Fire and Smoke

Theodor seufzte und nickte wiederholt. „Schon gut, schon gut. Ich werde mich nicht noch mal verplappern. Versprochen, Nora. Ich fühle mich nur gerade so unglaublich gut! Wie ... Wie ... Ich kann gar nicht sagen wie gut! Das nimmst du mir doch nicht übel, oder? Nicht nach Allem, was wir durchgemacht haben? Bei meinem Bolzenschneider, ich hätte nicht gedacht, dass man sich so gut fühlen kann."

Der Sukkubus schüttelte grinsend den Kopf. „Ist schon gut, Theo. Ich denke, sie haben deinen kleinen Ausrutscher nicht mitbekommen. Reichst du mir bitte die Zange? Danke. Und selbst wenn, können wir ja immer noch sagen, Walhalla sei lediglich der Name unseres alten Zuhauses. Geh nur nicht darauf ein."

Der kleine Wartungstechniker nickte eifrig, schmatzte seine Lippen und stellte zu seinem erstaunen fest, dass er sich zum Klang der Musik hin und her wiegte. Gott fühlte er sich gut! Nicht einmal diese Menagerie aus höllischen Paradiesvögeln konnte seine gute Laune dämpfen.

Er schüttelte den Kopf. „Weißt du, ich hätte nicht gedacht, dass wir es schaffen würden, Nora. Ich meine, ja, ich habe es gehofft, doch insgeheim habe ich damit gerechnet, dass wir von irgendetwas da draußen gefressen werden. Oder schlimmer noch, dass wir von etwas hier gefressen werden. Wäre das nicht der Inbegriff der Ironie? Ha! Und jetzt schau uns an. Wir sind in Sicherheit, gefeiert als Helden. Als Helden! Wir! Vielleicht werden sie Statuen von uns errichten. Oder Denkmäler. Oder, oder ... Oder vielleicht Straßen nach uns benennen – nicht dass ich eine haben wollen würde. Eine Gasse wäre vielleicht ganz nett, aber Straße, nein, schließlich habt ihr diesen Unhold von einem Adeligen zu Fall gebracht. Einen Adeligen! Ha! Bei meinem Bolzenschneider, wer hätte gedacht, dass wir eine Welt mit mittelalterlichem Feudalsystem vorfinden würden, was? Aber egal, auch wenn ich nicht an der Tötung dieses Scheusals beteiligt war, so war ich dennoch ein integraler Bestandteil der Gruppe, nicht wahr? Eine Art Kleber, ein—"

„Panzertape", sagte Leonora.

„Genau! Ich bin das Panzertape unserer Gruppe. Halte alles Zusammen. Zäh und widerstands—"

Leonora schnippte mit den Fingern. „Ich brauch das Panzertape, Theo!"

„Was? Oh. Ja, natürlich."

Theodor kramte summend in seiner Beuteltasche herum und reichte Leonora kurz darauf das grünliche Klebeband.

Der Sukkubus betrachtete ihn mit schräg gelegtem Kopf. „Alles ok, Theo? Du verhältst dich etwas ... seltsam."

„Ich? Komisch? Bah! Mir geht es bestens!"

Leonora schüttelte den Kopf. „Muss das Zuckerwasser sein ..."

„Ha, jetzt wo du es sagst, ich glaube ich hole mir noch eine—" Er brach ab, als er eine kleine, ausgesprochen gut aussehende Elfe in einem Abendkleid auf sie zusteuern sah. Theodor blinzelte und sein Mund war mit einem Mal sehr trocken. Die Elfe wirkte, als sei sie aus einem dieser alten Schwarz-Weiß-Filme getreten, wunderschön, mit Haar, schwarz wie der Flügel eines Raben und Haut wie frisch gefallener Schnee. Die einzige Farbe an ihr war ihr Kleid und ihre Lippen, beide Rot wie die Sünde. Sein Blick wurde unweigerlich von diesen sinnlichen Lippen angezogen.

Bevor er wusste wie ihm geschah, fuhr Theodor sich mit den Händen durch das schütter werdende Haar und rückte seine Brille zurecht. Als die Schönheit heran war, setzte er ein schiefes Grinsen auf und hauchte, „Hallo, Baby." Theodor taumelte einen Schritt zurück und sah sich gehetzt um. „Wer hat das gesagt?"

Sein Gegenüber lachte und schüttelte amüsiert den Kopf. „Du bist witzig, Darling. Nur leider nicht mein Typ." Sie reichte ihm ihre Hand. „Ich bin Smoke."

„Smoking Hot, vielleicht", sagte Theodor und schickte sich an die Hand zu küssen, sprang jedoch erschrocken zurück, bevor seine Lippen den roten Samt ihres Handschuhes berühren konnten.

Was zur Hölle machte er hier?!

Leonoras Stimme erklang hinter ihm, voll von Unglauben. „Theodor?"

Der kleine Mann fuhr herum. „Es ist nicht, wonach es aussieht, Nora!"

