TWO - Er ist wieder da - ✔️
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»I was never ready
for you to
leave«
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Aria POV
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Völlig fertig öffne ich Liam die Türe als er klingelt, und verschwinde schon wieder in meinem Wohnzimmer, noch bevor Liam überhaupt das Treppenhaus betreten hat. Hektisch packe ich meine Bücher, Notizblöcke und meinen Laptop in meine Tasche, wobei ich darauf achte meine Kopfhörer nicht zu vergessen und auf jeden Fall mein Ladekabel einzupacken. Dann stiefle ich in meine Küche die aussieht als wären gleich mehrere Anschläge darin verübt worden, und angle mir meine Dose in der ich mein Sandwich und ein paar Snacks bereitgelegt habe.
Mittlerweile hat Liam die Wohnung betreten, und ich kann sein verhaltenes Räuspern bis in die Küche hören als er meine Wohnung sieht. Doch ich habe gerade wirklich absolut keine Zeit um auch noch aufzuräumen. Wieso hat mich eigentlich keiner auf den Stress vorbereitet, wenn man alleinerziehend studieren möchte? Die Uni stresst mich so schon genug. Ich liebe Ryan über alles, keine Frage – doch so ein Kind ist unglaublich anstrengend.
„Sag bitte einfach nichts", seufze ich mit den Nerven am Ende sobald ich wieder zu Liam ins Wohnzimmer zurückkehre und es mir erlaube, mich kurz auf mein Sofa zu setzen. Liam schweigt, wofür ich ihm dankbar bin, und setzt sich dann neben mich. Ich massiere mir mit beiden Zeige- und Mittelfingern die Schläfen und gähne hemmungslos. „Wie lange hast du geschlafen?", fragt mein bester Freund mich daraufhin in die Stille hinein, und ich zucke mit den Schultern.
„Keine Ahnung. Ryan hat fast stündlich geweint, bis ich ihn dann zu mir ins Bett geholt habe damit wir beide wenigstens ein wenig Schlaf bekommen. Du weißt wie er sonst drauf ist." Ich schaue Liam nicht an weil ich auch so weiss, dass er mich sichtlich besorgt und unzufrieden mustert. Das tut er immer wenn er sieht, dass mir der Stress etwas zu viel wird. Jedoch kriege ich es immer wieder erneut wie durch ein Wunder hin alles wieder unter Kontrolle zu bringen, und so wird es auch dieses Mal sein. Nicht jeder Tag kann perfekt laufen, das habe ich schnell gelernt.
„Ich muss los", sage ich etwas wacher und erhebe mich. Liam steht ebenfalls auf, und zieht mich kurz in seine Arme. „Pass auf dich auf, Ria", murmelt er, und ich kuschle mich an ihn. „Tue ich doch", antworte ich in sein Shirt hinein und spüre, wie Liam den Kopf schüttelt. „Nicht wirklich. Du hättest mich ruhig auch nachts anrufen können. Ich würde immer auf Ryan aufpassen damit es dir gut geht, das weißt du. Du bist keine Last wenn du um Hilfe bittest. Vor allem nicht wenn du dich an mich wendest."
Ich erwidere nichts, sondern umarme meinen besten Freund noch etwas fester. Er war in den letzten Jahren meine größte Stütze überhaupt. Ich glaube keiner hat sich den Arsch so sehr für mein Wohlergehen aufgerissen wie Liam. Nicht mal meine Eltern, und die haben wirklich sehr viel getan. Nach Ryans Geburt ist Liam für mehrere Monate bei mir eingezogen, und ist nachts jedes Mal aufgestanden um nach Ryan zu sehen, wenn er geweint hat. Und das hat er oft getan. Ich glaube das ist auch der Grund, weshalb Ryan ihn als Vaterfigur sieht.
Schließlich kennt er seinen richtigen Vater ja nicht mal – und umgekehrt auch nicht. Nicola hat keine Ahnung dass ich überhaupt schwanger gewesen bin, da er ja der Meinung war sich aus dem Staub machen zu müssen. Für mein Wohlergehen. Man sieht ja jetzt wie gut das geklappt hat.
„Komm, du verpasst sonst deinen Bus." Liam lässt mich los, und ich drücke ihm dankend noch einen Kuss auf die Wange ehe ich mir meine Tasche schnappe, und aus der Wohnung verschwinde. Als ich unten durch den Haupteingang den Apartmentkomplex verlasse schlägt mir eine angenehm kühle Luft entgegen, und ich atme einige Male tief durch ehe ich loslaufe. Eigentlich kann ich schon lange fahren, doch ich gehe lieber mit dem öffentlichen Verkehr zur Uni und zurück. Keine Ahnung wieso, ehrlich gesagt.
