Kapitel 3

„Oh, das ist ein wundervoller Name für Euch!", rief Lea erfreut aus und Aria konnte das leichte Lachen in ihrer Stimme hören. „Bitte nehmt es mir nicht übel, aber da ich Euch bediene, ist es gut zu wissen wie Ihr heißt, Mylady Aria."

Das Mädchen zuckte bei den Worten zusammen. Noch niemals war sie bedient worden, sondern immer hatte sie andere bedienen müssen. Es fühlte sich unwirklich für sie an. Bestimmt war das nur ein Trick der Männer, um sie zu ertragen, wenn sie sich mit ihr vergnügten. Aria wusste, wie schmutzig sie war und auch der Geruch von ihr war nicht angenehm gewesen. Schließlich hatte sie sehr lange keine Gelegenheit mehr gehabt, sich zu waschen.

„Solltet Ihr irgendetwas brauchen, zögert nicht und lasst mich rufen. Ich werde zu Euch kommen. Dafür bin ich da", sagte Lea freundlich zu ihr. Fast schon zärtlich hatte die rundliche Dame begonnen, Arias geschundenen Körper zu waschen. Sie hatte genaue Anweisungen von Sarin, aber auch von Myron bekommen, sehr vorsichtig zu sein.

Aria wusste nicht, was sie tun sollte, deshalb ließ sie alles über sich ergehen. Danach hob Lea das Mädchen mit Leichtigkeit aus der Badewanne und wickelte sie in ein großes, weiches Handtuch ein, damit sie nicht anfing zu frieren. Auch ihre Haare wurden in ein kleineres gewickelt.

„Setzt Euch in den Sessel vor dem Kamin, damit Ihr nicht anfangt zu frieren", schlug sie dem blonden Mädchen vor und begann, das Badewasser abzulassen und die Wanne auszuspülen.

Aria war langsam zu den Sesseln gegangen und stand unschlüssig davor, bevor sie sich schließlich setzte. Sie konnte die Wärme des Feuers durch das Handtuch spüren. Nach kurzer Zeit kam Lea zu ihr und nahm ihr das Tuch von den Haaren. Dieses begann sie in langen und zärtlichen Strichen zu bürsten, wobei sie sehr behutsam dabei vorging.

Aria hatte stark verknotete Haare, sodass es nicht sehr einfach war, diese wieder zu lösen. Dazu nahm sie zwei verschiedene Kämme. Es tat zeitweise richtig weh, aber Aria hatte das Gefühl, dass die rundliche Dame vorsichtig genug war.

Schweigend arbeitete die Kammerzofe und Aria schloss die Augen, als sie eine Entspannung spürte. Durch die weiche Bürste, die Lea zusätzlich benutzte, fühlte es sich unheimlich gut an. Das Feuer knisterte angenehm, was sie sehr schläfrig werden ließ. Fast schon war sie dadurch eingeschlafen, als sie Sarins Stimme vernahm. Hektisch öffnete sie die Augen und wurde wieder ängstlich.

„Ah, es sieht so aus, als ob ihr deine Behandlung gutgetan hat", sagte der Heiler erfreut mit einem Seitenblick auf Aria. Lea lächelte zufrieden und legte die Bürsten und Kämme zur Seite, die sie aufräumen würde, wenn die Blonde aus dem Raum war.

„Komm bitte mit, ich behandel nun deine restlichen Wunden und danach solltest du dich gründlich ausruhen", wandte sich Sarin an das Mädchen und machte eine auffordernde Handbewegung, ihr zu folgen. Nur sehr langsam stand sie auf, wobei es eher aussah, als würde sie versuchen, sich in dem Sessel zu verstecken. Ihr Widerwille war deutlich zu spüren.

„Und denkt daran, Mylady Aria, wenn Ihr etwas braucht, ruft mich", erinnerte Lea sie an ihre Worte. „Ich werde noch einmal vorbeikommen, bevor ihr Euch zur Ruhe begebt, damit ich Eure Haare ein weiteres Mal bürsten kann." Aufmunternd sah Lea zu Aria, doch diese senkte den Kopf und nickte nur schweigend.

