Kapitel 44

Erschöpft, aber lebend erreichten die drei die Stadt. Durch den Schlamm war er gerade für Sarin sehr beschwerlich gewesen. Anstatt sich zu beklagen, war er tapfer neben seinem Hengst hergelaufen, auch wenn der Weg weit gewesen war. Myron und Aria waren viel wichtiger gewesen, nachdem sie so viel mitgemacht hatten. Während des Ritts hatte sich Myron mit seinem Freund unterhalten und ihm erzählt, was alles genau vorgefallen war. Wütend über so viel Bosheit war Sarin geworden. Er war sich sicher, dass es nicht das letzte Mal gewesen war, dass sie Bryden gesehen hatten.

Das Mädchen hatte die ganze Zeit über geschlafen, eingewickelt in den Mantel von Sarin, da sie durch Bryden keine Kleider mehr trug. Eiskalt war sie gewesen, nachdem sie durch die Stadt gerannt waren. Die Temperaturen waren trotz des Frühlings noch zu kühl.

Am Stadttor wurden sie bereits von einigen Leuten ungeduldig erwartet. Sarin hatte Kathleena per Gedankenübertragung Bescheid gegeben, dass sie bald eintreffen würden. Sie hatten diese Fähigkeit sehr viel geübt, damit es reibungslos funktionierte.

Überglücklich, dass sie wieder da waren, jubelten die Menschen. Dankbar sah Myron sie an und stellte fest, dass seine Leute in der Stadt und in seinem Reich wirklich sehr nett waren. Kein Vergleich zu Niska.

Sarin ging direkt zu seinem Schloss und ließ sie dort absteigen. Es war am besten, wenn er Aria sofort in die warmen Räume brachte. Kathleena, aber auch Lea kamen sofort die Treppenstufen herunter, um ihnen zu helfen. Überglücklich, dass sie wieder da waren, nahm Kathleena ihren Sohn fest in die Arme. Gemeinsam brachten sie Aria in Myrons Schlafzimmer und legten sie dort ins Bett.

Auf dem Weg dorthin hatte Myron die Kammerzofe gebeten, ihnen ein Bad einzulassen. Das würden sie nach den ganzen Strapazen brauchen.

Während Sarin und Myron sich um Aria kümmerten, besorgte Kathleena Kleidung aus dem alten Zimmer der Magierin. Es war gut gewesen, dass Myron mehrere Kleidungsstücke hatte anfertigen lassen, auch wenn Aria der Meinung gewesen war, dass sie nicht mehr als drei Dinge brauchte.

„Sarin, lass mich Aria versorgen. Myron braucht ebenfalls Hilfe und es wäre gut, wenn du das tust", meinte Kathleena mit einem Seitenblick auf ihren Sohn. Dieser schien zwar keine äußerlichen Verletzungen zu haben, doch es war besser, wenn man ihn trotzdem untersuchte.

Sarin nickte und meinte zu Myron, sie sollten in das Badezimmer gehen. Nur ungern ließ der König die Hand der Magierin los. Da er sich anscheinend nicht trennen konnte, nahm Sarin ihn an den Schultern und schob ihn einfach zu einem Sessel, damit er Aria beobachten konnte.

Der Heiler begann seine Arbeit an Myron, ließ aber weder Kathleena noch Aria aus den Augen. Dabei bemerkte er, dass ein Schmerz in seiner Brust zu spüren war. Er hatte Kathleena wirklich vermisst. Nicht auszudenken, wie sie am Boden zerstört gewesen wäre, wenn er ohne die beiden zurückgekommen wäre.

Sorgfältig untersuchte Myrons Mutter die Magierin. Ihre sanften Hände glitten über den Körper des Mädchens und fing an, ihre Blutergüsse zu heilen. Aber auch die Wunden, die er ihr angetan hatte.

Dabei fiel Myron etwas ein und erzählte ihr von Brydens Worten, dass sein Samen ihre vernichten würde. Aria erwartete bereits ein Kind, deshalb war er sich unsicher, ob das überhaupt möglich war. Besorgnis schwang dabei in seiner Stimme mit.

Seine Mutter konnte ihn jedoch beruhigen. „Nein, das ist nicht möglich. Nur, wenn er bei Nichtmagiern seine schwarze Magie einsetzt", erklärte sie ihm. Während sie Aria heilte, meinte sie beiläufig, dass er und sie Seelenverwandte waren. Diese Magie zwischen ihnen war stärker als von anderen, wenn sie diese verbanden. Dadurch war es beinahe unmöglich, dass Bryden irgendeinen Schaden angerichtet haben konnte. Kathleena vermutete sogar, dass Arias Kind den bösen Samen vernichtet hatte, als er in ihr war. „Außerdem hast du es bereits richtig gesagt. Es sind eure Kinder. Ihr erwartet Zwillinge", schloss sie ihre Ausführung ab.

