Die Planung

- El Unlawful -

Im Main war es still, abgesehen vom grossen Besprechungsraum, ganz oben im Gebäude. Daddy Saw hatte nach meiner riesigen Beute beschlossen, dass wir nun endlich, nach langer Zeit, mal wieder eine richtig grosse Aktion machen würden. Und dieses Mal, würde ich dabei sein können.

Die Letzte grosse Aktion, die die Graffitghosts durchgezogen haben, war ein Angriff auf das Rathaus der Stadt gewesen. Es war mehr symbolischer art, aber trotzdem hatten sie fast zwanzigtausend Dollar einsacken können. Damit hatten sie, so unauffällig und diskret wie möglich, Betten, Essen, Kleidung und einige weitere Investitionen getätigt. Ich war damals schon ein Teil der Graffitghosts gewesen, hatte aber nicht mitmachen dürfen. Solche Aktionen waren für die erfahrenen und besonders fähigen Mitglieder vorbehalten. Nach meinem grossen Erfolg jedoch hatte Jackson Daddy Saw überredet, mich dieses Mal mitmachen zu lassen. Der Plan war... zugegebenermassen ziemlich löchrig und sehr viel gefährlicher als ich es mir vorgestellt hätte. Nun, das sollte uns nicht aufhalten. Ich vertraute jedem einzelnen hier und ich wusste, das jeder hier sein Bestes geben würde.

Ich schloss meine Zimmertür und sank direkt mit dem Rücken an ihr herunter. Vielleicht hatte ich das Selbstbewusstsein unserer Gang doch ein bisschen überschätzt. Die Versammlung hatte noch deutlich länger gedauert als ich gedacht hätte. Doch je länger das Treffen dauerte, umso gefährlicher und beängstigender wurde der Plan. Ich schloss für einen Moment die Augen. Vielleicht hätte ich doch nicht mitmachen sollen. Ich wollte mein Bestes geben, für die Graffitghosts, meine Freunde, meine Familie. Aber, wenn ich ganz ehrlich war, machte mir das alles ein bisschen Angst. Nicht nur, dass ich eine viel viel grössere Rolle in dem ganzen Unterfangen spielte, als ich erwartet hatte, nein es war auch physisch absolut gefährlich und schlimmsten Falls...

Es klopfte an meiner Tür. Drei mal schnell hintereinander, dann noch ein letztes mal mit etwas mehr abstand. Jackson. Ich erhob mich stöhnend und öffnete die Tür gerade genug, dass Jackson herein kommen konnte. Ich konnte mir schon denken, dass er meine Besorgnis im Meeting mitgekommen hat und sich jetzt vergewissern wollte, ob es mir gut geht. Sein Blick bestätigte meine Annahme.

"Hey. Ziemliches Ding, was?" meinte er spielerisch und setzte sich ungefragt auf mein Bett. Aber er wusste, dass es kein Problem für mich war, darum war es okay. Ich nickte und setzte mich zu ihm. Das Schöne daran, so etwas wie einen Bruder zu haben, ist, dass man nicht wirklich viel zu sagen brauchte, um verstanden zu werden. "Ach weisst du, bei meiner ersten Aktion war ich auch mega nervös. Ich meine, ich war zwölf, aber trotzdem. Das wird schon." meinte er und lächelte mich aufmunternd an. Ich lächelte zurück und liess mich von ihm in den Arm nehmen. "Erzähl mir mehr davon. Von früheren Aktionen meine ich. Ist da schonmal jemand... gestorben?" fragte ich zögerlich. Das Thema Tod war auf dieser Seite des Gesetzes immer schon heikel an zu sprechen. Besonders, weil es irgendwie immer ein bisschen präsent ist. Erstaunlicherweise reagierte er deutlich ruhiger als ich erwartet hatte. "Natürlich. Wenn wir nicht den ein oder andern Sicherheitsmann ausschalten würde, kämen wir ziemlich sicher nirgendwo hin." meinte er und zuckte mit den Achseln.

Ich schluckte. Ja, Mord war auch in den Plan involviert. Es war ziemlich schwer gewesen, während des Meetings nicht meine... Entrüstung? Panik? Schockierung?...aus zu drücken. Dieses Mal hatte Jackson es wohl nicht bemerkt. Um zu vermeiden dass sich das noch ändert, wischte ich die Frage mit einer anderen Weg. "Jaja schon klar, ich meinte eigenlich... Gab es schonmal Tote... auf  UNSERER Seite?" fragte ich. Jackson verkrampfte sich. Ich drehte meinen Kopf ein wenig, nur um zu sehen, dass er mit zusammengekniffenen Augenbrauen ins leere starrte. Oh Nein. Diesen Gesichtsausdruck kannte ich. Ich hatte einen Nerv getroffen. Ich wollte schon die Frage zurück ziehen, konnte mir aber nicht einen Möglichkeit überlegen, dies zu tun.

