Kapitel 1

Irgendwer klingelte an meiner Wohnungstür sturm. Grummelnd krabbelte ich aus meinem Bett, zog mir ne Jogginghose und eine Jacke über und tapste zur Tür. Vor dieser wartete... Zven. "Fick dich", murmelte ich und gähnte kräftig. "Sorry, Kleine. Wenn es nicht wichtig wäre, würde ich nicht stören", entschuldigte er sich grinsend. Ich tapste in die Küche, die Fliesen waren unter meinen nackten Füßen angenehm kühl, da es an diesem Sommermorgen um 10 Uhr bereits 23°C war. "Braucht ihr wieder Mehl als Koks-Ersatz?", fragte ich. Chans Grinsen sagte alles. Seufzend nahm ich eine Tüte aus einem Schubkasten und reichte es ihm. "Sag Niko 'Einen Schönen guten Morgen und schlag Chan für mich' von mir", sagte ich und gähnte noch einmal kräftig. An Schlaf war jetzt nicht mehr zu denken. "Oder weißt du was? Ich komm gleich zu dir hoch. Sagen wir in ner Stunde", meinte ich. Zven grinste weiter. "Okay", stimmte er zu und verließ dann meine Wohnung. Ich hörte ihn über meiner dann aber noch rufen "Sie hat uns Mehl gegeben". Grinsend schüttelte ich den Kopf über seine kindische Art. Aber ich war auch kindisch. Wenn ich nicht übermüdet war. Die Orchesterprobe war gestern Abend sehr lang geworden. Wir hatten in zwei Wochen ein Konzert, daher übten wir zur Zeit alle zwei Tage. Schlurfend ging ich in Richtung Badezimmer, um mich zu duschen.
   Zven aka Chan von AWP und ich waren schon seit unserer Kindheit gut miteinander befreundet. Es hatte damit angefangen, das er den Babysitter für mich spielen sollte, als meine Eltern einmal für einen Tag weg mussten. Danach hatten wir uns einfach so getroffen und da wir im selben Mehrfamilienhaus in Hagen gewohnt hatten, ging das auch sehr gut. Bis meine Eltern mich unbedingt für ein Jahr nach Kanada zu Verwandten und dann zwei Jahre nach Moskau in Russland zu Verwandten schicken mussten. In der zwischen Zeit waren meine Eltern  dann nach Frankfurt gezogen und hatten gewollt, das ich zu ihnen zieh. Da ich aber zu dem Zeitpunkt schon 21 war, hatte ich mich einfach bei Chan einquartiert, der auch nichts dagegen hatte - nein, er war sogar froh darüber. Warum, weiß ich immer noch nicht. Vor einigen Jahren war dann der Kontakt zu meinen Eltern abgebrochen, da sie "so unglaublich enttäuscht von mir" waren. Eine Freundin von mir, die ich in Kanada kennengelernt hatte - sie kam auch aus Deutschland - hatte, als ich ihr das erzählt habe, gesagt: "Warte, warte, warte, warte, warte. Deine Eltern haben dich für drei Jahre in zwei verschiedene Länder am Arsch der Welt geschickt und brechen dann den Kontakt ab, weil du nicht bei ihnen wohnen willst und sie 'ja so unglaublich von dir enttäuscht' sind?!" Lea - besagte Freundin aus Kanada - war vollkommen entsetzt und meinte, ich soll dann gar nicht erst versuchen, mit ihnen Kontakt aufzunehmen. 
   Das Wasser prasselte über meinen Körper und ließ mich erschaudern. Während ich in Gedanken versunken gewesen war, war das Wasser kalt geworden. Schnell stieg ich aus der Dusche und trocknete mich ab. Mein braunen Haare mit dem bronzenen Stich waren voller Wassertröpfchen. Schnell legte ich noch ein wenig Mascara auf, um meine bernsteinfarbenen Augen betont wurden. Von meiner Mutter hatte ich "Iris-Heterochromie" - eine Krankheit, bei der die Iris ungewöhnlich oder zweifarbig gefärbt ist - geerbt, wodurch meine Augen eine mehr als nur ungewöhnliche Augenfarbe hatten. Ein letztes Mal gähnend ging ich ins Schlafzimmer und zog mich an, um zu Chan hoch zu gehen. Ich würde einfach bei ihm frühstücken. Schnell kämmte ich mir noch die Haare. Dann schnappte mir den Wohnungsschlüssel, zog meine Schuhe an und ging dann hoch zu Chan.

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