Kapitel 40

Kälte umgab sie, als Aria wieder erwachte. Auf einer etwas weichen Unterlage lag sie, weshalb sie davon ausging, dass es ein Bett war. Gerne wollte sie sich die schmerzenden Glieder reiben, doch sie musste entsetzt feststellen, dass sie angekettet war.

Sobald sie das realisierte, öffnete sie ruckartig die Augen und starrte in das schleimige Gesicht von Lord Bryden, der sich grinsend über sie gebeugt hatte.

Sie konnte sich daran erinnern, dass Hände sie gepackt und sich auf ihren Mund gelegt hatten, bevor sie ohnmächtig geworden war. Hatte er sie etwa entführt? Warum würde er so etwas machen?

Bryden hatte ihr tatsächlich in der Nacht aufgelauert, wohl wissend, dass Aria vorbeikommen würde. Schließlich war er es gewesen, der die Geburt bei der Stute Meredith ausgelöst hatte.

Das war seine Rache für die Abfuhr von Myron. Er hatte sich das genommen, was Myron am meisten bedeutete: Aria. Dabei hoffte Bryden, dass ihr Geliebter auf Knien angekrochen kommen und um sein Mädchen kämpfen würde. Ihn anflehen, sie gehen zu lassen. Dass Myron keine Möglichkeit zu gewinnen hatte, wusste er genau.

Heftig riss Aria an den unnachgiebigen Eisenketten, die unangenehme Erinnerungen in ihr wachriefen. Dass Lord Bryden auch noch hier war, machte die Situation keineswegs besser.

„Hast du gut geschlafen, kleines Mädchen?", fragte er spöttisch mit einem widerlichen Unterton, den Aria an ihre Sklavenzeit erinnerte. Dabei fuhr sein spitzer Finger über ihre Wange, was ein Schaudern bei ihr auslöste. Nicht wie bei Myron ein Wohlbefinden, sondern purer Graus.

„Was habt Ihr mit mir gemacht? Lasst mich sofort los!", rief sie ihn aufgebracht an. Das schien den Lord von Niska nicht im Mindesten zu beeindrucken. Im Gegenteil. Es schien ihm sogar Spaß zu machen, sie so aufgebracht zu sehen.

Bryden lehnte sich ein Stück weiter über sie und sah ihr eindringlich in die Augen, die Hohn und Spott zeigten. „Redet man etwa so mit dem zukünftigen Herrscher der Welt?", fragte er sanft, doch sein Unterton verriet, wie er sich lustig über Aria machte.

„Ein schwarzer Magier wird niemals die Weltherrschaft übernehmen!", knurrte Aria ihn aufgebracht an. Spöttisches Lachen war die Antwort, gepaart mit einer widerlichen Streicheleinheit an ihrem Hals, was sie erst recht zornig werden ließ.

Wutentbrannt riss Aria an den Ketten, die nicht nachgeben wollten. Sie wurden sogar noch fester, je mehr sie daran riss. Das veranlasste Bryden dazu, hämisch zu lachen.

Aria ballte ihre Hand zu einer Faust und ließ konzentriert ihre Magie durch den Körper fließen, damit sie sich von den Ketten befreien konnte. Doch so weit kam es erst gar nicht. Bryden hatte gesehen, was sie vorhatte. Seine kalte Hand umfasste ihr Handgelenk hart.

„Das wirst du nicht tun, kleines Mädchen. Wenn du böse bist, muss ich dich bestrafen", drohte er kalt. Bryden war ihr dabei immer näher gekommen. Das führte dazu, dass Aria vor Wut einen kleinen Lichtblitz an seine Schulter schleuderte.

Missbilligend schüttelte Bryden den Kopf und sah sie belustigt an. „Na so etwas ... da will man dir helfen, dich von diesem Verlierer zu befreien und dir ein Leben als Dienstmädchen beim größten Herrscher der Welt anbieten, und dann machst du so etwas?", fragte er erstaunt, wobei seine Stimme voller Spott triefte. „Du lässt einfach ein paar lächerliche Blitze auf mich herabregnen. Doch damit ist jetzt Schluss." War seine Stimme anfangs noch ironisch gewesen, nahm sie einen gefährlichen, ernsten Ton an.

