. Mit einem abwartenden Lächeln schaue ich ihn Ramazans schalkhaftes Gesicht und warte, bis er anfängt zu reden. "Du musst Can eine Scheuern und das so fest, wie es geht." In der Runde lachen einige, während Can Ramazan den Mittelfinger zeigt. "Hat Can etwa Angst?", neckt Ramazan ihn, der mit seiner Zunge schnalzt. "Diese winzige Hand kann mir nichts anhaben", kommt es trotzig von Can. "Werden wir ja sehen", grinse ich und stelle mich vor ihn hin, während er noch vor mir kniet. "In dieser Position könnte man auch andere Sachen tun", hüstelt Ramazan, weswegen wir anfangen zu lachen. Ich greife mit meiner rechten Hand seine Haare und wärme meine linke Hand durch Fingerübungen auf. "Can, sie wird es dir gleich geben", kommentiert Ramazan weiter, woraufhin Can schnell antwortet. "Ramazan, halt die-," "Ladys and Gentlemen! Hier sehen wir ein monumentales Ereignis, welches Ihr lieber schnell auf euren Smartphones speichern solltet!", spielt Ramazan den Moderator, was mich schmunzeln lässt. "Im weißen Kleid haben wir The Kurdish Stallion Shana Balboa!" Er zeigt auf mich, woraufhin alle anfangen zu jubeln. "Und auf den Knien haben wir The Gorilla Can!" Wieder wird gejubelt, und ich sehe, wie Malik das Ganze aufnimmt. "Seid Ihr bereit?", fragt Ramazan uns, wie der motivierteste Moderator, den es nur geben könnte. "Immer doch", gebe ich schmunzelnd von mir und ziehe neckend an Cans Haaren, bevor ich zu ihm runter sehe. Er schaut mich mit einem angriffslustigen Blick an und zeigt neckend auf meine Hand. "Mal sehen, wie sich dieser kleine Stich anfühlen wird", gibt er selbstsicher von sich. "Augen zu", murmele ich und hole schnell aus, bevor meine Handfläche mit einem schallendem Geräusch schmackhaft gegen Cans Wange prallt. "Ouuuh!", kommt es von allen synchron, während ich mir meine etwas gerötete Handfläche anschaue. "Cans Wange ist rot!", lacht Ramazan und zeigt demonstrativ auf die rote Stelle. "Hat's wehgetan?", frage ich mit gespieltem Mitleid. "Nicht schlecht", lobt er mich, was ich mit einem Lächeln dankend annehme und mich wieder hinsetze. Es werden weitere Runden gespielt, bei denen viel gelacht wird. Gerade war Aleyna dran, die irgendetwas beichten musste, wo ich aber nicht zugehört habe, da es sowieso gelogen ist. Sie dreht die Flasche, die nach bei Elif landet. "So Elif", grinst Aleyna. "Aleyna", warnt Can sie, doch sie ignoriert es gekonnt. "Wie ist es, so hässlich zu sein?" Sie lacht gehässig auf, während Elif still da sitzt. Meine Augenbrauen ziehen sich entsetzt zusammen. Was bildet sich dieses Mädchen ein? "Wollen wir mal über dich reden, Aleyna?", zische ich und schaue sie missbilligend an. "Halt dich da raus, Shana!", keift sie, was mich wütend macht. "Lass das Mädchen in Ruhe." Es ist still im Raum. Alle betrachten gespannt das Szenario zwischen mir und Aleyna. "Los, antworte, Elif." Sie ignoriert mich, was mich umso wütender macht. Sie soll Elif in Ruhe lassen und ihre peinliche Show wo anders abziehen. "Aleyna, halt deine Schnauze!", fauche ich und bin kurz davor aufzustehen.