Der Weg zur Bushaltestelle dauert keine fünf Minuten, und ich begrüße mit einem Kopfnicken die ältere Dame, die jeden Morgen den gleichen Bus nimmt wie ich. Ich setze mich auf die schon ziemlich abgenutzte, hölzerne Bank und ziehe mein Handy hervor, um Liam noch kurz zu sagen wo er das Mittagessen für Ryan findet, und was der Herr heute tragen möchte. Da ich heute lange in der Uni bleiben werde um noch etwas in der Bibliothek zu lernen, möchte ich Ryan nicht in eine Kita geben, da die auch um eine gewisse Uhrzeit schließt.
Ich frage lieber Liam, der manchmal sogar vorsichtshalber seine Schlafsachen mitbringt wenn ich nicht genau weiss, wann ich abends nach Hause kommen werde. Es ist durchaus schon vorgefallen, dass ich Ryan und Liam schlafend in meinem Wohnzimmer vorgefunden habe während im Fernseher irgendein Disneyfilm lief. Das Bild habe ich auch sofort festgehalten, und seit einem Jahr ist es auch mein Hintergrundbild. Dieses betrachte ich gerade kurz und lächle dann leicht.
Während der Schwangerschaft hatte ich Angst davor was passieren würde, sobald Ryan wirklich da ist. Ich wusste nicht wie ich es schaffen sollte alleine auf ein kleines Kind aufzupassen, es zu erziehen, und dabei noch mein Studium zu schaffen. Ich war mir sicher dass Nicola jede Sekunde fehlen würde. Doch eigentlich tut er das nicht wirklich. Ryan und ich kommen sehr gut klar ohne ihn, und Liam hat die Rolle für das männliche Vorbild ziemlich gut übernommen. Malia ist die durchgeknallte Tante die jeder hat, und Jer ist der Onkel der einen immer auf schlechte Ideen bringt, und gerne mal ein paar peinliche Geschichten aus der Kindheit hervorholt.
Vorzugsweise über mich, versteht sich.
Und meine Eltern sind die besten Großeltern die ich mir für Ryan wünschen könnte. Seit dem Moment in dem ich meiner Mutter von meiner Schwangerschaft erzählt habe stand sie ununterbrochen an meiner Seite. Sie ist zu jedem Termin beim Frauenarzt mitgekommen und hat mir die Dinge erklärt, die ich nicht verstanden habe. Sie hat mir gezeigt wie ich mir den Alltag etwas erleichtern kann, und war immer mit einem Ratschlag zur Stelle.
Mein Vater hat sich wie immer etwas im Hintergrund gehalten, doch er hätte mir sofort geholfen wenn ich seine Hilfe gebraucht hätte. Er hat jedes Möbelstück von Ryan selbst gebaut und personalisiert, damit ich nicht unnötig viel Geld verliere an teuren Kindermöbeln die später sowieso wieder ersetzt werden.
Als ich aus dem Bus aussteige kommt mir wie jeden Morgen ein Schwall an Menschen entgegen, und ich muss mich fast mit Ellbogen und Fäusten durch die mir entgegenkommende Menge kämpfen. Wieso können nicht einfach alle auf einer Seite laufen, und die Leute, die in die andere Richtung müssen, auf der anderen Seite? Ist das so schwierig?
Ich betrete das große Gebäude der Seattle University und mache mich schleunigst auf den Weg zu meinem Saal, da ich nicht viel davon halte vorher noch vor den Snackautomaten zu campen, anders als viele andere hier. Da der Professor dieser Vorlesung immer sehr früh kommt ist mein Hörsaal schon offen, und ich verdrücke mich mit einem kleinen Kopfnicken in Richtung meines Professors direkt in die hinterste Reihe.
Nicht weil ich unaufmerksam sein möchte, denn das kann ich mir jetzt nicht mehr leisten, sondern weil ich einfach in Ruhe gelassen werden möchte. Ich bin hier um die Vorlesung hinter mich zu bringen, mehr nicht.
In den Pausen – wenn wir welche haben – verarbeite ich schon mal den frisch aufgenommenen Stoff, damit ich zu Hause nicht noch stundenlang Zusammenfassungen schreiben muss um die Prüfungen überhaupt zu bestehen. Und dann geht's weiter zur nächsten Vorlesung. So sieht jeder Tag bei mir aus, zwar nicht immer mit den selben Zeiten, aber der Ablauf ist der Gleiche. Wenn ich sehr viel Zeit habe zwischen zwei Vorlesungen gehe ich noch kurz einkaufen, und bringe die Einkäufe dann nach Hause. Das passiert jedoch nur selten, denn zu meinem Glück befinden sich in meinem Stundenplan keine grossen Lücken zwischen den Vorlesungen.
