Kapitel 1

Endlich waren sie in Russland! Annabeth und Celeste kochten ihren Chef ordentlich weich, damit er sie auf Sender Kosten in das riesige Land schickte. Sie wollten unbedingt die Recherchen für die Dokumentarserie ihres Fernsehsenders übernehmen. Ihre beste Freundin war, wie Celeste, eine studierte Journalistin. Anni suchte das Rampenlicht und stand gerne vor der Kamera, Celeste liebte es, dahinterzustehen und die Recherchearbeit zu erledigen und die zahllosen Daten, Bilder und sonstiges Material zu verwalten, zu sichten und zu sortieren. Sie beide ergänzten sich dadurch und waren über die Jahre zu einem erfolgreichen Team zusammengewachsen.

Sie reisten als Privatpersonen ein, um damit die öffentlichen Stellen nicht aufzuscheuchen, angesichts der derzeit angespannten Lage Russlands. Und jetzt stiegen sie endlich aus dem Flugzeug am Moskauer Flughafen!

Ihr lockiges braunes Haar flog ihr, durch den ungebremsten Wind auf dem Rollfeld, ins Gesicht und in die haselnussbraunen Augen, als Annabeth sie am Arm packte, damit sie nicht vom Weg abkam. Zusammen eilten Sie in Richtung des Flughafengebäudes. Ihre Freundin sah aus, wie einem Hollywood-Film entsprungen: blond, schlank, blaue Augenfarbe und gekleidet mit den neuesten High-Fashion-Marken in neutralen Farben inklusive Pumps von Louboutin. Sie hingegen hatte sich für den Flug in ihren geliebten dunkelgrünen Sweater geschmissen und ihre bequemste Bluejeans angezogen, gekürt durch ihre alten Nikes, welche sie immer wieder durch das gleiche Modell ersetzte, wenn die Zeit gekommen war. Äußerlich konnten die beiden unterschiedlicher nicht sein.

Manchmal beneidete Celeste ihre Freundin um das perfekte Aussehen, vor allem wenn diese mal wieder im Mittelpunkt männlicher Aufmerksamkeit stand. Doch sie wusste, wie viel Mühe und harte Arbeit Anni in ihr Erscheinungsbild investierte: tägliches Fitnesstraining, eine strenge Diät und regelmäßige Friseur- und Manikür-Termine. Und das war definitiv nichts für die junge Celeste, die ein paar Polster um die Hüften hatte und sich gerne mal Schokolade zum Frühstück gönnte. Das war genau der Grund, warum die beiden Frauen so gut miteinander befreundet waren. Gegensätze zogen sich eben an.

Celeste konnte es kaum erwarten, den im Vorfeld angemieteten Wagen abzuholen. Annabeth hatte vorgeschlagen, ihre Reise als Roadtrip zu gestalten, um Land und Leute kennenzulernen.

Zwei Stunden später luden sie ihren Koffer und das Handgepäck auf die Rückfläche des Pick-up-artigen Wagens, stiegen ein und fuhren auf gut Glück los. Dank GPS und Navigationsgerät waren sie entspannt und verließen Moskau in irgendeine Richtung, um sich in die Natur zu schlagen und in einem kleinen Dorf weitab der Großstadt ihre erste Unterkunft zu suchen. Annabeth würde zu Anfang das Autofahren übernehmen und Celeste konnte es kaum abwarten, die ursprünglichen und wilden Teile dieser Republik zu sehen. Sie war nie außerhalb der USA gewesen, geschweige denn, dass sie jemals Urlaub gemacht hätte. Auch wenn sie beide geschäftlich hier waren, sie würde es trotzdem wie einen richtigen Ausflug genießen.

Sie hielten in einer winzig kleinen Siedlung aus Blockhütten und Celeste stürmte die Holzstufen des kleinen Hauses hinauf, welches einen Gemischtwarenladen beherbergte. Sie wollte hier nach einer Pension fragen. Im Lauf drehte sie sich zu ihrer Freundin herum, die im Pick-up zurückgeblieben war und ihr Make-up auffrischte.

„Bin gleich zurück, lass den Motor ruhig laufen!", rief sie, nur um gegen eine Wand zu rennen, welche eine Sekunde zuvor garantiert nicht dagewesen war. Volle Breitseite prallte ihr Gesicht auf einen groben dunklen Stoff und wurde vom Schwung des Aufpralls wieder etwas zurückgeworfen. Durch die abrupt gestoppte Bewegung verlor sie ihr Gleichgewicht und wäre rücklings umgefallen, hätten sich da nicht zwei Stützen um sie geschlungen, eine um ihre Schultern und die andere um ihren unteren Rücken.

