Zwanzig
"Oh mein Gott was ist, wenn mich Felipe so sieht?", flüsterte ich paranoid als Caleb das Auto im Hof der Villa parkte.
"Er ist mein Boss. Er darf mich nicht so unprofessionell sehen", flüsterte ich panisch weiter.
"Ich bin dein Boss", warf Caleb mit zusammengezogenen Augenbrauen ein.
"Er ist aber der Boss-Boss", erklärte ich immer noch leise und stieg vorsichtig aus.
"Versteck dich einfach hinter mir. Ich bring dich rein ohne, dass dich jemand sieht", versicherte er mir belustigt.
"Okay", ging ich nickend darauf ein und folgte ihm in die Villa.
"Wir sind zurück und Grace ist besoffen!", rief er als wir drinnen waren, weshalb ich fassungslos auf seinen Hinterkopf starrte und ihm dann auf den Rücken schlug.
"Du scheiß Arschloch", beleidigte ich ihn, was ihn zum Lachen brachte.
"Wäre ich jetzt auch gerne!", rief Mel aus dem Wohnzimmer.
Sie und Alec waren die einzigen, die daheim waren.
Lorena und Felipe waren spazieren gegangen bevor Felipe zurück in die Firma fahren musste, Jay und Xavier waren bereits auf dem Weg dorthin, Kelsey war reiten und Sandro war keine Ahnung wo.
"Und wie war's?", hakte sie nach als wir bei ihnen auf der gegenüberliegenden Couch saßen.
"Lecker", antwortete ich und stieß dabei Caleb mit meinen Füßen in die Ecke damit ich mich gescheit hinlegen konnte.
Mels Kopf lag auf Alecs Schoß und er strich ihr durch die Haare, was mich eifersüchtig machte. Konnte jemand auch bitte durch meine Haare streichen? Am besten Channing Tatum?
War euch schon aufgefallen, dass ich verrückt nach diesem Mann war?
"Es war interessant", kam es schelmisch von Caleb.
"Interessant? Inwiefern?", fragte Mel.
"Da musst du Grace fragen", sprach er mysteriös.
"Frag mich nicht. Ich habe keine Ahnung wovon er redet", gab ich von mir und schloss meine Augen.
"Gute Nacht", fügte ich murmelnd an.
Minutenspäter spürte ich Arme um mich und Calebs Duft umgab mich.
"Okay ausnahmsweise darfst du mich tragen", erlaubte ich es ihm, wobei er mich bereits via Brautstyle aus dem Wohnzimmer trug.
"Was für eine Ehre", antwortete er amüsiert.
Er legte mich ins Bett, deckte mich zu und setzte sich dann neben mich.
"Du magst mich also, huh?", fing er an, weswegen ich genervt stöhnte.
Ich musste ihn nicht mal ansehen, um zu wissen, dass er lächelte und ehrlich gesagt wollte ich ihn nicht mal ansehen, denn das Verlangen ihn zu mir runter zu ziehen, würde dabei verstärkt werden.
Doch anscheinend musste ich ihn nicht mal zu mir ziehen, denn er legte sich einfach neben mich, schlang seinen Arm um mich und drückte mir dabei einen Kuss auf meine Wange.
"Eww", nuschelte ich in das Kissen und wurde im Gegenzug noch stärker gedrückt.
"Ich hasse dich", murmelte ich schlaftrunken weiter.
"Brich mir nicht mein Herz", sprach er an mein Haar. Es klang nur halbscherzend und ich hielt deswegen kurz Inne.
"Ich schlafe", sagte ich daraufhin, um die Unterhaltung zu beenden.
Wisst ihr was das Schlimme daran war nachdem man Alkohol getrunken hatte? Das Aufstehen und die Erkenntnis dabei, dass man den vorherigen Tag etwas gesagt hatte, was man hätte lieber nicht sagen sollen.
Wenigstens hatte ich mir nun eingestanden wie ich wirklich fühlte, nämlich, dass ich Caleb mochte...irgendwie.