Langsam trudeln auch die restlichen Studenten ein und verteilen sich auf den Bänken. Einige schwatzen dabei aufgeregt, andere sind mit Kopfhörern in den Ohren ganz in ihren eigenen Welten versunken, und wiederum andere schlurfen noch im Schlafanzug an ihren Platz, wo sie innerhalb von Sekunden wieder einschlafen. Und natürlich gibt es auch noch die Gruppe, die gar nicht erst auftaucht. Müde fahre ich mir kurz übers Gesicht und lächle, als ich von Liam eine Nachricht und ein Foto bekomme.
Liam: Dein Prinz ist erwacht. Was hat er sich gestern bitte für Kleider rausgesucht? Mag er Clowns?
Aria: Papageie treffen's eher. Einfach so tun als würde es gut aussehen. Kriegst du bestimmt hin ;)
Nach Liams Nachricht habe ich noch ein Foto von Ryan in seinem wahrhaftig kunterbunten Outfit erhalten, während er frech in die Kamera grinst. Mein Herz erwärmt sich augenblicklich, und auf einen Schlag bin ich bestens gelaunt. Kinder sind wunderbare Geschöpfe, auch wenn sie einen manchmal wirklich auf die Palme bringen können. Ich werde immer hinter meiner Entscheidung stehen Ryan nicht abzutreiben. Immer.
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„Können Sie nicht aufpassen?" Entschuldigend sieht Felina den Jungen an, den sie eben fast umgerannt hätte, wobei sie sichtlich verwirrt darüber zu sein scheint von ihm gesiezt zu werden.
„Bitte – äh.... ich bitte um Entschuldigung. Ich habe nicht nach vorn geschaut." Ich sehe wie sehr Felina mit sich ringt um dem Jungen, der sie gerade sichtlich angesäuert mustert, nicht einfach Kontra zu geben. Doch ich habe ihr das Versprechen abgenommen, dass sie sich nicht mehr mit jedem anlegt der sie blöd anmacht, denn das bringt sie erstens nicht weiter, und zweitens wird sie immer wieder überall solche Menschen findet, vor allem wenn sie förmlich nach ihnen sucht.
Wer sucht, der findet eben auch.
„Schon okay", winkt der Junge zwar immer noch schlecht gelaunt ab, doch er geht nicht mehr weiter darauf ein und läuft einfach weiter. Felina währenddessen steht wie vom Blitz getroffen neben mir und dreht sich mit offenem Mund zu mir um. „Er – er hat mich nicht zur Schnecke gemacht", sagt sie dann sprachlos, und ich schmunzle. „Nein, hat er nicht. Ich sagte dir doch – es wird sich auszahlen wenn du höflich bleibst. Du kannst mir ruhig auch mal glauben!" Felina nickt nur immer noch verdutzt und starrt dem Jungen hinterher, bis er hinter einer Ecke verschwindet. „Das fühlt sich an wie Magie", murmelt sie dann völlig überwältigt, und ich schüttle nur den Kopf.
Felina hat sich in den letzten Jahren kein bisschen geändert, aber das war auch nie nötig. Ihre Persönlichkeit ist einzigartig, und ich bin heilfroh darüber jemanden wie sie in meinem Leben zu haben. Felina ist mit Abstand meine beste Freundin, denn nicht mal ich bin so verrückt wie sie.
„Komm jetzt, Kay wartet nicht ewig auf uns", dränge ich meine beste Freundin, und sobald sie den Namen ihres Freundes hört erhellt sich ihr Gesicht wieder. Das bringt mich zum Lächeln, und zusammen gehen wir breit grinsend die letzten Meter bis zum Treffpunkt. Kay hat uns heute angeboten uns ins Kino zu fahren, da wir uns nach dem Besuch in der Bibliothek einen Film ansehen wollen. Zwar können Felina und ich beide schon fahren, doch so können wir nach dem Kino noch etwas trinken gehen.
Schon von weitem fängt Felina an ihrem Freund zuzuwinken, und läuft noch etwas schneller. Ich eile ihr hilflos hinterher und merke schon von weitem, dass Kay etwas bedrückt. Er ist zwar froh Felina zu sehen, doch seine nachdenkliche Miene ist noch nachdenklicher als sonst. Deshalb frage ich ihn auch einfach direkt was los ist, nachdem er mich zur Begrüßung umarmt hat.
Bei der Frage zuckt Kay etwas zusammen, und dann fällt es auch Felina auf. Er kratzt sich im Nacken und ringt einige Zeit mit sich, ehe er mich plötzlich direkt ansieht. „Ich habe gerade etwas erfahren", beginnt er dann leise, und ich runzle die Stirn. „Und was?", hacke ich nach, und Kay seufzt ehe er hörbar schluckt.
„Er ist wieder da. Sie sind alle wieder da."
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Na... wer wohl? ;)
- Xo, Zebisthoughts
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