Myron freute sich richtig darüber. Dank Bryden hatten sie es schon vorher erfahren. Da die Kinder schnell wuchsen, würde es bald erkennbar sein, ob es ein Junge oder ein Mädchen werden würde. Schon jetzt konnte man bei Aria einen Bauchansatz erkennen.

Plötzlich begann Aria leise zu stöhnen und blinzelte, als sie erwachte. „Wie geht es dir?", fragte Myron, der Sarin einfach hatte stehen lassen, um sich an ihr Bett zu setzen. Glücklich darüber, endlich wieder zuhause zu sein, fing sie an zu weinen. Es hatte sogar Zeiten bei Bryden gegeben, wo sie geglaubt hatte, nie wieder hierherkommen zu können. Sie war so froh, dass die Tortur bei dem bösen Lord endlich ein Ende hatte.

Zärtlich nahm Myron sie in den Arm und liebkoste sie. Genau wie zuvor zuckte sie bei seinen Berührungen zusammen, doch sie wusste genau, dass er niemals so grob sein würde. Nach einer Weile fing sie deshalb an, sich zu entspannen.

Kathleena setzte sich ebenfalls an das Bett und wischte ihr die Tränen aus den Augen. Sarin hatte den Sessel genommen und ihn an das Bett geschoben, sodass sie alle beieinander sitzen konnten.

So konnten sie sich auch besser unterhalten. Aria hatte für Myron Platz gemacht, damit er unter die Decke kommen konnte. Sobald er neben ihr saß, schmiegte sie sich an ihn und begann von dem Abend zu erzählen, als sie entführt worden war. Wie lange war sie eigentlich weg gewesen? Sarin schätzte, dass es ungefähr drei Tage gewesen waren.

Aria fiel auf, dass ihr Armreif fehlte und sie wurde ganz verzweifelt darüber. Sie begann zu schluchzen und ließ sich nur schwer beruhigen. Erst, als Myron sagte, dass er ihn gefunden und dieser noch in seiner Manteltasche steckte, hörte sie auf damit. Sarin stand auf und holte den Mantel her, damit Myron den Armreif herausholen und ihr zurückgeben konnte. Glücklich, dass sie ihn doch nicht verloren hatte, küsste sie Myron stürmisch und liebevoll. „Danke", flüsterte sie ihm gegen die Lippen.

Langsam erholte sich Aria von den Strapazen und ihr Körper wurde wieder stärker. In den ersten Tagen standen ihr Myron, Kathleena und Sarin immer zur Seite, um ihr zu helfen, über das Ganze hinwegzukommen. Der Heiler untersuchte sie nun beinahe täglich, um sie zu beruhigen, dass ihre Kinder gesund und normal heranwuchsen und Brydens böser Samen keinen Schaden angerichtet hatte.

Zuerst war sie sehr verwirrt darüber gewesen, dass sie Zwillinge auf die Welt bringen sollte. Sie hatte Angst davor, denn sie hatte genügend Frauen gesehen, die ihre Kinder auf die Welt gebracht hatten.

Doch die beiden Heiler beruhigten sie und machten ihr Mut. Sie würden da sein und Aria sollte ihnen vertrauen. Bei einer Untersuchung erkundigte sich Aria sogar, wie das bei älteren Magiern war, wenn sie ein Kind bekamen. Bei Nichtmagiern brachte das sehr oft Komplikationen mit sich.

„Das ist anders als Nichtmagiern", klärte Sarin sie auf. Im Prinzip war es egal, ob ein Magier selbst im hohen Alter seinen Partner fand oder nicht. Es war selbst dann möglich, Kinder zu gebären. Gefährlich war es nicht, denn die Magie schützte den Körper davor.

Da Aria neugierig geworden war, fragte sie schüchtern, ob Kathleena denn nochmal schwanger werden konnte. Diese lachte und verneinte. „Sarin ist nicht mein Seelenpartner. Auch wenn ich ihn liebe. Mirano war meiner, weshalb wir Myron bekommen haben", erklärte sie. Ihre Magie würde die von Sarin nicht annehmen, weshalb es unmöglich war, ein Kind mit ihm zu zeugen.

Merkwürdig, wie die Magie sich bei solchen Dingen benahm. Dennoch war Aria sehr froh, dass niemand ihre Kinder töten konnte. Und dass sie nicht von anderen ungewollt schwanger werden konnte. Vermutlich war auch das der Grund gewesen, dass sie niemals von ihrem alten Herren ein Kind bekommen hatte. Und das beruhigte sie sehr. Hatte sie doch Anfangs noch gedacht, dass sie von ihm schwanger geworden war.

