Blot

"Who says that my dreams have to stay my dreams?"
-Arielle

Der Grauhaarige erwachte in einer Unterwasser Höhle, die ihn ein wenig an seiner eigene Höhle in seiner Heimat erinnerte, wenn sie auch völlig anders eingerichtet war. Beim Umschauen zum Beispiel bemerkte er einen großen Kessel im Zentrum des Raumes, Regale über und über befüllt mit Flässchen und anderen Behältern, sowie ein komisches Beet mit Pflanzen die hässlicher nicht sein konnten.
Azul erhob sich vorsichtig, die Tentakel von sich streckend, als plötzlich eine zweite Person in den Raum geschwommen kam, die er nur zu gut kannte.
Die Person der er nun gegenüberstand, sah genauso aus wie er in seinem Overblot Modus. Alles, von den langen Tentakeln, der lila Haut und den grauen Haaren, nur überzogen vom schwarzen, sprenkelnden Blot.
„Ah gut, du bist wach“, säuselte die Gestalt und schwamm lässig zu dem großen Kessel hinüber. Azul beobachtete sein Double ganz genau. „Wer... bist du? Wieso siehst du aus wie ich?“, fragte er schlaftrunken. Der Fremde war darauf fokussiert Gewürze und Tränke in den Kessel zu werfen, schien allerdings mit einem Ohr zuzuhören. „Oh, ich? Ich bin dein Blot.“
„Mein... Blot?“
Die Gestalt nickte und aus dem Kessel hob sich ein rosaner Nebel, in dem Azul schwarze Umrisse von verschiedenen Personen erkennen konnte, die sich wie in einem Theaterstück bewegten. „Vor vielen Jahren“, begann Azuls Blot passend zu den Bildern in dem Nebel zu erzählen, „lebte ein mächtiger Zauber in Twisted Wonderland, der es sich zum Ziel machte den Weltfrieden herzustellen, indem er das abgrundtief Böse aus den Seelen der Menschen entfernte. Es gelang ihm die Seelen aller in Gut und Böse zu spalten, doch bevor er das Böse vollends entfernen konnte, starb der Zauberer und hinterließ der Welt ein schreckliches Erbe.
Das Böse in den Menschen verwandelte sich zu Blot und wie das insbesondere für uns Zauberer ausgehen kann, weißt du ja bereits“, sein Blot legte eine Pause ein, als die Nebelschwaden nun die schwarzen Umrisse einer leicht rundlichen Dame mit langen Tentakeln zeigte, die Azul auf merkwürdige Weise fremd und vertraut zu gleich zu sein schien.
„Als unsere Seele noch nicht gespalten war, also als du und ich noch miteinander verschmolzen waren, lebten wir ein anderes Leben, in einem anderen Körper, zu einer anderen Zeit...“
„Die Seehexe“, flüsterte Azul, der die Gestalt im Nebel nun aus seinen Geschichtsbüchern und als Ebenbild der Statue auf dem NRC Campus wiedererkannte.
„Genau“, antwortete sein Gegenüber, „in unserem früheren Leben waren wir die Seehexe. Unser Name war Ursula, kannst du dir das vorstellen?“ Das Blot kicherte, doch Azul war zu aufgewühlt, um klar denken zu können. Wieso war er hier? Sollte er nicht längst tot sein? Stimmte es, dass er in seinem früheren Leben einer der großen Sieben war und sich nicht Mal mehr daran erinnert?

„Nun, zum sterben ist es wohl zu früh“, sagte da plötzlich sein Gesprächspartner, als ob er seine Gedanken gelesen hätte, „doch ich denke du musst ein Opfer vollbringen, wenn du dich vollends von allem negativen lösen willst, das dein Herz gerade so schwer belastete.“
So ganz konnte Azul nicht folgen, auch nicht als sein Blot einen Dolch aus dem Kessel zog, der trotz seiner bedrohlichen Erscheinung irgendwie schön war. Er hatte einen schwarzen Griff, der von Hand verziert wurde und eine scharfe, strahlende Klinge.
Sein Gegenüber nahm den Dolch und reichte ihn Azul, der sofort die Finger um den warmen Griff schloss, ohne zu wissen wieso. „Was soll ich damit?“, fragte er perplex, wobei es ihm langsam schon dämmerte.
„Du musst Jamil töten, um mit dem Graul deines Lebens Schluss zu machen. Das Foto wurde mittlerweile von Yuu zerstört, doch dein Herz ist immer noch gebrochen. Bring ihn um oder du wirst nie Ruhe finden.“

Das sollte doch wohl ein Witz sein! Ja, sein Herz ist gebrochen worden, aber deswegen konnte er doch nicht die Perfektion in Person töten. Blot war Böse, aber hielt es ihn wirklich für so blöd?
„Ich habe dir nichts mehr zu sagen, Azul. Es wird Zeit aufzuwachen“, sagte sein Gegenüber und schon begann die Hölle um ihn herum sich aufzulösen. Seine Augenlider flatterten und er hörte deutlich das Umschlagen von Buchseiten.

Der Felsvorsprung auf dem er zu sich kam, erkannte er als einen, der nicht weit von Octavinelle entfernt war. Jemand hatte seinen nackten Körper in eine Decke gewickelt und dieser jemand saß nur ein Stück von ihm entfernt an einen Felsen gelehnt und blätterte in einem Buch. Azul schnappte nach Luft, als er Jamil erkannte.
„Na, bist du wach? Hat etwas Energie gekostet dich aus deinem Overblot Zustand zu prügeln, aber es hat wohl geklappt. Kannst froh sein, dass ich hier gerade spazieren war...“
Jamil hatte ihn gerettet? Deswegen meinte sein Blot also, dass seine Zeit zu sterben noch nicht gekommen war.
Oder er hatte einfach nur einen Fiebertraum.
Ein Gedanke, denn er leider sofort wieder verwerfen musste, als er versuchte sich aufzurichten, doch etwas spitzes unter der Decke sich in sein Becken bohrte.
Er tastete danach und schon schlossen seine Hände sich fest um einen kühlen Griff, dessen eingeritzen Details er schon erfühlen konnte - Ursulas Dolch.

Jamil erhob sich von seinem Platz und löste das Haargummi, das seine einzeln geflochtenen Strähnen meistens zusammenhielt. Das Buch lies er am sandigen Boden liegen und Azul erkannte am Cover, dass es ein dänisches Märchenbuch war.
„Du hast mir vor nicht Mal 24 Stunden versprochen, dass du alles unter Kontrolle hast“, murmelte Jamil leise. Diese Worte trafen den Meermann noch tiefer als der Dolch unter seiner Decke es je könnte, denn sie führten ihn zwei Dinge vor Augen.
Ersten: Er hatte sein Versprechen gebrochen.
Zweitens: Blot war unberechenbar. Jede unerwartete Lebenswendung könnte einen in diesen tiefen Abgrund stürzen und so war das Versprechen niemals zu overblotten ungefähr genauso törricht wie das Versprechen die wahre Liebe zu finden, bevor die Sonne am dritten Tage untergehen würde.

Der Dolch in seiner Hand kribbelte warm, als eine Stimme im seinem Kopf sprach: „Worauf wartest du noch? Ihr seid alleine, eine bessere Gelegenheit wirst du nicht kriegen. Willst du all diesen Schmerz hinter dir lassen oder nicht?“

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