- sechzehn -

Am nächsten Morgen werde ich jäh von einem schrillen Klingeln aus dem Schlaf gerissen. Während ich augenblicklich hellwach bin, öffnet Phil nur langsam die Augen. Er scheint dieses furchtbare Geräusch gewohnt zu sein.

Verschlafen tastet er auf dem Nachtisch nach seinem Handy. Quälend lange Sekunden vergehen, bis er den ohrenbetäubenden Lärm endlich abschaltet.

"Mein Wecker für die Uni" nuschelt er verschlafen und richtet sich ein wenig im Bett auf. "Wir können aber schwänzen, wenn du willst, zusammen hier bleiben und den Tag ausspannen."

"Lieber nicht. Ich habe den Fokus auf mein Studium eh schon verloren, wenn ich jetzt noch anfange zu blau zu machen, gerate ich vollends in eine Abwärtsspirale und kriege nie einen Abschluss.

"Finde ich gut", kommentiert Phil und schlägt die dicke Daunendecke zur Seite. "Hast du einen Hoodie für mich? Dann ziehe ich den zu meiner Shorts und den Stiefeln von gestern an und muss nicht vorher nachhause."

Phil schwingt sich aus dem Bett und öffnet die Türen seines Kleiderschranks. Mit einer einladenden Geste verkündet er: "Was mein ist, ist auch dein. Bediene dich. Ich bin im Bad. "

Ich stehe ebenfalls auf und durchforste Phils Klamotten. Er hat einen guten Geschmack, typisch casual American Collegeboy aber mit Geld.

Ich entscheide mich für einen schlichten, schwarzen Hoodie auf dessen Brust in dicken, weißen Lettern "New York Giants" steht, der Name von Phils Football-Team. Ich ziehe den frischen Slip an, den ich immer in meiner Handtasche habe, meine Hotpants und den geklauten Hoodie.

Zufrieden betrachte ich mich im Spiegel und frage mich gerade, ob ich Phil den Sweater überhaupt zurückgeben soll, da ertönt ein anerkennender Pfiff. Phil steht nur in seiner weißen Calvin Klein Boxershorts hinter mir und mustert mich anerkennend.

"Ziemlich unverschämt, dass dir mein Pulli besser steht als mir selbst. Gibt es eigentlich irgendwas, was dir nicht steht?

Ich verdrehe die Augen, doch kann ein geschmeicheltes Grinsen nicht unterdrücken. "Ist klar."

Ich setze mich auf die Bettkante es mir und beobachte Phil ungeniert. Er ist durchtrainiert. Seine Arme, seine Schultern, sein Bauch, seine Beine - alles an ihm ist breit und muskulös. Er sieht beinahe aus wie ein Model aus einem Werbespot für Unterwäsche, wie er sich die blaue Jeans über die Hüften streift.

Dann dreht er sich um und hält zwei Shirts hoch. "Das oder das?" Ich deute auf das weiße Polo-Shirt von Ralph Lauren und er zieht es kurzerhand über den Kopf.

"Wir sind gut in der Zeit", bemerkt er mit einem Blick auf seine sündhaft teure Armbanduhr. "Lass uns auf dem Weg noch Frühstück holen, mein Kühlschrank ist leer." "Frühstück klingt gut", antworte ich lächelnd und ziehe meine Overknee-Stiefel an.

Phil hält kurz darauf bei Starbucks. Als er sich abschnallen will, stoppe ich ihn mit einer Handbewegung. "Ich hole uns was. Das ist ja wohl das Mindeste, das ich für dich tun kann."

Ich kaufe zwei Latte Macchiato, zwei Turkey Sandwiches und zwei Brownies, dann fahren wir weiter zur Uni und frühstücken entspannt auf den Treppenstufen am Eingang im warmen Sonnenschein.

Nach dem Essen rauchen wir eine und machen uns dann auf den Weg zum Vorlesungssal. Gutgelaunt laufen wir den Flur entlang, als uns plötzlich ein bekanntes Gesicht entgegen kommt.

