Kapitel 28
Aria rieb sie mit Tüchern ab, bevor sie Decken über sie legte. Jeder von ihnen hatte eine Pferdedecke mitgenommen, damit die Pferde in der Nacht nicht frieren mussten. Als Belohnung für den anstrengenden Tag bekamen sie noch einmal das alte Brot vom Bäcker, welches die Pferde genüsslich kauten.
Einladend hielt Myron den beiden schließlich den Zelteingang auf und bat Aria, ein Feuer zu errichten, damit es warm werden würden. Die Magierin nickte und stellte sich ein Feuer in ihrem Kopf vor. Gleichzeitig ließ sie ihre Magie in die Hände leiten und sandte schließlich ein blaues Licht auf die Stelle, wo sie das Feuer errichten wollte.
Aria war darin schon geübt, sodass es nicht lange dauerte, bis ein gemütliches Feuer das Zelt erwärmte. Das Gute daran war, dass es nichts niederbrennen konnte. Ein magisches Feuer konnte für Wärme und Essen sorgen, jedoch nichts verbrennen.
Der Heiler sorgte mit Hilfe seiner Magie für Sitzgelegenheiten. Obwohl Sarin auf das Heilen spezialisiert war, beherrschte er die Grundmagie und war in der Lage, solche Dinge zu tun. Erst jetzt bemerkte Aria, wie groß das Zelt von innen war. Als sie noch draußen gewesen war, hatte es nicht den Anschein gegeben.
„Aria, möchtest du versuchen, den Pferden einen Unterstand zu bauen?", fragte Myron das Mädchen und sie nickte. Obwohl sie draußen angebunden waren und die Decken hatten, war es vielleicht besser, wenn sie einen provisorischen Unterstand hatten. Zuerst jedoch aßen sie Kleinigkeiten, um den ersten Hunger zu stillen, bevor sich Aria wieder den Mantel anzog und gemeinsam mit Myron nach draußen ging.
Der junge König erklärte, auf welche Kleinigkeiten sie achten musste, wenn sie einen Unterstand bauen wollte. Aria war müde, aber das Essen hatte ihr geholfen, wieder wacher zu werden, weshalb sie aufmerksam zuhörte.
„Natürlich kannst du einfach an einen Unterstand denken", begann Myron mit seiner Erklärung. „Jedoch darfst du nicht vergessen, aus welchem Material er bestehen soll. Es ist wichtig, ein starkes Holz zu verwenden, um einen guten Unterstand bauen zu können", fuhr er fort. Er bat die Magierin, sich vorzustellen, wie sich die Holzteile in ihrem Kopf zusammensetzten. „Am Ende fügst du dann ein Dach deiner Wahl hinzu."
Aria hatte nicht erwartet, dass es so kompliziert sein würde und sie auf solche Kleinigkeiten achten musste. Sie verstand jedoch, dass es mit einfacher Magier nicht getan war. Wenn man so etwas bauen wollte, musste man es auch richtig tun. In ihrem Kopf stellte sie einen Unterstand für drei Pferde zusammen und stellte sich vor, wie der Boden mit Streu und Stroh bedeckt war.
Dann sandte sie ihre Magie aus und erschuf den Unterstand. Er sah gut aus, doch zu ihrem Entsetzen sackte der Bau plötzlich in sich zusammen. Erschrocken sah sie auf die Ruine und Myron lachte laut los und. Sarin war durch das laute Geräusch nach draußen gelockt worden und hustete, als er sich an seinem Essen verschluckte.
„Weißt du, warum das passiert ist, Aria?", fragte Myron sie mit einem breiten Grinsen. Aria schüttelte den Kopf und seufzte niedergeschlagen. „Hast du denn an die Nägel, welche die Wände zusammenhalten, gedacht?", wollte er wissen. Bestimmt würde sie selbst darauf kommen. Erneut schüttelte sie den Kopf und grinste. Sie hatte wirklich nicht gedacht, dass jede noch so kleine Sache den Erfolg verhindern konnte.