„Dein Name ist Aria?", fragte Sarin sie, als sie das Badezimmer verlassen hatten und den Flur entlanggingen. Das Mädchen nickte ein weiteres Mal. Dabei blickte sie auf den Boden und folgte ihm. Aria wagte es nicht, den Heiler anzusehen. Sarin führte sie zurück in das Behandlungszimmer und erneut durchzuckte sie ein Schauer. Mit einem Blick stellte sie fest, dass Myron nicht da war. Leise stieß sie die Luft aus, denn sie war erleichtert darüber. Aria hatte Angst vor dem Schwarzhaarigen. Schon, wie er wütend geworden war. Noch immer glaubte sie, dass es gegen sie gerichtet gewesen war.

Behutsam nahm der Magier ihre gebrochene Hand. „Es tut mir leid, dass ich sie nicht davor behandeln konnte, aber durch das Bad wäre der Verband wieder nass geworden", meinte er entschuldigend und begann, den Arm zu fixieren und zu bandagieren. Das hatte das Mädchen gar nicht gespürt, denn Sarin hatte ihr einen Zauber auferlegt, der ihr das Schmerzempfinden lindern sollte.

Es tat weh, aber kein Wort verließ ihre Lippen. Danach nahm er eine Creme und bestrich sanft die Kratzer und Wunden auf ihrer geschundenen, aber nun sauberen Haut. Durch das Bad waren sie sichtbarer geworden und es brannte ein wenig. Sarin bewunderte die Tapferkeit, die Aria an den Tag legte. Auch ihre Peitschenhiebe versorgte er, wobei sie dabei einmal zusammenzuckte.

„Du kannst jetzt deine Kleidung anziehen", sagte er zu ihr, als er die Dose, in der sich die Creme befunden hatte, wieder schloss. „Ich gebe dir etwas zum Trinken, was dich aufwärmen und deine Schmerzen weniger lassen wird. Möchtest du auch etwas zum Essen?"

Bei dieser Frage fühlte Aria, dass sie wirklich Hunger hatte. Schon lange hatte sie nichts mehr richtiges gegessen, deswegen war sie auch so dünn. Durch die Flucht und die Panik, die sie gehabt hatte, war ihr das gar nicht aufgefallen. Allerdings wusste Aria nicht wirklich, ob sie ihnen dabei trauen konnte. Dennoch nickte sie leicht und sah nicht wirklich glücklich dabei aus.

Sarin half ihr, sich anzuziehen, wobei sie nun viel mehr Kleidung bekam als zuvor. Nicht nur Unterwäsche, sondern auch Socken und ein Unterhemd bekam sie. Dabei achtete der Heiler darauf, dass er nichts von ihr sehen konnte. Er wusste, dass viele Frauen es nicht mochten, beim Wechseln der Kleider beobachtet zu werden.

Schließlich führte Sarin sie in ein neues Zimmer, welches für sie hergerichtet worden war. Aria zögerte an der Tür, dieses schöne Zimmer zu betreten, doch sie wurde einfach von dem Heiler hineingeschoben.

„Das ist dein Zimmer, mache es dir gemütlich", sagte er zu ihr und meinte, wenn sie neue Kleider brauchte, sollte sie es sagen. Myron vermutete, dass das Mädchen nichts besaß, wenn sie von jemandem geflohen war. „Ich werde mich um das Essen für dich kümmern." Er drehte sich auf dem Absatz um, warf ihr noch einen lächelnden Blick zu und ging hinaus.

Aria blieb allein in dem großen Raum zurück. Sie sah sich um und musste feststellen, dass dieses Zimmer sehr geschmackvoll eingerichtet war. Ein großes, einladendes Bett stand auf der linken Seite des Zimmers, welches mit dicken Decken belegt war. Das Mädchen gab zu, dass es sehr bequem aussah.

Wie man darin wohl schlief? Allerdings wurde ihr auch klar, dass darin auch Dinge geschehen würde, die sie nicht wollte. Ein leichtes Zittern ging durch ihren Körper, als sie daran dachte. Aria fröstelte leicht und rieb sich die Arme, um dieses unangenehme Gefühl zu vertreiben.

Auf der rechten Seite des Zimmers gab es einen Kamin, in dem ein Feuer brannte. Es war klar, dass im Winter wohl ständig geheizt wurde. Vor allem, wenn es so kalt wie jetzt war. Aria ließ ihren Blick ein wenig weiter schweifen und sah, dass ein runder Tisch in der Nähe des Fensters stand. Daneben waren zwei Sessel vorhanden.