Zwar nicht so, dass ich mir eine Hochzeit und Kinder mit ihm vorstellen konnte aber so, dass ich nichts dagegen hatte mehr Zeit mit ihm zu verbringen.
Es war draußen noch dunkel als ich aufstand, Calebs Arm von mir vorsichtig runternahm, pinkeln ging und mich dann in die Küche begab.
Nach meinem Handy hatten wir erst fünf Uhr in der Früh, weshalb es mich umso mehr überraschte das Mel noch wach war.
"Auch schon früher wach?", fragte ich im Flüsterton, wobei ich mir ein Glas mit Wasser füllte.
"Schon wach? Ich habe noch nicht mal geschlafen", antwortete sie schmunzelnd, ebenso leise wie ich, und trank etwas von ihrem Glas Milch.
"Oh wegen der Hochzeit? Mach dir wegen der Vorbereitung nicht allzu viele Gedanken", tröstete ich sie, was sie noch mehr amüsierte.
"Es liegt zwar an der Hochzeit aber mehr daran, dass Alec seitdem noch öfter, du weißt schon, Liebe machen will", verbesserte sie mich schmunzelnd und einem gewissen Funkeln in den Augen.
"Oh...okay...gut für euch", gab ich unsicher von mir und trank mein Wasser aus.
Wenigstens hatte eine von uns ein aktives Sexualleben. Bei mir waren es gefühlt hundert Jahre her.
Mel hatte nur zwei Stunden geschlafen und hatte trotzdem so viel Energie, um nun ihr siebzehntes Brautkleid anzuprobieren. Und ja ich zählte mit.
Sie steckte in einem pompösen Prinzessinnen-Kleid, welches für meinen Geschmack zu viel Schnick-Schnack hatte. Sie hatte da wohl dieselbe Meinung, denn ihr nächstes Kleid war das komplette Gegenteil davon. Es war im Meerjungfrauen-Schnitt mit einem ausgeschnittenen Rücken. Es war mit Spitze detailliert und die Form passte sich perfekt ihren Kurven an.
Jup, das war es.
Lorena und Kelsey blieb die Spucke weg als sie Mel bewunderten. Sie selbst drehte sich aufgeregt vor dem großen Spiegel.
"Das ist es", kam es entschlossen von ihr als sie stehen blieb und sich selbst musterte. Ein strahlendes Lächeln war auf ihren Lippen, was fast schon ansteckend wirkte und meine Lippen anfingen ihre zu imitieren.
Während Mel die Details mit der Designerin klärte, klingelte mein Handy.
"Ja Caleb?", fragte ich überrascht in den Hörer.
"Seid ihr fertig?", kam die Gegenfrage zurück.
"Ja so gut wie. Was gibt's?", hakte ich mit zusammengezogenen Augenbrauen nach.
Wir hatten seit gestern nicht mehr geredet, weil er ausgeschlafen hatte und wir schon früh losmussten, wofür ich ehrlich gesagt dankbar war. Ich war nicht bereit dazu gewesen mit ihm im nüchternen Zustand zu reden. Es war kurz leise ehe er weitersprach.
"Ich warte draußen vor dem Laden. Komm raus."
Danach legte er auf. Cool...?
"Ehm Leute? Caleb steht wohl draußen, um mich abzuholen. Ist es okay, wenn ich gehe?", fragte ich Lorena und Kelsey.
Lorena fing an wissend zu Schmunzeln.
"Geh nur Süße, viel Spaß euch beiden", sprach sie dann.
"Aber nicht zu viel Spaß", fügte Kelsey an, wobei sie anzüglich mit ihren Augenbrauen wackelte. Als Antwort darauf, rollte ich gespielt genervt meine Augen und verabschiedete mich von den drein bevor ich raus zu Caleb lief.
Überraschenderweise war er nicht im Auto, sondern stand mit seinen Händen in den Hosentaschen und kickte ein paar Kieselsteine umher.
"Hey", grüßte ich ihn leicht nervös.
Er hob seinen Kopf und für einen Moment machte er nichts anderes als mich anzusehen ehe er mir ein warmes Lächeln schenkte, was mir regelrecht die Luft aus der Brust schlug. Es war nicht irgendein Lächeln aus Höflichkeit, nein es war so ein Lächeln wie Alecs, wenn er Melodie betrachtete.
