Kapitel 35...Was für ein Freund bist du eigentlich?

Joel ging an ihre Arbeit zurück und nahm eine Bestellung für zwei Kaffee am Telefon entgegen, notierte sich die Zusammenstellung, verabschiedete sich bis zum Abholen und dann legte sie auf.
Charles stand hinter ihr.

"Ich...Ehm..."

Joel drehte sich mit ihrem Kopf über ihre linke Schulter nach ihm um und hatte einen finsteren Blick ihm gegenüber aufgesetzt. Sie fluchte ihn leise an, damit die Gäste im Restaurant nichts davon hörten.
"Versuch es erst gar nicht, Anderson!...Versuch es erst gar nicht!...", und ein Kunde vor ihr an der Theke räusperte sich. Joel widmete sich ihm und er bezahlte seine Rechnung bei ihr, verabschiedete sich, wünschte ihr noch einen schönen Tag und verließ das Restaurant.

"Joel!...Es..."

Joel drehte sich zu ihm um und stützte sich mit dem rechten Arm an der Theke ab.

"Nein Charles! Ich verstehe schon! Du kannst mich nicht ausstehen, weil ich Taylor Flausen in den Kopf gesetzt haben soll, aus dem Heer der Reichen und Schönen auszusteigen. Ich weiß, ich bin daran schuld, dass er immer wieder aus deiner Obhut entwischt ist...Und ich bin auch daran Schuld, dass die Medien ihm die ganzen Monate gehäuft auf den Fersen waren als sonst, weil er eine neue Freundin hat, trotz Ehefrau...Ja, sag es schon, sprich dich aus!...Tu dir keinen Zwang an!...Wir leben in einem freien Land, Mister Anderson, wo jeder seine Meinung frei weg äußern kann.
Ich bin deines Erachtens auch daran schuld, dass er in Kalifornien verprügelt, verfolgt und schwer angeschossen wurde und deswegen ist er ins Koma gefallen...Du brauchst es mir nicht zu sagen, das ist auch wohlmöglich meine Schuld!...
Einer muß es ja gewesen sein, der die Verantwortung für alles tragen muß!...Wenn nicht du! Hab ich Recht?"

"Wie soll ich das verstehen, Armstrong?"

"Du weißt genau, was ich damit meine!...

Du warst bei ihm! Du hast ihn gesehen!....Du hättest mich anrufen können, als sein Arzt dich angerufen hat...Als Claudia dich eingestellt hatte, hättest du mich aufsuchen können.", zischte Joel ihn an.
"Aber du hast es nicht getan!...
Stattdessen tauchst du auf dieser Party auf und du stehst Weihnachten ziemlich spät vor meiner Haustür und gibst mir die Hoffnung, wo vorher keine war.
Und jetzt, wo ich weiß, was passiert ist, weiß ich genauso wenig wie vorher auch ...Ich will die Wahrheit wissen, Charles!"

"...Du hattest deinen Termin!", widersprach Charles ihr und versuchte sie vom eigentlichen Thema abzulenken.

"Darum geht es hier gerade nicht, Charles!
Den hätte ich auch so nicht verpasst...
Ein Wort oder ein Anruf hätte gereicht von dir, Charles!...Ich bin seine Freundin, Anderson!", schrie sie ihn jetzt etwas deutlicher an, aber immer noch unverständlich für die anwesenden Gäste.

"Genau! Seine Freundin, die er nicht haben sollte!", gab er spitz an sie zurück.
Klang da etwa Eifersucht in seinen Worten mit drin?

Joel legte eine kleine Pause ein.
"Oder bin ich es deiner Meinung nach nicht wert, Charles Anderson?"
Joel nahm einen kleinen Schluck aus ihrer Wasserflasche und hielt sie offen in ihren Händen.

"Ich stelle dir jetzt eine Frage, Anderson! Und ich rate dir, lass mich nicht so lange mit der Antwort warten:

WUSSTEST DU, DASS TAYLOR NACH KALIFORNIEN GEFLOGEN IST?
JA ODER NEIN?

Du hast nur zwei Möglichkeiten!...Ich warte!"

Charles sah sie an und schluckte. Er schwieg auf diese Frage.

"Ich warte!...Ja oder Nein?", wiederholte sie.

Charles suchte nach den richtigen Worten, die Joel vielleicht besänftigen könnten, als Jusman aus dem Büro kam.
Sie sah ihre Freundin und Charles verdutzt an.

"Was ist hier los?...Charles?....Joel?", wechselte Jusman ihre Blicke zwischen den Beiden hin und her.

Charles und Joel hafteten mit ihren eiskalten, versteinerten Blicken aufeinander.
Joel war die Erste, die von Beiden reagierte und richtete ihre Worte an Jusman, ohne Charles aus den Augen zu verlieren.
"Jusman?...Ich werde jetzt Feierabend machen und nach Hause fahren...Ich muß hier weg, denn es riecht hier meiner Meinung nach Lügen und Intrigen...Falls ich jemals das Restaurant wieder betreten sollte, gehe ich davon aus, dass du Leine gezogen bist, Charles Anderson! ", und Joel holte ihre Jacke und ihre Handtasche und war kurz darauf aus dem Restaurant verschwunden.