Sein Griff um Arias Handgelenk wurde fester und als er sich über sie beugte, spuckte sie ihm mit voller Verachtung ins Gesicht. Gleichzeitig versuchte sie sich von den Ketten und seinem unangenehmen Griff zu befreien.

„Schluss jetzt!", herrschte Bryden sie an und seufzte theatralisch. „Eigentlich wollte ich dich in schwarzer Magie unterrichten, nachdem ich gesehen habe, zu was du fähig bist. Du wärst mir eine große Hilfe, Myron entweder auf meine Seite zu ziehen oder ihn zu vernichten", begann er zu sprechen, bevor er eine kleine Pause machte. Abschätzend sah er Aria an und begann, seltsam zu kichern. „Da du dich anscheinend weigerst, werde ich deine Magie rauben."

Bryden wollte einen Finger auf ihre Stirn legen, doch Aria machte es ihm nicht gerade einfach, indem sie ständig ihren Kopf von einer Seite zur anderen bewegte. Schließlich verlor er die Geduld und packte sie hart am Kinn. Damit zwang er sie, ihn direkt anzusehen.

„Noch nie in meinem gesamten Leben bin ich so einem sturen Geschöpf wie dir begegnet! Zuerst greifst du mich mit deiner lächerlichen Magie an und dann spuckst du mir auch noch ins Gesicht", knurrte er gefährlich.

Daraufhin konnte Aria gar nichts mehr sagen. Angst war in ihr aufgestiegen und sie wurde panisch. Das hier war wirklich ernst. Bryden war jemand, der mit allen Mitteln seine Weltherrschaft anstrebte. Wenn nur Myron hier wäre! Sie sehnte sich nach seinen Armen und Berührungen, um das widerliche Gefühl von Brydens Händen endlich zu vergessen.

Der Magier legte einen Finger an ihre Stirn und murmelte leise, für sie unverständliche Worte. Plötzlich fühlte sie etwas Merkwürdiges in ihrem Körper, was sie in Panik ausbrechen ließ.

Voller Angst versuchte sie mit Hilfe ihrer Magie den Mann von sich zu stoßen. Entsetzt musste sie allerdings feststellen, dass sie diese nicht mehr anwenden konnte. Was hatte er nur mit ihr gemacht? Den Tränen nahe und mit gebrochener Stimme fragte sie Bryden, was er mit ihr getan hatte.

„Ich habe nur deine Magie blockiert, damit du deine lächerlichen Anfängerzauber nicht mehr benutzen kannst. Ich habe noch mehr zu erledigen, als mich den ganzen Tag mit dir herumzuschlagen", erklärte er mit kalter Stimme. Beinahe zärtlich strich sein Finger über ihr Gesicht, aber sie spürte die harte Hand, die sich hinter dem Trugbild befand.

„Du wirst nur mir gehören ... mir ganz allein", sagte er sanft zu Aria, bevor er sie allein im Bett zurückließ. Aria begann hemmungslos zu weinen, sobald sie allein war. Wie hatte es nur so weit kommen können? Das war ein Albtraum, der Wirklichkeit wurde.

Myron war in der Zwischenzeit auf der verzweifelten Suche nach Aria. Tränen liefen ihm vor Sorge über sein Gesicht und langsam wusste er nicht mehr, wo er sonst noch suchen sollte. Sarin und Kathleena waren ebenfalls auf der Suche nach Aria, doch bis jetzt hatten sie noch keinen Erfolg gehabt.

Der junge König rannte durch die nassen Straßen seiner Stadt und bemerkte nicht einmal, dass er bereits bis auf die Haut durchnässt war. Das war ihm in diesem Augenblick egal. Der Regen hatte nicht nachgelassen und es war schwer, Fußspuren zu erkennen. Nicht nur die Dunkelheit erschwerte es, sondern auch der aufgeweichte Boden. Selbst eine Lichtkugel half dabei nicht viel.

Kurz blieb er stehen, um zu überlegen, in welche Richtung er sie nun suchen sollte. Er musste sie einfach finden! Plötzlich sah er etwas im schwachen Schein seiner Lichtkugel blitzen und bemerkte bei näherer Betrachtung, dass es Arias Armreif war, der im Schlamm steckte.