Das Wetter wurde zunehmend besser und die Tage wurden wieder länger. Der restliche Schnee schmolz und verwandelte die Straßen, aber auch die Felder in reine Schlammwüsten. Kurz danach wurde es wieder wärmer und die Vorbereitungen für die Hochzeit von Kathleena und Sarin waren bereits im vollen Gange.

Die ganze Stadt beteiligte sich daran und jeder von den Leuten wollten ihr Bestes geben, damit es für die beiden unvergesslich werden würde. Immer wieder kamen sie und fragten nach einem Urteil, wie sie etwas besser machen konnten oder wie sie eine Dekoration anbringen konnten. Bis Kathleena ihnen sagte, dass es im Grunde egal war, wie sie das taten. Sie war sich sicher, dass es am Ende wunderschön aussehen würde. Außerdem wollte sie ihnen damit freie Hand lassen.

Auch Aria wurde von den Vorbereitungen und der guten Laune angesteckt. Dennoch wurde ihr verboten, etwas Schweres zu heben. Ihr Bauch wuchs immer mehr, was ein gutes Zeichen war, aber es machte ihr auch zu schaffen, wenn sie sich bücken wollte.

Deshalb half sie Lea und anderen Dienstmädchen bei der Blumendekoration. Dabei wurde viel gelacht und erzählt und Aria bekam die eine oder andere Schandtat von Myron zu hören, als er noch klein gewesen war. Obwohl die Tage nun ziemlich ausgefüllt waren, fanden sie noch immer Zeit für beinahe tägliche Ausritte und die Übungen im Schwertkampf. Wobei Myron unerbittlich blieb, wenn er der Meinung war, dass sie genug für einen Tag geübt hatte. Oft diskutierten sie darüber, doch schließlich gab Aria klein bei, denn das Wohl ihrer Kinder lag ihr am Herzen. Sie wollte diese nicht unnötig gefährden.

Im Umgang mit der Magie machte sie noch größere Fortschritte und sie wurde wirklich geschickt dabei. Wann immer es die Zeit zuließ, übten sie die Verschmelzung, aber auch die Gedankenübertragung.

Es war nicht immer einfach für Aria, weil sie befürchtete, dass jemand sie hören konnte. Gerade vor Bryden hatte sie Angst, dass dieser etwas von ihnen erfuhr.

Meistens war Aria Nachmittags bei Kathleena, die sie in Heilung unterrichtete. Da die Magierin immer besser wurde, war sie bald beinahe genauso gut wie Sarin. Sie lernte wirklich schnell und konnte sich Dinge gut merken.

Oft ging sie mit Kathleena in die Stadt und half den Bewohnern bei Verletzungen. Obwohl sie nun unbeschwerter lebte, hatte sie Angst, dass Bryden zurückkommen würde. Schließlich hatten sie ihn nur verletzt und er war kurz darauf verschwunden. Niemand wusste, wo er sich aufhielt, aber es wurde bekannt, dass Niska einen neuen Herrscher bekommen hatte. Myron vermutete, dass er nach Virtanen zurückgegangen war. Dieses Land lag sehr weit von seinem entfernt.

Oft sprachen sie bei Tisch darüber. Kathleena und Sarin waren ebenfalls der Meinung, dass der böse Magier wieder zurückkehren würde. Sie vermutete, dass er sich dorthin zurückgezogen hatte, um sich zu erholen und stärker zu werden. „Dort wird er mit Sicherheit noch mehr dunkle Magie lernen, um uns vernichten zu können", meinte Myron nachdenklich. Das hieß, sie mussten noch mehr trainieren, um auf alles vorbereitet sein zu können.

Der große Tag für Sarin und Kathleena brach mit wunderschönem Sonnenschein heran. Bereits am frühen Morgen war die Stadt auf den Beinen und bereiteten die letzten Dinge vor. Überall wuselten sie herum und freuten sich sichtlich auf das Ereignis.

Es war geplant, dass sie sich auf dem großen Hauptplatz der Stadt vermählen sollten. Dort konnten alle dabei sein und zusehen. Dafür hatten die Menschen dort Blumenspaliere und Stühle für die Gäste hergerichtet. Ein Gang zwischen den Stühlen war freigelassen worden, damit Kathleena dort entlanglaufen konnte. Die Kutsche, die Myrons Mutter zum Platz bringen sollte, wartete bereits vor dem Haupteingang zum Schloss. Valio leitete die anderen Pferde an der Spitze an, denn Sarin hatte ihm beigebracht, im Geschirr laufen zu können.

An diesem Morgen wurden Sarin und Kathleena in getrennten Räumen vorbereitet. Myron half seinem Freund und baldigen Stiefvater, sich hochzeitsgemäß zu kleiden. Dieser verzog sein Gesicht, als er in den Spiegel sah. Musste man wirklich so etwas tragen? Er hatte noch nie geheiratet, deshalb war er sich nicht sicher, ob es nicht schon zu viel war. So elegant, wie er aussah. 

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