Jusman rannte ihr hinterher auf die Straße, aber Joel war weg.
Als sie zurück kam und an der Theke stehen geblieben war, sah sie Charles fragend an.

"Was ist zwischen euch vorgefallen?", versuchte sie aus ihm herauszuholen.
"Hat das etwas mit Taylor zu tun?", fragte sie weiter.

"Jusman, ich...ich hab gewusst, dass er nach Kalifornien fliegt und nicht nach London. Und zwar, bevor er mit ihr zu Di'Angelo gefahren war, um dort ein letztes Mal mit ihr dort zu sitzen und zu essen.", antwortete er auf ihre Frage.

Sie rückte ein Stück näher an ihn heran. "Wie bitte?...Was hast du da gerade gesagt?", zischte sie stinksauer durch ihre Zähne.
Sie schnappte ihn am linken Ärmel seines schwarzen Pullovers und zerrte ihn erneut in ihr Büro.
Sie knallte die Tür hinter sich zu und stellte ihm erneut die Frage:
"Was hast du eben da draussen gesagt?"

"Ich wusste bescheid, dass er nicht nach London fliegt..."
Und Jusman vergaß sich in diesem Moment und holte gegen Charles aus und traf ihn auf der linken Wange.

Sie brüllte ihn an, ohne mit der Wimper zu zucken.
"Bist du noch ganz bei Trost? Joel hat die ganze Zeit geglaubt, dass er verunglückt ist. Sie hat die ganze Zeit geglaubt, dass er nach London geflogen war.

Sie gab sich die ganze Zeit die Schuld dafür, ihn dazu überredet zu haben, zu seiner Frau zurück zu gehen....Nach London!
Und jetzt kommst du und sagst, du wusstest, dass er nicht in diesem Flugzeug nach Großbritannien saß!...

Wieso hast du uns erst eine andere Geschichte aufgetischt, anstatt uns Weihnachten gleich die ganze Wahrheit zu erzählen. Dann hätte sie die Situation gerade anders aufgefasst, Charles!"

"Er hat es mir gesagt, bevor er sich mit Joel das letzte Mal bei Di' Angelo traf. Das hab ich dir gerade versucht zu erklären. Ich hab ihn darum gebeten, nicht zu fliegen. Und wenn doch, sollte er nicht allein fliegen.
Ich hab mich ihm angeboten ihn zu begleiten.
Doch er wollte das allein durchziehen. Ich solle nach seiner Großmutter Claudia sehen und sie beschützen, bis er wieder da war...Er wollte sie nicht allein zurücklassen. Claudia sagt immer, Taylor ist der einzige Mensch aus dieser Familie, dem sie ihr Leben anvertrauen würde."

"Weil wir gerade von VERTRAUEN reden:
Glaubst du etwa, Joel vertraut dir noch?..." Charles verneinte.
Doch Jusman setzte noch einen oben drauf.
"Ich auf keinen Fall mehr, Charles Anderson!", gab sie ihm barsch zu verstehen.

Sie war ein paar Schritte von ihm zurück gewichen.
"Und das war so schwer Joel davon zu unterrichten?...Sie hat sich die ganze Zeit Vorwürfe gemacht und Sorgen...Für umsonst?...
Du hast mir erzählt, dass du sie nicht leiden konntest.
Ist das denn immer noch so? Ich hab das Gefühl, du bestrafst sie für etwas."

Charles kam auf sie zu.

Jusman wehrte ihn mit angewinkelten Armen in der Luft ab.
"Nein Charles! Komm mir nicht zu nahe!..."
"Jusman...Ich..."

"Du hast meine beste Freundin angelogen, Charles!
Du hast ihr Vertrauen missbraucht und ihr Leben mit all ihrer Hoffnung zerstört!

Wieso machst du sie für alles verantwortlich?
Was hat sie dir getan, dass du sie so behandelst?

Sie liebt Taylor über alles! Sie würde für ihn durch's Feuer gehen.
Das würde sie auch für dich tun!
Und du behandelst sie so erbärmlich?
Das hat sie weiß Gott nicht verdient!
Sie hat dir vertraut!
Sie hat dir ihr Leben in deine Hände gelegt, Charles, genau wie ich.

Sie ist die letzten fünf Monate durch die Hölle gegangen...Sie ist bald durchgedreht, wenn sie die Medien gesehen hat.
Sie hat jeden Tag für Taylor gebetet, dass er am Leben ist.
Und du hast sie in dem Glauben gelassen, dass er...dass er...
Sag mal, was für ein Freund bist du eigentlich, Charles Anderson!"

Sie öffnete ihm die Bürotür und hielt sie weit offen.

"Verschwinde!...SOFORT!!!", knurrte sie ihn an.

Charles verstand und ging.

Jusman blieb im Büro und schloss die Tür hinter sich. Sie lehnte sich mit dem Rücken an sie und presste ihre Hände gegen das Türmaterial. Sie atmete hastig ein und aus und rutschte langsam die Tür hinab in die Knie.

"Oh Gott! Was hast du getan, Charles!", brachte sie unter Tränen leise hervor.

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