"Mädchen! Halt die Fresse!", quietscht Aleyna schon fast. "Nein! Denkst du, du bist cool, wenn du hier andere fertig machst? Keiner schenkt dir Aufmerksamkeit und dann denkst du dir, dass es jeder tun wird, wenn du jemand Unschuldiges runtermachst? Denk nicht, dass ich mich da raushalte, du Miststück!", spucke ich ihr ins Gesicht und rutsche auf meinen Knien herum, doch halte es nicht mehr aus und stehe auf, was sie mir nachtut. "Ist schon okay, ich gehe", murmelt Elif, zu der ich schaue und mit meinem Blick keinen Widerspruch dulde. "Du bleibst!", zische ich, bevor ich wieder zu Aleyna schaue, die mich arrogant mustert. "Ich bin kein Miststück und außerdem suche ich keine Aufmerksam-," "Doch, die suchst du, nur findest du sie nicht, da man Müll nie Beachtung schenkt." Ich lächele gefälscht, woraufhin mein Blick monoton wird. "Du musst-," Ich lasse sie nicht einmal ausreden, da es nur Müll aus ihrem Mund kommen kann. "Rede dich nicht raus, wir wissen alle, dass du versuchst Can auf dich aufmerksam zu machen. Vielleicht hat es eins, zweimal geklappt, aber dann war es das auch, nachdem er dich ins Bett gekriegt hat." Einige ziehen scharf die Luft ein, anscheinend wussten sie es nicht. Na ja, jetzt tun sie es. "Als ob du nicht nach Cans Aufmerksamkeit schnorrst! Du bist doch die ganze mit mit ihm!", schreit sie. Ich lache trocken auf und schüttele zungenschnalzend den Kopf. "Ich habe es nicht nötig." Es ist lustig zu sehen, wie Aleyna schon rot vor Wut und Erniedrigung ist. "Ich wette, ihr hattet schon das eine oder andere Mal, wo ihr alleine wart. Wo wart ihr, als ihr vom Strand gegangen seid? Bikinis kann man sich schnell vom Leibe reißen." Meine Augenbrauen ziehen sich zusammen. Versucht sie mir jetzt ernsthaft zu unterstellen, dass ich mit Can geschlafen hätte? "Aleyna, es reicht jetzt", knurrt Can. "Can schämt sich anscheinend für dich, wie schade", schmollt dieses Miststück, weswegen ich sie grob nach hinten schubse. "Verwechsele mich nicht mit dir!", zische ich und höre nicht auf, sie nach hinten zu schubsen. Bei jedem Mal, werde ich immer rabiater, bis sie zu Boden fällt und ich von jemanden nach hinten gezogen werde. "Ich glaube, wir sollten gehen", sagt Viyan, die mich festhält. Zornig lasse ich mich aus dem Raum führen und schaue finster zu Can, auch, wenn er nichts getan hat.
"Hör nicht auf diese Schlampe", redet Saliha auf mich ein und schließt die Tür auf. "Was denkt dieses Mädchen, wer sie ist? Kommt sie mit der Wahrheit nicht klar oder was?", brülle ich und öffne meine Haare, da meine Kopfhaut schon wehtut vom ganzen Zopf tragen. "Das Mädchen ist gestört. Du hast sie vor allen anderen zerstört, reg dich darüber nicht auf", sagt Saliha und öffnet eine Chipstüte. Ich seufze und befreie mich auf diesem Kleid und schlüpfe in eine kürzere Short aus dünnem Stoff und in ein großes, weißes T-Shirt, welches ich mir aus dem Schrank meines Bruders geklaut habe. Wäre doch lustig, wenn es sowie auf der letzten Fahrt ausgegangen wäre. Ich nehme die Chips und laufe mit den Mädchen auf die Terrasse, wo wir uns dann auf dem Boden niederlassen. "Wieso wissen solche Idioten nicht, wann sie die Schnauze zu halten haben?", meckere ich und esse einige Chips. "Sie ist eifersüchtig", kommt es von Viyan. "Worauf?", frage ich. "Auf dich und Can, was sonst?", antwortet Viyan, woraufhin ich genervt aufstöhne. "Was mache ich denn? Ich rede und diskutiere mit ihm, wo soll man da eifersüchtig werden?" Viyan schnalzt mit ihrer Zunge. "Ihr passt einfach zusammen, versteh das! Jeder sieht das, unter anderem auch Aleyna und sie will das nicht akzeptieren, deswegen diese Anschuldigungen. Can mag dich, auch, wenn ihr euch streitet. Das, was ihr habt ist etwas Intensives, nur willst du es nicht wahrhaben, weil du so stur bist und zu stolz etwas zu verlieren." Bei Viyans Worten weiß ich nicht, was ich sagen soll. Sie hat recht. Ich schürze meine Lippen und zucke mit meinen Schultern, bevor ich seufzend auf die Straße schaue, wo die ganzen Lichter in der Dunkelheit leuchten. "Da ist nichts", murmele ich. Da ist etwas. Ist da wirklich etwas? Ich kann es irgendwie nicht glauben. Ich vergesse es am besten einfach. Wir reden und philosophieren herum, bis wir irgendwann auf der Terrasse müde werden und beschließen schlafen zu gehen. Der Tag war echt anstrengend, weswegen mein Körper sich auf die weiche Landung des Bettes freut. "Seid ihr noch wach?", frage ich nach einer Zeit, doch kriege keine Antwort, was ich mir auch hätte denken können. Die beiden werden so schnell müde, während ich noch stundenlang reden könnte, wenn sie noch wach wären. Ich beschließe mich ebenfalls zu schlafen und versuche nicht an das Szenario von vorhin zu denken, da ich sonst zu fuchsig fürs Schlafen bin. Nach einer Zeit werde ich aus meinem Schlaf gerissen, als mein Handy unter meinem Kissen vibriert.
