Kapitel 35
Durch die Dunkelheit war es schwer für Aria, einen Weg zu erkennen. Sie kannte sich in den Gebieten nicht aus und konnte nur hoffen, dass sie den richtigen Weg ging. Eigentlich hätte sie die Lichtkugel verwenden können. Nur würde die vermutlich zu viel Aufmerksamkeit erregen und die eine Begegnung mit den Leuten aus Niska hatte ihr gereicht.
Leise flüsterte sie Emiras zu, ihr doch den Weg zu zeigen. Aria nahm an, dass er den Weg kannte. Zumindest hoffte sie das. Links und rechts gingen die beiden Pferde von ihr, sodass die Magierin nicht zu erkennen war. So boten sie ihr Schutz, wofür Aria ihnen sehr dankbar war. Aber auch, weil sie ihr damit ein bisschen Wärme gaben.
Endlich konnte Aria die Landesgrenze sehen und Erleichterung breitete sich in ihr aus. Nun musste sie nur noch einen Unterschlupf finden, damit sie die Männer versorgen konnte.
In Gedanken ging sie den Weg noch einmal durch, den sie nach Ralanti geritten waren. Dabei erinnerte sich die Magierin, dass es eine kleine Hütte nahe der Landesgrenze gegeben hatte. Diese hatte sehr schäbig und alt ausgesehen, weshalb sie dort keinen Halt gemacht hatten. Aber das würde hoffentlich ausreichen, denn so lange bis nach Hause konnte die Versorgung der Männer nicht mehr warten. Wenn sie diese nicht bald versorgte, würden sie mit Sicherheit nicht überleben.
Sobald sie die Landesgrenze endlich erreicht und überquert hatte, änderte sich die Stimmung und sie wunderte sich, wie das überhaupt möglich war. Aria warf einen Blick zurück nach Niska und erschauerte bei dem Anblick. Hier waren nur schlechte Dinge vorgefallen, die sie nicht wiederholen wollte.
Ein Stück noch musste sie in der Dunkelheit zurücklegen, bis sie endlich die kleine Hütte entdeckte. Eine Lichtkugel schwebte vor ihr her, seit sie sich wieder in Myrons Land befand. Hier fühlte sie sich sicher. Warum, das konnte sie nicht ganz beschreiben.
Aria ließ die Zügel der Pferde los, damit sie die Tür zur Hütte öffnen konnte. Sie bereute es für einen Augenblick, denn es war nicht nur dunkel darin, sondern auch sehr schmutzig. Zuerst musste die junge Magierin die Hütte sauber machen, damit sie die beiden verletzten Männer hineinbringen konnte.
Den beiden Pferden gab sie den Befehl auf Sarin und Myron aufzupassen, bevor sie in die Hütte ging. Die Lichtkugel zeigte das ganze Chaos, welches in dieser herrschte. Mit einer Handbewegung ließ Aria die Kugel an die Decke schweben, damit sie den Raum erhellte und begann dann, zuerst ein Feuer zu entzünden.
Wärme war sicherlich gut für die Verletzten und sie war dann auch im Stande, darauf kochen zu können. Wieder einmal mehr war sie sehr froh, dass sie diese Dinge gelernt hatte. Dabei musste sie nicht einmal mehr so viel Konzentration aufbringen. Ohne die Magie wäre sie wohl hilflos gewesen und würde nun mit den anderen tot im Wald liegen.
Die Magierin suchte nach einem Kessel, in dem sie Schnee schmelzen und Wasser erhitzen konnte. Das würde sie nicht nur für die Reinigung der Wunden brauchen, sondern auch für das Kochen.
Sobald sie Schnee geholt hatte und es anfing, in dem Kessel zu schmelzen, wandte sie sich dem einzigen Schlafplatz in der Hütte zu. Dieser bestand aus mehreren alten Matratzen, die ihre besten Jahre schon lange hinter sich hatten. Mit Magie reinigte sie diese, damit die Männer nicht auf ihnen schlafen mussten. Die Matratzen würden nur ein großes Risiko für Infektionen bedeuten.
Sorgfältig reinigte Aria den Boden und nach einiger Zeit war die Hütte in einem akzeptablen Zustand gebracht worden. Vielleicht nicht ein idealer Ort, aber auf jeden Fall besser als draußen im Schnee. Bevor sie die Männer allerdings hereinholen konnte, musste sie noch die Löcher im Dach ausbessern, denn von dort war Schnee eingebrochen.
Dank Myrons guten Anweisungen beim Bau eines Unterstands hatte sie gelernt, auf was man achten musste. So viel es ihr nicht schwer, diese zu reparieren.
