Kapitel 9 - gebrochener Sohn

Marc saß in einer Ecke und starrte die Wand an. Er fand das lächerlich, weil er immer noch Hoffnung hatte, oder eher gesagt wusste, dass das Ganze gestoppt werden würde bevor es anfing. Er wollte nicht schreiben. Er hatte sich regelrecht dagegen gesträubt.
Ich setzte mich zu ihm, wärend Holly, Jemma und Dan noch schrieben.
,,Marc, geht's dir gut?", murmelte ich.
,,Natürlich!", sagte er mit ziemlich fester Stimme.
,,Marc, wir-wir können das nicht stoppen. Das.... du hast ihn nicht erlebt, Jaxon's Vater.", Tränen stiegen in meine Augen, allein bei dem Gedanken an ihn und an Marc's gespielte Willensstärke, ,,Ich habe noch nie so eine Entschlossenheit gesehen."
Marc sprang auf und sah mich von oben herab verständnislos an. ,,Warst du es nicht, die uns Hoffnung eingeredet hat? Sorry Lia, aber manchmal verstehe ich dich echt nicht. Du kannst eben nicht immer die perfekte Anführerin sein, für die du dich hälst!", zum Ende hin war er laut geworden. Er machte mir fast schon Angst, wie er sich verhielt, kannte ich ihn so gar nicht. Marc drehte sich um und ging gradewegs aus dem Raum. Geschockt starrte ich im hinterher. Die Drei anderen sahen mich verwirrt an. Holly sah wütend aus. Verständlich, sie stand schließlich total auf Marc... ,,Was hast du getan, verdammt?", warf sie mir an den Kopf und folgte Marc nach draußen.

,,I-ich...ähm.", stotterte ich. ,,Du musst nichts sagen.", meinte Jemma, ,,Klär das einfach, das können wir nämlich so garnicht gebrauchen."
Ich senkte meinen Kopf in meine Hände und seufzte. Mir wurde klar, dass mein Wort gegen mein eigenes stand.

Mein Kopf platzte förmlich. Marc hatte Recht. Er hatte sowas von Recht! Ich wollte ihnen Mut machen, habe ihnen Hoffnung versprochen und nur wenige Stunden später hatte ich... aufgegeben. Es war wie ein Schalter.
Automatisch.
Ohne, dass ich es merkte.
Marc hatte jedes Recht, wütend auf mich zu sein. Das hatten sie alle.

***

Die Abenddämmerung hatte sich über New York gelegt. Da es Mitte des Jahres war und die Sonne im Mai erst um halb zehn unterging, legten wir uns schlafen um ausgeschlafen zu sein, für das was auch immer uns am nächsten Tag erwarten würde.
Marc und Holly waren erst nach zwei Stunden in den Raum, in dem wir uns befanden, zurückgekehrt.
Jemma, Dan und ich hatten uns bereits nebeneinander auf den Boden in einer Ecke des Büros gelegt.
Holly und Marc dagegen legten sich, aus vermutlich solidarischer Grund, auf die andere Seite.

Ein Klos bildete sich in meinem Hals, den ich krampfhaft versuchte herunter zu schlucken. Sie waren wirklich sauer auf mich...

><><

,,Jaxon.", wurde der Mann von seinem Vater begrüßt. Er hasste diese kalte, unväterliche Art einfach.
,,Du wolltest mir etwas sagen?", brummte sein Vater desinteressiert.
,,Ja...ähm. Also es geht um die Jungendlichen.", fing er an. Er hatte Angst. Das konnte er nicht verleugnen. ,,Ähm... sie - sie haben..."
,,Was haben sie? Komm zum Punkt, Sohn.", sagte der Vater genervt. Er schrieb etwas auf ein Papier. Es sah aus wie Formeln.

,,Sie haben es geschafft zu... fliehen.", Jaxon flüsterte fast schon, in der Hoffnung, er hätte es nicht gehört.
,,Was?!", rief dieser jedoch ausser sich und stand aprubt auf.
Kaum hatte der Junge mit der Wimper gezugt, hatte sein Vater ihm fest auf die Wange geschlagen.
Geschockt starrte er ihn mit geweiteten Augen an und versuchte normal weiterzuatmen. Ohne, dass er es wollte füllten sich langsam Tränen in seinen Augen.

In diesem Augenblick wurde ihm klar, dass sein Vater ihn nicht liebte. Er wusste von einem Moment auf den Anderen, dass er jahrelang belogen wurde. Jaxon hatte nie Fehler gemacht. Er war nahezu perfekt. Nun wurde ihm schmerzlich bewusst, dass alles nur Fassade war, um eine treue linke Hand zu haben, die ihm hundert prozentig vertraute.