Hämisch grinsend bleibt John vor uns stehen. Er will gerade mit ziemlicher Sicherheit einen dummen Spruch bringen, als er einen Schritt auf mich zu kommt und ungläubig auf Phils Hoodie starrt. Er wirft Phil einen kurzen Blick zu, schaut dann wieder zu mir und fragt: "Seit wann bist du denn Giants Fan, Ari? Als wir noch zusammen waren, hast du sowas nie getragen."

Ich werfe John einen genervten Blick zu. Phil will schon weiter gehen, da schlägt John sich plötzlich mit der flachen Hand vor den Kopf. "Ich Idiot! Ich dachte immer, Phil und ich sind die Einzigen, die dich noch nicht gefickt haben, aber Phil darf dich anscheinend jetzt auch ficken. Glückwunsch, West! Ich hoffe du hast Spaß mit meiner Ex. Weißt du was, Ari? Nimm doch wenigstens endlich Geld für deine Dienste."

Ich mache einen Schritt auf ihn zu und bin kurz davor, ihm wieder eine runterzuhauen. Ich atme tief durch. Mein Herz bebt und meine Augen brennen vor Wut.

Doch statt wieder auszurasten drehe ich mich zu Phil, lege meine Hand auf seinen Arm und zwinge mich zur Ruhe.

"Geh schon mal vor, Phil, ich komme gleich nach. Ich denke, wir haben hier noch was zu klären." Phil zögert und ich sehe ihm seinen Unwillen deutlich an. Er will nicht, dass es zwischen John und mir wieder so eskaliert und er nicht einschreiten kann, doch er leistet meinem Wunsch Folge.

"Komm, lass uns mal miteinander reden. Ich denke, das ist längst überfällig." Wir laufen raus und setzen uns in Johns knallroten Ferrari. Ein weiteres Indiz dafür, wie krass er sich in den letzten Jahren verändert hat. Früher hätte ihm so eine Proletenkarre nichts gegeben."

"John, was ist nur los mit dir? Warum redest du so verletzend mit mir? Wieso beleidigst du mich und versuchst ständig, mich niederzumachen? Wir haben uns mal so geliebt – ich habe dich jedenfalls geliebt. Aber was ist mit dir, hast du mich denn nicht geliebt? Manchmal zweifele ich daran, denn jemanden, den man wirklich geliebt hat, den behandelt man doch nicht so, der wird einem nie völlig egal."

Er rauft sich durch seine blonden Haare und atmet schwer aus. "Natürlich habe ich dich geliebt, Ariana und ehrlich gesagt bin ich bis heute nicht komplett über dich hinweg. Deshalb macht es mich doch so wütend zu sehen, dass du für jeden dahergelaufenen Penner die Beine breit machst. Was ist nur aus dir geworden, verdammt?"

"Was ist denn aus dir geworden?", schieße ich zurück. "Du warst früher so ein toller Mann. Liebenswert, loyal, bodenständig. Du hattest auch damals schon reiche Eltern, aber da hast du dir nicht so viel darauf eingebildet wie heute. Du hast deinen Sport geliebt und mich. Und heute? Heute fährst du Ferrari, trägst Rolex und schmückst dich mit blonden Cheerleaderinnen. Habe ich mich total in dir getäuscht oder hast du dich so krass verändert?"

"Ich hab mich verändert, weil du mir das Herz gebrochen hast!"

"Ich habe dein Herz gebrochen? Du hast mich betrogen, John!"

"Ja weil du nicht mit mir schlafen wolltest, Ariana!"

Ich schlage verzweifelt die Hände vor mein Gesicht. Tränen schießen in meine Augen und so sehr ich mich auch dagegen wehre, kann ich nicht verhindern, dass ich laut schluchze und sie mir in dicken Tropfen über die Wangen laufen.

John legt seine Hand beruhigend auf meinen Rücken und zieht kleine Kreise mit seinen Fingern auf dem Stoff meines Sweaters. Es ist komisch, ihm plötzlich wieder so nah zu sein, aber ein Teil der alten Vertrautheit kommt sofort wieder hoch, als wären wir nie getrennt gewesen. Er streichelt über meinen Kopf und seufzt leise: "Ach Ari, was ist denn los mit dir?"

