Verschwommen
- Harry-
Alles, nur nicht umfallen. Jeder Schritt tat mir weh und ich hatte das Gefühl, dass mein Kopf komplett in Watte gepackt wurde. Aber ich wollte nicht anhalten. Aus reiner Willenskraft hielt ich mit ihr Schritt, so gut, dass ich weniger hinter ihr und mehr direkt neben ihr ging, während sie uns durch die ruhende Stadt navigierte. Wir redeten nicht, es war alles ganz ruhig und still, aber irgendwie empfand ich das Schweigen nicht als störend, sondern als angenehm. Mit den gedämpften Geräuschen, die aus den Häusern klangen und den düsteren Lichtverhältnissen, die immer wieder von Strassenlaternen unterbrochen wurden, fühlte es sich an, als befänden wir uns in einer Blase, fern ab von Realität und anderen Menschen.
Das Stadion kam in Sichtweite, und je näher es kam, desto müder wurde ich. Mein Atem wurde schwerer. Sie bewertet sich vor mir geschickt die Strasse entlang, mal einem Schlagloch ausweichend, mal über einen umgefallenen Mülleimer springend oder sich an einer Strassenlaterne vorbeiquetschend. Sie bewegte sich nahezu geräuschlos, ich beobachtete sie, aber meine sich verschwamm von Zeit zu Zeit, sie wirkte fast wie ein Geist. Hinter ihr stolperte ich zuerst in das Schlagloch, dann über den Mülleimer und lief geradewegs in die Laterne. Nicht, dass ich sie nicht gesehen hätte, aber ... mein Körper reagierte nicht auf die Information. Das Dasein der Laterne schien keinen Unterschied darin zu machen, wie ich mich bewegte. Oder stehen blieb. Ich rieb mir die Augen. Die Luft fühlte sich dünner an, als würde sie kein Unterschied in meinen Lungen mehr machen. Kühles Metall unter meine Fingerkuppen gab mir halt, als ich mich an der Strassenlaterne einen Moment lang festhielt. Wieder verschwamm meine Sicht, alles drehte sich. "Harry?" Die vagen Schemen vor mir wurden von einer Bewegung unterbrochen. El Unlawful berührte meine Schulter. Für einen Moment wurde meine Sicht wieder klar, gerade rechtzeitig, um ihn ihre... besorgten? Grauen Augen zu blicken, bevor sich mein Bewusstsein in ihrem unendlichen grau verlor. Alles, was ich sah, war dieses Grau, und ich hörte meinen Atem, oder meinen Herzschlag, oder... Grau, grau... alles wurde schwarz.
"Harry..."
licht, grau, schwarz...
"Komm schon! Harry... bitte."
Ein plötzlicher Schlag riss meine Augen auf, ich fiel. Und landete...weich? Ich fühlte mich umhüllt, plötzlich leicht, doch noch immer in Dunkelheit getaucht. Etwas Kühles berührte meine Stirn, meinen Hals, meine Brust... wo war mein Shirt? Plötzlich war da Licht, ein Lichtpunkt bewegte sich vor meinen Augen, wurde mal klein und hastig, mal gross und verschwommen. Irgendwas passierte, ich spürte Berührungen an meinem Hals, meinen Händen und meiner Stirn. Eine Stimme redete mir zu, aber es dauerte eine Weile, bis ich begann zu verstehen, welche Worte sie sagte und zu welcher Person sie gehörte.
"El..?", fragte ich, nur um zu realisieren, wie viel Energie Sprechen benötigte und wie wenig Energie in mir vorhanden war. "Harry, alles gut. Du bist Zuhause. Du bist nur übermüdet, etwas schlaf und du bist genau wie vorher." El Un.. un.. Unirgendwas sagte, mit beruhigendem Ton. "Nein, nein..." brachte ich hervor. Vorher? Vorher. Ich konnte nicht klar denken und verstand nicht wieso, aber Vorher war schlecht. Was war vorher? "nein, nein.." ich versuchte mich auf zu setzten. Ein plötzlicher Fluchttrieb überkam mich, doch El drückte mich zurück runter in den weichen Untergrund. "Harry. Du musst schlafen. Dann ist alles wieder gut. Ich muss jetzt gehen." Ihre Hände lösten sich von wo sie mich berührten und verschwammen vor meinen Augen in vage Formen. "Nein, bitte..." ohne mein Ziel vor meine Augen erkennen zu können, versuchte ich nach ihren Händen zu greifen. Dieses Mal klärte sich meine Sicht nicht mehr und erst als ich die Nässe auf meinen Wangen spürte, verstand ich, dass ich weinte. Ich bekam irgendetwas zu fassen und stellte ihrer Bewegung nach zu urteilen, war es tatsächlich ihr Arm. "Bleib. " Brachte ich hervor, bevor der Lichtpunkt auf einmal so nah vor meinem Gesicht war, dass ich für einen Moment zu atmen vergass.
"Okay." Das Licht ging aus. "Schlaf jetzt, Harry"
Im Vergleich zu allem anderen, hörte ich meinen Namen besonders deutlich. Der Klang blieb in meinem Kopf und schwang durch das gedämpfte Treiben meines Geistes. Mir wurde auf einmal wärmer. Mein Griff um ihren Arm löste sich, doch sie entzog sich meiner Hand nur gerade genug, um ihren Arm mit ihrer Hand zu ersetzen. Waren meine Augen geschlossen? Alles, was ich sah, war Dunkelheit, ob mit offenen oder geschlossenen Augen, es schien keinen Unterschied zu machen.
Ich driftete ins Nichts.
Nebel, fliegende Lichtpunkte, Schatten... ich stand vor einer Wand. Die Wand stand über einem Abgrund und drohte jeden Moment, in sich zusammenzubrechen und in den endlosen Abgrund zu stürzen. Nur ein breiter Streifen von Papier hielt die Wand zusammen. Der Boden schaukelte, die Backsteine der Mauser schienen sich aus ihr zu lösen, doch sie blieb bestehen. Immer wieder waren sie so kurz davor zu fallen, und ich konnte nichts dagegen tun, nur hoffen, dass der Streifen halten würde. Auf einmal war da eine andere Person. Ich konnte sie nicht wirklich erkennen, wusste aber, dass sie die Entscheidung brachte. Entweder, sie würde mir helfen, oder nicht. Entweder sie würde die Mauser stabilisieren, oder sie zum Einstürzen bringen. Vor meinen Augen zündete sie ein Streichholz an, liess es fallen, doch in dem Moment als das Feuer das Papier berühren sollte,
Schreckte ich auf.
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