Jäh wurde sie wieder an die Wand auf Stoff gedrückt. Sie bemerkte, dass dieses Hindernis wie eine Mischung aus Holz und Wald nach einem Regenschauer roch, die ihr sofort die Sinne vernebelte und reine Verzückung bei ihr auslöste. Dann hörte sie ein Geräusch, ähnlich einem Schnüffeln und ein tiefes Brummen ertönte aus der Barriere vor ihr. Sie wagte ihren Kopf etwas von dem seltsamen Gebilde weg zudrücken und erkannte einen groben schwarzen Stoff, unter dem sich klar definierte, eindeutig männliche Muskeln abzeichneten. Verwirrt blinzelte sie nach oben, nur um von den eindrucksvollsten strahlenden blauen Augen gefangen genommen zu werden, die sie je gesehen hatte, umrahmt von einem äußerst attraktiven maskulinen Gesicht. Klar wie ein wolkenloser Himmel im Sommer, ein Azurblau wie auf zahlreichen Postkarten, umrandeten nachtschwarze Pupillen, die ungläubig geweitet auf sie hinab sahen. Völlig bezaubert starrte sie, was nur eine Ausgeburt ihrer Träume sein konnte. Sein Kopf näherte sich ihr, die Augen jetzt halb geöffnet, und sie zog überrascht die Luft ein, die ihr durch den Aufprall entwichen war. Wieder nahm sie diesen köstlichen Geruch wahr. Er neigte sich zur Seite, verschwand aus ihrem Sichtfeld und weiches schwarzes Haar streichelte ihre Wangen. Raue Lippen an ihrem Ohr, die mit tiefer Stimme „Erasthai" flüsterten und ein Hauch von einem Kuss auf ihre Schläfe.

Diese Aktion verwandelte ihre Knie in Wackelpudding und sie drückte sich näher an den muskulösen Rumpf, als es die kraftvollen Arme taten. Gänsehaut breitete sich auf ihrem gesamten Körper aus. Der Mann, in den sie hinein gelaufen war, diese Sensation, ließ sie nie gefühlte Dinge spüren, und das, obwohl er nur ihre Seite zart geküsst hatte. Er zog sich nicht zurück, sondern schnupperte wieder hörbar an ihr und verteilte daraufhin lauter schmetterlingshafte Küsse. Angefangen an ihrer Schläfe, hinunter zu ihrem Wangenknochen, seitlich an ihrem Kinn entlang, bis er zu ihrem Mund gelangte. Und seine rauen, sinnlichen Lippen nahmen sie in Besitz. Anders konnte sie diesen Angriff auf all ihre Sinne gar nicht beschreiben. Hingerissen und wehrlos, durch die Schauer, die in ihrem Körper ausgelöst wurden, öffnete sie leicht ihren Mund und der Eroberer ergriff sich den dargebotenen Tribut. Sie verlor sich völlig im Gefühl seiner Lippen auf ihren und dem Spiel ihrer beider Zungen. Sein Geschmack war berauschend!

„Oh mein Gott, kann der Mann küssen!", war der letzte zusammenhängende Gedanke, bevor sie sich vollends hingab. Nie ist sie auf diese Weise geküsst worden, so vieles ließ sie das Spiel seiner Zunge fühlen: Leidenschaft, Wildheit, Besitzgier und Sehnsucht. Wobei sie nicht unterscheiden konnte, ob das ihre eigenen Emotionen waren, oder seine, welche durch seinen sinnlichen Feldzug auf sie übertragen wurden. Hilflos tastete sie über seine Brust hinweg, instinktiv auf der Suche nach Halt in diesem erotischen Sturm, der in ihr tobte. Jede Zelle in ihrem Leib schien in Flammen zu stehen, und in ihrer unteren Körperregion bildete sich ein köstliches Ziehen und Sehnen. Sie brauchte mehr! Mehr von dem unbeschreiblichen Gefühl und von diesem Körper, der sie dermaßen anzog. Sehnsüchtig wanderten ihre Hände an seinem Rücken nach oben und erreichten den Kragen des grobgestrickten Pullovers. Ungeduldig schob sie ihre Finger unter den Stoff und wurde mit dem Gefühl seiner glatten Haut an ihren Fingerspitzen belohnt. Sie legte diese auf seine Nackenmuskeln und sie ertastete die Anspannung darin. Die Reaktion auf ihr Handeln folgte sogleich, ein Grollen und er packte sie fester. Seine Härte presste sich dadurch an ihre erregte Mitte, der Stelle, an der sie glaubte, zu schmelzen, und sie stöhnte leicht in den fähigen Mund ihres Gegenübers. Eine Hand legte sich in ihren Nacken, mit einem dunklen Knurren löste er sich von ihr, nur um seine Stirn an ihre zu legen, und mit vor Erregung rauer Stimme flüsterte er ihr zu:

„Verdammt Frau! Wenn du so weiter machst, dann markiere ich dich hier an Ort und Stelle und lasse dich Sterne sehen, während du über dieses Geländer gebückt bist!"

