Kapitel 24..."Hast du mir gerade zugehört?"
Joel hatte sich in ihrer Küche an ihre Waschmaschine mit verschränkten Armen vor der Brust gelehnt und beobachtete Jusman beim Spülmaschine einräumen. Joel schmunzelte vor sich hin und erwähnte nebenbei:
"Ich wußte gar nicht, dass der Weg von meinem Wohnzimmer zur Haustür so lang ist, um Charles Anderson zu verabschieden. Ich hätte beinahe eine Vermisstenmeldung bei der Polizei heraus gegeben."
Jusman pausierte beim Einräumen der Spülmaschine und richtete sich auf und grinste verlegen.
"Tja!...Weißt du....Ich...Ehm...", stotterte sie vor sich hin.
"Du magst ihn! Ist doch nichts dabei."
"Wen meinst du, Armstrong?"
Joel lächelte ihre Freundin an.
"Charles!"
Jusman träumte vor sich hin. "Er ist so ...so erwachsen...so modern...so redsam...so...so männlich..."
"Okay, okay!....Es hat dich voll erwischt, Brix!...So modern also?", fragte Joel sie überraschend.
"Ehm....ja!", antwortete Brix kurz und bündig, beendete ihre Arbeit am Geschirrspüler und wurde etwas rot im Gesicht und bewegte sich in Richtung Wohnzimmer auf die Couch. Joel setzte sich zu ihr und zog ihre Beine an, um sie mit der Kuscheldecke zuzudecken.
Jusman legte noch drei Holzscheite auf die Glut im Kamin auf und setzte sich mit einem Glas Weißwein zu ihrer Freundin. Sie nippte daraus und stellte das Glas auf den Beistelltisch, der vor der Couch stand.
"Wirst du das durchstehen...ohne Taylor, falls Charles ihn nicht findet?"
"Wie meinst du das?...Ich hab es bis hierher geschafft...Ich würde sagen...ICH DENKE SCHON! Doch mit Taylor wäre jeder Tag ein schöner Tag...Ich wünschte, ich hätte ihn nicht gehen lassen. Dann säße er jetzt hier mit uns auf dieser Couch und würde uns alle zum Lachen bringen mit seinen Witzen...Er fehlt mir...jeden Tag auf's Neue.
Das Erste, was ich tue, bevor ich aufstehe, wenn ich morgens aufgewacht bin, fällt mein Blick auf seine Betthälfte. Ich weiß nicht, wie oft ich das jetzt getan hab, um zu verstehen, dass er nicht mehr neben mir liegt...
Bevor ich abends das Licht lösche, schaue ich auf seine Seite und streiche über sein Kopfkissen, doch es ist leer.
Ich...ich liege lange im Bett wach, ehe mir irgendwann vor lauter Müdigkeit die Augen zufallen....Aber ich hab ja dich. Dann bin ich nicht so allein!"
"Ooooh, das wird erst der Anfang von deinen schlaflosen Nächten sein. Wenn der kleine Racker erstmal da ist, wird's lustig. Dann wirst du dich nach etwas Schlaf sehnen.", zog Jusman ihre Freundin auf und lehnte sich an die Couchlehne an und schaute ins Feuer.
"Das war eine merkwürdige Geschichte, die Charles uns heut Abend über Taylor erzählt hat.
Ich bin froh, dass die Anderen schon gegangen waren.", ließ Jusman leise verlauten.
Joel schwieg dazu.
Sie starrte die ganze Zeit auf die gläserne Ballerina auf dem Kaminsims.
~~
"Liebling!...
Würdest du bitte endlich das Geschenk auspacken, das dir der hölzerne Knacker auf dem Teich überreicht hat?", bettelte Taylor Joel an.
"Wir bringen erst das große Essen mit unseren Freunden hinter uns, Martinez! Dann ist Bescherung!"
Taylor verfolgte sie, wie ein kleiner Junge seiner Mama hinterher trottend, in ihre Küche und hatte die Hände in seinen Hosentaschen versteckt.
"Kann ich dir beim Tisch decken helfen?", fragte er sie arbeitsbereit.
Sie küßte ihn kurz auf seine Lippen.
"Das ist lieb! Sehr gern! Ich danke dir...", und sie legte ihre Arme um seinen Hals und zog ihn an sich heran und gab ihm noch einen Kuß.
"Ehm....könntest du das bitte auf später verschieben, Miss Armstrong?...Wenn du mich...weiter so küßt, muss ich...unsere Gäste anrufen...und ihnen...das heutige Festessen absagen...mit der Begründung.........Wieviel Zeit bleibt uns eigentlich noch, bis sie alle eintrudeln?", fragte er im Kuß inne haltend.