Myron meinte, dass sie sich keine Sorgen machen sollte. Je öfter sie solche Übungen machte, desto leichter würde es ihr fallen und sie musste sich nicht krampfhaft an jedes Detail erinnern. Er bat die Magierin, es noch einmal zu versuchen und ließ den ersten Versuch einfach mit einer Handbewegung verschwinden.
Aria brauchte noch drei weitere Anläufe, bis sie endlich einen akzeptablen Unterstand errichtet hatte. Jedes Mal vergaß sie etwas, was den Unterstand erneut zusammenbrechen ließ. Es waren nur Kleinigkeiten, doch sie gewöhnte sich daran, sich besser zu konzentrieren. Sarin sah ihr dabei sehr interessiert zu und musste gestehen, dass sie sehr großes Potenzial hatte.
Myron begutachtete ihr Werk eindringlich und fand daran nichts auszusetzen. Die drei Reisenden schickten ihre Pferde mit einem liebevollen Klaps auf die Kruppe in den Unterschlupf, bevor sie die Tür davon schlossen. So waren die Pferde auch in der Nacht geschützt und konnten sich erholen.
Vorsichtshalber errichtete Myron einen magischen Kreis um den Unterstand und das Zelt, obwohl er davon ausging, dass sie hier in diesem Land sicher waren. Erst dann begaben sich Myron, Sarin und Aria zurück in ihr Zelt, um sich schlafen zu legen. Die Müdigkeit steckten in ihren Knochen, weshalb sie froh waren, sich endlich hinlegen zu können. Vor allem Aria, die es nicht gewohnt war, so lange zu reiten.
Sie unterhielten sich noch einige Zeit, wobei Myron das junge Mädchen in die Arme genommen hatte und sie streichelte. Allein das Liegen war sehr bequem und sie musste gestehen, dass es ziemlich weich zu liegen war. Wahrscheinlich hatte der junge König dafür gesorgt, dass sie es gemütlich hatten und sich somit bestmöglich ausruhen konnten.
Am nächsten Morgen wachten sie noch vor Morgengrauen auf. Was ganz gut war, denn so konnten sie in aller Ruhe essen und die Pferde versorgen, bevor sie sich auf die Weiterreise machten. Zuvor stellten sie sicher, dass nichts auf dem Platz, wo sie übernachtet hatten, zurückblieb. Auch keine möglichen Spuren, die sie verrieten.
Der Ritt verlief entspannt und Aria saugte alles in sich auf, was sie sehen konnte. Man kam an Dörfern vorbei, die fröhlich wirkten. Die Farben und die Musik, die zu erkennen und zu hören waren, trugen ihren Anteil dazu bei. Hatte Aria Myrons Stadt bereits als fröhlich und freundlich gehalten, so musste sie zugeben, dass Ralanti noch um einiges farbenfroher war. Vielleicht lag es an den Gütern, die sie zur Verfügung hatten.
Aria kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, als sie die Stadt Ralanti das erste Mal sah, die durch ihre frohen Farben und lachenden Menschen bestach. Überall hörte man fröhliche Rufe und Menschen, die ihre Waren lautstark anpriesen. War das eine Handelsstadt? So kam es Aria im ersten Moment vor.
Links und rechts waren Stände aufgebaut, an denen die Leute teilweise richtige Menschenmassen bildeten, um etwas kaufen zu können. Diejenigen, die Myron erkannten, grüßten den jungen König und seine Begleiter freundlich, sobald sie vorbeiritten. Es waren sehr viele Menschen, weshalb Aria davon ausging, dass er hier sehr viele kannte.
Aria musste zugeben, dass die Stadt zwar schön und aufregend war, doch sie mochte die Stadt, in der Myron zu Hause war, viel lieber. Hier konnte man oft hektische Leute herum wuseln sehen, wenn sie zu etwas eilten. Als hätten sie nicht wirklich Zeit, die Stimmung genießen zu können. Dennoch konnte Aria nicht leugnen, dass die Fremden sehr freundlich auch ihr gegenüber waren.
