Auf dem Dach
- El Unlawful -
Ausserhalb des Fensters fiel ich unsanft zu Boden, unterliess es aber, zu fluchen. Stattdessen riss ich mir die Verhüllung vom Gesicht und rannte los in die Menge. Nur ja in der Menge untertauchen so schnell irgendwie möglich. Den Rest des Überzuges zog ich im Gehen aus. Darunter kamen die Shorts und ein super girly Flatteriges Oberteil hervor, welches mir von Alien ausgeliehen wurde. Meine Aschblonden Haare hatte ich offen gelassen, was vermutlich die dümmste mögliche Idee gewesen war. Sie hatten sich total in dem Überzug verfangen und waren jetzt ein absolutes Chaos. Sei's drum, immerhin hatte bisher alles geklappt und ich hatte meinen Auftrag erfüllt. Endlich aus dem schwarzen Teil befreit stopfte ich es in meine Tasche. Das Messer kurzzeitig auch, bis ich meine Sitzplatz wieder erreicht hatte.
Gerade als ich wieder dort angekommen war, kam Harry Styles wieder auf die Bühne. Er entschuldigt sich kurz für die "technischen Schwierigkeiten", welche, wie er nicht wusste, Bones zu verdanken waren. Wir hatten beide die Ausrüstung für Beide jobs dabei gehabt, da wir nicht genau wussten, auf welcher Seite sich was befinden würde. Ich hatte ziemlich darauf gehofft, nicht diejenige sein zu müssen, die den Drohungs-Part übernimmt, aber das Schicksal hatte entschieden.
Ich war unglaublich erstaunt, wie wenig er sich gewehrt hatte. Jeder vernünftige Mensch hätte doch zumindest einmal versucht, das Messer einfach... weg zu drücken? Er war so zwei/drei Jahre älter als ich, schätzte ich. Wenn er es so richtig versucht hätte, wäre er sicher gegen mich angekommen. Zumindest, wenn er so richtig rücksichtslos vorgegangen wäre. Aber er hatte es noch nicht mal versucht. Umso besser für mich, dachte ich.
Ich sah mich um, ob gerade jemand zu mir sah, aber alle hatten nur die Bühne im Blick. Ich beugte mich hinunter und tat so, als täte mir der Fuss weh, aber stattdessen schob ich das Messer wieder zwischen Schuhsole und Schuh selbst. Da war es nahezu unsichtbar. Harry Styles sang, ich sass auf meinem Platz, das Publikum hatte spass... alles war wieder genau so, wie es am Anfang war. Nur mit dem Unterschied, dass unser Plan jetzt ins rollen gekommen war.
Nach dem Konzert traf ich mich mit Bones und Alien in einem kleinen Restaurant. Alien kam etwas spät, da sie den weitesten Weg zu den Ausgängen hatte, aber das ging in Ordnung. "Hi. Hat alles funktioniert?" fragte sie direkt, als sie sich an Bones und meinen Tisch setzte. Wir beide nickten. "ich wäre beinahe von der Secutity erwischt worden, aber die sind blind wie Maulwürfe. Oder sie dachten ich wär nur ein Fan der näher ran will. Aber alles in allem war es ziemlich einfach. Aber wie lief es bei dir, Unlawful?" wendete sich Bones an mich. Ich liess mir ein wenig Zeit zu antworten. "Ich bin durch ein Fenster rein. Das war deutlich kleiner als geplant, darum hat es irgendwie viel zu lang gedauert. Da war noch so ein Typ im Raum, aber dann als deine Ablenkung kam, ging er raus und ich konnte rein. Als er dann rein kam lief alles wie geplant. Er hat sich noch nicht mal gewehrt." Wir gingen zu dritt zurück zum Main um auch den Anderen von unserem Erfolg zu berichten.
So wie es aussieht haben wir ihnen nicht von einem Erfolg, sondern einer Tatsache berichtet, denn die anderen schienen weder besonders erstaunt, noch stoltz zu sein. Vermutlich war es einfach ein wenig töricht von mir, an zu nehmen, dass jetzt grosser Zuspruch oder so folgen würde. Stattdessen ging es direkt weiter mit der Planung des einsammeln des Geldes am nächsten Tag. Zum Glück musste ich mich nicht daran beteiligen und durfte auf mein Zimmer gehen. Ich hatte definitiv ein wenig Erholung nötig nach der ganzen Aufregung, aber gerade als ich mich ins Bett legte um endlich zu schlafen klopfte es an der Tür. Jackson, natürlich.