Myron beugte sich hinab und hob ihn auf. Das hieß, sie musste also hier gewesen sein. Bevor er jedoch noch weiter nachdenken konnte, wurde er plötzlich von hinten gepackt. Hände legten sich über seinen Mund und er spürte den kalten Windhauch, den er bei der ersten Begegnung mit Bryden bemerkt hatte.

Myron war stärker als Aria, aber auch er hatte keine Gelegenheit sich von den Händen zu befreien, denn kurz darauf verlor er das Bewusstsein.

Mit dröhnendem Kopf erwachte er und versuchte, langsam die Augen zu öffnen, um sich zu orientieren. Kalt fühlte sich der Boden an, auf dem er lag. Außerdem roch es merkwürdig. Ein Geruch, den er nicht als angenehm empfand.

Sobald Myron seine Augen geöffnet hatte, sah er Aria, die auf einem Bett gefesselt war. Hilflos sah sie ihn an. Aber auch Verzweiflung stand in ihrem hübschen Gesicht geschrieben.

Jedoch waren sie nicht die Einzigen in dem Raum. Myron erkannte Bryden aus den Augenwinkeln, der neben ihm stand und ihn abwertend angrinste. Genauso spöttisch, wie er Aria ständig ansah. Den bösen Magier hatte er noch gar nicht bemerkt, bis dieser sich leicht bewegt hatte.

„Wenigstens bist du für den schönsten Teil des Abends aufgewacht", lachte Bryden hämisch. Seine kalten Finger nahmen das Kinn von Myron hart und riss seinen Kopf damit nach oben, damit dieser ihn ansehen musste.

„Du wirst dafür büßen, dass du mein Angebot einfach in den Wind geschlagen hast, Myron. Mich, den großen Herrscher Lord Bryden. Sobald wir hier fertig sind, wirst du auf Knien ankommen und mich anbetteln, mein Diener sein zu dürfen", prophezeite er dem jungen König grollend, bevor er ihn losließ.

„Myron, hilf mir! Er hat meine Magie blockiert und ich kann sie nicht mehr einsetzen!", rief Aria ihm zu. Sobald Bryden sein Gesicht losgelassen hatte, konnte Myron ihr angstvolles Gesicht sehen.

Entsetzt darüber fühlte er nach seinem eigenen Magiefluß und war erleichtert, dass er diesen noch leicht spüren konnte. Dass es wirklich diese schwarze Magie gab, welche die Magie bei anderen blockieren konnte, entsetzte ihn. Also entsprachen die Legenden und Erzählungen darüber der Wahrheit. Zuvor hatte er diese nicht geglaubt, da es keine eindeutigen Beweise dafür gegeben hatte.

Bryden wurde langsam ungeduldig und genervt. „Schweig, du dummes Mädchen!", herrschte er Aria zornig an. Hart schlug er ihr ins Gesicht, sodass ihre Nase sofort zu bluten anfing. Sie fühlte, wie die rote Flüssigkeit an ihrer Wange herablief. Zornig verließ Bryden das Zimmer und ließ seine Gefangenen allein.

„Aria, hat er dir weh getan?", fragte Myron sie leise. Laut konnte er nicht sprechen, denn er befürchtete, dass Bryden sie hören konnte.

Angstvoll nickte Aria und befeuchtete sich die trockenen Lippen mit der Zunge. Sie schmeckte das Blut und sie schauderte. „Was wird nur passieren, wenn er zurückkommt?", fragte sie erschöpft und verzweifelt. Still lag sie in dem Bett, denn ihre Handgelenke schmerzten zu sehr von den Versuchen, sich zu befreien.

Myron versuchte, sich von seinen Fesseln zu befreien, damit er ihr helfen konnte. Jedoch hatte Bryden nicht einfache Ketten wie bei Aria verwendet, sondern magische. Er wusste genau, dass Myron in der Lage war, Eisenketten zu zerbrechen. Schließlich war er ein erfahrener Magier. Zwar konnte Myron seine eigene Magie noch teilweise benutzen, jedoch nur schwach. Das würde nicht ausreichen, sich von den magischen Fesseln zu befreien.

„Kannst du mich befreien?", fragte Aria leise. Konzentriert ließ der Magier seine Macht durch den Raum wandern, um ihre Fesseln zu lösen. Erleichtert fühlte Aria, wie die Handgelenke frei wurden. Diese rieb sie vorsichtig, bevor sie aus dem Bett sprang, um zu Myron zu rennen. 

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