„Mylord Myron, wie schön Euch wiederzusehen!", hörte Aria plötzlich jemanden hinter sich rufen und die drei Reiter drehten sich um. Auf Myrons hübschen Gesicht bildete sich ein Lächeln und er zog die Mütze herunter.
Ein großer Mann mit braunen Haaren, welche nach hinten gekämmt waren, stand nicht weit von ihnen entfernt. Genauso beeindruckend wie seine Größe war auch der lange Bart, der zu einem Zopf geflochten war und auf seiner Brust lag. Trotz des ersten furchterregenden Eindrucks musste Aria zugeben, dass der Mann freundlich wirkte. Auf den ersten Blick hatte er mürrisch gewirkt, da der mächtige Bart seinem vom Wetter zerfurchten Gesicht diesen Ausdruck verliehen hatte.
„Keltar! Es freut mich, Euch wiederzusehen!", gab er vergnügt zurück und reichte dem bärtigen, rundem Mann seine Hand, die noch in den Handschuhen steckte. Dass er dabei noch auf dem Pferd saß, schien den Mann gar nicht zu stören. Kräftig und fröhlich wurde Myron von der großen Pranke Keltars durchgeschüttelt, was dieser mit einem Lachen quittierte.
„Sarin, dich hätte ich fast nicht erkannt, so versteckst du dich unter deiner Mütze", lachte Keltar und Sarin fiel in das herzliche Lachen mit ein. Er reichte seine Hand Keltar, der ihn ebenfalls ziemlich durchschüttelte.
Aria musste zugeben, dass das Lachen von Keltar sehr ansteckend war. Erst jetzt schien dieser sie zu bemerken, denn sein Blick wurde musternd und neugierig. „Und wen darf ich hier begrüßen?", fragte er direkt mit einem Lächeln.
„Ich bin Aria und begleite Myron auf seiner Reise", stellte sich die Magierin vor und nickte ihm mit viel Respekt zu. Doch Keltar ergriff ihre Hand und schüttelte sie kräftig, fast schon zu kräftig. Genauso, wie er es bei den Männern getan hatte.
„Ihr habt mir nicht erzählt, dass Ihr ein Mädchen in Euren Truppen habt, Mylord Myron", grinste er und Myron lachte. Der junge König warf Aria einen aufmunternden Blick zu, der ihr sagen sollte, dass Keltar immer so stürmisch war.
„Ich muss Euch enttäuschen, Keltar. Sie gehört zu mir", erwiderte Myron und ein freudiges Strahlen erschien in dem Gesicht des bärtigen Mannes. Als würde er verstehen, was Myron gemeint hatte.
„Aha, hat es Euch also doch endlich auf den Pfad der Liebe verschlagen, was alter Freund?", fragte er den König lachend, der daraufhin nickte. Stolz schien Myron darauf zu sein. Anscheinend kannten sich die beiden bereits länger, wenn Keltar so offen mit ihm umging.
Der bärtige Mann tätschelte die Pferde zur Begrüßung, bevor er sich Myron wieder zuwandte.
Dabei tätschelte er Emiras und auch die anderen beiden Pferde. „Nun kommt aber, Euer Quartier für die Nacht ist schon längst vorbereitet. Wir haben Euch schon erwartet", sagte Keltar mit seiner dunklen Stimme, die Aria an ein Trommelschlagen erinnerte.
„Eure Pferde werden nach der anstrengenden Reise hungrig sein", bemerkte er und warf Aria, die ihre Mütze heruntergenommen hatte, einen Blick zu. Ihre blonden, langen Haaren fielen auf ihren Mantel und umrahmten ihr Gesicht richtig hübsch. „Das Mädchen sieht auch sehr hungrig aus, als würde sie beinahe den Hungertod erleiden", stellte er fest, denn Arias schmales Gesicht war nun deutlich zu erkennen.
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