Der Sukkubus schüttelte grinsend den Kopf.

„Nora?", sagte Smoke. „Welch unpassender Name für eine Göttin."

Theodor riss die Augen auf und auch Leonora schien übertölpelt. Die Elfe schritt an ihm vorbei und er konnte nicht umher ihr langes, wohlgeformtes Bein zu bewundern, das unter ihrem bis zur Hüfte geschlitztem Kleid hervorlugte. Die Tätowierung einer schillernden Schlange wand sich spiralförmig um das Bein und Theodor schluckte schwer, als ihm klar wurde, wo die Schlange hinführte.

Smoke trat unterdes so nahe an Leonora heran, dass diese sogar gegen die Wand zurückwich. Sie strich dem Sukkubus mit ihren langen Fingern sanft über die Wange. „Hi Darling. Ich bin Smoke. Ich würde gerne deine Freundin sein."

Leonora brauchte einen Moment, bis sie sich wieder gefangen hatte. Dann führte sie Smokes Finger sanft aber bestimmt von ihrer Wange. „Ich fühle mich geschmeichelt und unter anderen Umständen wäre ich sogar versucht, aber ich bin nicht alleine hier." Sie nickte der Bar zu. „Mein Gefährte sitzt da drüben."

Smoke folgte ihrem Blick. „Hel?"

„Nein, der Mann neben ihr."

Die Elfe machte eine Grimasse. „Dieser vernarbte Freak?"

Das Lächeln gefror auf Leonoras Zügen. „Äußerlichkeiten sind nicht alles. Und ich mag Narben. Sie zeugen von Charakter."

Smoke seufzte und trat einen Schritt zurück. „Zu Schade, wirklich." Sie reichte erneut nach Leonora aus, scheinbar um ihre Finger durch die rotbraunen Haare des Sukkubus fahren zu lassen. Der eiskalte Ausdruck in deren Augen lies sie jedoch innehalten. Die Elfe seufzte enttäuscht. „Menno. Da kann man wohl nichts machen. Vielleicht ein andermal. In einer anderen Form."

Leonora lächelte unverbindlich und sah Smoke mit einem etwas entgeisterten Kopfschütteln hinterher, als diese zu Theodor schlenderte und ihm einen Abschiedskuss auf die Lippen hauchte, der es in sich hatte.

Der Sukkubus eilte ihm zu Hilfe, als es schien, als würde er jeden Moment umkippen. „Theo, erst Gretchen und jetzt das", sagte sie, als sie ihn zur Bar führte. „Das hätte ich gar nicht von dir gedacht."

„Ich ... auch nicht", säuselte er. „Ich glaub ich brauch noch eine Coke."

***

Das Essen war eine Offenbarung. Die Pommes Frits waren gold-braun, knusprig, herrlich salzig und zusätzlich gewürzt mit etwas, dass wie eine Mischung aus Chili und Paprika schmeckte. Anskar grinste. „Ohohohoho ..."

Die Burger waren riesig, mit karamellisierten Zwiebeln, ein paar kleinen Gurkenscheiben und üppig Soße. Auch die Brötchen waren noch warm. Er nahm einen herzhaften Biss und genoss die Geschmacksexplosion in seinem Mund. „Mmmmmm." Gott war das gut! Er schlang den Bissen herunter und musste sich dazu zwingen, den nächsten zu kauen, das hier zu genießen.

Alles schmeckte subtil anders als erwartet, war jedoch unbestreitbar lecker. In den Wochen seit seiner Befreiung hatte sein Diätplan aus über hundert Jahre alten Notfallrationen bestanden, die mehr nach Chemie schmeckten als allem Anderen, sowie Trockenfleisch und Zwieback Rationen. Nicht gerade Gourmet-Nahrung. Dies war das erste echte Essen seit Wochen. Ein Grinsen huschte über sein Gesicht. Wohl eher seit Jahren.

Glückshormone fluteten sein System und als er zu seinen Gefährten blickte, sah er, dass es den Beiden ähnlich ging. Selbst Leonora, die als Sukkubus nicht auf normales Essen angewiesen war, grinste ihn über ihren Burger hinweg an und Theodor hatte sein Gesicht so tief in seinem Essen, dass es für einen Moment so aussah, als würde der Cheeseburger ihn verschlingen. King und Hel sahen allem amüsiert zu.

„Immer das Selbe mit diesen Nomaden", sagte die Elfe.

Der Zwerg lachte. „Amen, Baby." An die Gefährten gewandt meinte er, „Schmeckts?"

Das Trio nickte und antwortete mit einer Variation aus zufriedenen Grunzlauten.

„Bwahaha. Bei Elvis Haarpracht, wenn ich geahnt hätte, dass diese Truppe am verhungern ist, hätte ich ein bisschen Fingerfood bereitgestellt."