Als sie endlich mit allem fertig war, kam sie wieder hinaus und bat die beiden wartenden Pferde, sich auf die Vorderhufe zu knien, damit sie die beiden in die Hütte bringen konnte.
Aber Emiras weigerte sich sehr zu ihrer Verwunderung. Zärtlich schnaubte er ihr ins Gesicht und ging kurzerhand in die Hütte. Fenira folgte seinem Beispiel und erstaunt sah Aria den beiden Pferden hinterher. Wie konnten sie beide dort hineinpassen?
Die beiden Pferde ließen ihre Köpfe hängen und blieben auf der Stelle vor dem Schlafplatz stehen. Myron war bereits richtig bleich, was überhaupt kein gutes Zeichen war. Hoffentlich war es noch nicht zu spät.
Anscheinend hatten die Pferde verstanden, wie erschöpft das Mädchen war und hatten ihr damit helfen wollen. Zufrieden schnaubend legten sich die beiden Pferde vor den Schlafplätzen nieder und Aria schloss die Tür. Die Pferde draußen zu lassen wäre keine gute Idee. Außerdem brauchten sie auch wieder Wärme und Kraft.
Als sie sich umdrehte bemerkte sie, wie Emiras und Fenira sich schwerfällig hinlegten. Schnell kam Aria zu ihnen hinüber, um die Männer loszubinden. Vorsichtig zog sie diese von den Tieren hinunter und legte sie auf die vorbereiteten Schlafplätze.
„Vielen dank ihr zwei. Auf euch kann man sich verlassen", lächelte sie und streichelte über die Nüstern der Tiere, bevor diese sich wieder erhoben und sich auf der anderen Seite der Hütte niederlegten. In der Nähe des Feuers, wo sie sich erholen konnten.
Aria gab ihnen genügend zum Fressen, damit sie wieder zu Kräften kamen. Unter anderem zauberte sie einen Heuballen hervor. Zuvor hatte sie ihnen die Trensen und Sättel abgenommen, damit diese trocknen und die Pferde sich freier bewegen konnten.
Endlich konnte sie sich den Männern zuwenden, nachdem die beiden Tiere gemütlich ihr Heu fraßen. Es tat ihr sehr leid, dass sie nicht schon vorher etwas gegen ihre Verletzungen unternommen hatte. Doch die anderen Dinge waren sehr wichtig gewesen, damit sie optimal behandelt werden konnten.
Nun konnte sich Aria auf sie voll und ganz konzentrieren, ohne daran denken zu müssen, dass sie etwas vergessen hatte.
Zuerst sah die Magierin nach Sarin Bein, welches zum Glück aufgehört hatte zu bluten. Das hieß, sie konnte sich erst einmal Myron widmen, dem es wirklich sehr schlecht ging. Der junge Herrscher war ohnmächtig und sehr blass im Gesicht.
Jedoch konnte sie sehen, dass er Fieber bekommen hatte, denn ein leichter Schweißfilm war auf seiner Stirn erkennbar und er zitterte. Hoffentlich hatte sich seine Wunde am Bauch nicht entzündet. Aria war wütend, dass sie nicht schon eher etwas hatte machen können.
Nach kurzer Überprüfung stellte sie beruhigend fest, dass sich seine Wunde nicht entzündet hatte. Noch immer zitterte Aria nach dem Überfall, doch nun musste sie sich wirklich zusammenreißen. Wieder kamen die Worte in ihr hoch, dass sie niemals Magie zum Heilen anwenden sollte, wenn sie nicht konzentriert war.
Behutsam legte die Magierin ihre Hand über Myrons Wunde. Sehr dicht über seine Haut, aber sie berührte ihn dabei nicht. Ihre Macht ließ sie in den verwundeten Körper des Mannes fließen. Suchte dort nach der Quelle und sah sie sich genau an.
Ein erleichtertet Seufzen verließ Arias Kehle, denn sie war in der Lage, seine Organe zu retten. Konzentriert arbeitete sie und verschloss die einzelnen Venen, sowie die feinsten Gewebe. Es kostete sie eine Menge Energie, doch da sie ihren Geliebten retten wollte, ging sie über die Grenzen hinaus. Nur mit so viel Hingabe konnte sie Myron vor dem innerlichen Verbluten retten.
Nach und nach stoppte Aria die Blutungen in seinem Körper. Ohne Hektik ging sie jeden Schritt, den sie bei Kathleena und Sarin gelernt hatte, durch. Desweiteren nutzte sie ihre Magie dazu, seine Schmerzen zu lindern. So würde er hoffentlich nicht zu sehr leiden müssen.
