- fünfundzwanzig -

Nach dem Duschen glätte ich meine langen Haare und schminke mich. Ich entscheide mich heute für ein kurzes, rotes Kleid, dazu Highheels und eine Clutch, beides in metallisch-glänzendem silber.

Als ich meinen Wagen auf dem Parkplatz vor dem Chelsea abstelle und die lange Schlange vor dem Club sehe, frage ich mich kurz, ob es eine gute Idee war, hierherzukommen. Der Gedanke daran, wie überfüllt es drinnen sein muss, lässt mich zögern. Doch bevor ich es mir anders überlegen kann, steige ich entschlossen aus und gehe an der Schlange vorbei direkt in den Club.

Meine Augen schweifen durch die Menschenmenge in dem stickigen Club und entdecken innerhalb von Sekunden den Tisch, an dem Phil und seine Freunde sitzen. Zielsicher bahne ich mir einen Weg durch die tanzenden Leute und begrüße zuerst Emily mit einer festen Umarmung.

Phil ist der nächste, der mich liebevoll an sich zieht und mir einen feuchten Kuss auf die Stirn drückt. "Ari, ich hab dich vermisst. Ich dachte schon du kommst gar nicht mehr", verkündet er rühreselig mit einem leichten Lallen in der Stimme.

Wir sind definitiv nicht auf einem Level. Ich brauche schnellstens Schnaps, viel Schnaps, um das auszugleichen.

"Ich dich auch, Philli", antworte ich dem schönen Mann lächelnd, der mich noch immer fest an sich gedrückt hält und presse ihm einen Kuss auf die Wange.

"Komm, ich will dir jemanden vorstellen", säuselt er weiter. Er greift nach meiner Hand und zieht mich zu einem jungen Mann, der in unserer Nähe steht und sich angeregt mit Alex und Emily unterhält. Sein breit gebauter Körper steckt in einem bunt gemusterten T-Shirt, das seiner Milchkaffeefarbenen Haut schmeichelt. Seine schwarzen, krausen Haare sind kurz geschoren, sein Babyface ist glatt rasiert und seine dunkelbraunen Knopfaugen funkeln mich fröhlich an.

"Ari, das is Elijah, der Mann der Stunde", erklärt Phil fast fehlerfrei. Elijah hält mir höflich die Hand hin. "Hi, ich bin der Neue im Team." Ich greife nach seiner Hand und schüttele sie zaghaft. "Hi Elijah, ich bin Ariana."

Auch wenn meine Freunde mich immer Ari nennen und mir dieser Kosename besser als mein voller Name gefällt, so stelle ich mich Fremden trotzdem oder gerade deswegen immer als Ariana vor.

Elijah fixiert mich mit einem undurchsichtigen Blick. "Also Emily ist Alex' Freundin.." Ich werfe den beiden einen schnellen, irritierten Blick zu, woraufhin Em verlegen lächelt und mit den Schultern zuckt und wende mich dann wieder Elijah zu, der jetzt mit dem Finger auf mich und dann auf Phil zeigt und fragt: "Und du, Ariana, bist Phils Freundin?"

Das kam überraschend. Phil schweigt und ich stottere: "Wir? Äh.. Phil und ich? Nein. Nein, nein! Wir sind Freunde, ja. Also ich bin seine Freundin, aber wir sind kein Paar."

Herzlichen Glückwunsch, Ariana. Geht es denn noch peinlicher?

Elijah grinst mich wissend an und zieht eine Augenbraue hoch.

Ich nehme Emily wortlos ihr Glas aus der Hand und leere es in einem Zug, ohne zu wissen, welchen Drink sie überhaupt hat. Die bräunliche Flüssigkeit brennt in meinem Rachen und hinterlässt einen bitteren Geschmack in meinem Mund.

"Noch nicht?", hakt Elijah nun weiter nach. Er lässt wirklich nicht locker.

Ich löse meine Hand aus Phils Griff und mache einen Schritt auf Elijah zu. Da er ein ganzes Stück größer ist, muss ich meinen Kopf leicht in den Nacken legen, um ihm in die Augen zu blicken. Ich ziehe meine dunklen Augenbrauen zusammen, tippe mit meinem Zeigefinger gegen seine trainierte Brust und sage spitz: "Ganz schön neugierig, dafür, dass du mich erst seit fünf Minuten kennst. Du scheinst 'ne große Klappe zu haben, das kommt nicht bei jedem gut an."

Ihm huscht ein Lächeln über die Lippen, bevor er unbeeindruckt kontert: "Und das weißt du, weil du es aus eigener Erfahrung kennst?" Ich muss lachen. "Punkt für dich", gebe ich zu und zwinkere ihm zu.

Damit ist das Eis zwischen uns gebrochen.

In dem Moment schiebt sich John neben mich, drückt mir einen Kuss auf die Wange und fragt Elijah: "Young, was machst du mit meiner schönen Ariana?"

Ich hätte nicht gedacht, dass das möglich ist, doch John ist noch betrunkener als Phil.

Ich werfe ihm einen amüsierten Seitenblick zu. Hat er vor lauter Pegel vergessen, dass wir seit Jahren getrennt sind?