"Hey", gab er von sich nachdem er sich kurz geräuspert hatte.
"Gehen wir etwas essen?", fragte er dann, weil er merkte, dass ich nichts mehr sagen würde.
Ich nickte nur und wir beide liefen wahllos in irgendeine Richtung.
"Und hat Mel ihr Kleid gefunden?", hakte er nach.
"Ja, Gott sei Dank. Viel Zeit hätte sie eh nicht mehr ein anderes zu finden", antwortete ich erleichtert darüber über Mel und die Hochzeit zu reden. Das war ein sicheres Thema.
"Ich mein drei Monate, um eine Hochzeit zu planen ist nichts. Ich kann eh nicht nachvollziehen weshalb sie es so überstürzen", redete ich weiter.
"Wenn es passt dann passt es einfach. Warum die Hochzeit dann noch hinauszögern?", kam es schulterzuckend von ihm.
Ich war regelrecht schockiert den Satz aus Calebs Mund zu hören.
Ich dachte seine Einstellung wäre mehr in der Richtung, dass Heirat der Ursprung alles Bösen ist.
"Hätte nicht gedacht, dass du so zur Heirat stehst", gab ich zu.
"Ich auch nicht", antwortete er, was mich komplett verwirrte.
"Wie haben sich die beiden eigentlich kennengelernt?", fragte ich, einfach um bei dem Alec und Mel Thema zu bleiben. Ich wollte bloß nicht das unser Gespräch zurück zu mir und meinem betrunkenen Alter-Ego kam.
Caleb schien kurz zu überlegen bevor er antwortete.
"Über Melodies Brüder", sagte er vage.
"Komisch, ich hatte das Gefühl, dass ihr euch nicht mögen würdet aber vielleicht lag ich auch falsch", antwortete ich nachdenklich.
Diesmal schwieg er und sagte nichts dazu.
"Lass gleich hier rein", gab er stattdessen von sich, wobei er in die Richtung eines kleinen Bistros nickte.
Wir begaben uns an einen Tisch und bestellten unser Essen.
Um der Stille danach auszuweichen schwärmte ich über Mels Kleid, was Caleb aus irgendeinem Grund auf die Nerven ging.
"Warum willst du die ganze Zeit über Mel und Alec reden?", beschwerte er sich gereizt.
"Über was willst du sonst reden? Die Finanzwirtschaft?", gab ich sarkastisch von mir.
Er warf mir einen Blick zu den ich leider Gottes zu gut verstand.
Er schrie mit seinen Augen förmlich 'Über uns du Trottel!'.
"Einmal Tomaten Bruschetta und ein Tomaten-Mozzarella Baguette für das schöne Paar", unterbrach der Kellner unser 'Gespräch' mit einem freundlichen Lächeln und stellte unsere Teller vor uns ab.
Wow, das hatte die ganze Atmosphäre noch erdrückender gemacht.
Ich wollte den Keller eigentlich verbessern aber Caleb sah mich mit einem so intensiven Blick an, dass es mir unmöglich schien dies zu tun.
Deshalb bedankte ich mich kurz und wandte dann meinen Blick krampfhaft auf meine Bruschetta.
Mein Appetit war mir vergangen, doch ich zwang mich trotzdem zu essen.
Caleb seufzte frustriert auf, sagte aber erst mal nichts dazu.
Nach einer Weile jedoch sah er mich für eine längere Zeit an.
"Was ist?", hakte ich unbehaglich nach.
"Was hältst du von mir?", fragte er mich plötzlich und ich wäre in dem Moment am liebsten aufgesprungen und bis nach Timbuktu gerannt.
"Was hältst du von mir?", drehte ich den Spieß um.
"Gar nichts. Du bist scheiße", schoss es aus ihm anfangs mit todernster Miene, doch als ich anfing zu lachen, nachdem ich meinen kurzen Schock überwunden hatte, schenkte er mir ein kleines Lächeln.
Und die bedrückende Stimmung war gehoben.
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