Völlig vernebelt durch die eben durchlebte Situation, verstand sie nicht, was er mit dem ersten Teil meinte, sehr wohl aber den zweiten. Sie öffnete den Mund, um etwas darauf zu erwidern, als ein lauter Knall, gefolgt von einem heißen Luftzug, welcher an ihrer beider Gesichter vorbeizischte, mit einem dumpfen Geräusch in der holzverkleideten Wand neben ihnen endete. Sie hörte ein Fluchen auf Russisch des sexy Mann, in dessen Armen sie noch immer gehalten wurde.

Mit einer schnellen Drehung seines Oberkörpers bugsierte er sie ohne Vorwarnung durch die hastig geöffnete Tür des Ladens. Sie landete unsanft mit dem Hinterteil auf dem Boden und erhaschte einen letzten Blick auf sein Gesicht. Kurz bevor er die Tür zu werfen konnte, glaube sie zu sehen, wie seine Augen von Azurblau zu einem abgrundtiefen allumfassenden Schwarz wechselten. Sicher war sie sich nicht, es hätte genauso ein Spiel von Licht und Schatten sein können. Danach war nur panisches Gebrüll zu hören, ein paar Schüsse fielen und das Bersten von Metall, dann herrschte unheimliche Stille. Der Ladenbesitzer kam eilig auf sie zu, um ihr auf die Beine zu helfen und führte sie vom Eingang weg, tiefer ins Ladeninnere.

„Kommen Sie, kommen Sie", sprach er in gebrochenem Englisch mit hörbarem russischen Akzent. „Hinten ist Ausgang, dort sicher. Kommen Sie, kommen Sie!"

Vorbei an allerlei Vorratsdosen und Angelzubehör, stolperte sie völlig durcheinander dem älteren Mann hinterher. Neben einem unordentlichen Sammelsurium an Campingaccessoires blieb er stehen und nestelte mit einer Gelassenheit an einem Schlüsselbund herum, welche im krassen Gegensatz zu ihrem eigenen Gefühlschaos stand.

Immer noch ist von der Vorderseite kein Geräusch auszumachen, als der alte Russe endlich den passenden Schlüssel gefunden hatte und damit die Tür zum rückseitigen Teil des heruntergekommenen Hauses öffnete. Langsam und leise schob er die Holztür auf und atmete erleichtert auf. Die Tür wurde einen Moment später von außen vollends geöffnet. Dort stand ihr faszinierender Fremder, lehnte sich zu ihr hinein, um ihre rechte Hand zu ergreifen und sanft mit sich zu ziehen. Eine Unterhaltung auf Russisch folgte zwischen ihm und dem Händler, woraufhin dieser einen Schlüssel weiterreichte und auf ein betagtes Motorrad zeigte. „Horosho, spasibo Sergej", sagte ihre Begleitung zum Anderen, bevor er sie sanft, aber zügig zu dem Gefährt lenkte. ‚Danke' ist das einzige Wort, das sie verstand. Der Ladenbesitzer hatte Mr. Sexy sein in die Jahre gekommenes motorisierte Zweirad überlassen. Völlig überfordert von der Situation und leicht unter Schock, wie sie nüchtern reflektierte, bedeutete der Schwarzhaarige ihr, zu ihm auf das Motorrad zu sitzen. Mit zitternden Beinen kletterte sie hinter ihm auf den Sattel und mit warmen festen Händen legte er ihre Arme um seine Hüften, wendete sich ihr zu und strich sanft mit seinem Daumen über ihre Wange. Die Berührung löste kleine Funken unter ihrer Haut aus und nahmen ihr ein bisschen von der Panik, die sich ihrer bemächtigte.

„Halt dich gut fest, das wird ein wilder Ritt. Danach reden wir, Schönheit", lächelte er sie aufmunternd an, um dann seinen Blick nach vorne zu richten, den Schlüssel einzustecken und den Kickstarter-Motor anzulassen.

Kurz darauf rasten sie mit brachialer Geschwindigkeit durch den lichten Wald. Das Geräusch des Motors übertönte alles und sie schloss nur panisch die Augen und drückte sich an den muskulösen Männerkörper, um nicht durch das unebene Gelände vom Sitz geschleudert zu werden. 



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