"Du bist also Johns Freundin?", fragt Elijah nun berechtigterweise. John legt freundschaftlich einen Arm um Elijah und nuschelt leise: "Leider nicht mehr, Bruder. Ich hab's so richtig verkackt."

Ich muss schmunzeln. Dann klopfe ich John kräftig auf die Schulter und entschließe mich, mir was zu trinken an der Bar zu besorgen. Ich entscheide mich für Cola, da ich der festen Überzeugung bin, dass die Jungs eh nicht mehr lange durchhalten und ich mich so mal revanchieren und sie nachhause fahren kann.

Der Barkeeper drückt mir das eiskalte Glas in die Hand und ich nehme einen großen Schluck, bevor ich wieder zu unserem Tisch zurücklaufe.

Schon von weitem entdecke ich Emily und Alex, die in einer Ecke auf der Couch sitzen und rumknutschten. John und Elijah tanzen währenddessen auf der Tanzfläche und Phil spielt einsam und verlassen an seinem Handy rum.

Ich lasse mich neben ihn fallen und drücke ihm mein Glas in die Hand. Fragend sieht er mich an. "Trink mal", fordere ich ihn auf. Er ist eindeutig zu betrunken, so betrunken kenne ich ihn gar nicht.

Da kommt mir plötzlich ein Geistesblitz.

"Habt ihr gekifft?", frage ich Phil etwas zu laut.

"Pscht", herrscht er mich an und legt leicht eine Hand auf meinen Mund, um ihn zu verschließen. Sanft beiße ich in einen seiner Finger, woraufhin er seine Hand wieder von meinen Lippen löst.

"Sag schon", verlange ich mit Nachdruck. Phil nickt infantil grinsend. Ich schlage mir mit der Hand vor den Kopf. Ab und zu rauchen die Jungs Gras, nicht oft, aber wenn, dann benehmen sie sich wie kleine Kinder. Dass mir nicht gleich aufgefallen ist, dass die heitere Stimmung nicht nur zu viel Alkohol geschuldet ist.

Phil nimmt meine Hand in seine. Sie ist groß, warm und weich. Er drückt meine Finger leicht zusammen um meine Aufmerksamkeit zu bekommen. Als ich in seine warmen, braunen Augen schaue, fragt er kleinlaut: "Bist du sauer auf mich, Ari?"

Ich lege den Kopf schief und mustere ihn kurz. "Nein, ich bin nicht sauer auf dich, aber lass das, das ist nicht gut", belehre ihn und merke selbst, dass ich klinge wie eine Mutter.

"Du bist viel schöner, wenn du lachst, weißt du das eigentlich? Ich will für immer, dass du nur noch lachst, okay?" Phil sieht mir so tief in die Augen, dass mir ein warmer Schauer über den Rücken läuft. Er kann so zuckersüß sein, dass ich dahinschmelze.

"Ich versuche es", antworte ich und schenke ihm ein ehrliches Lächeln.

Er hat noch immer seine Hand um meine, unsere Finger miteinander verkreuzt und keiner von uns macht Anstalten, dies zu ändern. Keine Ahnung, was neuerdings mit uns los ist, aber es fühlt sich gut an, ihm so nah zu sein.

"Kein Paar also, ja?", ertönt auf einmal Elijahs Stimme und zerstört die Magie zwischen uns. Mit einem triumphierenden Grinsen auf den Lippen hält er Phil und mir ein Tablett mit Shots hin. "Ich bin raus", sage ich energisch und hebe abwehrend die Hände.

Phil hingegen nimmt eins der kleinen Schnapsgläser vom Tablett und prostet mit Elijah an. Dann kippt er die durchsichtige Spirituose in seinen Mund und schluckt sie mit angeekeltem Gesicht herunter. Auch Elijah verzieht kurz sein Gesicht und sagt dann lachend: "Die Scheiße wird aber irgendwie auch nicht besser."

Ich stimme in sein Lachen ein. Elijah setzt sich zu uns und wir unterhalten uns eine Zeit lang über alles mögliche. Gegen Mitternacht sind sowohl Phil als auch John sowas von betrunken und high, dass ich beschließe, die beiden lieber nachhause zu bringen.

Es dauert eine Weile, bis ich die zwei überreden kann, mit mir zu kommen. Wir holen noch unsere Jacken von der Garderobe und laufen dann gemeinsam zu meinem Auto.

Zuerst fahre ich John nachhause. Es ist ein komisches Gefühl, sein Haus nach so langer Zeit zum ersten Mal wieder zu sehen. Früher war das hier mein zweites Zuhause und noch vor wenigen Monaten hätte es mir weh getan, hier zu stehen, doch in diesem Moment wird mir klar, dass ich endlich wirklich über John hinweg bin.

Wir verabschieden uns von John, bevor ich meinen kleinen BMW weiter durch die nächtlichen Straßen bis zu Phils Elternhaus lenke. Die Straßenlaternen spiegeln sich auf dem feuchten Asphalt, eine friedliche Ruhe liegt über der Stadt.

Kurz darauf parke ich vor dem imposanten Eingangsbereich und warte darauf, dass Phil aussteigt, als er stattdessen unerwartet meine Hand nimmt und ganz sanft fragt: "Ari, kannst du noch mit nach oben kommen?"

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