"Ja?", frage ich müde.
"Öffne die Tür." Meine Augenbrauen ziehen sich zusammen, als ich Cans Stimme registriere.
"Was willst du? Wir haben-," Ich schaue auf die Uhr meines Handys und kneife mir, wegen der Grellheit die Augen zusammen. "02:00 Uhr morgens!", zische ich und lege meinen Kopf wieder aufs Kissen.
"Widersprich nicht und mach auf."
"Was, wenn nicht?", murre ich flüsternd.
"Dann werden deine Freundinnen mitbekommen, dass ich hier bin und ich weiß, dass sie dich gerne blamieren."
Seufzend erhebe ich mich, ziehe meine Short tiefer, sodass sie fast an meinen Knien grenzt und laufe zur Tür, wo ich sie einen Spalt weit öffne und Can mit gerümpfter Nase anschaue. "Was?", flüstere ich und lehne meinen Kopf gegen die dunkle Holztür. "Komm mit." "Was?" Mein Gesichts strahlt Verwirrung aus. Er wiederholt sich nicht, sondern zieht mich aus meinem Zimmer, bevor er mich an der Hand weiter zieht. "Can, ich habe nicht einmal Schuhe an", flüstere ich und hoffe, dass kein Lehrer kommt. "Willst du meine Schuhe anziehen?", fragt er mich, als wir den Aufzug erreichen. "Nein?" Ich würde aus ihnen wahrscheinlich rausfliegen. "Dann zieh dir deine Schuhe an", seufzt er leise. Ich will schlafen! Auch, wenn ich es ziemlich aufregend und süß finde, dass er mich um diese Uhrzeit irgendwo hinbringen will. "Denk nicht, dass ich dich wieder schlafen lassen werde." Ich verdrehe meine Augen und öffne leise die Tür, wo ich nach meinen Chucks suche und in meiner Position verharre, als Viyan sich bewegt und irgendetwas nuschelt. Ich atme erleichtert aus, als die Geräusche endlich aufhören, schlüpfe schnell in die Schuhe rein, haue mir zwei Kaugummis in den Mund und laufe zurück in den Flur, wo Can mich komisch mustert. "Wieso trägst du die Short so weit unten?", fragt er, weswegen ich nach unten schaue und bemerke, dass der Hosenbund durch das weiße T-Shirt schimmert, peinlich. "Mode", murmele ich und laufe schulterzuckend an ihm vorbei zum Aufzug. Ich höre Can hinter mir lachen und ziehe mir verlegen die Short ein Ticken höher. "Wohin gehen wir?", wechsele ich das Thema und steige mit ihm in den Aufzug. "Plaça Reial." Schon wieder sein attraktives Spanisch. "Wieso?", frage ich, obwohl ich mich innerlich freue. "Du magst die Nacht doch. Da kommt ein Nachtausflug gelegen." Er zuckt mit den Schultern, während ich unwillkürlich lächeln muss. "Wow", nuschele ich verlegen und schaue zu Boden. "Du bist ja voll nett." Ich höre Can leise lachen. "Danke." Ich steige mit ihm aus dem Aufzug und laufe aus der Lobby, wo sich noch einige herumtreiben. Die warme Abendluft umschließt mich, was ich genieße und seufzend die Augen schließe. "Hier lang." Can zieht mich sanft am Unterarm nach rechts, wo wir eine Straße runter laufen und die eine oder andere Katze und sogar Hunde sehen. "Hat Aleyna noch etwas gesagt, als ich gegangen bin?", frage ich und schaue in den dunklen Himmel. "Nein, sie hat die Schnauze gehalten." Hoffe ich auch mal. Wir laufen still den Weg entlang und hören nur unsere Schritte und die Geräusche der Grillen. "Es hat mich überrascht, dass du Elif verteidigt hast", kommt es neutral von Can, woraufhin ich meine Schultern zucken lasse. "Aleyna hatte nicht das Recht