Das Dach des Main war für die Mitglieder der Graffitghosts eine Art entspannender Ort an dem man gehen konnte, wenn man alleine sein wollte. Es war erstaunlich, dass man wirklich alleine war, egal wann man hier hoch kam. Und das, obwohl dauernd irgendwer behauptete, dass sie dauernd da oben waren, irgendwie war nie jemand da, wenn ich hier sein wollte. Oder wir. Jackson setzte sich an den Gebäuderand und liess seine Beine Baumeln. Er zündete eine Zigarette an und reichte sie mir, während ich mich neben ihn setzte.
"Willst du nichts sagen?" fragte er. Die Augen schliessend atmete ich den Rauch aus und gab ihm die Zigarette zurück. "was soll ich denn sagen?" fragte ich zurück ohne ihn an zu sehen. Stattdessen sah ich nur die anderen Gebäudedächer und den tiefroten Himmel an, der das Abendrot aushauchte wie ich den Rauch der Zigarette. "Keine Ahnung. Wie es war. So deine erste Mission, der Druck, das Adrenalin. Ausserdem... du hast noch nie gedroht, jemandem gedroht, oder?". Ich wusste nicht wirklich, was ich darauf antworten sollte. Um mir etwas mehr zeit zu verschaffen nahm ich ihm die Zigarette wieder ab. Anstatt zu warten bis ich fertig war und antworten konnte, redete er weiter. "Weisst du, es ist nicht so dass ich dir nicht vertrauen würde, aber ich sorge mich um dich. Du bist wie meine kleine Schwester, weisst du? Du und Dad sind so zu sagen die wichtigsten Menschen in meinem Leben. Ich glaub ich hab das Recht mir Sorgen zu machen. Besonders wenn du mir scheinbar nicht mehr erzählen willst als allen anderen." meinte er, irgendwie gedanklich ganz wo anders und trotzdem fühlte ich eine gewisse Aufmerksamkeit auf mir liegen. Ich drückte ihm seine Zigarette wieder in die Hand und er nahm den letzten Zug bevor er sie neben sich ausrückte und vom Dach warf. "Danke. Dass es dich kümmert, mein ich. Es war alles... So schnell? Rein, Messer an den Hals gedrückt, gedroht... Und dann hat er mich so komisch angestarrt und ewig lange nicht geantwortet. Ich geb zu, dieser stille Moment hat mir schon irgendwie angst gemacht..." sagte ich, aber meinte ich nicht ganz genau so. Ich hatte Angst. Aber nicht dass ich unterlegen wäre, sondern dass ich abbrechen würde. In diesem Moment hatte eine Spannung geherrscht, die mich beinahe gebrochen hätte. Auch wenn ich nicht wusste, was das bedeuten würde. Oder was ich dann getan hätte.
"Aber egal,", fuhr ich abwinkend fort, "ich habs geschafft. Danach bin ich direkt wieder raus und bin zurück zu meinem Platz. Wegen morgen, das alles findet doch erst dann am Abend statt, oder? Was machen wir denn am Morgen morgen?" Ich lachte um die seltsame Stimmung wieder etwas ins normalere zu kippen. Zum Glück lachte er mit. "Gar nichts geplantes, glaub ich. Also ich habe mir eben vorhin ein Date besorgt, daher..." er grinste. Ich schubste ihn, und hatte einen Moment lang Angst er würde vom Dach fallen, aber er hielt sich fest und lachte nur. "Jackson! das hättest du auch früher sagen können! Mit wem denn?" fragte ich, ebenfalls lachend und ich war froh, dass nicht mehr ICH das Gesprächsthema war. "Alien..." meinte er und grinste noch breiter. "Où La laaaaaaaa" meinte ich und wackelte lasziv mit meinen Augenbrauen. Dieses Mal schubste er mich spielerisch. Wenn Jackson morgen beschäftigt war und Nichts von der Gang aus geplant war, würde ich vermutlich einfach ein bisschen in der Stadt rumhängen. Nicht spezifisch zum klauen, einfach nur so. (Nicht, dass ich die Möglichkeit ausschliessen würde, sollte sie sich ergeben.)
In der Nacht, zumindest, liess mich ein tiefer, traumloser Schlaf die perfekte Erholung schöpfen, die ich für den nächsten Tag brauchen würde.
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