Auch eine kleine Kommode mit Spiegel konnte sie entdecken. Unter ihren Füßen spürte sie einen dicken, flauschigen Teppich, obwohl sie Socken anhatte. Sie senkte den Kopf und sah ihn ein wenig genauer an. Hellgrau war er und passte somit sehr gut zu dem Mobiliar des Zimmers. Es gab auf der einen Wandseite einen Kleiderschrank, der in einem nicht allzu dunklem Braun gehalten wurde.

Aria trat an die Fenster und blickte in die schwarze Nacht hinaus. Von hier aus konnte man einige Lichter sehen, die preisgaben, dass es noch immer schneite. Die Fenster konnten mit Hilfe von dunklen Fensterläden geschlossen werden, was bei viel Sonne sehr hilfreich sein war.

In ihren Gedanken versunken starrte das Mädchen vor sich hin und wusste nicht, was sie davon halten sollte. Sie war hier fremd und kannte die Leute nicht. Wollten sie ihr wirklich helfen und ihr Gutes tun? Oder waren sie damit nur hinterhältig? Sie könnte weglaufen, da sie ganz allein in dem Zimmer war, aber wollte sie das wirklich?

„Nein ... eigentlich fühle ich mich ein wenig sicher hier ...", murmelte sie leise und erschrak sogleich über diesen Gedanken. Sie schalt sich selber über so einen Unsinn. Das war bestimmt nur eine Methode, um sie zu versklaven: Zuerst das Vertrauen gewinnen, dann schlecht behandeln. So kannte sie es auch.

Doch dann erinnerte sich Aria an die zärtlichen Berührungen von Lea und auch von Sarin, als er ihr die Creme aufgetragen hatte. Bei Lea schien sie sich sicher, dass diese nichts Böses im Schilde führte. Aber bei Sarin? Bis jetzt waren sie alle freundlich gewesen.

Bis auf Myron, der sie so wutentbrannt angesehen hatte. Und ja, er hatte sie hart angepackt, als sie fliehen wollte und auch als Sarin ihre Schulter eingerenkt hatte. Das verlieh ihr das Gefühl, dass dieser Mann mit den blauen Augen sehr kalt und hart war.

Doch in denselben Augenblick fiel ihr ein, wie der junge Mann ihr geholfen hatte, auf das Pferd zu kommen und sie mit seinen Armen vorm Herunterfallen geschützt hatte. Er hatte dabei darauf geachtet, sie nicht unnötig zu berühren oder einen Vorteil aus der Situation zu ziehen. Andere hätten diese Möglichkeit auf jeden Fall genutzt.

Natürlich konnte Myron nicht wissen, dass sie reiten konnte und sie mit Sicherheit nicht so schnell vom Pferd gefallen wäre.

Was wollte sie und was fühlte sie? Aria konnte keine Antwort darauf finden. In Gedanken versunken merkte sie nicht, das Sarin mit Essen zurückgekommen war. Dieses hatte er auf dem Tisch abgestellt und musterte das Mädchen mit den blauen Augen eindringlich. Was wohl in ihrem Kopf vorging? Mit einem Räuspern machte er auf sich aufmerksam, da sie nicht reagierte. Erschrocken drehte sich Aria um und Panik erschien auf ihrem hübschen Gesicht.

„Ich habe dir Suppe, Brot und Käse mitgebracht. Und in dem Becher ist etwas zum Trinken", sagte er lächelnd und zeigte auf das Tablett, welches sehr einladend aussah.

„Möchtest du, dass ich hier bleibe oder soll ich dir Lea schicken?", wollte er von ihr wissen. Unschlüssig darüber schwieg sie. Aria wusste nicht, was sie wollte. Es war alles zu viel für sie. Auf einmal fühlte sich Aria hundemüde und wollte eigentlich nur schlafen gehen.

Sarin hatte beobachtet, dass sich das kleine Mädchen bei Lea wohlgefühlt hatte und sie wohl keine wirkliche Angst vor ihr besaß. Also entschloss er sich einfach, nach ihr zu schicken und Aria Zeit zu geben, sich einzuleben. Sie würde sicherlich noch auftauen.

Schon nach kurzer Zeit kam Lea in das Zimmer von Aria geschlüpft. „Kommt und setzt Euch", bat sie das Mädchen liebevoll. „Ihr solltet etwas essen, bevor Ihr euch hinlegt. In der Zwischenzeit werde noch einmal Eure Haare bürsten", schlug sie vor und schob Aria einfach zu dem Sessel, stellte das Tablet mit dem Essen auf ihren Schoß und begann, die blonden Haare des Mädchens behutsam zu bürsten.

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