Anskar griff nach seinem Vanillemilchshake und fand, dass wenigstens dieser einen recht bemerkbaren Chemiebeigeschmack hatte. Er zuckte mental die Achseln: Ein kleiner Preis für diese kulinarische Geilheit. Die Gefährten aßen und tranken – und aßen und tranken noch etwas mehr, als King ihnen als Nachspeise heißen Apfelkuchen und Kaffee vor die Nase stellte.

Leonora schaufelte ein großes Stück in ihren Mund. Seufzte und führte einen kleinen Happy-Tanz auf ihrem Stuhl auf. „Mmmm. Das ist himm-lisch. So süß und schwer. Genau richtig um den Magen zu schließen."

Anskar verzog jedoch das Gesicht, als er den Kaffee kostete. „Kein echter Kaffee, oder?"

„Bwahaha. Echter Kaffee? Du bist gut, Baby. Den schlürft vielleicht der Graf. Das hier is King's Java – meine eigene Mischung."

Leonora probierte das heiße Gebräu vorsichtig und verzog ebenfalls das Gesicht. „Was ist da drin?"

„Verschiedene geröstete Kornsorten. Was man halt so kriegt: Gerste, Rogge, Malz ... und eine Prise Rush für den extra Kick! Macht besser wach als das echte Zeug!" Wie um seine Worte zu unterstützen, stieß King mit Hel seine Tasse zusammen.

„Amen", sagte die Elfe.

Theodor sah zwischen ihnen hin und her. „Rush?"

Hel beugte sich mit einem Grinsen vor. „Was, kennt ihr keine Amphetamine?"

Anskars Augenbrauen hoben sich und Leonora, die eifrig damit beschäftigt war, ihren Kaffee zu pusten, hielten inne. Theodor sah aus, als würden ihm gleich die Augen aus dem Kopf platzen.

„Ich denke, ich passe", sagte Leonora, stellte ihre Tasse auf den Tresen und schob sie demonstrativ von sich weg.

„Ich auch", sagte Theodor und griff stattdessen nach seiner Cola. „Drogen sind böse."

King und Hel brachen in schallendes Gelächter aus.

„Bwahaha! Schau mal wer da redet!"

„Ein bisschen spät dafür", sagte Hel.

„Wie darf ich das—" begann Theodor.

„Die Cola, Baby! Original Coke! Wie in dem Original-Rezept: Cola-Nuss und Kokain! Original Coca-Cola halt. Soll vor dem großen Boom ein echter Hit gewesen sein. Bwahaha. Verstehste? Ein Hit?"

Leonoras und Theodors Kinnlade klappten herunter und Anskar fiel prustend in Kings und Hels Lachen ein. Theodors Mund öffnete und schloss sich unentwegt, nicht in der Lage Worte zu finden.

„Das ist nicht witzig", begann Leonora. „War in meiner auch ..."

„Diese Kirschplörre? Nein, nix was dich die ganze Nacht wachhalten sollte."

Anskar lachte noch immer und wischte sich Tränen aus den Augen, was ihm einen Schlag gegen die Schulter von seiner Liebhaberin einbrachte. Er ließ sich in gespieltem Schmerz gegen den Tresen fallen. „Ahhh, die Pein! Seit ihr sicher dass in ihrer Cola keine Steroide waren?"

Leonora funkelte ihn an. „Mach nur weiter so und du schläfst heute Nacht auf dem Boden." Mehr lachen von King und Hel erfüllte die Luft und trotz allem konnte sich auch Leonora nicht ein kleines Lächeln verkneifen.

Nur Theodor sah ausgesprochen unglücklich und nervös drein. Vollkommen ernst fragte er, „Werde ich jetzt sterben?"

Hel klopfte ihm auf die Schulter. „Bei der Menge bestimmt nicht, Kleiner, aber wundere dich nicht, wenn du keinen Schlaf findest."

Theodor stieß ein herzzerreißendes Jammern aus.

„Apropos Schlaf", begann King. „Eure Zimmer sind fertig. Meine Mädels haben die Wannen mit heißem Wasser gefüllt. Wenn ihr wollt, könnt ihr—"

„Ja!" unterbrach ihn Leonora. „Ja, ja, ja. Für ein heißes Bad würde ich töten!"

Anskar streckte sich. „Ich auch. Ich fühl mich wie ne benutzte Klobürste."

Theodor blinzelte. „Du fühlst dich erfüllt, weil man dich deiner Bestimmung zugeführt hat?"

„Was? Ich— Nein! Ich fühle mich schmutzig, Theo. Richtig dreckig."

Theodor schüttelte den Kopf. „Dann war das aber eine schlechte Metapher."

Anskar schnaubte. „Trink deine Coke, Junkie."


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Tja...

In dem Kapitel ist ja einiges passiert.

😝

Ich denke ich überlasse es heute euch, etwaige Implikationen zu diskutieren.

Nächstes Wochenende könnte es übrigens mit dem Update etwas später werden oder gar nicht hinhauen je nachdem wie meine Internetanbindung funktioniert. Bin nämlich im Urlaub.

Wünscht mir Glück!

M.



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