dazu." "Als du Aleyna geschubst hast, hat mich das an Berlin erinnert, wo du sie geschlagen hast", gibt er lachend von sich und auch ich kann mir ein kleines Lachen nicht verkneifen. "Du warst total wild. Man hätte dich nicht zurückhalten können, wäre ich nicht da." "Wieso musstest du auch eingreifen?", kommt es mürrisch von mir. Ich hätte ihre Extensions rausreißen können. "Du hast ihr ihre Strafe gegeben." Er zieht mich über die leere Straße und dann warten wir an der Ampel, wo ich gähnen muss. Ich schaue zu Can, der durch die gelblich-orangefarbigen Straßenlaternen beleuchtet wird. "Halte durch, in zehn Minuten sind wir da." Er legt einen Arm um mich, was mir ein wohliges Gefühl beschert und läuft mit mir über die grün gewordene Ampel, woraufhin wir denn Weg runter und dann nach links laufen. Wir reden nicht viel, aber die Stille ist beruhigend und hat etwas Schönes an sich. Sie ist nicht angespannt, sondern entspannend, was ich auch genieße, denn diese ruhigen, harmonischen Momente zwischen uns sind die besten. Durch unsere Bewegungen streifen Cans Finger des Öfteren meinen Oberarm, was ich heimlich irgendwie genieße. Ich mag diese Berührungen, sie fühlen sich irgendwie gut an. Nach zehn Minuten kommen wir an, woraufhin ich einen erstaunten Laut von mir gebe. "Can, es ist wunderschön!", flüstere ich und schaue mich auf den beleuchteten Platz um, der voller Palmen ist. Es sieht sehr historisch aus, was das Ganze umso schöner macht. "Diese Lehrer kennen keine guten Plätze." Da hat Can recht. Er hat mir den wohl schönsten Park der Welt gezeigt und jetzt auch noch diesen Platz. Ich schaue lächelnd zu Can, welcher mich ebenfalls lächelnd und mit verschränkten Armen ansieht.
Schüchtern gehe ich auf ihn zu und umarme ihn, was er sofort erwidert und mich an sich drückt. "Danke", murmele ich. "Für dich doch gerne, Kleines." Ich löse mich und habe wahrscheinlich leuchtende Augen, da ich gar nicht aufhören kann zu lächeln. "Komm, setzen wir uns doch an den Brunnen." Ich lasse mich von Can zum Brunnen führen, wo wir uns dann auf die Steine setzen und uns gegenseitig lächelnd anschauen. Ich mag es, wenn er lächelt. Er sieht dabei so unbeschwert aus. Was er wohl an mir mag? "Can?", frage ich und rutsche näher heran, wobei der steinige Untergrund unter uns an meinen Oberschenkeln reibt. "Frag." Mein Mundwinkel zuckt. "Was magst du an mir?", frage ich leicht nuschelnd. "Schwere Frage." Ich haue leicht gegen seine Brust und schmolle. "Gar nicht", murre ich und schaue ihn dementsprechend an, woraufhin er mir in die Wange kneift. "Deine Wangen mag ich." Ich versuche mein Bestes, nicht zu strahlen, was mir verdammt schwer fällt. "Und dein Grübchen rechts." Er tippt die Stelle und entlockt mir ein kleines Kichern. "Was noch? Deinen Humor, deine Gedanken, die manchmal echt komisch sind. Und dein Temperament, auch wenn er manchmal einen reizt", erzählt er und schaut mich an. "Jetzt bist du dran." Er schaut mich schmunzelnd an. "Wehe es kommt etwas Falsches." Ich schaue lachend auf das Wasser im Brunnen und fahre mit meinen Fingern über die Oberfläche des Wassers. "Ich weiß zwar, dass es noch tausend Dinge gibt, die du an mir magst, aber ich erlöse dich mal", gebe