Jaxon war stark. Er hielt allem stand. Er war zielgerichteter als jeder, den er kannte. Er hätte sich niemals erträumen können, dass eine Tat ihn innerlich dermaßen zerstören würde. Ihm alles rauben würde, an dem er festhielt.

,,Geh mir aus den Augen."

Jaxon drehte sich um. Gerade im rechten Moment, als die erste Träne sein Auge verließ und ihm über die Wange lief. Er hatte lange nicht geweint. Jahre waren es sicherlich. Er hatte glatt vergessen, wie befreiend es war. Kurz erlaubte er es sich die Augen zu schließen uns zu hoffen, dass alles nur ein Traum war.

Mit schnellem Schritt ging er in Richtung des Raumen, indem er schlief.
Kaum hatte er sich auf seiner Matratze nieder gelassen, ließ er seinen Tränen freien Lauf. Er ließ alles raus, was in ihm gefangen gehalten wurde und er liebte das Gefühl.
Und wie er es liebte.
In Momenten wie diesen, wünschte er sich, sie wäre nicht geflohen.

***

Es klopfte an seine Tür. Eine Stunde war vergangen. Jaxon lag stumm auf seiner Matratze mit Blick auf die beige-farbene Decke. ,,Ja?", brummte er mit schwächerer und leiserer Stimme, als er es von sich kannte. Die Tür öffnete sich und es war der, den er vermutlich am wenigsten sehen wollte. Sein Vater.
Mit kalten Augen sah er Jaxon an. Dieser seufzte kaum merklich und stand auf.

,,Jaxon, komm mit. Ich will dir sagen, wie es weiter geht."
Der Junge folgte ihm.
Vor einer weiteren unbekannten Tür im Zell-Trakt blieben sie stehen. Im Augenwinkel sah Jaxon die Zelltür der Jugendlichen.
Er schluckte und widmete sich dann seinem Vater.
,,Hinter all diesen Türen sind Menschen, die mir etwas schulden, oder dessen Geliebte mir etwas schulten. Meine Männer haben sie eben hergebracht.", er zeigte stolz auf einen langen Gang, welcher sehr viele Türen hatte. Dreißig waren es sicher. Jaxon fragte sich, wie er auf soetwas nur so vornehmend sein konnte.
,,Mein Plan ist folgender.
Heute Nachmittag findet dieses Parteitreffen der RfA* statt, das weißt du sicher. Du, Lessly und Hamton, ihr werdet..."

><><

,,Leute!", rief auf einmal Holly. Ich schreckte hoch. Wir hatten Vormittag. Hungrig, da wir seit fast 48 Stunden nichts gegessen hatten, saßen wir, wie am Vortag, auf dem Boden. ,,Was?", fragte Jemma.

,,Also, der Plan dieser ganzen Geschichte, ist doch möglichst viele Menschen zu infizieren, oder?
Sie werden bestimmt, darauf wette ich, auf eine größere Veranstaltung gehen und dort irgendwie das Serum in Umlauf bringen."
,,Ja, das ist logisch.", brummte Dan.
,,Und welche Verstaltung wäre die Größte in der nächten Zeit?", fragte Holly rethorisch weiter, in der Hoffnung, wir würden ohne ihre Hilfe darauf kommen.
,,Na dieses Parteitreff- ouww...", kaum hatte Marc angefangen zu reden, verstand er ihre Andeutung. Auch ich bekam den Geistesblitz. ,,Natürlich!", ich fasste mir an die Stirn, ,,Die werden wohl da die Zombies loslassen.", ich klang eher gelassen. Plötzlich richtete ich mich auf und sagte noch einmal viel panischer: ,,Die werden die da loslassen!"
,,Wir müssen da hin!", meinte Jemma. ,,Ja klar! Einfach in die Menge stürzen und uns selbst ausliefern.", murmelte Marc genervt sarkastisch. Ich verdrehte unmerklich die Augen. Er war wirklich verdammt schlecht drauf.

,,Wir bleiben natürlich am Rande der Menge und rennen nicht direkt in die Mitte! Wir können ja immer eine Art Fluchtweg bereitstellen.", sagte Dan.
,,Ja, das wäre gut. Wir müssen da aber auf jedenfall hin. Vielleicht schaffen wir es ja Jaxon, seinen Vater und diese anderen Männer aufzuhalten.", meinte ich.
,,Falls sie kommen.", warf Jemma ein. ,,Falls sie kommen.", wiederholte ich einsichtig.

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*RfA = Rechte für Amerika (Rights for America)
>ausgedachte Partei, die keine Relevanz oder politischen Hintergrund für die Geschichte hat.

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