"Ich habe das alles so satt. Ich habe es satt, immer nur die Schlampe zu sein. Es hat mir Spaß gemacht mich auszuleben, mir Bestätigung zu holen und es hat mich von dem Schmerz, den du mir zugefügt hast, abgelenkt, aber darum geht es schon lange nicht mehr. Ich habe einen Mann kennengelernt und er hat mich abgewiesen, weil ich eine Schlampe bin und seitdem habe ich so verbissen versucht ihn vom Gegenteil zu überzeugen, dass ich gar nicht gemerkt habe, was er eigentlich für ein Arschloch ist."

John runzelt die Stirn. "Wen hast du denn kennen gelernt? Phil?"

"Nein? Was habt ihr denn alle immer mit Phil? Er ist mein bester Freund, nicht mehr und nicht weniger. Er hat mich gestern vor diesem Psycho gerettet."

"Wieso gerettet?", hakt er nach. Seine Augen verdunkeln sich und eine tiefe Besorgnis legt sich auf sein Gesicht.

"Weil er mich geohrfeigt hat und vermutlich noch deutlich schlimmer zugerichtet hätte, wären Phil und Alex nicht dazwischen gegangen."

Johns Augen weiten sich und sein Kiefer spannt sich bedrohlich an. Zuerst füllen seine Augen sich mit Reue und dann mit Tränen.

"Es tut mir leid, Ari.. Das ist alles meine Schuld. Ich habe dich dazu getrieben, weil ich so dumm war und dich betrogen habe. Wir hatten die perfekte Beziehung, die vielleicht ewig gehalten hätte, wenn ich geduldiger gewesen wäre und nicht mit meinem notgeilen Schwanz gedacht hätte", poltert der sonst so starke Mann voller Selbsthass. "Ich habe mir immer gewünscht meine Highschool-Liebe zu heiraten und jetzt stehe ich vor einem Scherbenhaufen."

Ihn so gebrochen zu sehen, tut mir weh. Ich will nicht, dass er sich so fertig macht. Meine Wunden sind mittlerweile verheilt. Ich habe ihm vergeben und den Schmerz losgelassen.

"Hör auf damit. Lass uns beide mit diesem Rosenkrieg aufhören. Wir sind doch keine Feinde, verdammt."

John legt seine große Hand auf meinen Oberschenkel. "Es tut mir leid, Ariana. Ich würde so gerne eine zweite Chance von dir bekommen und das alles wieder gut machen, aber ich weiß selbst, dass zwischen uns zu viel passiert ist. Ich denke, ich muss mich endlich von dir und unserer Vergangenheit lösen."

Ich nicke stumm. Ich bin müde. Müde vom Nachdenken und den zahlreichen Diskussionen der letzten Tage. Ich will zurück zu Phil. Er ist der Einzige, der mich nicht verurteilt und mir ständig ungefragt seine Meinung aufdrückt. Bei ihm kann ich sein, wie ich bin. Er tut mir gut, er ist Balsam für meine geschundene Seele.

Meine Gedanken driften ungewollt zur letzten Nacht. Bewegte Bilder tauchen vor meinem inneren Auge auf, wie er mich rettet und ins Auto trägt, wie wir kuschelnd unsere Serie schauen und vor allem, wie wir eng umschlungen im Bett lagen. Ein Kribbeln breitet sich in meinem Bauch aus.

"Ari?", holt Johns Stimme mich vorsichtig aus meinem Tagtraum zurück. "Wenn dieser Wichser dir noch mal zu nah kommt, sagst du mir Bescheid, okay? Egal was zwischen uns passiert ist, niemand hat das Recht, dir weh zu tun. Du kannst immer auf mich zählen."

"Danke", antworte ich ehrlich und lege meine Hand kurz auf seine.

Wir beschließen, unsere Vorlesungen nicht ausfallen zu lassen. Schwerfällig steigen wir aus seinem Sportwagen und laufen gemeinsam durch den langen Korridor der Uni, bis sich unsere Wege trennen, da John in einen anderen Flügel muss als ich.

Ich mache einen Schritt auf ihn zu und schlinge meine Arme um seinen Hals, während er seine Arme um meine Taille legt und mich ganz festhält. So verharren wir einen Moment lang, bis ich mich von ihm löse.

Ich schenke ihm ein ehrliches Lächeln. "Freunde?" John lächelt zurück. "Freunde."

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