ich leicht selbstverliebt von mir und räuspere mich etwas. "Was mag ich an dir? Das ist echt schwer", grübele ich und schaue in Cans mahnendes Gesicht. "Du hast echt schöne Augen, die sind verdammt schön und manchmal bin ich eifersüchtig auf dich, wegen deinen Augen und deinen Wimpern." Cans Mundwinkel zucken. "Das wusste ich schon." Ouh. Mit einem leicht erhitztem Kopf rede ich weiter. "Ich mag deine beschützende Art, zwar wirkst du manchmal bedrohlich, aber es ist sehr interessant zu sehen, dass du auch mal affektiv handeln kannst und nicht nur dieser kühle und arrogante Can bist", gestehe ich und schaue von ihm zum Brunnen und vom Brunnen zu ihm. "Und wenn du lachst, das steht dir." Ich schaue ihn kopfnickend an, während sich ein kleines Schmunzelnd auf seinen Lippen ausbreitet. Ich glaube, ich habe zu viel geredet. Verlegen und mit geschürzten Lippen schaue ich wieder auf das Wasser des Brunnens, welches die Lichter des Platzes reflektiert. "Wusstest du, dass Wasser Dipol-Moleküle sind und deswegen eine so starke Oberflächenspannung hat? Wasserstoffbrückenbindung", erzähle ich, um irgendwie von dem, was ich da gerade gesagt habe, abzulenken. Can rutscht näher und mich heran, sodass unsere Beine sich schon berühren. Er hebt sanft mein Kinn an, weswegen ich ihn leicht beschämt anschaue. "Ich mag es ebenfalls, wenn du lachst, Shana. Dann stechen deine Wangen und dein Grübchen so hervor", gesteht er und fährt zart mit seinem Daumen über mein Kinn. "Oder wenn du voller Leidenschaft anfängst über etwas zu reden. Du bist nicht mehr aufzuhalten und man kann dir stundenlang zuhören." Ich schlucke und presse meine Lippen zusammen. Hoffentlich bin ich nicht rot geworden. "Und mir gefällt es, wenn du verlegen bist." Jap, ich bin definitiv rot angelaufen. Verlegen fahre ich mir über meine Wange und lache leise. Can steht auf und greift meine Hand, die gerade erstarrt. Er zieht mich hoch und läuft dann mit mir herum, weswegen er meine Hand wieder loslässt. Es war zwar schön, seine warme Hand in meiner zu fühlen, doch trotzdem bin ich ihm dankbar, dass er sie losgelassen hat.
Nach einiger Zeit, als ich wirklich müde wurde, laufen wir zufrieden zurück. Im Aufzug lehne ich mich gegen seine Schulter, woraufhin er seinen Arm um mich legt und wir dann so aus dem Aufzug steigen, wo Herr Markus und Herr Jakubeck im Flur stehen und uns prüfend ansehen. Scheiße! Sofort entferne ich mich von Can und schaue erschrocken zu unseren Lehren und dann zu Can, der das Ganze total entspannt aufnimmt. Vergessen, dass er immer noch ein Bad-Boy ist? "Beide sofort aufs Zimmer! Ihr werdet morgen am Ausflug nicht teilnehmen", kommt es tadelnd von Herrn Markus. Hastig nicke ich und verschwinde in mein noch offenes Zimmer. Ich habe das Glück, dass die beiden Lehrer sehr nett sind und uns nicht direkt nach Hause schicken. Ich ziehe mir die Schuhe aus und schmeiße mich wieder auf mein Bett, wo ich auf mein Handy schaue und sehe, dass wir 03:11 Uhr haben. Eine Nachricht von Can erscheint auf meinem Display, die mich schmunzeln lässt.
'Gute Nacht, träum von meinen Augen, die dich neidisch machen.'
Das werde ich, keine Sorge.
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