- vierundzwanzig -
Phil setzt mich nach dem Training zuhause ab. Ich freue mich darauf, ein paar Stunden nur für mich zu haben. Als ich jedoch die Wohnungstür meines Appartements aufschließe und meinen kleinen Flur betrete, ist diese Freude wie weggeblasen.
Schlagartig holen mich die Erinnerungen wieder ein und es fühlt sich an, als hätte mir jemand mit voller Wucht in die Magengrube geschlagen. Mein Herz schlägt schneller und die Atmung fällt mir schwerer.
Ich laufe rückwärts aus der Wohnung und ziehe die Tür hinter mir zu. Ich brauche eine Veränderung, ganz dringend.
Weder lasse ich mir von Colin meine Unbeschwertheit und Lebensfreude nehmen, noch meinen Safespace.
Zwei Stunden und knapp 400 Euro später stehe ich wieder vor der Haustür. Mein kleiner BMW ist bis unters Dach beladen mit Deko, Farbe, einem Teppich und einer kleinen Kommode.
"Renovierst du?", ertönt eine freundliche Stimme neben mir. Sie gehört Finn, meinem Nachbarn aus dem zweiten Stock. Er ist ein großer, schlanker Medizinstudent mit braunen Haaren, einem Dreitagebart und grünen Augen. "So ähnlich", grinse ich. "Komm, ich helfe dir schleppen", bietet er großzügig an.
Zusammen tragen wir die Sachen in den Aufzug und dann vom Aufzug in meine Wohnung.
"Willst du noch einen Kaffee? Oder ein Bier?", biete ich Finn an, nachdem ich mich ausschweifend für seine Hilfe bedankt habe.
"Ich nehme ein Bier, und dann helfe ich dir beim Streichen", beschließt er.
"Hast du Langeweile?", frage ich überrascht und muss schmunzeln. "Und wie! Mein WLAN funktioniert nicht und ich bin erst um 22 Uhr verabredet. Außerdem hat mir meine Mama beigebracht, dass man Frauen immer helfen soll", erklärt er und hebt belehrend seinen Zeigefinger.
"Na dann wollen wir deine Mama nicht enttäuschen", antworte ich schmunzelnd. Ich hole zwei Bierflaschen aus dem Kühlschrank und öffne sie. Eine reiche ich Finn, dann stoße ich mit ihm an. Wir räumen gemeinsam die Sachen aus meinem kleinen, quadratischen Flur ins Wohnzimmer und breiten eine weiße Plane aus, die die Fliesen vor Farbeflecken schützen soll.
Der Flur war bisher immer noch weiß, wie bei meinem Einzug, doch jetzt habe ich mich für einen warmen Cappuccino-Ton entschieden.
"Kann es losgehen?", fragt Finn und hält ambitioniert einen der Farbroller in der Hand.
"So willst du streichen?", frage ich irritiert. "Du versaust doch deine Klamotten."
Finn überlegt kurz, zieht dann mit einem Ruck sein blaues T-Shirt aus und entblößt sein leichtes Sixpack.
"Besser?", fragt er. Ertappt lenke ich meinen Blick wieder von seinem Bauch in sein Gesicht. "Besser", antworte ich und nicke ihm zufrieden zu.
"Und was ist mit dir? Du versaust doch deine ganzen Sachen", äfft Finn mich amüsiert nach.
"Bin sofort wieder da", antworte ich und gehe ins Schlafzimmer. Ich ziehe mir ein schwarzes Männershirt an, dass irgendwer mal hier vergessen haben muss und schwarze Hotpants, mit der ich sonst im Sommer schlafe.
"Tada!", rufe ich, als ich wieder in den Flur komme. Finn mustert mich wohlwollend und grinst anzüglich. "Also wenn du noch mal renovieren musst, ruf mich gerne an. Den Anblick lasse ich mir nicht entgehen", scherzt er. Ich haue ihm leicht mit einer Farbrolle gegen die Schulter und verdrehe grinsend die Augen.
Finn öffnet den Farbeimer und beginnt, den Wänden einen neuen Anstrich zu verleihen. Es stellt sich schnell heraus, dass er deutlich mehr Erfahrung beim Streichen als ich hat, weshalb ich froh bin, dass er mich so spontan unterstützt.
"Du musst die Rolle fester aufdrücken, sonst kannst du noch fünfmal drüber streichen, ohne dass sich was tut", erklärt Finn, als wir bei der letzten Wand angekommen sind. Ich drücke fester auf und frage: "So?"
Er tritt hinter mich und umschließt meine rechte Hand mit seiner. Ich spüre seinen nackten warmen Oberkörper trotz meines T-Shirts an meinem Rücken. Er drückt sowohl meine Hand, als auch die Farbrolle in gleichmäßigen Bewegungen die Wand hoch und runter.
Sein Körper ist eng an meinen gepresst. Ich lehne mich ein wenig zurück, doch Finn hält dagegen. Sein Atem kitzelt in meinem Nacken und ich bekomme das Gefühl, dass es plötzlich nicht mehr nur um eine Hilfestellung füs richtige Streichen geht.
Er drückt sein Becken gegen meinen Hintern, seine linke Hand legt er auf meine Taille. Ich spüre die Hitze, die von ihm ausgeht. Seine Berührungen lassen meine Haut kribbeln und meine Mitte vor Lust zucken.
Ich habe tausend gute Gründe im Kopf, wieso ich einfach die verkackte Wand fertig streichen und mich danach von Finn verabschieden sollte, aber in dem Bruchteil einer Sekunde schiebe ich alle Zweifel beiseite.
Ich brauche das jetzt.
Ich muss mich wieder lebendig fühlen.