"Du hast noch genau..." Joel sah auf ihre Armbanduhr am rechten Handgelenk.
"Eine Stunde!"
"Na schön! Gib mir...zwanzig Minuten, Armstrong!", und er hob Joel hoch und brachte sie ins Schlafzimmer.
Es war schon nach Mitternacht, als Joel aufgewacht war. Sie sah auf Taylors Schlafseite. Er schien tief und fest zu schlafen. Sie stand leise auf, warf sich ihren Kimono über und verließ barfuß auf leisen Sohlen das gemeinsame Schlafzimmer in ihrer Wohnung.
Sie ging ins Wohnzimmer und setzte sich im Schneidersitz unter den Weihnachtsbaum, der noch immer leuchtete und zog Taylors Geschenk hervor, dass er ihr als Nussknacker verkleidet auf dem Teich gab.
Sie löste die große, rote Schleife und knüpfte den Knoten auf, zog das rote, dicke Schleifenband von dem Geschenk ab und legte es rechts neben sich.
Langsam und leise öffnete sie das bunte Weihnachtspapier und zog einen weißen, ringsherum geschlossenen Karton aus dem Papier heraus.
Nachdem das Papier auf der Couch landete, öffnete sie den Karton und legte den Deckel beiseite.
Sie wühlte sich vorsichtig durch die Luftklick - Folie und spürte auf dem Boden des Kartons einen harten Gegenstand auf.
Sie holte das Geschenk heraus und hielt eine vierzig Zentimeter große Ballerina aus Glas in ihren Händen.
"Sie ist wunderschön!", flüsterte Joel.
Hinter ihr hatte sich jemand hin gekniet und legte seine Arme um sie und flüsterte ihr ins linke Ohr:
"FROHE WEIHNACHTEN MISS ARMSTRONG!"
~~
"Joel?... Joel!...Ich rede mit dir und du stehst mit deinen Ohren auf Durchzug...
Hast du gerade zugehört? Wo bist du nur mit deinen Gedanken?", fragte Jusman sie leicht empört.
"Es tut mir leid, dass ich dich vorhin herunter gebuttert habe!
Ich war mit meinen Argumenten wohl etwas zu voreilig gewesen? Es klang alles so...so...Ich weiß auch nicht!...Was ist, wenn Taylor wirklich woanders ausgestiegen ist, weil er seine Meinung geändert hat, in Bezug auf die klärende Sache? Fliegen Flugzeuge überhaupt andere Flughäfen an und machen einen Zwischenstopp für eine einzelne Person?"
Joel sah Jusman verwundert an.
"Was ist, wenn er recht hat und er lebt wirklich?...Wo ist er dann jetzt?
Ist er verletzt oder geht es ihm gut?...Das bringt mich alles durcheinander, Brix!...Ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen.
Und seine Großmutter ist mir auch keine große Hilfe dabei...Sie haut lieber einfach mit einer Champagnerflasche aus dem Restaurant ab und sie tut es, wie immer, heimlich, still und leise...spurlos...in Luft aufgelöst, ohne einen Windhauch, wie es ihr gerade in den Kram passt."
Jusman strich Joel durch ihre langen Haare.
"Ich vertraue Charles, Joel!...Falls er ihn findet, bringt er ihn zurück zu euch. Er wird nicht ruhen, bis er ihn gefunden hat. Charles liebt ihn wie einen Bruder."
Joel kicherte. "Aha!...
Darüber habt ihr auf dem Weg bis zur Haustür geredet?", löcherte Joel sie.
"Willst du denn nicht wissen, über was wir gesprochen haben?", spitzte Jusman sie an.
Joel wehrte mit ihren Händen ab.
"Nein!...Gespräche unter Liebenden sollten mit ihren Geheimnissen dort bleiben, wo sie entsprungen sind...Ich freue mich für euch beide! Charles ist eine gute Wahl!
Solange ich ihn kenne, hab ich ihn noch nie mit einer Frau zusammen gesehen.
Jusman!...Ich rede aus schlechter Erfahrung über ihn...Pass auf dich auf!...Wenn er solange ohne Frau war, hat das wohlmöglich einen Grund."
Joel sah auf die Uhr über dem Kaminsims.
"Wir sollten endlich schlafen gehen. Es ist schon spät, gleich halb drei...", und Joel gähnte.
"Na dann haben wir eine kurze Nacht vor uns, Armstrong!", gab Jusman zu und stand von der Couch auf.
"Gute Nacht, Joel!"
"Gute Nacht, Jusman!"
Joel blieb vor der gläsernen Ballerina am Kaminsims stehen.
"Frohe Weihnachten Taylor!"
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