"Ja, ja gab es schon öfters.", sagte er dann plötzlich ernst, die Augen noch immer im nichts vertieft, "Unter anderen auch meine Mutter und mein Bruder." beendete er denn Satz leise. Ich wollte nicht nachfragen, aber ein einfaches "Das tut mir leid" fühlte sich zu schwach an. Dasshalb blieb ich still und liess mich einfach weiter von ihm im arm halten. Vielleicht war es selbstsüchtig, aber auf einmal spürte ich noch mehr druck. Er hatte schon seine Mutter und seinen Bruder bei sowas hier verloren. Was würde wohl mit ihm passieren, wenn Ich, seine Schwestern, nun auch noch sterben würde. Das durfte auf keinen Fall passieren.

"Es war ein Bankraub. Eigentlich nicht so besonders, wir hatten... SIE hatten sowas schon öfters gemacht. Es war erst das Zweite mal, dass ich mitgehen durfte. Ich war von dem Erfolg des ersten Males schon so... in Ekstase, dass ich nicht vernünftig aufgepasst hatte. Wir waren schon so weit gekommen und alles lief nach Plan. Ich drehte mich zu Rico um und er lächelte mich an. Es war dieses "Ich-bin-stolz-auf-dich Lachen". Es war eine Sekunde der puren Freude. Eine Sekunde die ich niemals vergessen werde. Genau wie die Sekunde drauf. Ein Politzeiwachtmann schoss und traf und das wars dann. Meine Mutter starb kurz darauf, auch einer von der Polizei. Ich... Ich kann mich nicht daran erinnern. Es ist fast so, als wäre alles von Ricos Tod an verschwommen. Ich bekam nicht mehr mit. Alles war wie in eine dicke Wolke gepackt, die alle meine Sinne abtötete. Ich weiss nicht einmal mehr, wie ich da raus gekommen bin..." er brach ab und schien ganz in seinen Erinnerungen vertief zu sein. Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Also sagte ich nichts, stand auf und zog ihn mit mir ans Fenster, wo wir beide eine rauchten.

Der Plan hatte zwei Phasen. Die erste war die Vorbereitung. Das Gelingen dieser Phase lag ganz allein bei Mir, Alien und Bones. Alien war ein dunkelhäutiges Mädchen mit glatze und seltsam hervorstehenden Zähnen. Ihren Namen hatte sie ihren übernatürlich grünen Augen zu verdanken. Sie war etwas älter als ich, aber ich wusste nicht genau, wie viel. Mit ihr hatte ich noch nie viel zu tun gehabt, weshalb ich nicht wusste, ob ich sie mag oder nicht. Ganz im Gegenteil dazu hatte ich eine klare Meinung über Bones. Das Schwarzhaarige Mädchen mit dem perfekten Gesicht und ihrer wannabe coolen Attitude ging mir mächtig auf die Nerven. Ich meine... Komm schon, nur weil du in einer Gang bist, macht dich das noch nicht edgy und cool. Vor allem nicht edgyer und cooler als die andern Mitglieder. Unglaublich. Trotzdem versuchte ich nett zu sein, als wir drei zusammen die Phase nochmal durchgingen und auch unsere Kleidung planten, um in den Massen unter zu gehen. Denn morgen, was nur noch wenige Studenten entfernt war, mussten wir vorbereitet sein.

Das Stadion war voller Menschen, die meisten etwas jünger als ich, und alle waren unglaublich aufgeregt. Ich auch, aber aus anderen Gründen. In dieser Phase des Planes würde es zwar noch nicht physisch gefährlich, trotzdem war es aber ein ungewohnt aufregender Zustand in dem ich mich befand. Mein Sitzplatz war an der rechten Seite des Stadions. Bones hatte ihren an der linken Seite und Alien sass in der Mitte irgendwo ganz hinten. Ich blickte zu der Bühne, wo die Vorband gerade ihre Sachen abbaute. Nicht mehr lange und der Hauptact des Abends würde auf die Bühne gehen und alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Dann konnten wir loslegen.

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