Ich drehe mich um, schaue Finn kurz in die Augen und presse dann sehnsüchtig meine Lippen auf seine. Ohne zu überlegen erwidert er den Kuss.
Ich schiebe meine Hände in seinen Nacken und ziehe ihn noch näher an mich. Finn fährt mit seinen Händen unter mein T-Shirt und streichelt meine Brüste, während ich mein Unterleib gegen seines presse.
In seiner Hose macht sich eine deutliche Erektion bemerkbar. Ich öffne mit einem geübten Handgriff seine Jeans und fahre mit meiner rechten Hand in seine Boxershorts, während wir uns weiter küssen. Er stöhnt leise auf, als ich sein Glied umfasse und es sanft mit meinen Fingern massiere.
Seine Hand gleitet langsam wieder hinunter, meinen Bauch entlang und in meine knappe Hose, nur um mir bestimmt zwei Finger in mein feuchtes Loch zu drücken. Ich stöhne auf und kralle mich an seinem Rücken fest. Er fingert mich im Stehen, presst mich an die Wand. Die feuchte Farbe saugt sich in mein T-Shirt, doch das ist mir scheiß egal.
Finn hebt mich mit einer Hand unter meinem Hintern hoch, seine andere aber fingert mich weiter. Ich sauge an seinem Hals und unterbreche immer wieder, weil ich keuchen und stöhnen muss, so gut ist das, was er macht.
Er trägt mich ins Schlafzimmer und legt mich auf meinem Bett ab. Gierig reißen wir uns beide die wenigen, farbgesprenkelten Klamotten vom Leib. Von meinem Nachttisch nehme ich ein Kondom und reiche es ihm. Er rollt es ungeduldig über seinen Schwanz und dringt dann tief in mich ein.
Der Sex mit Finn ist kurz aber effektiv. Ein spontaner Quickie, der uns beide ans Ziel bringt. Er stößt mich hart und schnell, küsst mich immer wieder und dreht mich abschließend auf den Bauch, um mich Doggy zu nehmen. In dieser Position fickt er mich noch gute zwei Minuten, bevor er sein Sperma stöhnend in das bläuliche Latexkondom spritzt.
Mit den Fingern hat er mir besser gefallen.
Der Medizinstudent lässt sich neben mich ins Bett fallen. Er atmet durch und wirft einen beiläufigen Blick auf den Wecker, der auf meinen Nachttisch steht. 21.45 Uhr.
"Fuck", ruft er und steht sofort wieder auf. Hastig schlüpft er erst in seine Boxershorts und dann in seine Jeans. "Ariana, es tut mir echt leid, aber ich muss los. Ich habe nur noch eine Viertelstunde um zu duschen und mich umziehen, bevor ich verabredet bin."
Ich stehe auf und streife mir gelassen ein frisches Shirt über. "Kein Problem, Finn, den Rest schaffe ich alleine. Du hast mir ja gezeigt, wie es richtig geht." Ich zwinkere ihm zu.
Eilig läuft er durch die Wohnung. "Wenn du noch weitere Hilfe bei deinem Flur oder bei was anderem brauchst, melde dich. Meine Nummer hast du ja." Die Zweideutigkeit in seiner Aussage ist nicht zu überhören, doch auf eine Wiederholung kann ich eindeutig verzichten, dafür war der Sex nicht gut genug.
"Danke für deine Hilfe", antworte ich deshalb nur, schenke ihm aber dennoch ein Lächeln.
Finn schnappt sein T-Shirt, verabschiedet sich von mir und rennt oberkörpferfrei die Treppen runter zu seiner Wohnung.
Ich schließe die Tür hinter ihm und gehe in die Küche, um einen Tee zu kochen. Ich setze heißes Wasser auf und ziehe die Pappschachtel mit dem Kamillentee aus dem Küchenschrank. Augenblicklich kommt mir Phil vor Augen, wie er grinsend sagt: "Du mit deinem Blümchentee."
Phil. In dem Moment überrennt mich mein schlechtes Gewissen. Ich fühle mich fast, als hätte ich ihn betrogen, dabei sind wir doch gar nicht zusammen - im Gegenteil. Es ist ja noch nicht mal was zwischen uns gelaufen, ich bin ihm eigentlich nichts schuldig.
Ich schlage mir die Zweifel schnell wieder aus dem Kopf. Finn und der bedeutungslose Sex haben mir gut getan und mein verletztes Ego ein wenig gestreichelt.
Manchmal verhalte ich mich wie eine Süchtige, deren Droge Sex mit fremden Männern ist. Das Rauschmittel, das mir das Gefühl unbeschränkter Freiheit gibt. Aber ist die Abhängigkeit von fremden Männern und deren körperlicher Zuwendung wirklich Freiheit, oder nur eine Illusion davon?
Ich suche nach meinem Handy und rufe Emily an, die nicht rangeht. Als nächstes versuche ich es bei Phil. Er antwortet schon nach dem zweiten Klingeln. "Ari, was gibt's?", fragt er fröhlich.
"Seid ihr schon im Chelsea?"
"Wir machen uns jetzt auf den Weg, wieso?", antwortet er. Im Hintergrund höre ich Alex, John und eine weitere männliche Stimme johlen. Sie haben definitiv schon vorgetrunken.
"Ich komme auch dahin", verkünde ich. "Ist Emily bei euch?" Es wundert mich, dass ich sie nicht erreicht habe.
"Ja, Emily ist mit uns unterwegs", bestätigt Phil, nachdem er lautstark seine Freude darüber bekundet hat, dass ich mitkomme.
Wir verabschieden uns voneinander, bevor ich meine dreckigen, farbverschmierten Klamotten im Flur einsammele, in die Wäsche schmeiße und in die Dusche steige.
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