Sobald sie die wichtigsten Venen und Muskeln wieder zusammengesetzt hatte, musste Aria eine kleine Pause einlegen. Seine offenen Wunden musste sie auf jeden Fall noch reinigen. Doch wie sollte sie das ohne die Kräuter anstellen? Im Winter fand sie mit Sicherheit keine der notwendigen Hilfsmittel im Wald.
Angestrengt dachte sie nach, während sie die Männer beobachtete. Natürlich! Aria sprang auf und beeilte sich zu der Satteltasche von Sarin zu kommen. Diese hatte sie von Helinta abgenommen und sie über Emiras Kruppe gelegt, um sie dort festzubinden. Dem Hengst hatte das zusätzliche Gewicht nichts ausgemacht.
Aufgeregt und hoffnungsvoll suchte Aria in den Satteltaschen. Obwohl Sarin sehr oft mit Magie heilte, so hatte er normalerweise immer Kräuter dabei, damit man Tränke und andere Dinge herstellen konnte.
Ihre Finger durchsuchten die Taschen sehr genau und sie hatte den Heiler tatsächlich richtig eingeschätzt. Aria fand mehrere Schachteln und kleine Flaschen, die Flüssigkeiten enthielten. Getrocknete Kräuter waren in den kleinen Schachteln zu finden, die allesamt beschriftet waren, sodass es kein Problem war, diese zu benutzen.
Aria war sehr froh, dass sie Sarin so viel über die Kräuter und deren Wirkungen ausgefragt hatte. Somit hatte sie keine Probleme, die gebrauchten Kräuter zu finden und auch zu verarbeiten.
Die Magierin nahm die getrockneten Stiele und Blätter, die sie in den Kessel mit dem heißen Wasser gleiten ließ. Daraus würde sie einen Sud herstellen, den sie zum Reinigen von Myrons Wunden nehmen konnte. Sie musste nur noch einige Zeit warten, denn sie mussten eine Weile kochen und dann ziehen.
In der Zwischenzeit begutachtete Aria das Bein des verletzten Heilers. Vorsichtig entfernte sie den provisorischen Verband und legte ihn zur Seite.
Erst jetzt zog das Mädchen den Mantel aus, denn zuvor hatte sie noch gefroren. Jetzt allerdings war es in der Hütte warm genug, sodass sie ihn nicht mehr brauchte.
Auch bei Sarin ging die Magierin sehr behutsam vor, als sie ihre Macht in ihn leitete. Zum Glück waren seine Verletzungen nicht so schwer wie die seines Freundes. Aber dennoch schlimm genug, dass er an einer Verblutung hätte sterben können.
Seine verletzten Venen konnte sie leicht reparieren. Zufrieden mit sich selbst richtete sie sich nach der Behandlung auf und ging auf den Kessel zu, um zu sehen, wie weit der Sud war. Aria nahm den Kessel vom Feuer und stellte ihn auf die Seite, damit er nun ziehen konnte.
Doch wo würde sie saubere Tücher herbekommen? Die waren sehr wichtig, wenn man eine Wunde reinigen wollte.
Auf der Suche nach Tüchern fand sie nur Pferdedecken und Ersatzkleidung. Kurz überlegte sie und entschloss sich, Feniras Decke zu opfern. Aria war sich nicht sicher, ob Sarin die Pferdedecke von Helinta behalten wollte. Als Andenken an eine wundervolle Zeit.
Mit Hilfe ihrer Magie schnitt sie aus Feniras Decke saubere Streifen, nachdem sie einen weiteren Kessel mit Schnee aufgesetzt hatte. So konnte dieser in der Zwischenzeit heiß werden. In dem Wasser würde sie die Streifen anschließend reinigen.
Als diese vorbereitet waren, legte Aria die Streifen zur Seite, um sie trocknen zu lassen. Sie waren für den Verband gedacht, den sie ihnen anlegen wollte.
In der Zwischenzeit hatte sie weitere aus der Decke geschnitten, die sie ebenso kochte. Damit waren sie steril und sie tauchte diese in den Kräutersud. Nun konnte sie die Wunden der Männer endlich reinigen.
Es war viel Arbeit für das kleine Mädchen. So plötzlich mit allem allein und verantwortlich zu sein, war schwer. Dennoch behielt sie einen kühlen Kopf und wusch die Männer, während sie schliefen.
Ihr war klar, dass ihr keine Fehler unterlaufen durften. Sonst konnte das schwerwiegende Konsequenzen haben. Schaden wollte sie ihnen auf keinen Fall, weshalb sie auch dabei sehr konzentriert vorging.
Mit geschickten Fingern zog sie den Männern die Kleidung aus und reinigte deren Körper genau, bevor sie die Verbände zur Hand nahm und diese anlegte. Bei Sarin achtete sie darauf, ihn nicht zu fest oder zu locker um das Bein zu legen.
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